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Titel
– Fortsetzung der Kinderspitex-Umfrage
Untertitel
-
Lead
Wegen der Coronaviruspandemie war es nicht allen angefragten Kinderspitex möglich, ihre Antworten noch vor Redaktionsschluss der gedruckten Schwerpunktausgabe zur PPC einzusenden. Sie werden hier nun nach und nach online ergänzt
Datum
Autoren
-
Rubrik
Schwerpunkt: Pädiatrische Palliativmedizin
Artikel-ID
45669
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Transkript


Schwerpunkt
Online-Fortsetzung:
«Ein Fels in der Brandung»
Fragen und Antworten zur Rolle der Kinderspitex in der PPC

Die meisten Kinder, die der ambulanten pädiatrischen Palliative Care (PPC) bedürfen, werden von der Kinderspitex betreut. Wir fragten Kinderspitex in verschiedenen Regionen der Schweiz, wie Wunsch und Wirklichkeit in der ambulanten PPC im Alltag der Kinderspitex aussehen. Wegen der Coronaviruspandemie war es nicht allen angefragten Kinderspitex möglich, ihre Antworten noch vor Redaktionsschluss der gedruckten Schwerpunktausgabe zur PPC einzusenden. Sie werden hier nun nach und nach online ergänzt.

Stiftung Joël
Wie viele Kinder mit lebenslimitierenden Krankheiten betreuen Sie im Durchschnitt pro Monat? Stiftung Joël: Die Stiftung Joël Kinderspitex ist in der ganzen deutschsprachigen Schweiz und zum Teil im Jura tätig. Wir betreuen monatlich zirka 150 Kinder mit einer lebenslimitierenden Erkrankung. Diese Zahl unterliegt immer gewissen Schwankungen, die Tendenz ist aber aufgrund des Wachstums unserer Stiftung eher steigend.
Welches Alter oder welche Erkrankungen stehen dabei im Vordergrund? Stiftung Joël: Wir pflegen Patienten ab dem Säuglingsalter bis ins junge Erwachsenenalter, wobei junge Erwachsene nur ein sehr kleiner Anteil der Patienten sind. Von den Krankheitsbildern her sind es oft Kinder mit seltenen Erkrankungen oder mit einem Gendefekt, mit Stoffwechselerkrankungen, mit neurologischen, onkologischen, oder kardiologischen Erkrankungen oder mit Muskelerkrankungen. Viele der Kinder haben aus unterschiedlichen Gründen eine Atemproblematik.
Welche positiven Erfahrungen machen Sie im Betreuungsalltag? Stiftung Joël: Die Arbeit in den Familien ist oft von einer grossen Wertschätzung geprägt. Die Unterstützung in der Pflege des Kindes, die Beratung und ein Blick von aussen auf die Gesamtsituation wird vielfach sehr geschätzt. Das ist eine Bereicherung für unsere Pflegefachpersonen, aber auch für die begleitenden Teamleiterinnen. Eine Familie in einer solch schwierigen Situation begleiten zu dürfen ist eine intensive, aber schöne Aufgabe. Es entstehen oft sehr wertvolle Beziehungen. In den verschiedenen Regionen der Schweiz gibt es noch recht grosse Unterschiede in Bezug auf die Vernetzung mit anderen involvierten Diensten, Spitälern, etc., aber auch im
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Umgang mit Palliativen Situationen. Wir schätzen die Zusammenarbeit mit verschiedenen Spitälern sehr. Es ist hilfreich und unterstützend für die ganze Situation, wenn im interdisziplinären Team über Betreuungspläne, Vorgehensmöglichkeiten, Unterstützungsangebote etc. gesprochen werden kann. Eine klare Vorgehensweise gibt den Eltern, aber auch den Pflegenden Sicherheit, wenn die Situation schwierig wird.
Wo sehen Sie im Kontext der Palliative Care ihre konkrete Rolle? Stiftung Joël: Unsere Rolle ist es, neben der Übernahme eines Teils der Pflege des Kindes die Familie, unter Berücksichtigung der familiären Autonomie, so intensiv wie nötig zu unterstützen. Aufgrund unserer oft starken Präsenz in der Familie, können wir die Prozesse und Bedürfnisse der Familie recht gut erkennen. Dadurch ist es uns möglich, ein Bild davon zu bekommen, wo Bedarf an Unterstützung besteht. Das kann bedeuten, dass wir Anregungen zur Selbsthilfe geben aber auch, dass wir neben unseren Pflegeeinsätzen koordinieren und organisieren was nötig ist. In Regionen, in denen ein gutes Netzwerk besteht, ist dies in der Regel einfacher. Durch Beratung und Gespräche können wir, wenn es die Familien zulassen, unterstützend im Prozess des Abschiednehmens beistehen. Für Geschwister bieten wir, dank der Unterstützung durch Spendengelder, individuelle Möglichkeiten für Freiräume und Zeiten, in denen sie der Mittelpunkt sein dürfen. Zudem bieten wir die Möglichkeit einer punktuellen Begleitung und Beratung auch nach dem Tod des Kindes.
Wo sehen Sie Probleme und zukünftige Herausforderungen? Stiftung Joël: Zum Teil haben wir Probleme mit der interdisziplinären Zusammenarbeit, wenn die Kommunikation nicht stimmt oder die Fallführung fehlt.

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Nicht alle Kinderärzte können mit der palliativen Situation umgehen. Das kann zu Problemen führen, zum Beispiel mit der Verordnung von Medikamenten, wenn ein Hausarzt nicht unbedingt bereit ist, wichtige Schmerz- oder die Atmung erleichternde Medikamente frühzeitig als Reserve mitzugeben. Zudem wäre eine palliative Haltung sehr hilfreich, um gemeinsam mit den Eltern einen Betreuungsplan zu erstellen und den Eltern in der Entscheidungsfindung beistehen zu können. Ein grosses Fragezeichen besteht hinsichtlich der Finanzierung von Case Management, Beratung, Arbeitsausfällen der Eltern, ungedeckten Pflegestunden, Kinderbetreuung usw. Es müssen immer noch viele Stunden aus Spendengeldern finanziert werden. Die Übernahme von Pflege- und Überwachungskosten ist abhängig davon, welcher Kostenträger zuständig ist. Wenn es um eine Dauerüberwachung mit Interventionsbereitschaft geht, ist es von Vorteil, wenn die IV der Kostenträger ist, denn im Katalog der Krankenkasse ist Überwachung nicht als Leistung vorhanden. Schwierig ist für uns oft auch, dass es Familien gibt, die aus kulturellen, persönlichen oder anderen Gründen keine oder nur sehr wenig Unterstützung annehmen wollen. Dabei zusehen zu müssen, wie die Familie an ihre Grenzen kommt obwohl es Unterstützungsmöglichkeiten für sie gäbe, ist nicht immer einfach. Die meisten Eltern sind zum ersten Mal in einer solchen Situation und müssen sich neben den Problemen der Trauer auch noch um sehr viele andere

Dinge kümmern. Sie sind darauf angewiesen, dass sie über ihre Rechte und Möglichkeiten informiert werden. Hier könnte ein Leitfaden sehr hilfreich sein.
Was sollte sich aus Ihrer Sicht ändern, um diese Probleme zu lösen? Stiftung Joël: Die Finanzierungsmöglichkeiten für alle ungedeckten Kosten müssen auf politischer Ebene erreicht werden. Notwendig sind rasche Abklärungen wegen Hilflosenentschädigungen usw., damit ein Teil des eventuellen Arbeitsausfalls eines Elternteils abgedeckt werden kann. Wichtig ist die Sensibilisierung für die Notwendigkeit pädiatrischer Palliative Care und die Entwicklung einer entsprechenden Haltung auf allen Ebenen – und ganz besonders bei den Hausärzten. Auch sollte es in allen Spitälern interdisziplinäre Palliativteams geben, welche die Fallführung in komplexen Situationen stellen und für eine gute Aufgabenteilung und ein angemessenes Case Management sorgen. Und nicht zuletzt sollte man einen Leitfaden für Eltern mit einem chronisch kranken oder beeinträchtigten Kind erstellen, der über die rechtlichen und praktischen Möglichkeiten der Unterstützung in allen Phasen der Erkrankung informiert.
Die Fragen wurden von Astrid Baumgartner, Regionalleiterin Ostschweiz der Stiftung Joel Kinderspitex Schweiz, beantwortet.

Kinderspitex Kanton Zürich (kispex)
Wie viele Kinder mit lebenslimitierenden Krankheiten betreuen Sie im Durchschnitt pro Monat? kispex: Im ersten Quartal 2020 hat die Kinderspitex Kanton Zürich (kispex) 64 Kinder mit palliativen Erkrankungen betreut. Mehr als die Hälfte der gesamten Pflegestunden der kispex werden im Bereich Palliative Care geleistet.
Welches Alter oder welche Erkrankungen stehen dabei im Vordergrund? kispex: Die Kinderspitex Kanton Zürich (kispex) betreut Kinder aller Altersgruppen, von Frühgeborenen bis zum Alter von 18 Jahren mit verschiedenen palliativen Krankheitsbildern. Die häufigsten Krankheitsbilder der palliativ betreuten Kinder sind im Bereich Neurologie und komplexe Syndrome, weiterhin sind Kinder mit pneumologischen, kardiologischen, hämatologischen, gastroenterologischen oder Stoffwechselerkrankungen sowie Kinder mit onkologischen Erkrankungen betroffen. Der Betreuungszeitraum umfasst Tage, Wochen, Monate und häufig auch viele Jahre. Im Jahr 2019 hatten wir zweimal bereits vorgeburtlich Kontakt zu betroffenen

Familien aufgenommen, bei denen bekannt war, dass das Kind eine palliative Betreuung benötigen wird.
Welche positiven Erfahrungen machen Sie im Betreuungsalltag? kispex: Die Familien schätzen die Unterstützung durch die Kinderspitex Kanton Zürich, die bei vielen Kindern über viele Jahre geleistet wird. Diese Beziehungen sind durch gegenseitige Wertschätzung und Vertrauen zueinander geprägt. Die Eltern wissen, dass ihre Kinder in guten Händen sind, gerade auch in der Nacht. So können sie wieder Energie für den nächsten anspruchsvollen Tag schöpfen. Die Zusammenarbeit mit dem pädiatrischen Palliative-Care-Team des Kinderspitals Zürich ist konstruktiv und wertschätzend, gegenseitige Informationen und rasche Unterstützung, vor allem in der End-oflife-Phase, sind gewährleistet. Wir nutzen den Betreuungsplan der pädiatrische Palliative Care Schweiz gemeinsam im Behandlungssteam. Im direkten Austausch werden gemeinsame Behandlungsziele besprochen und vereinbart. Bei einigen Kindern finden gemeinsame Hausbesuche der Ärztinnen des PPC-

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Teams mit Mitarbeiterinnen der kispex statt. Für die Geschwister eines erkrankten Kindes involvieren wir häufig pro pallium und für Fotos der letzten Lebensphase die Organisation Herzensbilder. Das verschafft den Familien oft einen anderen Fokus und auch etwas Leichtigkeit in dieser schwierigen Zeit.
Wo sehen Sie im Kontext der Palliative Care ihre konkrete Rolle? kispex: Abhängig vom Krankheitsbild und der Situation der betroffenen Familien unterscheidet sich die Betreuungsdauer eines Kindes. Wenn nur wenig Zeit bleibt, erfordert dies eine besonders einfühlsame Kommunikation und auch Verständnis füreinander, sowohl seitens der kispex-Mitarbeiterinnen als auch von den Familien. Bei zeitlich beschränktem Einsatz der kispex ist der rasche Beziehungsaufbau sehr wichtig. Diese Situationen haben hohe Priorität und werden bestmöglich durch die kispex abgedeckt. Die Pflegeberatungen sind hier zur Beratung der Familien und des Teams intensiv involviert. Das ganze kispex-Team sorgt für eine telefonische Erreichbarkeit rund um die Uhr durch einen Helpline-Dienst, und bei Bedarf sind auch Notfalleinsätze jederzeit vor Ort möglich. Die Kinderspitex Kanton Zürich bietet Nachtwachen an, wenn es die Situation erfordert. Konkret unterstützt die kispex die Familien bei der medizinischen Betreuung ihres erkrankten Kindes und befähigt sie, die Betreuung teilweise selbst zu übernehmen – mit Unterstützung soweit sie diese benötigen. In enger Absprache mit dem PPC-Team des Kinderspitals und den betroffenen Familien passen wir unser Angebot an die Bedürfnisse der Familien an, wenn sich der Gesundheitszustand des Kindes verschlechtert. Das gilt sowohl für eine kurzfristige Verschlechterung, zum Beispiel bei einem Infekt, als auch bei einer allgemeinen Verschlechterung der Situation durch Fortschreiten der Erkrankung, die eine Anpassung der Pflege erforderlich macht. Dazu gehören die medizinisch-pflegerische Behandlung der belastenden Symptome, Hilfe bei der Entscheidungsfindung bei Veränderungen der Situation, Support für die Eltern und die an der Pflege beteiligten Angehörigen. Darüber hinaus stellen wir die Finanzierungsanträge bei der IV oder der Krankenkasse und organisieren Hilfsmittel, benötigtes Pflegematerial sowie Medikamente für das betroffene Kind. Das erfordert eine sehr grosse Flexibilität des ganzen kispex-Teams und die Bereitschaft, sich auf rasch wechselnden Situationen einzulassen. Wir betreuen die Familien bis zum Versterben ihres Kindes, und auf Wunsch auch darüber hinaus, daheim. Falls die Eltern es wünschen, nimmt das Team an der Beisetzung des Kindes teil.
Wo sehen Sie Probleme und zukünftige Herausforderungen? kispex: Die Kinderspitex Kanton Zürich muss sich auf immer wieder wechselnde Situationen einstellen,

das benötigt personelle Ressourcen. Qualifiziertes Pflegepersonal ist im pädiatrischen Bereich nicht einfach zu rekrutieren. Die Weiterbildung der Mitarbeiter im Bereich Palliativ Care erfolgt zum Teil intern, was finanzielle und personelle Ressourcen erfordert. Dafür braucht es Gelder für die stetige Weiterbildung im Bereich pädiatrische Palliativ Care. Ein CAS (Certificate of Advanced Studies) im Bereich Palliative Care wird bisher nur für den Erwachsenenbereich angeboten, nicht spezifisch für die Pädiatrie, obwohl es grosse Unterschiede in der Palliative Care zwischen Erwachsenen und Kindern gibt. Für die Familien sind häufig viele administrative Aufgaben zu erledigen, das ist besonders für fremdsprachige Familien eine grosse Herausforderung. Es bestehen zwar Unterstützungsangebote, zum Beispiel durch Pro Infirmis, aber für die Familien ist die Betreuung des kranken Kindes oft sehr aufwendig, sodass die Energie für das Einholen weiterer Unterstützungsangebote fehlt. Es gibt Unterstützung durch den Sozialdienst im Kinderspital, welche jedoch häufig nicht ausreicht. Wenn viele Disziplinen involviert sind, fehlt oft eine Fallführung, die die Fäden in der Hand hält; dann übernimmt kispex die Koordination, die andere Ressourcen beschneidet und nicht vollständig verrechenbar ist.
Was sollte sich aus Ihrer Sicht ändern, um diese Probleme zu lösen? kispex: Es werden geschulte Personen benötigt, die sich um die administrativen Belange, Finanzierung der kispex-Einsätze, Hilfsmittelbeschaffung und die Koordination der verschiedenen Bedürfnisse kümmern. Das könnte eine Sozialarbeiterin sein, die ausschliesslich für die durch die kispex betreuten Familien arbeitet. Wenn viele Disziplinen involviert sind, braucht es einen Case Manager. Das könnte beispielsweise der Spitalarzt, der das Kind am häufigsten betreut oder der betreuende Kinderarzt sein. Auch vonseiten der IV oder Krankenkasse kann ein Case Manager hilfreich sein, der die Familien bei Versicherungs- und Finanzierungsfragen unterstützt, auch bezüglich der Hilflosenentschädigung, den Intensivpflegezuschlägen oder der Hilfsmittelorganisation. Für die Ausbildung des Pflegepersonals im Bereich PPC müssten öffentliche Gelder zur Verfügung stehen.
Die Fragen wurden von Andrea Bucher, Pflegeberatung, CAS Palliative Care, kispex Kinderspitex Kt. Zürich, beantwortet.

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