Transkript
IMPFUNGEN
Pneumokokkenerkrankungen
Entwicklung der Serotypen nach der Einführung der Impfung
Vor gut sechs Jahren wurde in der Schweiz der 13-valente Pneumokokkenimpfstoff eingeführt. Seitdem sinkt der Anteil der entsprechenden Serotypen, mit einer Ausnahme, kontinuierlich.
Nach Angaben des BAG leiden in der Schweiz pro Jahr etwa 1000 Patienten unter schweren invasiven Pneumokokkeninfektionen (IPD). Dabei handelt es sich meist um Pneumonien, seltener um Bakteriämien oder Meningitis. Hauptsächlich betroffen sind Kinder unter 2 Jahren sowie ältere Personen über 65 Jahre. Jeder zehnte IPD-Patient stirbt an der Erkrankung, wobei die weitaus meisten Todesfälle, nämlich rund 80 Prozent, bei Personen über 65 Jahren vorkommen (1). Seit 2011 wird in der Schweiz der 13-valente konjugierte Pneumokokkenimpfstoff PCV13 als ergänzende Impfung für Kinder unter 5 Jahren empfohlen. Nicht geimpfte Säuglinge werden 3-mal geimpft, im Alter von 2, 4 und 12 Monaten (Säuglinge mit einem erhöhten Risiko, insbesondere Frühgeborene, erhalten 4 Dosen). Nicht geimpfte Kinder im Alter von 12 bis 23 Monaten werden 2-mal im Abstand von mindestens 8 Wochen geimpft. Nicht geimpfte Kinder im Alter von 24 bis 59 Monaten erhalten 1 Dosis (2).
PCV13-Serotypen auf dem Rückzug
Nach Einführung der PCV7-Vakzine hatte man die Erfahrung gemacht, dass – wie zu erwarten – der Anteil der im Impfstoff vertretenen Serotypen in den Isolaten zurückging. Mit der Einführung der PCV13-Vakzine ist nun auch ein drastischer Rückgang der zusätzlich enthaltenen Serotypen eingetreten. Während der PCV13-Impfstoff zum Zeitpunkt seiner Einführung noch einen grossen Teil der zirkulierenden IPD-Serotypen abdeckte, hat sich dies im Lauf der Zeit geändert. Nach Angaben des Schweizer Zentrums für invasive Pneumokokkenerkrankungen (NZPn) am Institut für Infektiologie der Universität Bern fanden sich 2013 PCV13-Serotypen in 62,7 Prozent der IPDIsolate, im letzten Jahr betrug der Anteil nur noch 37 Prozent (3). Eine Ausnahme ist der Serotyp 3, der zwar in der Vakzine enthalten, aber trotzdem nach wie vor der häufigste anzutreffende Serotyp in den IPD-Isolaten ist (18,7% im Jahr 2016). Weitere häufige Serotypen waren 2016 die nicht in PCV13 enthaltenen Serotypen 8 (12,1%) und 22F (9,4%).
Bei der Otitis media zeigte sich ein ähnlicher Trend. Im Rahmen des Sentinella-Netzwerks wurden von 2004 bis 2014 über 3000 nasopharyngeale Abstriche von Patienten mit Otitis media am NZPn analysiert. Bei 1498 von ihnen (46,6%) fanden sich Pneumokokken mit insgesamt 52 verschiedenen Serotypen. Nach der Einführung der PCV13-Vakzine sank der Anteil der entsprechenden Serotypen von 45,8 Prozent im Jahr 2010 auf 29,8 Prozent im Jahr 2014 (4). Die einzige Ausnahme ist auch hier der Serotyp 3, gegen den diese Vakzine offenbar nichts ausrichten kann.
Vielfältigeres Mikrobiom der Nase
Die Autoren einer kürzlich publizierten Schweizer Studie kommen zu dem Schluss, dass die PCV13Impfung zu einem vielfältigeren Mikrobiom der Nasenschleimhaut beigetragen haben könnte. Sie untersuchten die Pneumokokkenbesiedelung und die Zusammensetzung des nasalen Mikrobioms im ersten Lebensjahr bei gesunden Säuglingen, die entweder mit PCV7 (n = 20, geboren 2010) oder PCV13 (n = 21, geboren zwischsen 2011 und 2013) geimpft worden waren. Bei den Kindern wurde alle zwei Wochen ein Nasenabstrich genommen. In der PCV7-Ära fanden sich mehr Pneumokokkenisolate als in der PCV13Ära. Ausserdem war das Mikrobiom der Nasenschleimhaut der PCV13-geimpften Kinder vielfältiger. Die Hypothese der Studienautoren: Die höhere Diversität und Stabilität des nasalen Mikrobioms in der PCV13-Ära sei vermutlich der niedrigeren Belastung mit Pneumokokken zu verdanken (5).
Renate Bonifer
Literatur: 1. www.bag.admin.ch, abgerufen am 4. Oktober 2017. 2. Schweizer Impfplan 2017. 3. Annual Report of the National Center for invasive Pneumococci (NZPn). National Center for invasive Pneumococci (NZPn), Institute for Infectious Diseases, University of Bern, 2016. 4. Allemann A et al.: Pneumococcal carriage and serotypes distribution in patients with acute otitis media in Switzerland, 2004-2014. Poster Nr. 0891 am ECCMID 2016. 5. Mika M et al.: Influence of the pneumococcal conjugate vaccines on the temporal variation of pneumococcal carriage and the nasal microbiota in healthy infants: a longitudinal analysis of a case-control study. Microbiome 2017; 5: 85.
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