Transkript
Schwerpunkt
cherungsträger übernommen werden, kann die Kinderkrebshilfe Schweiz helfen (www.kinderkrebshilfe.ch). Kinderkrebs Schweiz (www.kinderkrebs-schweiz.ch) fokussiert sich auf das Thema Nachsorge und hat dafür die Informationsplattform Suivinet geschaffen. Ein Ziel ist es, den Langzeitüberlebenden eine Stimme zu geben und sie mit den notwendigen Informationen über ihre Gesundheit zu versorgen.
Fazit
In den letzten Jahren hat sich die Nachsorge als eigenständiges Teilgebiet der pädiatrischen Onkologie entwickelt. Grosse kinderonkologische Abteilungen in den USA und Kanada haben eigenständige Unterabteilungen, die sich nur mit der Nachsorge (klinische Versorgung und Forschung) beschäftigen. Auch das neue und einzige Kinderonkologiezentrum in den Niederlanden (Utrecht; www.prinsesmaximacentrum.nl) hat die Nachsorge als eines seiner Schwerpunkte und als eigenständige Abteilung konzipiert. Im Vergleich zu anderen Ländern steht in der Schweiz eine einheitliche nationale Strategie und Organisation erst am Anfang. Trotzdem sind in den letzten Jahren viele kleine Schritte auf dem Gebiet der Forschung und der Versorgung unternommen worden, um die optimale Nachsorge der
Survivors zu ermöglichen. Nachsorge ist aber nur als multidisziplinärer Ansatz erfolgreich. Wichtige Mitglieder sind dabei neben vielen medizinischen Spezialisten unter anderem auch die spezialisierte Pflege, die Sozialarbeit, die Rehabilitationsdienste wie Ergo- und Physiotherapie sowie die psychologischen Disziplinen und verschiedene Berufs- und Karriereberatungsstellen.
Korrespondenzadresse: Dr. med. Katrin Scheinemann Abteilungsleitung, Leitende Ärztin Hämatologie/Onkologie Klinik für Kinder und Jugendliche, Kantonsspital Aarau Leitende Ärztin Hämatologie/Onkologie, Universitätskinderspital beider Basel (UKBB) Associate Professor of Pediatrics, McMaster University Hamilton Canada Klinik für Kinder und Jugendliche Tellstrasse 25 5001 Aarau E-Mail: katrin.scheinemann@ksa.ch
Interessenlage: Die Autorin deklariert keine Interessenkonflikte.
Literatur auf www.ch-paediatrie.ch abrufbar.
Passport for Care®
Therapieprotokoll und Nachsorgeplan für jedes krebskranke Kind
Das Ziel der Erstellung eines Passport for Care® ist, dass jeder kinderonkologische Patient dann, wenn die Nachsorge in seinem Therapieprotokoll nicht mehr klar festgelegt ist, einen individuellen Nachsorgeplan erhält. Der Passport for Care® enthält einerseits eine Zusammenfassung der erhaltenen Therapien (Chemotherapie inklusive kumulativer Dosen aller Chemotherapeutika, Bestrahlung, Operationen, Stammzelltransplantation etc.) und andererseits individuelle Empfehlungen, wie jedes Organ, das durch die Therapie möglicherweise geschädigt wurde, lebenslang kontrolliert werden sollte. Die Nachsorgeempfehlungen basieren auf den evidenzbasierten «Long Term Follow-up Guidelines» der Childrens Oncology Group. Die Patienten erhalten die Nachsorgeempfehlungen einerseits in Form eines Arztbriefes und eines zirka einstündigen Gesprächs, und andererseits bekommen sie Zugang zur Survivor-Homepage des Passport for Care®. Auf dieser Homepage können sie patientengerechte Informationen zu ihren potenziellen Spätfolgen jederzeit nachlesen und herunterladen. Sie können auch die jeweils aktuellen Guidelines für ihre Ärzte ausdrucken. Leider gibt es diese Homepage bis jetzt nur in den Sprachen Englisch und Spanisch (https://cancersurvivor.passportforcare.org). Die Vorbereitung der Nachsorgepläne ist aufwendig. Um zum Beispiel die 2 bis 3 Jahre dauernde Therapie einer akuten lymphoblastischen Leukämie (ALL) zusammenzufassen und die Empfehlungen in Form eines Briefes oder Nachsorgeplans zusammenzustellen, braucht ein Kinderonkologe je nach Qualität der Dokumentation 5 bis 6 Stunden. Bei einem unkomplizierten Wilms-Tumor sind es zirka 3 Stunden. Im Inselspital Bern, wo der Passport for Care® zuerst eingeführt wurde, mussten wir uns mit den Versicherern auseinandersetzen, die diese Leistung nicht einfach bezahlen wollten. Ende Mai 2017 klärte Herr Dr. Felix Gurtner vom Bundesamt für Gesundheit die Situation, indem er schrift-
lich festhielt, dass die Kosten von den Versicherern im Rahmen des Tarifvertrags übernommen werden müssen. Ab 2018 sind erneut Verhandlungen nötig, da wir diese Arbeit nicht mehr als «Arbeit in Abwesenheit des Patienten» abrechnen können. Derzeit zeichnet sich eine Lösung ab, nämlich dass wir mit einer Sonderregelung die Arbeit als Gutachten abrechnen (Stand Januar 2018). Der Passport for Care® soll schweizweit an allen Kinderonkologien eingeführt werden. Bis anhin ist die Applikation an der Kinderonkologie in Bern und in Liestal aktiviert; Aktivierung und Nutzung des Passport for Care® sind gratis. Die Anforderungen sind selbst mit den Nachsorgeplänen für die Grundversorger und ihr Netz von Spezialisten hoch. Einige Patienten bräuchten eine Nachsorge in einer spezialisierten, interdisziplinären Nachsorgesprechstunde (pädiatrisch-onkologisch und internistisch). Derzeit gibt es im Kantonsspital Baselland in Liestal ein derartiges Angebot als Pilotprojekt. Die Patienten erhalten dort einen Passport for Care® und soweit möglich die notwendigen Basis- und Verlaufsuntersuchungen. Das Ziel ist, Probleme so früh zu erkennen, dass die Patienten keine schwerwiegenden Folgeerkrankungen bekommen beziehungsweise Spätfolgen abgemildert werden können. Dies dürfte in vielfacher Hinsicht positive Auswirkungen haben.
Dr. med. Eva Maria Tinner Oberärztin Hämatologie und Onkologie Universitätsklinik für Kinderheilkunde, Inselspital, 3010 Bern E-Mail: eva.tinner@insel.ch und Wiss. Mitarbeiterin, Päd. Onkologie und Hämatologie Kantonsspital Baselland, Rheinstrasse 26, 4410 Liestal E-Mail: nachsorge@ksbl.ch
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