Transkript
Schwerpunkt
Wenn es auf den Bauch schlägt
Organische Ursachen chronischer Bauchschmerzen bei Kindern und Jugendlichen
Bauchschmerzen gehören zu den häufigsten Vorstellungsgründen in Kinderarztpraxen. Meist sind sie funktioneller Natur. Die häufigsten organischen Ursachen chronischer Bauchschmerzen werden im Folgenden beschrieben sowie die Kriterien für die Diagnose funktioneller Bauchschmerzen kurz vorgestellt. Selbstverständlich kann auch eine Überlappung von somatischen und funktionellen Beschwerden bestehen.
Von Corinne Légeret
Z irka 10 Prozent aller Schulkinder leiden an chronifizierten Bauchschmerzen. Diese sind definiert als mindestens drei Schmerzepisoden innerhalb von drei Monaten, welche die täglichen Aktivitäten des Kindes einschränken. Die meisten chronischen Bauchschmerzen sind funktionell, organische Ursachen werden je nach Literaturangabe nur bei 10 bis 30 Prozent der Patienten gefunden (1).
Gastroösophagealer Reflux
Gastroösophagealer Reflux ist physiologisch und geschieht mehrmals täglich bei Gesunden jeglichen Alters. Neugeborene sind im Rahmen ihrer rein flüssigen Ernährung, der liegenden Position und des kurzen Ösophagus besonders dafür anfällig, weswegen im ersten Lebensmonat bei zirka 80 Prozent der Neugeborenen Regurgitationen beobachtet werden. Im Alter von einem Jahr sinkt diese Zahl auf 10 Prozent (2).
Bei Säuglingen mit Reflux kann probatorisch über zwei bis vier Wochen eine hydrolysierte oder aminosäurenbasierte Milch versucht werden; stillenden Müttern ist eine kuhmilchfreie Diät zu empfehlen.
Bei älteren Kindern und Jugendlichen wird vor allem Übergewicht, das zu einem erhöhten intraabdominellen Druck führt, und eine unausgewogene Ernährung mit der Refluxsymptomatik assoziiert. Der Rückfluss des Mageninhaltes ist erst als pathologisch (entsprechend einer gastroösophagealen Refluxkrankheit) einzustufen, wenn die Clearancemechanismen des Ösophagus versagen und es in der Folge zu einer entsprechenden Symptomatik (Irritabilität, Regurgitation, epigastrische Schmerzen, Sandifer-Syndrom, Husten etc.) und/oder Komplikationen kommt, welche den Alltag beeinflussen. 2018 wurden die neuen Guidelines der europäischen
und nordamerikanischen pädiatrischen Gastroenterologen publiziert (3), welche bei Neugeborenen nach einer Anamneseerhebung und Ausschluss von Warnsymptomen als ersten Schritt eine Vermeidung von Überfütterung und ein Andicken der Milch empfehlen. Bei Persistenz der Symptomatik soll neu in Betracht gezogen werden, probatorisch über zwei bis vier Wochen eine hydrolysierte oder aminosäurenbasierte Milch einzusetzen und stillenden Müttern eine kuhmilchfreie Diät zu empfehlen. Bei fehlendem Ansprechen bezüglich der klinischen Symptome sollte das Kind an einen Gastroenterologen überwiesen werden, das Gleiche gilt für ältere Kinder mit fehlender Besserung nach einer Therapie mit einem Protonenpumpeninhibitor oder bei längerem Bestehen der Symptomatik. Eventuell ist dann eine Ösophagogastroduodenoskopie notwendig, da es im Rahmen eines chronischen Refluxes einerseits zu Komplikationen (Barrett-Ösophagus, Strikturen etc.) kommen und andererseits auch eine eosinophile Ösophagitis Ursache der Beschwerden sein kann.
Eosinophile Ösophagitis
Bei der fortgeschrittenen eosinophilen Ösophagitis kann es zusätzlich zu Dysphagien und dem Steckenbleiben von Essen kommen. Die Anzahl an Kindern und Jugendlichen, die an einer eosinophilen Ösophagitis leiden, nahm über die letzten Jahre stetig zu. Obschon eine zugrunde liegende allergische Ursache vermutet wird, korrelieren Prick-Tests oder der serologische Nachweis von monomeren Immunoglobulinen (IgE) nicht mit den histologischen Resultaten, weswegen die Entnahme von Biopsien weiterhin der Goldstandard ist, sowohl für die Diagnostik als auch für Verlaufskontrollen: > 15 Eosinophile/HPF (high power field) spricht für eine eosinophile Ösophagitis. Falls der Patient nicht auf eine probatorische Therapie mit Protonenpumpeninhibitoren anspricht,
24
Pädiatrie 1/19
Schwerpunkt
müssen entweder eine entsprechende Diät (empirische oder zielgerichtete Eliminationsdiät oder aminosäurebasierte Milch) oder Steroide eingesetzt werden (4).
Gastritis
Bei epigastrischen Schmerzen muss nebst einer Ösophagitis differenzialdiagnostisch selbstverständlich auch an eine Gastritis gedacht werden, welche meistens durch Helicobacter pylori verursacht ist. Die Prävalenz der H.-pylori-infizierten Kinder variiert in Mitteleuropa je nach
Tabelle:
Diagnostische Kriterien für verschiedene Gruppen von abdominellen, schmerzassoziierten funktionellen Beschwerden
Funktionelle Dyspepsie Mindestens eines der folgenden Symptome muss an mindestens 4 Tagen/Monat für mindestens 2 Monate bestehen: • postprandiales Völlegefühl • vorzeitiges Sättigungsgefühl • epigastrische Schmerzen oder Brennen, welches nicht mit Defäkation assoziiert ist • nach adäquater Evaluation können die Symptome nicht gänzlich durch eine andere medizinische
Ursache erklärt werden
Reizdarmsyndrom Folgende Symptome müssen über mindestens 2 Monate bestehen, bevor die Diagnose eines Reizdarmsyndroms gestellt werden kann: 1. Bauchschmerzen an mindestens 4 Tagen pro Monat mit mindestens einem der folgenden
Symptome: – in Zusammenhang mit Defäkation – einem Wechsel der Stuhlfrequenz – einem Wechsel der Stuhlkonsistenz 2. Kinder mit einer Obstipation, bei welchen sich der Schmerz nach Regredienz der Obstipation nicht löst. (Kinder, bei welchen sich der Schmerz löst, haben eine funktionelle Obstipation, aber kein Reizdarmsyndrom.) 3. Nach adäquater Evaluation können die Symptome nicht gänzlich durch eine andere medizinische Ursache erklärt werden.
Abdominelle Migräne Folgende Kriterien müssen in den 2 Monaten vor Diagnosestellung mindestens 2-mal erfüllt werden: 1. Paroxysmale Episoden eines intensiven, akut periumbilikalen, zentralen oder diffusen Bauch-
schmerzes, welcher eine Stunde oder länger andauert. 2. Zwischen den Episoden liegen Wochen oder Monate. 3. Der Schmerz behindert die normale Aktivität. 4. Es bestehen stereotype Muster und Symptome für den individuellen Patienten. 5. Der Schmerz ist mit mindestens 2 der folgenden Symptomen assoziiert:
– Appetitlosigkeit – Nausea – Erbrechen – Kopfschmerzen – Fotophobie – Blässe 6. Nach adäquater Evaluation können die Symptome nicht gänzlich durch eine andere medizinische Ursache erklärt werden.
Funktionelle Bauchschmerzen nicht anderweitig spezifizierter Ätiologie Folgende Kriterien müssen mindestens 4-mal pro Monat in den 2 Monaten vor Diagnosestellung auftreten: 1. Episodischer oder kontinuierlicher Bauchschmerz, welcher nicht nur während physiologischen
Ereignissen auftritt (z.B. Essen, Menstruation). 2. Ungenügende Kriterien für Reizdarmsyndrom, funktionelle Dyspepsie oder abdominelle Migräne. 3. Nach adäquater Evaluation kann der Bauchschmerz nicht gänzlich durch eine andere medizinische
Ursache erklärt werden.
genetischer Veranlagung, Migrationshintergrund und sozioökonomischen Faktoren zwischen 7 und 30 Prozent. Nur zirka 40 Prozent der Betroffenen entwickeln eine entsprechende Symptomatik mit Magenschmerzen. Gemäss den europäischen Guidelines von 2016 wird zur Diagnosestellung die Durchführung einer Ösophagogastroduodenoskopie empfohlen, anschliessend soll eine Eradikationstherapie mit einem Protonenpumpeninhibitor, Amoxicillin und Clarithromycin oder Metronidazol über 14 Tage durchgeführt werden. Nach vier Wochen soll der Erfolg der Therapie entweder mittels Ureaseatemtest oder Antigennachweis im Stuhl überprüft werden (5). Magen- und Duodenalulzera treten bei Kindern sehr selten auf und sind meistens Folge einer H.-pylori-Infektion, seltenere Ursachen sind das Zollinger-Ellison-Syndrom, G-Zell-Hyperplasie, Hyperparathyreodismus oder eine systemischen Mastozytose.
Laktose- und Fruktoseintoleranz
Die Intoleranz gegenüber bestimmten Kohlenhydraten ist eine häufige Ursache für generalisierte chronische Bauchschmerzen, wobei die Laktoseintoleranz sicher die häufigste ist, gefolgt von der Fruktoseintoleranz. Dabei kommt es im Dünndarm zu einer Malabsorption des entsprechenden Zuckers, welcher unverdaut weiter in den Dickdarm gelangt und dort von den lokalen Bakterien abgebaut wird. Es entstehen kurzkettige Fettsäuren sowie Wasserstoff, Kohlendioxid und Methan. Fettsäuren und die unverdaute Laktose können eine osmotische Diarrhö auslösen, die entstehenden Gase bewirken Blähungen und Abdominalschmerzen. Ob es nach einer Laktosezufuhr zu Symptomen kommt, hängt von der Menge der aufgenommenen Laktose, der intestinalen Transitzeit, der jeweiligen Darmflora, der individuellen Schmerzempfindlichkeit und psychologischen Faktoren ab. Die Bestimmung der genetischen Disposition wird nicht empfohlen, vielmehr soll eine klinische Diagnostik angestrebt (laktose- oder fruktosefreie Ernährung für zwei Wochen mit Führen eines Beschwerdetagebuches) oder ein entsprechender H2Atemtest durchgeführt werden. Ein hoher Konsum von Sorbit kann zur gleichen Symptomatik führen. Sorbit ist natürlicherweise in Kernobst enthalten, in der Lebensmittelindustrie wird es häufig Getränken, Kaugummis und Lutschpastillen zugesetzt.
Zöliakie
Die Zöliakie, wovon zirka 1 Prozent der Menschen betroffen sind, ist eine immunologische Multiorganerkrankung mit einer starken genetischen Prädisposition. Bauchschmerzen, Blähungen, Obstipation, Diarrhö, Erbrechen und Gedeihstörung mit verzögertem Pubertätseintritt sind die häufigsten Symptome, jedoch kann auch eine Eisenmangelanämie mit ihren Konsequenzen, wie Müdigkeit, Kopfschmerzen, Zahnschmelzdefekt oder Dermatitis herpetiformis, Hinweise auf eine zugrunde liegende Zöliakie sein. Bei Verdacht auf das Vorliegen einer Zöliakie sollen die Antikörper (t-Transglutaminase-IgA, totales IgA) bestimmt werden. Bei positivem Befund wird zur Diagnosestellung die Durchführung einer Ösophagogastroduodenoskopie empfohlen, auf die jedoch gemäss den
26
Pädiatrie 1/19
Schwerpunkt
europäischen Empfehlungen bei deutlich erhöhten Antikörperpertitern (t-Transglutaminase-IgA > 10-fach erhöht) verzichtet werden kann (6). Kinder mit Diabetes Typ I, Down-, Williams- oder TurnerSyndrom und autoimmuner Schilddrüsen- oder Lebererkrankung haben ein erhöhtes Risiko für das Entwickeln einer Zöliakie und sollten deswegen aktiv gescreent werden. Kinder mit Verdacht auf Zöliakie oder einer bestätigten Zöliakie sollen regelmässig von einem pädiatrischen Gastroenterologen gesehen und von einer Ernährungsberaterin bezüglich der lebenslangen glutenfreien Ernährung geschult werden.
Kolon (Pankolitis) betroffen. 10 Prozent der Kinder und Jugendlichen mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung (CED) können trotz umfassender Untersuchungen nicht einem M. Crohn oder einer Colitis ulcerosa zugeteilt werden. In diesem Fall lautet die Diagnose «unklassifizierte chronisch entzündliche Darmerkrankung», und die Patienten werden meist wie bei einer Colitis ulcerosa behandelt.
Nur zirka 40 Prozent der Kinder mit H. pylori entwickeln eine entsprechende Symptomatik.
Schilddrüsenparameter überprüfen
Bei chronischen Beschwerden des Gastrointestinaltraktes sollten immer die Schilddrüsenparameter bestimmt werden. Eine Hypothyreose kann zu einer verminderten Motilität führen und folglich mit Obstipation und abdominellem Unwohlsein assoziiert sein. Durchfall oder eine erhöhte Stuhlfrequenz hingegen kann im Rahmen einer Schilddrüsenüberfunktion beobachtet werden.
Parasiten
In Mitteleuropa sind Infektionen durch Parasiten von geringer epidemiologischer Relevanz, gewinnen jedoch durch globale Migration und häufigere Auslandreisen immer mehr an Bedeutung. Flatulenz, Bauchschmerzen und weicher Stuhl kann manchmal durch einen parasitären Befall des Gastrointestinaltraktes erklärt werden, die häufigsten Vertreter sind in diesen Fällen Giardia lamblia und Cryptosporidien. Blastocystis kann auch gefunden werden, da dies jedoch nur ein fakultativ pathogener Keim ist, lässt sich darüber streiten, ob eine Eradikation sinnvoll ist oder nicht.
Obstipation
Chronische Bauchschmerzen im Kindesalter sind häufig die Folgeerscheinung einer Obstipation. Klinisch kann möglicherweise eine Stuhlwalze palpiert werden, oder bei der Inspektion ergeben sich indirekte Hinweise, wie zum Beispiel anale Rhagaden oder Hämorrhoiden. Nach Ausschluss einer Zöliakie, einer Hypothyreose und fehlenden Anzeichen für eine anatomisch bedingte Ausscheidungsstörung spricht man von einer funktionellen Obstipation, welche im Kindesalter weltweit eine hohe Prävalenz hat (0,7–29%) (7). Je nach Ausmass der Obstipation reicht eine stuhlmodulierende Therapie (z.B. Macrogol) oder es muss für eine komplette Darmentleerung zusätzlich noch ein motilitätssteigerndes Medikament (Bisacodyl, Picosulfat etc.) angesetzt werden; zusätzlich sollte stets ein Toilettentraining implementiert werden.
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen
Die Zahlen von Kindern mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung, vor allem Morbus Crohn, sind steigend. Während M. Crohn den gesamten Gastrointestinaltrakt befallen kann, zeigt sich bei der Colitis ulcerosa eine auf das Kolon beschränkte konfluierende Inflammation, welche vom Rektum ausgeht. Bei Erwachsenen zeigt sich hierbei eher ein lokalisierter, distaler Befall (Proktitis), bei Kindern ist häufig das gesamte
Menschen mit einem Verwandten ersten Grades, der von einer CED betroffen ist, haben ein um 5 bis 10 Prozent erhöhtes Risiko im Laufe des Lebens ebenfalls eine CED zu entwickeln. In genetischen Studien zeigte sich, dass bei Patienten mit CED eine genetische Prädisposition in Genen vorliegt, welche unter anderem eine Schlüsselrolle im angeborenen Immunsystem, bei der Autophagie und bei der Regulation verschiedener Lymphozytenpopulationen spielen (8). Über 160 Gene wurden mit CED in Verbindung gebracht, sodass es sich um eine polygene Assoziation handelt. Ausgenommen davon sind Patienten mit einer frühkindlichen CED, das heisst dem Einsetzen der Erkrankung im Alter von unter sechs und vor allem unter zwei Jahren. Bei diesen Kindern findet sich häufig eine monogenetische Ursache (9). Im Fokus standen jedoch in den letzten Jahren vor allem Studien, welche das Mikrobiom von Patienten mit CED und Gesunden verglichen haben. Verschiedene Unterschiede in der Zusammensetzung des Mikrobioms, eine sogenannte Dysbiose, konnten festgestellt werden. Diese Erkenntnisse haben jedoch bisher bei CED keinerlei therapeutische Konsequenzen. Nur bei der Behandlung von therapierefraktärer Clostridium-difficile-assoziierter Kolitis werden nun Stuhltransplantationen empfohlen (10).
Ob Laktosezufuhr bei Intoleranz tatsächlich zu Symptomen führt, hängt von verschiedenen Faktoren ab.
Bei Verdacht auf das Vorliegen einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung (Bauchschmerzen, Diarrhö ± Blutauflagerungen, Gewichtsverlust oder -stagnation, orale/anale Hautmanifestationen, Erythema nodosum etc.) soll initial mittels Stuhlkultur eine enterische Infektion ausgeschlossen werden. Anschliessend wird die Blutanalytik empfohlen (Blutbild, CRP, Blutsenkungsgeschwindigkeit und Albumin), bei der in 80 Prozent der Fälle mindestens ein Parameter pathologisch ausfällt und hinweisend auf eine chronisch entzündliche Darmerkrankung ist (11). Bei Unsicherheit bezüglich der Verdachtsdiagnose kann das fäkale Calprotektin gemessen werden. Vom Labor wird dafür als Referenzwert meistens < 50 µg/g angegeben. Zu bedenken gilt aber, dass gesunde Kinder unter vier Jahren häufig ein fäkales Calprotektin von mehreren hundert Mikrogramm haben und keine altersadaptierten Normwerte existieren, weswegen sich über die diagnostischen Konsequenzen eines fäkalen Calprotektins in dieser Altersklasse streiten lässt.
1/19 Pädiatrie
27
Schwerpunkt
Zur Diagnosesicherung soll durch einen pädiatrischen Gastroenterologen eine Panendoskopie durchgeführt und der Dünndarm auf eine mögliche Mitbeteiligung untersucht werden – seit 2013 ist die offizielle Empfehlung, dies mittels MRI durchzuführen.
doppelblind randomisierten Studien nachgewiesen werden konnte (12). Hypnotherapie, Yoga, Verhaltenstherapie und Akupunktur haben ebenfalls einen günstigen Einfluss auf die Symptomatik mit lang anhaltender Wirksamkeit.
Funktionelle Bauchschmerzen diagnostizieren
2016 wurden die Rom-IV-Kriterien publiziert, welche es dem Kliniker bei einer typischen Anamnese erlauben, die Diagnose eines funktionellen Geschehens zu stellen, ohne verpflichtet zu sein, diverse Abklärungen durchzuführen. Wegweisend ist eine genaue Anamnese, bei Verdacht auf eine zugrunde liegende somatische Erkrankung muss diese selbstverständlich ausgeschlossen werden. In der Tabelle sind die Rom-IV-Kriterien für abdominelle, schmerzassoziierte, funktionelle gastrointestinale Beschwerden ersichtlich. Selbstverständlich kann auch eine Überlappung von somatischen und funktionellen Beschwerden bestehen.
Bei chronischen Beschwerden des Gastrointestinaltraktes sollten immer die Schilddrüsenparameter bestimmt werden.
Die Ätiologie funktioneller Beschwerden scheint multifaktoriell zu sein, diskutiert werden unter anderem milde mukosale Inflammationen, viszerale Hypersensitivität sowie psychosoziale Faktoren. Risikofaktoren für die Entwicklung funktioneller Bauchschmerzen sind unter anderem psychiatrische Erkrankungen, mütterliche Angst sowie eine Enteritis als auslösender Faktor. Nach der Diagnosestellung ist es entscheidend, dem Patienten und den Eltern zu versichern, dass es sich nicht um eine gefährliche zugrunde liegende Erkrankung handelt, aber dass die Beschwerden ernst genommen und verschiedene Therapieoptionen besprochen werden. Diverse Studien mit verschiedenen Pharmazeutika (Mebeverin, Amitriptylin, Melatonin, Citalopram etc.) wurden in den letzten Jahren bei Kindern mit funktionellen Bauchschmerzen durchgeführt, es konnte jedoch kein anhaltender Effekt nachgewiesen werden. Pfefferminzöl lindert bei Patienten mit Reizdarmsyndrom Spasmen und hat einen antiinflammatorischen Effekt, was auch in
Korrespondenzadresse:
Dr. med. Corinne Légeret
Oberärztin Gastroenterologie
Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB) Spitalstrasse 33, 4031 Basel E-Mail: corinne.legeret@ukbb.ch und Kantonsspital Aarau Klinik für Kinder und Jugendliche Tellstr. 25, 5001 Aarau E-Mail: Corinne.Legeret@ksa.ch
Interessenlage: Die Autorin erklärt, dass keine Interessenkonflikte im Zusammenhang mit diesem Artikel bestehen.
Literatur: 1. Berger M, Gieteling M, Benninga M: Chronic abdominal pain in children. BMJ 2007; 334: 997–1002. 2. Hegar B et al.: Natural evolution of regurgitation in healthy infants. Acta Pædiatrica 2009; 98: 1189–1193. 3. http://www.espghan.org/guidelines/gastroenterology 4. Papadopoulou A et al.: Management guidelines of eosinophilic esophagitis in childhood. J Pediatr Gastroenterol Nutr 2014; 58: 107–118. 5. Jones N et al.: Joint ESPGHAN/NASPGHAN guidelines for the management of Helicobacter pylori in children and adolescents (Update 2016). J Pediatr Gastroenterol Nutr 2017; 64(6): 991–1003. 6. Husby S et al.: European Society for Pediatric Gastroenterology, Hepatology and Nutrition guidelines for the diagnosis of coeliac disease. JPGN 2012; 54: 136–160. 7. Rajindrajith S et al.: Childhood constipation as an emerging public health problem. World J Gastroenterol 2016; 22 (30): 6864–6875. 8. Van LJ, Radford-Smith G, Satsangi J: Advances in IBD genetics. Nat Rev Gastroentero Hepatol 2014; 11: 372–385. 9. Uhlig HH: Monogenic diseases associated with intestinal inflammation: implications for the understanding of inflammatory bowel disease. Gut 2013; 62: 1795–1805. 10. McDonald LC et al.: Clinical practice guidelines for Clostridium difficile infection in adults and children: 2017 update by the Infectious Diseases Society of America (IDSA) and Society for Healthcare Epidemiology of America (SHEA). Clin Infect Dis 2018; 66 (7): 987–994. 11. Quail MA et al.: Fecal calprotectin complements routine laboratory investigations in diagnosing childhood inflammatory bowel disease. Inflamm Bowel Dis 2009; 15 (5): 756–759. 12. Kline RM et al.: Enteric-coated, pH dependent peppermint oil capsules for the treatment of irritable bowel syndrome in children. J Pediatr 2001; 138: 125–128.
28
Pädiatrie 1/19