Transkript
Übermässiges Schwitzen
Was tun bei Hyperhidrose?
Dermatologie
Wenn vermehrtes Schwitzen an Händen, Füssen oder in den Achseln als störend empfunden wird, handelt es sich meist um eine primäre Hyperhidrose. Welche Differenzialdiagnosen zu beachten sind und worauf es bei der Behandlung ankommt, erläuterte Dr. med. Martin Theiler an der Fortbildung «Pädiatrie Update Refresher».
Von einer primären Hyperhidrose sind knapp 5 Prozent der Bevölkerung betroffen. Die Beschwerden beginnen nach Einsetzen der Pubertät zwischen dem 14. und 25. Lebensjahr. Typisch für die primäre Hyperhidrose ist, dass das vermehrte Schwitzen fokal, symmetrisch und nur tagsüber auftritt. Oft sind oder waren weitere Familienmitglieder ebenfalls davon betroffen. Bei einer derart typischen Symptomatik brauche es im Grunde keine weitere Abklärung, sagte Dr. med. Martin Theiler vom Zentrum Kinderhaut des Universitätskinderspitals Zürich.
Das Wichtigste in Kürze
● Typisch für die primäre Hyperhidrose ist, dass das vermehrte axilläre und palmoplantare Schwitzen fokal, symmetrisch und nur tagsüber auftritt.
● Oft sind weitere Familienmitglieder betroffen.
● Sekundäre Hyperhidrosen sind selten, sollten aber bei atypischer Symptomatik wie asymmetrischem, halbseitigem oder generalisiertem Schwitzen und bei Nachtschweiss abgeklärt werden.
Viele Differenzialdiagnosen sind möglich, aber selten
Eine andere Erkrankung ist nur bei etwa 7 Prozent der Patienten Ursache der Beschwerden. Verdacht auf eine sekundäre Hyperhidrose sollte man schöpfen, wenn das Schwitzen nicht fokal und symmetrisch, sondern asymmetrisch, halbseitig oder generalisiert ist, wenn Nachtschweiss auftritt, der Beginn der Beschwerden jenseits des 25. Lebensjahres liegt und die Familienanamnese negativ ist. In diesem Fall kommen je nach Verdacht verschiedene Labortests infrage. Dazu gehören Serumelektrolyte/ -harnstoff/-kreatinin (Nierenerkrankung), Blutzucker/ HbA1c (Diabetes), Schilddrüsenparameter (Hyperthyroidismus), Tuberkulosetest, Blutbild (Infektionen), Blutsenkung/CRP (Infektion, Tumoren, entzündliche Erkrankungen), antinukleäre Antikörper (autoimmune Bindegewebserkrankungen) oder Katecholamine im Urin (Phäochromozytom). Falls sich keine dem übermässigen, generalisierten Schwitzen zugrunde liegende Erkrankung findet, spricht man von einer generalisierten Hyperhidrose, die somit eine Ausschlussdiagnose ist.
Topische Behandlung mit Aluminiumsalzen
Antiperspiranzien mit höher konzentrierten Aluminiumsalzen (z. B. Perspirex®) sind die First-Line-Therapie bei primärer Hyperhidrose. Die Anwendung erfolgt am Abend auf trockener Haut, morgens wird das Präparat abgewaschen. Bis zum Wirkungseintritt wird täglich behandelt, danach langfristig 1- bis 2-mal in der Woche. Als Nebenwirkung kann es zu Hautirritationen kommen. Bei
gut der Hälfte der Betroffenen wird das Therapieziel mit Aluminiumsalzen erreicht. Aluminiumsalze stehen unter dem Verdacht, Risikofaktoren für die Alzheimer-Krankheit und Brustkrebs zu sein. Eine Assoziation mit der Alzheimer-Krankheit sei jedoch nicht bestätigt, und eine klare Ursache-Wirkungs-Beziehung zum Brustkrebs gebe es ebenfalls nicht, sagte Theiler.
Was tun, wenn Aluminiumsalze nicht helfen?
Bei axillärer Hyperhidrose kommen Botulinumtoxininjektionen infrage. Diese Therapie wird von niedergelassenen Dermatologen angeboten. Sie funktioniert, muss aber alle 6 Monate wiederholt werden. Bei palmoplantarer Hyperhidrose kann man es mit der Leitungswasseriontophorese versuchen; diese Behandlung wird einmalig von der Krankenkasse vergütet. Auch Botulinumtoxininjektionen sind möglich. Als orale Therapie können Salbeitropfen verordnet werden (Salvia-Wild®). Auch orale Anticholinergika wie Oxybutynin sind möglich, wobei auf die bekannten Nebenwirkungen dieser Substanzklasse zu achten ist. Chirurgische Eingriffe sind bei verzweifelten Patienten mit einem extremen Leidensdruck möglich. So können bei Patienten mit axillärer Hyperhidrose Schweissdrüsen exzidiert werden. Eine thorakoskopische Sympathektomie komme hingegen wirklich nur «für ganz verzweifelte Patienten» infrage, sagte Theiler.
Renate Bonifer
Quelle: «Akne und andere Hautprobleme in der Pubertät», Referat von Dr. med. Martin Theiler am FOMF Pädiatrie Update Refresher am 27. Oktober 2020 in Zürich.
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