Transkript
Pneumologie
Inhalationstherapie beim Kind
Fallstricke und Herausforderungen
Je nach Lebensalter kommen bei Kindern unterschiedliche Diagnosen für eine bronchiale Obstruktion infrage. Die Inhalation hat aber fast immer einen festen Platz im Therapiearsenal. Dabei brauchen Säuglinge andere Inhalierhilfen als Kleinkinder oder Jugendliche. Oft liegt es an einer fehlerhaften Anwendung, wenn die Therapie versagt.
Von Wolfgang Kamin und Frank Erdnüß
Kinder mit bronchialen obstruktiven Erkrankungen der unteren Atemwege (z. B. Asthma, Bronchitis, Ziliendyskinesie, Mukoviszidose, Pneumonie) haben als typische klinische Symptome meist Giemen oder Husten. Kennzeichnend für die allergische und die infektassoziierte bronchiale Obstruktion sind dabei im Wesentlichen drei krankhafte Veränderungen in den Atemwegen: die Hypersekretion, das Schleimhautödem und ein Zusammenziehen der glatten Bronchialmuskulatur. Obwohl therapeutisch in den meisten Fällen eine Inhalationstherapie indiziert ist, sollte man sich bei der Diagnose sicher sein und altersentsprechend unterschiedliche Differenzialdiagnosen bedenken (Tabelle 1).
Die korrekte Handhabung des Inhalationsgeräts
Generell stellen die richtige Technik/Handhabung und die Adhärenz des Patienten beziehungsweise der Familie die wichtigsten Faktoren für eine erfolgreiche Inhalationstherapie dar (1). Da erfahrungsgemäss nur etwa ein Drittel der Kinder den korrekten Gebrauch von Inhalationssystemen allein nach mündlichen Erklärungen umsetzen kann, sollte die Inhalationstechnik vor Therapiebeginn gut geschult werden. Anschliessend sind dann regelmässige Überprüfungen der Technik wichtig (2). In dem in Kasten 1 beschriebenen Fall stellte sich beispielsweise heraus, dass falsch inhaliert wurde. Als Gedächtnisstütze kann den Patienten auch der Gebrauch digitaler Medien nahegelegt werden. Beispielsweise sind Schulungsvideos der Deutschen Atemwegsliga zu verschiedenen Inhalationsgeräten seit 2011 in sechs Sprachen online verfügbar (3) (Kasten 2). Relativ komplex ist die Schulung für alle Beteiligten auch deshalb, weil für die verschiedenen Altersgruppen ganz unterschiedliche Inhalationssysteme mit jeweils spezifischer Handhabung zur Verfügung stehen (Tabelle 2). So wird für Dosieraerosole in der Regel ein ruhiges und tiefes Atemmanöver empfohlen, während bei Pulverinhalatoren ein von Beginn an kräftiges Atemmanöver notwen-
dig ist. Eine falsche Einatmungstechnik kann dazu führen, dass die verabreichten Arzneimittel nicht in die Lunge gelangen, sondern durch Impaktion extrathorakal deponiert werden; dann ist auf jeden Fall die systemische Wirkung der Medikamentendosis zu gering, um die Beschwerden zu kontrollieren, und es kann zum Beispiel bei Steroiden zu unerwünschten Nebenwirkungen im Mundund Rachenraum kommen. Die dritte grosse Gruppe, die Vernebler, ist vergleichsweise einfach zu handhaben und deshalb für Säuglinge und Kleinkinder zu empfehlen. Aber auch hier muss unter anderem auf den korrekten
Kasten 1:
Die Inhalation wirkt nicht – woran liegt’s?
Eine Mutter kommt mit ihrem 3-jährigen Kind in die Praxis und klagt über ausbleibende Besserung der Symptomatik. Die bronchiale Obstruktion, die vor 5 Monaten erstmals auftrat und als Asthma diagnostiziert wurde, sei unverändert, obwohl das Kind seit nunmehr 4 Monaten eine Inhalationstherapie mit Budesonid/Salbutamol per Druckluftvernebler erhalte. Die Mutter erklärt, den Anweisungen gemäss jeden Tag 3-mal mit dem Kind zu inhalieren. Dennoch sei keine Verbesserung der asthmatischen Beschwerden zu erkennen.
● Ist hier die Diagnose falsch (Abbildung 1)?
● Ist es das falsche Therapeutikum? Oder ist das Medikament zu niedrig dosiert? Die bei Dosieraerosolen in diesem Alter notwendige Vorsatzkammer (Spacer) «frisst» Dosis.
● Oder sind vielleicht Fehler in der Handhabung mit dem Inhalationsgerät die Ursache für den ausbleibenden Therapieerfolg? Es kann beispielsweise sein, dass die Mutter den Inhalator oder die Maske nicht direkt auf Mund und/oder Nase hält (Abbildung 2).
Beachten Sie stets die altersspezifischen Differenzialdiagnosen (Tabelle 1), und überprüfen Sie regelmässig die korrekte Handhabung des jeweiligen Inhalators bei Ihren Patienten. Fordern Sie dazu Eltern und Kind auf, den Inhalationsvorgang in der Praxis zu demonstrieren, und besprechen Sie gemachte Fehler.
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Abbildung 1: Ein übersehener Fremdkörper kann Asthma vortäuschen (Foto: W. Kamin, F. Erdnüß)
luftdichten Sitz der Maske bei den Kleinsten geachtet werden. Im beschriebenen Fall (Kasten 1) zeigte die Demonstration des Inhalationsmanövers in der Praxis, dass die Mutter die Maske in einem Abstand von etwa 5 cm vor das Gesicht des Kindes hielt. Auf diese Weise kann keine ausreichende Dosis zur Symptomkontrolle in den kindlichen Bronchien ankommen.
Fazit 1
Stellt sich nach 4 bis 8 Wochen der Behandlung keine Besserung ein, sollten Sie zuerst den Patienten beziehungsweise die Eltern fragen, ob regelmässig und korrekt inhaliert wird. Dabei sollte die Inhalation auch demonstriert und gegebenenfalls eine Nachschulung durchgeführt werden. Nicht empfehlenswert ist generell die gleichzeitige Verwendung unterschiedlicher Inhalationsgeräte für die Erhaltungs- und die Notfalltherapie, weil die Patienten oft nicht in der Lage sind, die grundverschiedenen Inhalationsmanöver der Geräte korrekt durchzuführen (4).
Kindliche Bronchien brauchen winzige Aerosole
Generell sollte für die Inhalationstherapie von Kindern und Jugendlichen unter anderem berücksichtigt werden, dass ihre Atemwege einen deutlich geringeren Durchmesser haben als diejenigen von Erwachsenen (5). Durch Entzündungen, Schleimbildung und ein Zusammenzie-
hen der glatten Bronchialmuskulatur können sie sich noch weiter verengen (Abbildung 3), sodass die Grösse der vom Inhalator generierten Wirkstoffteilchen (das sogenannte Feinpartikelspektrum) eine wichtige Rolle spielt. Folglich brauchen Kinder mit Erkrankungen der unteren Atemwege ein Feinpartikelspektrum mit besonders geringen Durchmessern. Bei zu grossen Wirkstoffteilchen bleibt ein grosser Teil der Dosis bereits im Mund- und Rachenraum hängen und kann dort ungewollte Nebenwirkungen hervorrufen (6). Grundsätzlich sollten für Kinder möglichst viele der inhalierten Teilchen einen Durchmesser von ≤ 3 μm haben (zum Vergleich: ein rotes Blutkörperchen hat einen Durchmesser von 6 bis 7 μm). Aber auch bei altersgerechtem Partikelspektrum steigt mit zunehmendem Alter die Wirkstoffmenge an, die bei der Inhalation in die Lunge gelangt, allerdings ohne dass sich die wirksame Dosis im Verhältnis zum Körpergewicht ändert (7). Deshalb wird für Kleinkinder eine deutlich höhere Individualdosis pro kg Körpergewicht verordnet als für Jugendliche (8).
Das geeignete Inhalationssystem
Zur Inhalation stehen im Wesentlichen 3 verschiedene Systeme zur Verfügung (Tabelle 2): Dosieraerosole (pressurized metered dose inhaler, pMDI), Trockenpulverinhalatoren (dry powder inhaler, DPI) und Feuchtvernebler (nebulizer). Darüber hinaus gibt es Weiterentwicklungen von Inhalatoren, wie etwa den Autohaler® und den Respimat®, und es kommen Systeme mit neuen Eigenschaften auf den Markt, darunter auch Inhalatoren mit Kontrollfunktion (9, 10). Jedes System hat seine Vor- und Nachteile, wobei die Auswahl des Inhalationssystems zuerst nach dem Alter erfolgen sollte – vor allem Bedienung und Teilchengrösse müssen altersgerecht sein. Darüber hinaus sind aber auch individuelle Parameter wie etwa der Gesundheitszustand und die Vorlieben des Patienten sowie die Kostenerstattung durch die Krankenkasse zu berücksichtigen. Die jüngsten Patienten sollten vorzugsweise mit Düsenoder Ultraschallverneblern versorgt werden, die einfach zu bedienen sind. Bis etwa zum 2. Lebensjahr ist dabei die sogenannte Maskeninhalation vorteilhaft, denn Säuglinge können einen Vernebler über den Mund nicht
Tabelle 1:
Altersgemässe Differenzialdiagnose und Therapie bei bronchialer Obstruktion
Säuglinge und Kleinkinder
Mögliche Ursachen
infektiös, div. virale Erreger (z. B. RS- und Parainfluenzaviren)
Diagnostik Erregerdiagnostik, Multiplex-PCR
2. bis 5. Lebensjahr ab dem 6. Lebensjahr
angeborene Erkrankungen (Fehlbildungen der Lunge, Mukoviszidose, immotile Zilien), Fremdkörperaspiration
genetische Disposition (Allergien, angeborene Immundefekte)
Inhalationsallergene, Asthma bronchiale, Mukoviszidose
allergisches Asthma, Mukoviszidose
Thoraxröntgenbild, Schweisstest, evtl. Bronchoskopie
Familienanamnese, immunologische und allergologische Basisabklärung Allergietest, Lungenfunktion, Schweisstest Lungenfunktion, Diagnostik in der Regel bereits erfolgt
Therapie evtl. Inhalation mit Steroiden über die Infektzeit oder Kochsalzinhalation (0,9 oder 3%), Versuch mit Montelukast gemäss Ursache und Inhalation
symptomatische Therapie bzw. Allergenkarenz, Inhalation Inhalation, Befeuchtung der Atemwege
Inhalation, spezifische Immuntherapie
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Abbildung 2: Falsche (A) und korrekte (B) Inhalation mit Maske sowie die optimale Inhalation, die Mundinhalation (C) (Fotos: W. Kamin, F. Erdnüß)
richtig benutzen. Die Maske muss 100-prozentig dicht über Mund und Nase des Patienten schliessen, denn schon ein kleines Leck reduziert die inhalierte Wirkstoffmenge drastisch bis auf nahezu null (11). Möglich ist in dieser Altersgruppe zudem der Einsatz von Dosieraerosolen mit Spacer, ebenfalls mit Maske, allerdings stellen sie etwas höhere Anforderungen an die Koordination der Patienten. Am einfachsten zu bedienen sind nach wie vor die Verneblersysteme. Man sollte aber wissen, dass in diesem Alter die mit diesen Systemen erreichte bronchiale Deposition nicht mehr als etwa 5 Prozent der Nominaldosis beträgt (12, 13). Ab dem 3. Lebensjahr können Vernebler und Dosieraerosole mit Spacer auch ohne Maske eingesetzt werden. Die Inhalation sollte jetzt am besten nur noch über den Mund erfolgen, da so die Teilchen direkt in die Bronchien gelangen können, ohne den Umweg über die Nase. Die Mundinhalation ist etwa 10-mal effektiver für die bronchiale Deposition als eine Inhalation mit Maske. Wichtig ist – sofern möglich –, langsam und gleichmässig zu inhalieren (Ruheatmung; max. 30 l/min). Deshalb wird der Einatmungsfluss (peak inspiratory flow, PIF) bei manchen Modellen durch einen automatischen Kontrollmechanismus begrenzt. Ab dem Schulalter können dann auch Trockenpulverinhalatoren eingesetzt werden. Sie sind klein und besonders leicht zu handhaben. Eine Koordination von Auslösen des Sprühstosses und Einatmen ist nicht notwendig, da bei ihnen die Desagglomeration des Wirkstoffs vom Trägermolekül Laktose durch den PIF erfolgt. Er muss dazu jedoch mindestens 30 l/min (besser 60 l/min) betragen, und das gelingt meist nur älteren Kindern.
Vor- und Nachteile der verschiedenen Inhalationssysteme
Vernebler sind gross und relativ zeitaufwendig in der Anwendung, da die applizierte Dosis pro Atemzug gering ist. Je nach inhaliertem Volumen muss bis zu 10 Minuten inhaliert werden, wobei der PIF 30 l/min nicht übersteigen sollte. Durch Mischen verschiedener Inhalationslösungen lässt sich zwar eventuell Zeit sparen, aber dabei ist Vorsicht geboten. Die Kompatibilität der Substanzen muss geprüft sein, ansonsten können Unverträglichkeiten oder Unwirksamkeiten der Wirkstoffe resultieren.
Wie unsere Untersuchungen zeigen, treten bei der Mischung mancher Substanzen bestimmte Inkompatibilitäten auf, die unter anderem die Wirksamkeit einschränken (14). Für andere Mischungen, wie beispielsweise Budesonid mit hypertoner NaCl-Lösung, ergaben sich dagegen keine Unverträglichkeiten (Tabelle 3). Weiterhin konnten wir durch umfangreiche In-vitro-Untersuchungen feststellen, dass marktübliche Druckluftvernebler sehr unterschiedliche Aerosolspektren generieren und auch die abgegebene Aerosolmenge nur bedingt zur Dosisabschätzung taugt. Ein relativ verlässlicher Wert für die Geräteauswahl ist jedoch die respirable Lungendosis (RDDR), die sich aus dem Feinpartikelspektrum (FPF) und der abgegebenen Wirkstoffmenge (DDR) errechnet (15). Der grosse Vorteil von Verneblern ist und bleibt aber ihre einfache Bedienung (geeignet für Säuglinge und Kleinkinder, ggf. mit Maske) sowie die Möglichkeit, das Aerosolspektrum (die Teilchengrösse) über verschiedene Prallplatten zu beeinflussen. Darüber hinaus können spezielle
Tabelle 2:
Altersabhängiger Einsatz verschiedener Inhalationssysteme
Inhalationssystem, Vor- und Nachteile
Zusatz
Alter des Patienten in Jahren 0–3 3–6 6–10 ab 10
Dosieraerosol
klein, Koordination wichtig, Spacer + Maske
+– – –
idealer PIF 15–60 l/min,
Spacer + Mundinhalation1
–
+
+
+
zeitsparend, relativ homo-
genes Aerosolspektrum
ohne Inhalationshilfe
–– –+
Feuchtvernebler
gross, einfache Bedienung, PIF max. 30 l/min, relativ zeitaufwendig
Maske über Mundstück
+– – – (+) + + +
Trockenpulverinhalator
klein, einfache Bedienung, PIF min. (30) 60 l/min
Patient ist «AerosolErzeuger»2
– (+) +
+
1 10-mal effektiver als mit Maske 2 Zerstäubung des Pulvers an den Prallwänden PIF: Einatmungsfluss (peak inspiratory flow)
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Wesentliches für die Praxis
● Ultraschallvernebler oder Dosieraerosole mit Spacer (beides mit Maske) sind für Säuglinge gut geeignet.
● Kleinkinder ab 3 Jahren können dieselben Geräte auch ohne Maske benutzen.
● Ab dem Schulalter eignen sich Trockenpulverinhalatoren.
Weiterentwicklungen der Verneblersysteme die geschilderten Nachteile reduzieren (16). Dosieraerosole: Dosieraerosole werden ebenfalls ständig weiter verbessert (17) und können mit Spacer schon bei Kindern ab 3 Jahren erfolgreich eingesetzt werden, wenn der Patient einen langsamen, gleichbleibenden PIF von 15 bis 60 l/min erzeugen kann. Spacer erleichtern dabei die Koordination von Auslösen und Einatmen, ein oft kritischer Punkt bei jungen Patienten. Im Vergleich zu Verneblern sind Dosieraerosole handlich klein und können mit deutlich geringerem Zeitaufwand benutzt werden, auch die Grösse der Aerosolteilchen variiert nicht so stark wie bei Verneblern. Unter den treibgasgetriebenen, FCKW-freien Dosieraerosolen sind für Kinder vor allem sogenannte Lösungsaerosole zu empfehlen. Sie erzeugen insgesamt kleinere Wirkstoffteilchen, die leichter ihren Weg bis in die Bronchien finden. Die Maskeninhalation mit Dosieraero-
solen kann bis zum 3. Lebensjahr genau wie mit Verneblern erfolgen, indem eine Maske auf den Spacer gesetzt wird. Um Aerosolverluste durch elektrostatische Kräfte zu reduzieren, sollte der Spacer mit Spülmittel vorbehandelt werden oder antistatische Eigenschaften aufweisen. Eine Verbesserung stellt der Autohaler® dar, ein Inhalator, bei dem der Sprühstoss durch den Atemzug ausgelöst wird. Der Autohaler® ist somit auch ohne Spacer für Kinder nutzbar. Eine technische Weiterentwicklung wurde mit dem Respimat® Soft Mist Inhaler erzielt. Als Einstoffdüsenvernebler kombiniert er Eigenschaften von Vernebler und MDI: Die Aerosolwolke wird wie bei anderen MDI per Knopfdruck ausgelöst, aber die Koordination zum ruhigen, zeitgerechten Einatmen ist durch die langsam und lang ausströmende Aerosolwolke (mit 0,8 m/s über 1,5 s) deutlich erleichtert. Zusammen mit dem hohen Anteil an Feinpartikeln (< 5 μm) verbessert das die Deposition des Wirkstoffs in der Lunge, sodass die Dosis im Vergleich zu anderen Inhalatoren verringert werden kann – bei gleicher Effektivität (18, 19). Mit Spacer und gegebenenfalls mit Maske kann der Respimat® auch bei Kleinkindern erfolgreich eingesetzt werden. Leider gibt es in der Pädiatrie wenige Anwendungsmöglichkeiten, da die für das innovative Gerät verfügbaren Substanzen nahezu nur für die Therapie von COPD geeignet sind. Trockenpulverinhalatoren: Diese sind ebenfalls im Hosentaschenformat erhältlich, eignen sich jedoch aufgrund des notwendigen hohen PIF von mindestens 30 l/min (s. o.) nur für Kinder im Schulalter. Bei DPI werden die Freisetzung und Desagglomeration des Arznei- Tabelle 3: Physikalisch-chemische Kompatibilität ausgewählter Inhalationslösungen Dornase alfa Pulmonzyme® Dornase alfa Pulmozyme® Tobramycin Colistin Bramitob®, TOBI® zur Inhalation Ipratropium Atrovent® Salbutamol Ventolin® mischbar nicht mischen nicht mischen nicht mischen Budesonid Pulmicort® mischbar Hypertone NaCl-Lsg. 5,85% nicht mischen Tobramycin Bramitob®, TOBI® mischbar mischbar mischbar mischbar mischbar nicht mischen Colistin zur Inhalation nicht mischen mischbar mischbar nicht mischbar mischbar mischbar Ipratropium Atrovent® nicht mischen mischbar mischbar mischbar mischbar nicht mischen Salbutamol Ventolin® nicht mischen mischbar nicht mischbar mischbar mischbar nicht mischen Budesonid Pulmicort® mischbar mischbar mischbar mischbar mischbar mischbar Hypertone NaCl-Lsg. 5,85% nicht mischen nicht mischen mischbar nicht mischen nicht mischen mischbar Orange: Diese Kombinationen sind noch nicht abschliessend untersucht. Hellgrün/Rosa: Mischbarkeit gilt nur für die konservierungsmittelfreien Fertiginhalate; die Ventolin®-Lösung für Inhalatoren ist in der Schweiz nur mit Konservierungsmittel verfügbar. Diese Tabelle wurde von der Redaktion PÄDIATRIE für die Schweiz gemäss Arzneimittelkompendium angepasst (Handelsnamen, Verfügbarkeit). 36 Pädiatrie 1/22 Pneumologie stoffs erst durch den Einatmungsfluss ausgelöst; je höher dieser ist, desto effektiver ist die Freisetzung. Diesem positiven Effekt steht jedoch die Impaktion entgegen, damit wird die Abscheidung von Wirkstoffteilchen in den oberen Atemwegen bezeichnet. Die Impaktion steigt ebenfalls mit zunehmendem Atemfluss, und zwar bei allen Inhalationssystemen (20, 21) Insgesamt stellen DPI geringe Anforderungen an die Koordination. Für eine ausreichende Lungendosis ist laut neuesten Untersuchungen vor allem der Druckabfall während der Inspiration entscheidend: Er sollte mindestens 1 kPa (entspricht 10 cm Wassersäule) betragen (20). Bei Patienten mit Laktoseintoleranz bestehen oft Bedenken bezüglich DPI, da der Wirkstoff fast immer an Laktose gebunden ist; aufgrund der geringen Dosen sind jedoch keine klinischen Beschwerden zu erwarten. Behandlung der oberen Atemwege Neben dem Alter spielt natürlich auch die Diagnose eine Rolle bei der Auswahl des Inhalationssystems. Sind beispielsweise die oberen Atemwege betroffen, wie bei einer Sinusitis oder dem Krupp-Syndrom, ist ein Feuchtvernebler mit entsprechender Technik das System der Wahl, unabhängig vom Alter des Patienten. Mit speziellen Modellen lassen sich das für eine erfolgreiche Therapie erforderliche pulsierende Aerosol beziehungsweise ausreichend grosse Wirkstoffteilchen erzeugen. Immer wieder stellen sich Kleinkinder mit trockenem Husten, Heiserkeit und inspiratorischem Stridor vor. Dies sind typische Symptome für ein Krupp-Syndrom. Schätzungen zufolge sind jährlich etwa 5 Prozent der Kinder im Alter zwischen 3 und 36 Monaten betroffen (22, 23). Neben der Applikation systemischer Steroide verspricht hier eine Behandlung mit inhalativem Adrenalin (Epinephrin, z. B. InfectoKrupp Inhal® [in der Schweiz nicht zugelassen]) gute Erfolge (24), vorausgesetzt, man wählt das geeignete Applikationssystem. Denn für die Therapie der oberen Atemwege können die Aerosole deutlich grösser sein als zum Beispiel bei der inhalativen Behandlung einer Bronchitis. Ein Partikelspektrum zwischen 7 und 9 µm ist hier günstig, sodass zum Beispiel das Inhalationsgerät PARI XLent® zum Einsatz kommen kann. Für andere Erkrankungen der oberen Atemwege (z. B. Rhinitis, Sinusitis, Laryngitis, Pharyngitis) stehen ebenfalls spezielle Inhalationssysteme zur Verfügung, zum Beispiel der Pari Sinus® bei Sinusitis. Korrespondenzadresse: Prof. Dr. Wolfgang Kamin Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Ev. Krankenhaus Hamm D-59063 Hamm Dr. Frank Erdnüß ist an der Apotheke der Universitätsmedizin Mainz tätig. Interessenkonflikte: W. Kamin hat mit den Unternehmen Teva, Boehringer Ingelheim und Pari in den letzten 5 Jahren Forschungsprojekte durchgeführt und erhielt von den Unternehmen auch Honorare für wissenschaftliche Vorträge. F. Erdnüß deklariert, dass keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag bestehen. Dieser Artikel erschien zuerst in der Zeitschrift doctors|today 6/2021. Die bearbeitete Übernahme erfolgte mit freundlicher Genehmigung der Autoren und des Verlags Kirchheim. Abbildung 3: Schematische Darstellung eines Bronchus, oben in gesundem Zustand, darunter mit krankhaften Veränderungen (Grafik: W. Kamin, F. Erdnüß) Fazit 2 Die Inhalationstherapie kann sowohl bei Krankheiten der oberen als auch der unteren Atemwege erfolgreich eingesetzt werden. Vor Beginn einer Inhalationstherapie sind altersentsprechende Differenzialdiagnosen zu beachten. Entscheidend für den Therapieerfolg sind eine richtige Technik/Handhabung und eine gute Compliance des Patienten. Die Auswahl des geeigneten Inhalationssystems erfolgt deshalb zuerst nach dem Alter, danach sind das Feinpartikelspektrum des Inhalators und individuelle Parameter des Patienten (u. a. Gesundheitszustand, Vorlieben) zu berücksichtigen. Die zur Verfügung stehenden Systeme sind Dosieraerosole, Trockenpulverinhalatoren und Feuchtvernebler. Idealerweise sollten die Erhaltungsund die Notfalltherapie mit gleichartigen Inhalationssystemen durchgeführt werden. Kasten 2: Videos zur korrekten Inhalation Videos zum Erlernen der korrekten Inhalationstechnik für Kinder stehen auf der Website des Kantonsspitals Winterthur in den Sprachen Deutsch, Französisch, Italienisch, Englisch, Spanisch und Portugiesisch zur Verfügung: https://www.rosenfluh.ch/qr/inhalieren Eine umfangreiche Sammlung von Videos zur korrekten Inhalation mit einer Vielzahl verschiedener Inhalatoren bietet die Homepage der Deutschen Atemwegsliga e. V.: https://www.atemwegsliga.de/richtig-inhalieren.html 1/22 Pädiatrie 37 Pneumologie Literatur: 1. Kamin W et al.: The inhalation manager: a new computer-based device to assess inhalation technique and drug delivery to the patient. J Aerosol Med. 2003;16(1):21-29. 2. Pearce L: How to teach inhaler technique. Nurs Times. 2011;107(8):16-17. 3. Knipel V, Criee CP, Windisch W: Korrekte Inhalationstherapie: Einweisung mittels Internet-verfügbarer Filmsequenzen. Eine Initiative der Deutschen Atemwegsliga e. V. Pneumologie. 2013;67(3):157-161. 4. Kamin W, Kreplin A: Schulung des Inhalationsmanövers bei Kindern mit Asthma bronchiale mittels optischem Feedback. Pneumologie. 2007;61(3):150-156. 5. Janssens HM, Tiddens HA: Aerosol therapy: the special needs of young children. Paediatr Respir Rev. 2006;7 Suppl 1:S83-S85. 6. Amirav I, Newhouse MT: Deposition of small particles in the developing lung. Paediatr Respir Rev. 2012;13(2):73-78. 7. 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