Transkript
ACWY-Impfstoff für alle
Neue Impfempfehlung zu Meningokokken
Impfen
Im neuen Schweizer Impfplan 2019 wird ein Konjugatimpfstoff für alle Kleinkinder und Jugendlichen empfohlen, der die Serogruppen A, C, W und Y abdeckt. Grundlage der neuen Empfehlung ist die deutliche Verschiebung des Meningokokkenserogruppenprofils in der Schweiz.
D ie Inzidenz invasiver Meningokokkenerkrankungen sinkt in der Schweiz kontinuierlich. Der Rückgang ist in allen Altersgruppen zu verzeichnen, nicht nur bei denjenigen, für die zu Beginn des Jahrtausends die Meningokokkenimpfung als ergänzende Impfung empfohlen wurde. Gleichzeitig verschob sich das Spektrum der beteiligten Meningokokkenserumgruppen. Infektionen mit C-Meningokokken sind mittlerweile in der Schweiz deutlich seltener als früher, während der Anteil der Erkrankungen mit W- und Y-Meningokokken angestiegen ist (Abbildung). Es gibt weltweit mehrere quadrivalente Impfstoffe, in der Schweiz ist zurzeit einer zugelassen (Menveo®), gemäss Fachinformation ab einem Alter von 24 Monaten. Deshalb ist der empfohlene Impftermin für gesunde Kinder nun der Monat 24. Der an die Zulassung angepasste Impftermin für gesunde Kinder sei aufgrund der Epidemiologie in der Schweiz gut vertretbar, denn man sehe hier bei Kindern unter 2 Jahren kaum noch Erkrankungsfälle durch Meningokokken der Serogruppe C, gegen die bisher die Impfung im Alter von 12 Monaten empfohlen war, sagte Dr. Anita Niederer-Loher am X. Schweizer Impfkongress in Basel. Weiterhin gelten frühere Termine für Risikogruppen.
Und die B-Meningokokken?
Anders als die erwähnten Meningokokkkenkonjugatimpfstoffe scheinen die in den USA und der EU verfügbaren Impfstoffe gegen B-Meningokokken keinen Herdenschutz zu bewirken. In der Schweiz sind keine Meningokokken-B-Impfstoffe zugelassen. Selbst bei einer Durchimpfungsrate von 100 Prozent könnte man damit allenfalls weniger als zehn Fälle pro Jahr verhindern, weil B-Meningokokkoken in der Schweiz selten sind. Völlig anders sieht es in Grossbritannien aus. Dort sind invasive Meninigokokkenerkrankungen mit dem Serotyp B nicht selten, sondern im Gegenteil die dominante Gruppe. Deshalb wurde 2015 ein Impfprogramm bei Säuglingen gestartet, über das Prof. Adam Finn, Universität Bristol, berichtete. Gemäss einer vorläufigen Auswertung der Daten sind invasive Meningokokken-B-Erkrankungen bei Kindern unter 2 Jahren seitdem seltener aufgetreten als statistisch ohne die Impfung zu erwarten gewesen wären. Diese Impfung sei zwar noch nicht perfekt, aber doch ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, sagte Finn. Auf die Frage, ob man Schweizer Kin-
Abbildung: Entwicklung der Inzidenz invasiver Meningokokkenerkrankungen und der Serogruppen in der Schweiz (Quelle: Referat R. Born am X. Schweizer Impfkongress, gem. Meldedaten BAG).
Neue Meningokokkenimpfempfehlung in der Schweiz
Ergänzende Impfung für Gesunde • 24 Monate: 1 × MCV-ACWY; ggf. nachholen bis 5. Geburtstag • 11–15 Jahre: 1 × MCV-ACWY; ggf. nachholen bis 20. Geburtstag
Risikogruppen* • 2–11 Monate: • > 12 Monate:
• Rekruten:
4 × MCV-ACWY (Monat 2, 4, 6 und 12) Booster alle 5 Jahre, falls Risiko persistiert. 2 × MCV-ACWY (bei Immundefizienz; Intervall: 4–8 Wochen) 1 × MCV-ACWY (Exposition, z.B. Reise, Labor) Booster alle 5 Jahre, falls Risiko persistiert 1 × MCV-ACWY
MCV-ACWY: konjugierter Meningokokkenimpfstoff der Serogruppen A, C, W, Y.
* Risikogruppen sind Personen mit erhöhtem Risiko für invasive Infektionen oder erhöhtem Exposi-
tionsrisiko. Die Impfung unter 24 Monaten erfolgt mit dem in der Schweiz verfügbaren MCV-ACWY
off-label.
Quelle: Bull BAG 2018; 46: 14–21.
der vor Reisen nach Grossbritannien sicherheitshalber gegen Meningokokken der Gruppe B impfen sollte, meinte der Referent, dass er sich in so einem Fall eher wegen der Varizellen Gedanken machen würde und weniger wegen der B-Meningokokken.
Renate Bonifer
Quellen: Referate von Dr. Rita Born, Dr. med. Anita Niederer-Loher und Prof. Adam Finn am Symposium «Meningokokken – Epidemiologie und Prävention» am X. Schweizer Impfkongress, Basel, 28. und 29. November 2018.
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