Transkript
EDITORIAL
Burn-out: Mehr als nur ein Modewort
I n den Medien scheint das Thema Burn-out omnipräsent zu sein. Das Nachrichtenmagazin «Focus» widmete dem Thema im vergangenen Jahr gleich zwei Titelgeschichten (24.10.2011 und 28.11.2011), der «Stern» immerhin eine (Nr. 40, 2011). Auch bei Psychiatern ist Burnout ein Dauerthema. Unter den zwölf am häufigsten gelesenen Artikeln im Jahr 2010 waren die sozialmedizinischen Aspekte von Burn-out. Und sogar das Thema «Burn-out bei Lehrern» interessierte die Psychiater brennend. Bei Burn-out von einem thematischen Overkill zu sprechen, wäre demnach wohl falsch. Dafür gibt es verschiedene Gründe: In den vergangenen Jahrzehnten hat sich das Leben dramatisch verändert. Wir sind (zum grössten Teil) ständig vernetzt, ständig erreichbar. Alte Lebensformen lösen sich auf. Da kommt die menschliche Seele oftmals nicht mehr mit. Diese Ausgabe setzt sich ebenfalls mit dem Thema Burn-out und Depression auseinander – auf einer wissenschaftlichen Ebene. Im Artikel «Depression und Burn-out als psychosomatische Erkrankungen» von Prof. Martin E. Keck, ärztlicher Direktor und Chefarzt Privatstationen an der Clienia Privatklinik Schlössli (Seite 4 ff.), wird deutlich, dass die Depression als chronische Stressfolgeerkrankung ein Risikofaktor für das Auftreten somatischer Erkrankungen ist. Die Erkenntnisse beschleunigen die Abkehr von einer einstmals postulierten «Psychogenese» zu hirnorganisch fassbaren Krankheitsursachen, die «psychische» und «somatische» Prozesse integrieren. Der Beitrag von Dr. Doris Straus und Dr. Hildburg Porschke von der Clinica Holistica Engiadina zeigt (Seite 10 ff.), dass neben arbeitsplatzbezogenen Belastungsfaktoren auch persönlichkeitsbedingte Faktoren an der Entstehung eines Burn-out-Prozesses beteiligt sind. Gute therapeutische Ergebnisse werden bei der Kombination einer intensiven ambulanten Behandlung erzielt. Aber auch wenn moderne Kommunikationsfor-
men stressen: Wegzudenken sind sie nicht mehr. Fluch und Segen moderner Kommunikation war deshalb das Thema des 6. Mental Health Forum in Bern (Seite 38 ff.). Intensiv diskutierten die Teilnehmer die Themen Datenschutz und Datensicherheit im Netz. Das Forum zeigte eines deutlich: Institutionen müssen im Internet präsent sein, vielleicht in Zukunft auch auf Facebook. Wie das aussehen könnte, erklärt Thomas Mauch, Mitglied der Geschäftsleitung des Onlineverlags blogwerk.com, im Interview (Seite 42 ff.). Spielerisch und überaus witzig nähert sich eine Berner Ausstellung dem Thema Kommunikation und Stress an. Beim Eintritt ins Museum für Kommunikation (http://www.mfk.ch) werden die Besucher – wie beim Arzt – aufgefordert, ihre «Krankheitsgeschichte» zu schildern, das heisst an einem Bildschirm ihr Kommunikationsverhalten anzugeben. Das Resultat ist der sogenannte persönliche Kommunikations-Index (PKI), der Nutzen, Spass oder Leiden jedes Ausstellungs- respektive Klinikbesuchers ausweist. Denn bei der Kommunikation gelte das Gleiche wie beim Essen: Übermass ist ungesund; Ausgewogenheit laute die Devise. Wollen auch Sie demnächst den Kommunikationspuls Ihrer Patienten testen? ●
Annegret Czernotta Redaktorin Psychiatrie & Neurologie
Themenverweise:
● Gliale Tumoren: Pro Jahr werden in der Schweiz etwa 500 primäre Hirntumoren bei Erwachsenen diagnostiziert. Für Patienten mit einem WHO-Grad-III- oder -II-Gliom werden postoperative Therapieoptionen im Rahmen von randomisierten Studien aktuell erforscht. Seite 20 ff.
● Immuntherapeutische Behandlungsansätze erleben derzeit nicht nur bei malignen Gliomen eine Renaissance. Das ist insbesondere auf erste Wirksamkeitsnachweise im Prostatakarzinom und Melanom im Rahmen von Phase-III-Studien zurückzuführen. Seite 24 ff.
1/2012
&PSYCHIATRIE NEUROLOGIE
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