Transkript
Schwerpunkt
Asthma im Kindesalter
Diagnosekriterien und Therapie mit Blick auf neue Guidelines
Asthma ist eine der häufigsten chronischen Krankheiten im Kindesalter. Dr. med. Anja Jochmann und Prof. Dr. med. Daniel Trachsel, Universitätskinderspital beider Basel, beantworten im Folgenden wichtige Fragen aus der Praxis, und sie erläutern, inwiefern die neuen GINA-Guidelines für die jungen Patienten in der Schweiz sinnvoll sind.
Welche Diagnosekriterien sind bei Asthma im Kindesalter am wichtigsten? Es gibt nicht den einen Test, der als Goldstandard ausreichen würde, um Asthma im Kindesalter zu diagnostizieren. Wegweisend sind die klinischen Symptome. Es gibt auch junge Kinder, die ihre Symptomatik sehr präzis schildern können, andererseits können Suggestivfragen leicht in die Irre führen. Deshalb braucht es neben der Klinik auch die Tests. Die Lungenfunktionsmessung gehört zur Basisabklärung. Eine reversible Obstruktion in der Ruhe-Lungenfunktion ist diagnostisch, muss sich jedoch beim Asthma im Intervall nicht zeigen. Ein erhöhter NO-Wert in der Ausatemluft spricht für eosinophiles Asthma, ist aber nicht beweisend. Falls Zweifel bestehen, können Provokationstests sinnvoll sein, wie ein Methacholintest oder die Belastung auf dem Laufband oder Fahrrad. In den GINA-Guidelines wird auch eine durchschnittliche tägliche Peak-Flow-Variabilität (PEF) von mehr als 13 Prozent als diagnostisches Kriterium genannt.
Tabelle 1:
Kriterien für eine pädiatrisch-pneumologische Abklärung beim Spezialisten
● unklare Diagnose oder fehlendes Ansprechen auf die Therapie ● Atemprobleme seit Geburt bestehend ● massiver begleitender gastroösophagealer Reflux ● schwere begleitende obere Atemwegsprobleme ● Husten mit Auswurf ● positive Familienanamnese für bekannte schwere Lungenerkrankungen ● Gedeihstörung ● unerklärte Symptome wie abnorme Stimme, Heiserkeit, Dysphagie, Stridor sowie
fokale Veränderungen im Thoraxröntgenbild ● ausgeprägte elterliche Angst ● hohe Steroiddosis, höher als Behandlungsstufe 4 (Budesonid ≥ 800 mg/Tag bzw.
Fluticason ≥ 400–500 mg/Tag)
Quelle: Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Pneumologie (SAPP): Empfehlungen zur Behandlung von obstruktiven Atemwegserkrankungen im Säuglings- und Kindesalter. Paediatrica 2004; 15(1): 11–27.
Diese ist bei Kindern jedoch weniger relevant als bei Erwachsenen, da zu Hause gemessene PEF-Werte bei Kindern kooperationsbedingt eher unzuverlässig sind.
Wie zuverlässig ist die Diagnose Asthma? Die Diagnose ist meist zuverlässig zu stellen, auch die Verdachtsdiagnosen der Haus- und Kinderärzte sind meistens zutreffend. Dass die Diagnose verpasst wird, kommt nach unserer Erfahrung nur selten vor.
Welche Differenzialdiagnosen sind häufig, wenn es doch kein Asthma ist? Wenn es um den Verdacht auf Anstrengungsasthma geht oder um Kinder und Jugendliche, die Atemnot beim Sport haben, sehen wir sehr häufig dysfunktionale Atemstörungen. Das kann eine Vocal Cord Dysfunction sein oder eine Atemstörung vom DATIV-Typ, also eine dysfunktionelle Atmung vom thorakalen Typ mit insuffizienter Ventilation wegen einer oberflächlichen, brustkorbund schultergürtelbetonten Atmung. Beim Symptom chronischer Husten gibt es eine sehr breite Palette an Differenzialdiagnosen. Dazu gehören der habituelle Husten, die protrahierte bakterielle Bronchitis, die symptomatische Adenoidhyperplasie oder auch chronische angeborene Pneumopathien, wie die zystische Fibrose oder die primäre ziliäre Dyskinesie, um nur einige Beispiele zu nennen.
Wann sollte man eine bestehende Asthmadiagnose infrage stellen? Alle Ärzte, die Asthmakinder betreuen, seien es nun Spezialisten oder Haus- und Kinderärzte, müssen die Diagnose immer wieder hinterfragen: Handelt es sich wirklich um ein Asthma? Andere Differenzialdiagnosen müssen in Betracht gezogen werden, wenn der Verlauf oder das therapeutische Ansprechen Zweifel aufkommen lassen. Eine Reevaluation der Wirksamkeit und der Notwendigkeit der Therapie ist deshalb von Zeit zu Zeit wichtig.
Kann man die Asthmadiagnose in der Kinderarztpraxis stellen, oder muss das Kind dafür einem Spezialisten zugewiesen werden?
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Die meisten Asthmadiagnosen werden von den Pädiatern in der Praxis gestellt. Zugewiesen werden uns vor allem Kinder mit anstrengungsinduzierter Dyspnoe mit der Frage, ob es sich um eine dysfunktionale Atemstörung oder wirklich um Asthma handelt. Der zweithäufigste Zuweisungsgrund ist vermutlich der Wunsch der Eltern, dass ein Spezialist die Asthmadiagnose bestätigt (Tabelle 1). Bei persistierenden Asthmasymptomen und lang dauernder Abhängigkeit von inhalativen Steroiden ist eine pneumologische Standortbestimmung von Zeit zu Zeit sinnvoll.
Präventivtherapie empfohlen. Leukotrienrezeptorantagonisten, wie Montelukast, gelten nicht mehr als gleichwertig, sondern als sekundäre Option. Als Alternative in Stufe 2 wird erwähnt, dass man inhalative Steroide auch bei Bedarf geben kann, in Kombination mit einem schnell wirksamen Beta-2-Mimetikum. Dazu gibt es bis jetzt aber nur eine einzige Studie bei Kindern. Bei den Adoleszenten ab 12 Jahren wird jetzt aus Sicherheitsgründen empfohlen, bei Bedarf keine schnell wirksamen Beta-2-Mimetika mehr allein zu geben, sondern immer ein Kombinationspräparat mit einem inhalativen Steroid.
Welche Veränderungen bringen die neuen GINAGuidelines für die Behandlung bei Asthma im Kindesalter? Neue GINA-Guidelines für Asthmakinder im Alter von 0 bis 5 Jahren werden voraussichtlich erst im Laufe dieses Jahres publiziert. Die neuen GINA-Guidelines für Kinder von 6 bis 11 Jahren (Tabelle 2) und für Adoleszente ab 12 Jahren (Tabelle 3) wurden 2019 publiziert. Sie enthalten substanzielle Änderungen. Für Kinder von 6 bis 11 Jahren wird nun empfohlen, dass auch in der Stufe 1, also bei nur intermittierender Symptomatik, das kurz- beziehungsweise schnell wirksame Beta-2-Mimetikum in Kombination mit einem niedrig dosierten, inhalativen Steroidpräparat gegeben wird. Als Alternative wird empfohlen, bereits in Stufe 1 mit einem niedrig dosierten, inhalativen Steroid zu behandeln und als Add-on ein kurz wirksames Beta-2-Mimetikum bei Bedarf anzuwenden. In der Stufe 2 werden im Alter von 6 bis 11 Jahren die niedrig dosierten, inhalativen Steroide als bevorzugte
Welche Sicherheitsgründe nennen die GINA-Auto-
ren für ihre neue Empfehlung, Beta-2-Mimetika
prinzipiell zusammen mit inhalativen Steroiden zu
geben?
Die alleinige Beta-2-Mimetika-Therapie birgt bei häufi-
gem Gebrauch das Risiko einer Down-Regulation der
Beta-Rezeptoren und damit eine Abnahme der Wirksam-
keit. Ein hoher Konsum an Beta-2-Mimetika spricht für
eine ungenügende Kontrolle des Asth-
mas, und sie ist mit einer erhöhten Mortalität assoziiert. Die Überlegung ist, dass dem aktiven Asthma eine Atemwegsentzündung zugrunde liegt, und jeder Gebrauch eines Beta-2-Mimetikums eine behandlungswürdige
Die neuen GINA-Guidelines enthalten substanzielle Änderungen.
Entzündungsaktivität widerspiegelt.
Dieser Ansatz ist bei der notorisch niedrigen Therapie-
adhärenz der meisten Asthmatiker sehr pragmatisch und
nachvollziehbar, und er hat sich klinisch auch bewährt.
Ob aber ein sofortiger Griff zum Kombipräparat bei allen
Tabelle 2:
Asthmabehandlung bei Kindern von 6 bis 11 Jahren
Guidelines der Global Initiative for Asthma (GINA)
Reliever: SABA bei Bedarf, aber nicht als einziges Asthmamedikament, sondern zusätzlich zu ICS-Gabe.
Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Stufe 4
Stufe 5
Kontrolle Kontrolle Kontrolle Kontrolle
Kontrolle
1. Wahl: Alternative: 1. Wahl: Alternative:
1. Wahl:
Alternative: 1. Wahl: Alternative:
1. Wahl:
Alternative:
niedrige Dosis ICS bei jedem SABA-Gebrauch
täglich niedrige Dosis ICS
täglich niedrig dosiertes ICS
LTRA
oder niedrige Dosis ICS bei jedem SABA-Gebrauch
niedrige Dosis ICS-LABA
oder mittlere Dosis ICS
niedrige Dosis ICS + LTRA
mittlere Dosis ICS-LABA; an Spezialisten zuweisen
hohe Dosis ICS-LABA oder zusätzlich Tiotropium oder zusätzlich LTRA
Zuweisung zur Bestimmung des Phänotyps, Zusatztherapie erwägen, z. B. Anti-IgE-Antikörper
zusätzlich Anti-IgE-Antikörper oder zusätzlich niedrige Dosis OCS; Nebenwirkungen bedenken!
ICS: inhalatives Steroid; LABA: lang wirksames Beta-2-Mimetikum; LTRA: Leukotrienantagonist; OCS: orales Steroid; SABA: kurz wirksames Beta-2-Mimetikum
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Tabelle 3:
Asthmabehandlung bei Kindern ab 12 Jahren
Guidelines der Global Initiative for Asthma (GINA)
Reliever: Niedrig dosiertes ICS-Formoterol bei Bedarf. Alternative: SABA bei Bedarf, aber nie als einziges Asthmamedikament
Stufe 1 Stufe 2
Stufe 3 Stufe 4 Stufe 5
Kontrolle Kontrolle
Kontrolle Kontrolle Kontrolle
1. Wahl: Alternative: 1. Wahl:
Alternative:
1. Wahl: Alternative:
1. Wahl: Alternative:
1. Wahl:
Alternative:
niedrige Dosis ICS-Formoterol bei Bedarf
niedrige Dosis ICS bei jedem SABA-Gebrauch
täglich niedrig dosiertes ICS oder bei Bedarf niedrige Dosis ICS-Formoterol
LTRA oder niedrige Dosis ICS bei jedem SABA-Gebrauch
niedrige Dosis ICS-LABA
mittlere Dosis ICS oder niedrige Dosis ICS + LTRA
mittlere Dosis ICS-LABA
hohe Dosis ICS, zusätzlich Tiotropium oder zusätzlich LTRA
hohe Dosis ICS-LABA, Zuweisung zur Bestimmung des Phänotyps, Zusatztherapie erwägen, z. B. Tiotropium, Anti-IgE-Antikörper, Anti-IL-5/IL-5-Rezeptor, Anti-IL-4Rezeptor
zusätzlich niedrige Dosis OCS; Nebenwirkungen bedenken!
ICS: inhalatives Steroid; LABA: lang wirksames Beta-2-Mimetikum; LTRA: Leukotrienantagonist; OCS: orales Steroid; SABA: kurz wirksames Beta-2-Mimetikum. Quelle: https://ginasthma.org/reports/ abgerufen am 20. Januar 2020
Patienten und jeder Alterskategorie notwendig ist und dessen Nachteile aufwiegt, ist fraglich. Sobald eine Basistherapie ab Stufe 2 sinnvoll ist, sind auch gemäss GINA-Guidelines die inhalativen Steroide als Monotherapie eine gute Option. Viele Kinder, zum Beispiel diejenigen mit einer Hausstaubmilbenallergie, sind mit topischen Steroiden während der Infektzeit gut behandelt.
Kasten:
Wie viele Zentimeter kann die Behandlung mit inhalativen Steroiden kosten?
In einer randomisierten Studie wurde die Grösse im Erwachsenenalter von Kindern verglichen, die in einem Asthmaprogramm ab einem Alter von 5 bis 13 Jahren für 4 bis 6 Jahre täglich entweder 400 µg Budesonid oder Plazebo erhalten hatten. Faktoren wie demografische Charakteristika, Asthmasymptomatik und Ausgangsgrösse vor Eintritt in die Studie wurden statistisch berücksichtigt. Im Erwachsenenalter waren die Probanden mit Budesonid im Durchschnitt 1,2 cm kleiner als mit Plazebo (95%-Konfidenzintervall: –1,9 bis –0,5 cm). Eine höhere Budesoniddosis in den ersten beiden Behandlungsjahren war mit einer geringeren Endgrösse assoziiert (–0,1 cm pro Mikrogramm Steroid pro Kilogramm Körpergewicht). Die Wachstumsverzögerung trat in erster Linie vor der Pubertät in den ersten beiden Behandlungsjahren auf. Sie war weder progressiv noch kumulativ. RBO Kelly HW et al.: Effect of inhaled glucocorticoids in childhood on adult height. N Engl J Med 2012; 367(10): 904–912.
Heisst das inhalative Steroide für alle Asthmakinder? Obstruktive Bronchitiden bei Kleinkindern werden immer noch mit kurz wirksamen Beta-2-Mimetika bei Bedarf behandelt, eine Basistherapie kommt bei sehr häufigen Episoden infrage. Ob Kinder mit seltenen, zum Beispiel anstrengungsinduzierten Asthmaepisoden immer auch Steroide, wie in den GINA-Guidelines empfohlen, haben müssen, ist fraglich. Man darf nicht vergessen, dass die Basistherapien bei leichtem oder mittelschwerem Asthma keinen «disease modifying effect» haben.
Wie relevant ist das Risiko einer Wachstumsverzögerung wegen inhalativer Steroide im Kindesalter? Steroide können das Wachstum verzögern. Die Wachstumsverlangsamung unter topischen Steroiden ist zumindest zu Beginn der Behandlung nachgewiesen. Deshalb ist es ein Muss, das Wachstum des Kindes zu kontrollieren. Bei jahrelanger Therapie muss mit einer geringeren Reduktion der Endgrösse gerechnet werden (Kasten). Das muss mit den Eltern offen besprochen und die Vor- und Nachteile einer Behandlung beziehungsweise einer Nichtbehandlung müssen offengelegt werden. Wir versuchen, die Dosis auf ein Minimum zu reduzieren und immer wieder Inhalationspausen einzubauen. Nach unseren Erfahrungen akzeptieren dann die meisten Eltern eine Therapie mit inhalativen Steroiden recht gut.
Wie setzt man Inhalationspausen? Dafür gibt es keine festen Regeln. Es hängt von der Ursache der bronchialen Hyperreagibilität ab. Viele Kinder mit sai-
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sonal bedingtem allergischem Asthma brauchen ausserhalb der Pollenflugzeit keine Basistherapie. Bei einer ganzjährigen Problematik, wie etwa bei Hausstaubmilbenallergie, hängt das Vorgehen vom Beschwerdeprofil ab.
Was ist im akuten Asthmaanfall zu tun? Wir geben am UKBB Kindern unter 6 Jahren 6 Hübe und über 6 Jahren 12 Hübe Salbutamol per Vorschaltkammer in der ersten Stunde alle 20 Minuten, danach reduzieren wir. Die Indikation für Sauerstoff wird in den GINA-Guidelines unter einer Sauerstoffsättigung von 94 Prozent recht grosszügig gestellt. Wir geben Sauerstoff häufig erst ab 92 oder 90 Prozent, aber das hängt selbstverständlich vom klinischen Bild, von der Atemarbeit und dem Allgemeinzustand des Kindes ab. Zur Therapie des akuten Asthmaanfalls gehören nach wie vor auch die systemischen Steroide. Hierzu kann auf die kürzlich publizierten Guidelines* verwiesen werden
Welche Inhalationsgeräte sind für welches Alter empfehlenswert? Dazu gibt es eine Tabelle der Lungenliga Schweiz (Tabelle 4), die aus unserer Sicht altersmässig relativ ambitioniert ist. Zum Beispiel geben wir ein Dosieraerosol häufig auch bis zum 3. oder 4. Lebensjahr mit der Gesichtsmaske. Der Reifegrad und die Kooperation des Kindes entscheiden, ab wann es in der Lage ist, ein Mundstück zu benutzen und die Lippen fest genug darum zu schliessen. Einen Diskus zur Trockenpulverinhalation geben wir selten vor dem 8. Lebensjahr, die Turbuhaler eher erst ab 8 bis 10 Jahren. Gelegentlich kann aber auch ein Wechsel zurück zum Dosieraerosol hilfreich sein, wenn ein Kind mit dem Pulverinhalator nicht gut kontrolliert ist. Auch wenn die Inhalationstechnik in der Sprechstunde gut erklärt wird, lohnt es sich, sie immer wieder zu überprüfen und zu hinterfragen, ob man wirklich das individuell optimale Device für das Kind gewählt hat.
Darf man Asthmakinder impfen? Patienten mit Asthma sind im Schweizerischen Impfplan als Risikogruppe für Grippekomplikationen aufgeführt, die jährliche Grippeimpfung wird empfohlen und von der obligatorischen Krankenversicherung übernommen. In-
vasive Pneumokokkeninfektionen kommen bei Asthmatikern zwar häufiger vor, eine offizielle Impfempfehlung jenseits des 5. Lebensjahres besteht jedoch nicht.
Ist eine spezifische Immuntherapie auch nach dem Etagenwechsel noch sinnvoll? Ja, denn damit können die Symptome während der Pollensaison vermindert und der Medikamentengebrauch kann häufig reduziert werden. Die Wirksamkeit der Immuntherapie gegen das Asthma ist zwar geringer als gegen die rhinokonjunktivitischen Beschwerden, sie wird aber in den neuen Empfehlungen als gerechtfertigt beurteilt.
Wie sieht die Prognose bei Asthma aus? Individuell ist der Verlauf extrem variabel und generell nicht vorhersagbar. Im Kleinkindesalter ist die Prognose bei obstruktiven Bronchitiden im Allgemeinen sehr gut. Sie verlieren sich meist mit dem Schulalter und gehen nicht notwendigerweise in ein Asthma bronchiale über. Etwa 5 Prozent haben Wheezing-Episoden, die vom Kleinkindesalter bis ins Erwachsenenalter persistieren, das zeigte eine britische Geburtskohortenstudie 1996. Etwas anders sieht es beim Asthma im Kindesalter aus. Eine etwas ältere australische Studie mit Patienten, die notabene in den 1960er-Jahren Kinder waren, zeigte, dass etwa zwei Drittel der Kinder mit leichtem Asthma im Alter von 42 Jahren kein Asthma hatten, wohingegen knapp die Hälfte derjenigen mit schwerem Asthma auch im mittleren Erwachsenenalter noch ein schweres Asthma hatten. Aber auch ein schweres Asthma in der Kindheit kann sich im Lauf der Zeit verlieren.
Welchen Effekt hat die Asthmakontrolle auf die Prognose? Früher hat man angenommen, dass man rigoros mit inhalativen Steroiden behandeln muss, um das bronchiale Remodelling zu verlangsamen oder gar zu verhindern. Das klingt plausibel, liess sich in Studien aber bis jetzt nicht nachweisen. Es gibt modifizierbare Risikofaktoren in Bezug auf die Prognose. Die GINA-Guidelines führen für die Entstehung einer fixierten Obstruktion unter anderem eine Nichtbehandlung mit Steroiden trotz Beschwerdepersistenz, eine
Tabelle 4:
Welches Inhalationsgerät in welchem Alter?
Inhalationshilfe
Alter Inhalationstechnik
Vernebler, ab 3 Jahren mit Mundstück Dosieraerosol mit Vorschaltkammer und Maske Dosieraerosol mit Vorschaltkammer und Mundstück
alle 0 bis 2 Jahre ≥ 3 Jahre ≥ 5 Jahre
Trockenpulverinhalatoren nach Prüfung der Technik Diskus Turbuhaler
≥ 6 Jahre ≥ 8 Jahre
Quelle: Lungenliga Schweiz
ruhige Atemzüge 10 ruhige Atemzüge 10 ruhige Atemzüge langsame, maximale Inhalation und 10 Sekunden Atem anhalten
kräftige und tiefe Inhalation mit 10 Sekunden Atem anhalten
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*Augsburger F et al.: Versorgung und Therapie des akuten Asthmaanfalls bei Kindern auf der Notfallstation. Paediatrica 2018; 29(3): 13–18.
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Rauchexposition und eine Sputum- oder Bluteosinophilie als Ausdruck der eosinophilen Entzündungsreaktion an. Daneben gibt es noch eine Reihe von Risikofaktoren, die nur bedingt oder nicht modifizierbar sind. Diskutiert werden hier die Frühgeburtlichkeit, eine reduzierte Lungenfunktion, eine bronchiale Hyperreagibilität im Alter von 6 Jahren sowie eine Atopie. Auch Risikogene wurden beschrieben, ihre Rolle für den persistierenden Wheezing-Phänotyp ist jedoch noch nicht untersucht.
Korrespondenzadresse: Dr. med. Anja Jochmann Oberärztin Pädiatrie, Päd. Pneumologie Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB) Spitalstrasse 33, 4031 Basel E-Mail: anja.jochmann@ukbb.ch
Interessenlage: Die beiden Autoren erklären, dass im Zusammenhang mit diesem Artikel keine potenziellen Interessenkonflikte bestehen.
Linktipps
● Asthma-Infos der Schweizerische Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie:
www.sgpp-sspp.ch/de/asthma.html
● Lernvideos für Kinder zum Thema Asthma: www.rosenfluh.ch/qr/video_asthma
● Lernvideos für Kinder zur korrekten Inhalation: www.rosenfluh.ch/qr/video_inhalation
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