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Editorial
K rebserkrankungen bei Kindern unterscheiden sich ganz wesentlich von denjenigen der Erwachsenen. Während Erwachsene mehrheitlich an Karzinomen erkranken, sind diese bei Kindern eine absolute Seltenheit. Leukämien, Hirntumoren, Lymphome, embryonale Tumoren wie Neuroblastome und Nephroblastome sowie Sarkome stehen bei Kindern im Vordergrund. Erkenntnisse aus der Erwachsenenonkologie lassen sich oft nur beschränkt auf die pädiatrische Onkologie übertragen. Auch die vielen neuen Medikamente, die vorwiegend für Karzinome des Erwachsenenalters entwickelt wurden, sind sehr oft mit ihrer begrenzten Wirkung nicht wirklich für Kinder geeignet. Eine gezielte Forschung bei Kindern, welche die besonderen Charakteristika kindlicher Krebserkrankungen berücksichtigt, ist deshalb unverzichtbar.
In diesem Heft werden einige wichtige Aspekte der heutigen Kinderonkologie in den Bereichen Diagnostik, Therapie und Spätfolgen dargestellt. In einem Schwerpunkt werden Hirntumore, die in diesem Zusammenhang relevanten molekulargenetischen Erkenntnisse sowie aktuelle neurochirurgische Verfahren beleuchtet. Ein Kapitel widmet sich der therapeutischen Applikation von Protonen am Paul Scherrer Institut, ein für die Schweiz einzigartiges Verfahren einer Strahlentherapie, welche gesundes Gewebe besser schonen kann als andere Methoden. Trotz aller Fortschritte führen auch heute noch viele Therapien zu akuten und langfristigen Folgen. Korrekte Supportivmassnahmen sind wichtig, um akute Toxizitäten kontrollieren zu können. Spätfolgen müssen erkannt und überwacht werden, um zukünftigen Generationen eine möglichst gute Le-
Prof. Felix Niggli Abteilungsleiter Onkologie Universitäts-Kinderspital Zürich – Eleonorenstiftung felix.niggli@kispi.uzh.ch
Spätfolgen pädiatrischer Malignome rücken in den Fokus
Krebs im Kindesalter gehört immer noch zu den häufigsten krankheitsbezogenen Todesursachen. Dank einer langjährigen Tradition in der Durchführung klinischer Studien, ein Paradebeispiel internationaler Zusammenarbeit, wie man sie kaum in einer anderen Disziplin der Medizin findet, konnte die langfristige Heilungsrate von Krebserkrankungen bei Kindern mittlerweile auf 75 bis 80 Prozent erhöht werden. Angesichts solcher Überlebensraten spielen Erkenntnisse über die Spätfolgen der Krebstherapien eine zunehmende Rolle. Beeinträchtigungen von Herz, Lunge, Wachstum und Entwicklung und vieles mehr müssen je nach Therapie in Kauf genommen werden. Es bleiben aber immer noch einige Krebserkrankungen, die ganz einfach resistent gegenüber herkömmlichen Therapien sind. So ist die Prognose bei zahlreichen Hirntumoren, metastasierenden Sarkomen oder Neuroblastomen, rezidivierten Leukämien und Lymphomen immer noch sehr ungünstig.
bensqualität nach ihrer Krankheit zu ermöglichen. Dazu gehören heute auch die Möglichkeiten der Fertilitätserhaltung nach Chemotherapien. Auch neue Therapiemöglichkeiten, welche sich speziell bei Leukämien und Lymphomen am Horizont abzeichnen, werden in diesem Heft im Detail erläutert. Sie mögen mindestens in der Leukämiebehandlung ein neues Kapitel eröffnen, was hoffentlich erlaubt, einerseits noch mehr Kinder langfristig zu heilen und anderseits vielleicht auch Nebenwirkungen zu verringern.
Felix Niggli
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