Transkript
Editorial
n Interlaken, einem der weltweit beliebtesten touristischen Hotspots der Schweiz, fand
Ikürzlich die Jahrestagung der Schweizer Gesellschaft für Pädiatrie statt. Nicht weniger als rund 1 Million Übernachtungen zähle man in der Jungfrauregion pro Jahr, sagte ein Vertreter der Gemeinde, als er die Tagungsteilnehmer an der Eröffnungssession begrüsste. Doch so attraktiv die Region für Touristen auch sein mag, im medizinischen Alltag muss man sich hier denselben Problemen stellen wie an vielen anderen Orten in der Schweiz. Auch hier scheint es schwierig zu sein, einen Nachfolger zu finden, wenn ein Arzt in Pension geht.
in einer interessanten Pro- und Contra-Session gingen Nicolas Gürtler, Basel, und Hélène Cao Van, Genf, der Frage nach, wann eine (Adeno-)Tonsillektomie tatsächlich indiziert ist und wann nicht – ein Thema, über das man seit mehr als einem Jahrzehnt heftig diskutiert. Neben all den Vorträgen mit fachlichem Schwerpunkt gab es auch eine Session, die am Kongress einer medizinischen Fachgesellschaft eher ungewöhnlich war, weil es für einmal nicht primär um das Wohlbefinden die Patienten sondern um dasjenige der Ärzte ging: Was kann man tun und wo findet man Hilfe, wenn die psychische Belastung in der Praxis grenzwertig ist? Die Psychologin Sonja
Dr. Renate Bonifer Redaktorin PÄDIATRIE renate.bonifer@rosenfluh.ch
Kinderarzt gesucht
Kein Wunder also, dass der Gemeindevertreter die Chance nutzte, vor Hunderten von Pädiatern im Saal für Interlaken als Standort für eine pädiatrische Praxis zu werben. Möglicherweise hat der eine oder andere junge Kollege die Feriengegend nach dieser freundlichen Einladung auch einmal unter diesem Blickwinkel angeschaut – falls er angesichts der Fülle an Parallelsessions, Workshops, Postern und Plenarvorträgen überhaupt dazu kam, einen Blick nach draussen zu werfen. Aus der Fülle der Themen haben wir für Sie in diesem Heft Berichte über eine Reihe von Vorträgen zusammengestellt, die – wie ich hoffe – auch für Ihre Praxis interessant und nützlich sein könnten. Beispielsweise erläuterte Katrin Scheinemann, St. Gallen, worauf es bei der Therapie von Kindern mit Eisenmangel ankommt, Michelle Seiler, Zürich, stellte neue Trends in der Wundversorgung vor, und
Weilenmann, Zürich, vermittelte hierzu praktische Tipps für den Alltag, und Urs Zimmermann und Mirjam Tanner informierten über das Schweizer Ärztenetzwerk ReMed, dass Hilfe in Krisensituationen anbietet. Ein wichtiges Thema, denn mindestens 50 Prozent der Schweizer Ärzte gaben in Umfragen an, keine gute Work-Life-Balance zu haben und bis zu 40 Prozent sollen schon einmal daran gedacht haben, ihren Beruf aufzugeben. Die gute Nachricht: Die Mehrheit der Schweizer Ärztinnen und Ärzte ist mit ihrem Beruf trotz aller Widrigkeiten einigermassen bis sehr zufrieden.* Bleibt für Interlaken zu hoffen, dass sich dort irgendwann ein weiterer pädiatrischer Kollege niederlassen wird.
Renate Bonifer
*Weilenmann S et al.: 20 Jahre Forschung zu Burn-out und anderen Belastungsindikatoren bei Schweizer Ärztinnen und Ärzten. Prim Hosp Care. 2023;23(4):114-120.
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