Metainformationen


Titel
Aktuelle Studien – kurz gefasst
Untertitel
Psychische Störungen nach Hirnverletzungen
Lead
Zwei Studien, deren Ergebnisse in den «Archives» vorgestellt wurden, ergaben eine hohe Rate an psychischen Störungen (Depressionen, psychotische Störungen, Abhängigkeitserkrankungen und andere) nach einem Schädel- Hirn-Trauma.
Datum
Autoren
-
Rubrik
KURZ & BÜNDIG
Schlagworte
-
Artikel-ID
16758
Kurzlink
https://www.rosenfluh.ch/16758
Download

Transkript


Kurz und bündig
Aktuelle Studien – kurz gefasst

Psychische Störungen nach Hirnverletzungen

Toxische Lithium-Spiegel durch COX-2-Hemmer und NSAR

Elderly: An Open Trial. The Journal of Clinical Psychiatry 2003; 64: 12: 1410–1414.

Zwei Studien, deren Ergebnisse in Bereits früher wurde über Lithium-

den «Archives» vorgestellt wurden, ergaben eine hohe Rate an psychischen Störungen (Depressionen, psychotische Störungen, Abhängigkeitserkrankun-

Intoxikationen im Zusammenhang mit nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) berichtet. Nun zeigt die vorliegende Literaturrecherche, dass auch

Rückfall in Manie oder Depression nach Abbruch der Lithium-Behandlung

gen und andere) nach einem Schädel- COX-2-Hemmer Lithiumspiegel-Erhö- Eine Siebenjahres-Follow-up-Studie

Hirn-Trauma. Während mittelschwere hungen bis in den toxischen Bereich mit 14 Fällen und 28 Kontrollfällen er-

bis schwere Hirnverletzungen mit bewirken können. Die mit grösster gab folgende Ergebnisse: Nach abrup-

einem hohen Anfangsrisiko zur Ent- Wahrscheinlichkeit renal bedingte In- tem Abbruch einer Lithium-Behand-

wicklung dieser Störungen vergesell- teraktion ist in ihrem Mechanismus lung ist das Risiko für einen Rückfall

schaftet waren, fanden sich bei leich- noch nicht ganz geklärt. Kliniker soll- in eine affektive Störung (Manie wie

ten Hirnverletzungen hohe Raten an ten jedenfalls bei Beginn einer Thera- Depression) erhöht. Die erhobenen

zeitlich verzögerten, aber dauerhaf- pie mit NSAR den Lithium-Spiegel eng- Befunde stehen im Einklang mit ande-

ten psychischen Erkrankungen.

maschig kontrollieren und bei einer ren Untersuchungen, die erhöhte

Quellen: Jorge R.E., Robinson R.G. et al.: Major

Lithium-Intoxikation auch diese In- Rückfallraten nach der Unterbrechung

Depression Following Traumatic Brain Injury. Archi- teraktion im Auge behalten.

einer erfolgreichen Lithium-Erhal-

ves of General Psychiatry 2004; 61: 42–50.

Quelle: Phelan K.M., Mosholder A.D., Lu S.:

tungstherapie zeigten. Die Ergebnisse

Fann J.R., Burington B. et al.: Psychiatric Illness

Lithium Interaction With the Cyclooxygenase

lassen auf jeden Fall den Schluss zu,

Following Traumatic Brain Injury in an Adult Health 2 Inhibitors Rofecoxib and Celecoxib and

dass abrupte Abbrüche einer Lithium-

Maintenance Organization Population. Archives of Other Nonsteroidal Anti-Inflammatory Drugs.

Behandlung nicht sinnvoll sind.

General Psychiatry 2004; 61: 53–61.

The Journal of Clinical Psychiatry 2003; 64:

Langsames Ausschleichen ist in jedem

11: 1328–1334.

Fall empfehlenswert; ferner sind die

Patienten auf das Risiko hinzuweisen.

Kriminelle Rückfälle gehäuft bei familiärem Alkohol- und Drogenmissbrauch

Methylphenidat plus Citalopram für schnelleres Ansprechen in der Geriatrie

Quelle: Cavanagh J., Smyth R., Goodwin G.M.: Relapse into mania or depression following lithium discontinuation: a 7-year follow-up. Acta Pychiatrica Scandinavica 2004, 109 (2):

Eine familiäre Alkoholanamnese in Die antidepressive Behandlung bei äl- 91–95.

Kombination mit eigenem Drogenkon- teren Menschen bereitet zusätzliche

sum ist ein gewichtiger Risikofaktor Probleme. Neben erhöhter Mortalität

für künftige Delinquenz und muss bei der Therapiegestaltung, Nachsorge und Kontrolle der aus einer Haft oder The-

und Komorbidität scheint auch eine geringere Ansprechrate der antidepressiven Behandlung ein Problem

Körperliche Aktivität reduziert auch Brustkrebsrisiko

rapieeinrichtung Entlassenen berück- darzustellen. Die Kombinationsthera- Intensive körperliche Aktivität redu-

sichtigt werden. Die höchste Rückfäl- pie von Methylphenidat (Ritalin®) in ziert das Brustkrebsrisiko sowie jenes

ligkeitsrate hatten drogenabhängige Verbindung mit Citalopram wurde in verschiedener anderer Karzinome.

Probanden, bei denen Missbrauch der vorliegenden Arbeit als sicher und Dies ist nicht nur deshalb für die

oder Abhängigkeit auch in der eige- wirksam angesehen. Es handelt sich Psychiatrie eine gute Nachricht, da

nen Familie eine Rolle gespielt hatten. hierbei aber um eine kleine Proban- zumindest einzelne Gruppen von psy-

Quelle: Stadtland C., Nedopil N.:

denzahl (n = 11) im Rahmen einer of- chisch kranken Patientinnen ein er-

Alkohol und Drogen als Risikofaktoren für

fenen Studie.

höhtes Brustkrebsrisiko tragen, son-

kriminelle Rückfälle.

Quelle: Lavretsky H., Kim M.-D. et al.: Combi- dern auch, weil sich körperliche

6

Fortschritte der Neurologie und Psychiatrie 2003; 71: 654–660.

ned Treatment With Methylphenidate and Citalopram for Accelerated Response in the

Aktivität positiv auf Depressionen wie Angststörungen auswirkt.

Psychiatrie & Neurologie 2•2004

Kurz und bündig

Quelle: McTiernan A., Kooperberg C., White E. et al.: Recreational activity and the risk of breast cancer in postmenopausal women: the Women's Health Initiative Cohort Study. JAMA 2003; 290: 1331–1336.
Kausale Beziehung zwischen Cannabis und Schizophrenie
Bekannte Studien kamen bisher zum Ergebnis, dass Cannabismissbrauch mit der Entwicklung einer Schizophrenie assoziiert ist, wobei diese Ergebnisse auch dann bestehen bleiben, wenn man Confounding-Faktoren mitberücksichtigt. Man kann davon ausgehen, dass Cannabis ein Faktor von mehreren ist, der zur Schizophrenie führt. Das Risiko, später eine Schizophrenie zu entwickeln, ist hierbei um das Doppelte erhöht, mit der «Eliminierung» des Cannabisgebrauches würde die Inzidenz der Schizophrenie um etwa 8 Prozent sinken. Über den Komplex der verschiedenen Faktoren (wobei Cannabis hierbei einen Bestandteil darstellt) ist noch zu wenig bekannt. Spezifische Vulnerabilität dürfte jedoch die entscheidende Rolle spielen.
Quelle: Arseneault L., Cannon M., Witton J. and Murray R.M.: Causal association between cannabis and psychosis: examination of the evidence. The British Journal of Psychiatry 2004; 184: 110–117.
Progressionsverlangsamung bei MS durch Glatiramer-Acetat fraglich
Eines der zurzeit am häufigsten verschriebenen Medikamente bei multipler Sklerose (MS), Glatiramer-Acetat (Copaxone®), bringt wahrscheinlich keine signifikanten Vorteile in Bezug auf die Hauptergebniswerte der Krankheit, nämlich der Progressionsverlangsamung oder der wesentlichen Beeinflussung des klinischen Anfallrisikos im Verlaufe der Zeit. Bei der von Mitgliedern der CochraneMS-Gruppe durchgeführten Übersichtsarbeit (1) wurden die Ergebnisse von 646 Patienten mit MS ausgewertet, die an vier randomisierten, plazebokontrollierten, klinischen Stu-

dien teilnahmen. In die Übersichtsarbeit wurden sowohl Patienten mit schubförmig-remittierender MS als auch mit chronisch-progredienter MS (CPMS) einbezogen. Die gegenwärtig zur Verfügung stehenden Daten bringen keinen entscheidenden Nachweis dafür, dass Glatiramer-Acetat eine signifikante Wirkung auf die Progression der Erkrankung hat, die an anhaltender Verschlechterung in der erweiterten Behinderungszustandsskala EDSS (Expanded Disability Status Scale) gemessen wird. Es zeigte sich kein Vorteil bei CPMS-Patienten. «Die Studien dieser Übersichtsarbeit waren vor allem auf die Wirkung von Glatiramer in Bezug auf die Häufigkeit von Anfällen ausgerichtet, während das Ergebnis, das die Patienten mit MS besonders interessiert, die Progression ihrer Erkrankung ist», berichtet Dr. Filippini, koordinierender Bearbeiter der MS Review Group. «Das Ausbleiben klinischer Vorteile von Glatiramer verstärkt die Notwendigkeit für weitere Forschung, die klinisch signifikante Ergebnisse und zuverlässige Werte untersucht, wie beispielsweise Patientenbehinderung im Verlauf der Zeit und Lebensqualität.»
Quellen: 1. Munari L., Lovati R., Boiko A.: Therapy with glatiramer acetate for multiple sclerosis (Cochrane Review). In: The Cochrane Library, Issue 1, 2004. Chichester: Wiley. 2. Forschungsmitteilungen aus der Cochrane Library.
Berentete Ärzte überwiegend hochzufrieden
Hier nun noch eine gute Nachricht von und über Doctores: Eine Umfrage bei 1834 Ärzten zeigte eine hohe Zufriedenheit in der Rente: 20 Prozent waren glücklich, 36 Prozent hochzufrieden, 32 Prozent überwiegend zufrieden und nur 12 Prozent unzufrieden. Die befragten Rentner gaben folgende Ratschläge: «Rechtzeitig die neue Rolle vorbereiten, neue Hobbys, Freunde und Aktivitäten finden und (dies sagten vor allem die Ehegatten) mehr an der Beziehung mit dem Partner arbeiten.»

Quelle: Soc Psychiatry Psychiatr Epidemiol 2003; 38: 134–141; zitiert nach Fortschritte der Neurologie und Psychiatrie 2003; 71: 637.
Prävention von suizidalem Verhalten mit Clozapin und Olanzapin
Die vorliegende Studie unterstützt die Annahme, dass Clozapin suizidales Verhalten durch seine spezifische Wirkung reduziert und nicht Begleitmedikationen hierfür verantwortlich zu machen sind.
Quelle: Glick I.D., Zanielli R. et al.: Patterns of Concomitant Psychotropic Medication use during a 2-Year Study Comparing Clozapine and Olanzapine for the Prevention of Suicidal Behaviour. The Journal of Clinical Psychiatry 2004; 65: 679–685.
Aktueller Stand der Patientensuizidforschung
Als High-Risk-Gruppe für suizidales Verhalten gelten an einer Schizophrenie erkrankte Patienten mit paranoidhalluzinatorischem Erleben, die sich depressiv und hoffnungslos fühlen und um den Verlauf ihrer Krankheit wissen sowie einen hohen Leidensdruck haben; ferner gehören dazu akut psychotisch Erkrankte mit Angst und imperativen Stimmen mit Suizidaufforderung sowie depressive Patienten mit Wahnsymptomatik.
Quelle: Wolfersdorf M.: Rückblick und aktueller Stand der Patientensuizidforschung. Suizidprophylaxe 2003; 116 (30): 102–107.
Chromium Picolinate zeigt beträchtlichen antidepressiven Effekt
Eine neue doppelblinde, plazebokontrollierte Studie an 113 Patienten mit atypischer Depression zeigt, dass in denjenigen Patienten, die ein starkes Verlangen nach Kohlehydraten hatten, tägliche Dosen von Chromium Picolinate einen beträchtlichen antidepressiven Effekt aufwiesen. Dieser Effekt war am meisten bei den Patienten ausgeprägt, die am Anfang der klinischen Versuchsreihe das stärkste Verlangen nach Kohlehydraten hatten. Die Ergebnisse der achtwöchigen,

7

Psychiatrie & Neurologie 2•2004

Kurz und bündig

in mehreren Zentren durchgeführten Studie wurden auf dem 24. Internationalen Neuropsycho-Pharmakologie Kongress (CINP) in Paris vorgestellt. Das Verlangen nach Kohlehydraten, Gewichtszunahme und unerklärliche Ermüdungserscheinungen sind die Wahrzeichen der atypischen Depression. Diese häufige, jedoch oft nicht diagnostizierte Krankheit befällt nach massgeblichen Schätzungen etwa ein Drittel aller depressiven Patienten. «Diese Ergebnisse legen nahe, dass Chromium Picolinate eine neue Behandlungsmöglichkeit für depressive Patienten darstellen kann, die aufgrund von häufigen Nebenwirkungen wie sexueller Dysfunktion oder Gewichtszunahme nur ungern dem Behandlungsplan mit verschreibungspflichtigen Medikamenten nachkommen», erklärte Dr. med. John Docherty, der Forschungsleiter der Studie. Die neuen Ergebnisse zeigen aber

auch, dass Nahrungsmittel-Zusatzstoffe mit Chrom in der Form von Chromium Picolinate das Verlangen nach Kohlehydraten erheblich herabsetzen sowie andere Symptome der atypischen Depression erheblich vermindern können. Derzeit ist keine allgemein anerkannte Behandlung für das Verlangen nach Kohlehydraten bekannt. Die derzeitige Forschungshypothese geht davon aus, dass der biologische Zusammenhang zwischen Chrom, dem Verlangen nach Kohlehydraten und der atypischen Depression durch die Rolle von Chrom als Co-Faktor für Insulin zu erklären ist. Der Einfluss des Insulins auf den Metabolismus kann sich auf die Serotonin-Niveaus im Gehirn auswirken. Eine beeinträchtigte Insulinfunktion, die zu einem Mangel an glykämischer Kontrolle führt, wird mit einer ganzen Reihe von Krankheiten in Verbindung ge-

bracht. Dazu gehört Diabetes, eine Krankheit, bei der die Depressionshäufigkeit etwa doppelt so hoch ist wie in der Gesamtbevölkerung. Zahlreiche klinische Studien haben gezeigt, dass die Zusatzversorgung mit Chrom in der Form von Chromium Picolinate sicher vertragen wird und bei einer Verbesserung der Insulin-Unempfindlichkeit und Diabetes hilft. In den Studien wurde das im Handel erhältliche Chromax® verwendet. Dieses Präparat wurde bereits in den USA als sicher für den Einsatz in Nahrungsmitteln eingestuft.
Quellen: CINP Kongress: Klinische Versuchs-
ergebnisse bringen antidepressive Effekte mit
Verlangen nach Kohlenhydraten in Verbindung.
www.nutrition21.com (Nutrition 21 ist ein bio-
wissenschaftliches Unternehmen, das auf
Chrom basierende Nahrungsmittel untersucht,
entwickelt und vermarktet).

8
Psychiatrie & Neurologie 2•2004