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Gastroenterologie
Welchen Nutzen haben spezifische Probiotika bei antibiotikaassoziierter Darmdysbiose?
Ein internationales Wissenschaftlerteam informiert über potenzielle gesundheitliche Folgen einer antibiotikaassoziierten Diarrhö und zeigt evidenzbasierte Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten mit spezifischen Probiotika wie Saccharomyces boulardii CNCM I-745 oder Lactobacillus rhamnosus GG auf.
Antibiotika sind hochwirksam zur Reduzierung der Morbidität and Mortalität bei Infektionskrankheiten. Allerdings kommt es im Zusammenhang mit diesen Medikamenten häufig zu einer Diarrhö und somit zum klinischen Zeichen einer Darmdysbiose. Dieses Ungleichgewicht der Mikrobiota kann sowohl kurz- als auch langfristig zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Dies gilt vor allem für Säuglinge und Kleinkinder.
Säuglinge und Kleinkinder besonders gefährdet
Es ist bekannt, dass eine «erwachsene» Mikrobiota etwa im Alter von 3 bis 5 Jahren erreicht wird. Die ersten 1000 postnatalen Tage stellen deshalb eine kritische und instabile Periode dar. In dieser Zeit ist die Darmmikrobiota empfindlich für eine Dysbiose, die durch eine Vielzahl von Umweltfaktoren ausgelöst oder verstärkt werden kann. Dazu gehören die Art der Geburt (natürlich oder per Kaiserschnitt) und die Ernährung (Muttermilch vs. Folgemilch) sowie die Aufnahme pathogener Mikroorganismen oder exogener Substanzen wie Antibiotika. Studien weisen darauf hin, dass eine Darmdysbiose im Säuglingsalter zu einem lebenslang erhöhten Risiko für nicht übertragbare Krankheiten und Störungen wie Atopien (z. B. Asthma), Immun-/Entzündungsstörungen (z. B. entzündliche Darmerkrankungen), neurologischen Erkrankungen, Diabetes, Nierenerkrankungen, Fettleibigkeit/Übergewicht, nekrotisierender Enterokolitis und sozialen Verhaltensstörungen beitragen kann.
Saccharomyces boulardii CNCM I-745 und Lactobacillus rhamnosus GG
Die Wiederherstellung einer normalen Darmmikrobiota wird durch die Beendigung der Antibiotikabehandlung, das Verstreichen der Zeit bzw. die Erholung durch die natürliche Widerstandsfähigkeit der Mikrobiota, eine angemessene Ernährung und – in ausgewählten Fällen – auch durch die Gabe von Probiotika gefördert. Bei letzteren handelt es sich definitionsgemäss um lebende Mikroorganismen, die einem Wirtsorganismus bei Verabreichung in ausreichender Menge einen gesundheitlichen Nutzen bringen.
Systematische Reviews und Metaanalysen klinischer Studien haben die stammspezifische Wirksamkeit einiger Probiotika bei der Behandlung und/oder Vorbeugung von antibiotikaassoziierter Diarrhö bei Kindern und Erwachsenen bestätigt. Dies gilt insbesondere für die Hefe Saccharomyces boulardii CNCM I-745 und das Bakterium Lactobacillus rhamnosus GG. Aufgrund dieser Ergebnisse empfiehlt die Europäische Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie, Hepatologie und Ernährung (ESPGHAN) die Verabreichung ausreichender Dosen (mindestens 5 × 109 koloniebildende Einheiten [KBE] pro Tag) spezifischer Probiotikastämme wie S. boulardii oder L. rhamnosus zu Beginn einer Antibiotikabehandlung für Kinder, bei denen Risikofaktoren für eine antibiotikaassoziierte Diarrhö vorliegen. Die Globalen Leitlinien der Weltorganisation für Gastroenterologie (WGO) beinhalten dieselbe Empfehlung. Die übliche empfohlene Dosis von S. boulardii CNCM I-745 für die Vorbeugung und Behandlung von antibiotikaassoziierter Diarrhö beträgt 250 mg einmal täglich bei Kindern und 500 mg einmal täglich (oder 250 mg zweimal täglich) bei Erwachsenen. Die von der ESPGHAN empfohlene Dosis von L. rhamnosus GG zur Vorbeugung von nosokomialer Diarrhö beträgt mindestens 109 KBE pro Tag für die Dauer des Krankenhausaufenthalts.
Petra Stölting
Quelle: Waitzberg D, Guarner F et al.: Can the Evidence-Based Use of Probiotics (Notably Saccharomyces boulardii CNCM I-745 and Lactobacillus rhamnosus GG) Mitigate the Clinical Effects of Antibiotic-Associated Dysbiosis? Adv Ther. 2024;41:901–914.
Interessenlage: Die referierte Studie wurde von Biocodex SAS finanziert. Alle sechs Autoren der referierten Studie haben Gelder von Biocodex SAS und anderen Pharmaunternehmen erhalten.
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Pädiatrie 2/24