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SLIT in der Praxis
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ALLERGIEN
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Immunologie
SLIT in der Praxis
10 wichtige Fragen und Antworten zur sublingualen Desensibilisierung

Ob eine allergenspezifische Immuntherapie mit subkutan oder sublingual applizierten Allergenextrakten durchgeführt wird, hängt vom individuellen Fall ab sowie von der Verfügbarkeit und der Zulassung entsprechender Präparate für Kinder. Im Folgenden werden die wichtigsten Fragen zur sublingualen Desensibilisierung beantwortet.

Von Peter A. Eng 44

Frage 1: Wann ist eine SLIT für Kinder und Jugendliche indiziert? Eine mittelschwere bis schwere allergische Rhinokonjunktivitis mit und ohne Asthma stellt sowohl für Erwachsene als auch für Kinder eine Indikation zur allergenspezifischen Immuntherapie (AIT) dar. Bei Kindern kommt zudem eine AIT auch bei einer nur leichten Rhinokonjunktivitis infrage, mit dem Ziel, den weiteren Verlauf der Allergie günstig zu beeinflussen.

Wichtig für den Erfolg einer Immuntherapie sind die Auswahl des dafür geeigneten Patienten, des richtigen Extraktes, welcher die krankheitsverursachenden relevanten Allergene in richtiger Dosierung enthält, und die Dauer der AIT. Voraussetzung für die Kostenübernahme durch die Krankenkassen ist in der Schweiz deshalb eine vorgängige, korrekt durchgeführte allergologische Abklärung. Diese soll beim Allergologen oder bei einem allergologisch erfahrenen Arzt erfolgen.

Frage 2: Welche Allergene sind in der Schweiz als SLIT-Präparate verfügbar? Wässrige Extrakte respektive Tabletten gibt es zur Behandlung von Allergien auf Gräser- und Baumpollen sowie auf Hausstaubmilben.
Frage 3: Wird eine spezifische Immuntherapie von den Krankenkassen bezahlt, wenn sie von einem Pädiater oder Allgemeinpraktiker verordnet wird, oder braucht es die Verordnung durch einen Allergologen?

Frage 4: Wann ist der richtige Zeitpunkt für den Start einer Immuntherapie? Immuntherapien können in der Regel ab dem vollendeten 5. Lebensjahr durchgeführt werden, idealerweise in einer Zeit mit geringer Allergenexposition. Das bedeutet für Gräser- und Baumpollenallergiker im Herbst und in den frühen Wintermonaten, für Patienten mit Hausstaubmilbenallergien im Spätsommer.
Frage 5: Darf die erste SLIT-Dosis in der Haus- oder Kinderarztpraxis verabreicht werden, oder muss diese unter Aufsicht eines Allergologen erfolgen? Die erste Dosis kann unter Aufsicht und mit einer 30-minütigen Überwachung beim Haus- oder Kinderarzt verabreicht werden. Voraussetzung ist, dass der zuständige Arzt Kenntnisse hat in der Behandlung einer zwar sehr seltenen, aber nicht ganz auszuschliessenden anaphylaktischen Reaktion und entsprechend ausgerüstet ist.

Frage 6: Mit welchen Nebenwirkungen ist bei einer SLIT zu rechnen? Die SLIT hat ein gutes Sicherheitsprofil. Nebenwirkungen sind dosisabhängig, je nach Präparat kommt es in 40 bis 75 Prozent der Fälle, vor allem in den ersten 1 bis 3 Wochen der Behandlung, zu lokalen Nebenwirkungen wie enoralem Juckreiz, Schwellung der Mundschleimhaut oder Missempfindungen in der Mund- und Halsregion. Eine diesbezüglich umfassende Aufklärung der Patienten und Eltern vor Beginn der SLIT ist wichtig. Gelegentlich kommt es auch zu gastrointestinalen Beschwerden. Sys-

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temische allergische Nebenwirkungen sind zwar sehr selten, aber nicht vollständig auszuschliessen.
Frage 7: Wie kann man die notwendige Compliance für die tägliche Anwendung der SLIT unterstützen und kontrollieren? Eine hohe Compliance und Adhärenz sind für den Erfolg einer SLIT essenziell. Patienten und Eltern sollen diesbezüglich vor Beginn einer SLIT genau informiert werden. Die Eltern müssen bereit sein, Verantwortung zu übernehmen, und ihren Kindern jeden Tag, idealerweise um dieselbe Zeit, das SLIT-Präparat verabreichen. Ärzte können die Verträglichkeit der Therapie und die Compliance überwachen, indem sie die Patienten alle 3 Monate sehen, zum Beispiel vor Abgabe einer neuen Extraktpackung.
Frage 8: Wann muss eine SLIT unterbrochen werden? Im Rahmen von zahnärztlichen Eingriffen sowie Erkrankungen oder Verletzung der Mund- und Rachenschleimhaut, aber auch bei unkontrolliertem Asthma und akuter Gastroenteritis soll kein Allergenextrakt eingenommen werden.

Frage 10: Für welche Kinder und Jugendliche wäre eine SCIT eventuell doch besser? Die Antwort auf die Frage, ob eher eine SLIT oder eher eine SCIT begonnen werden soll, erfolgt nach individueller Abschätzung der jeweiligen Vor- und Nachteile der beiden AIT-Varianten im Sinne einer personalisierten Medizin. Zu berücksichtigen sind neben kulturellen Aspekten auch die familiäre Situation (Besteht Zeit und Raum zur Überwachung der täglichen Extrakteinnahme?) und die Bereitschaft, über längere Zeit täglich ein oder zwei Extrakte einzunehmen. Auch Jugendliche können hinsichtlich der Compliance eine Herausforderung darstellen, sodass in einzelnen Fällen eine SCIT vorzuziehen ist.
Korrespondenzadresse: Dr. med. Peter Andreas Eng Leiter Pädiatrische Pneumologie und Allergologie/ klinische Immunologie Klinik für Kinder und Jugendliche Kantonsspital 5001 Aarau E-Mail: peter.eng@ksa.ch

Frage 9: Wie lange muss eine SLIT verabreicht werden, bis eine Wirkung einsetzt? Gepoolte Daten aus mehreren SLIT-Studien haben gezeigt, dass 2 Monate nach Beginn einer SLIT eine signifikante therapeutische Wirkung eintritt.

Interessenlage: Der Autor deklariert, dass keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Beitrag bestehen.
Die zehn Fragen wurden dem Autor von der Redaktion PÄDIATRIE gestellt.

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