Transkript
ALLERGIEN
SIT bei atopischem Ekzem
Wie wirksam ist hier die spezifische Immuntherapie?
Während recht gut belegt ist, dass eine spezifische Immuntherapie (SIT) die Symptome der allergischen Rhinitis und Konjunktivitis sowie bei allergischem Asthma mindern kann, ist offen, ob dies auch bei atopischer Dermatitis gelingt. Dazu gibt es bis jetzt nur wenige, meist kleine Studien mit teils widersprüchlichen Resultaten, so die Autoren des ersten Cochrane-Reviews zu diesem Thema.
Limitierte Evidenz spricht für die SIT bei atopischer Dermatitis.
Auf 15 bis 30 Prozent bei Kindern und 2 bis 10 Prozent bei Erwachsenen beziffert man die Häufigkeit der atopischen Dermatitis. Topische Behandlungen mit Emollenzien, Kortikosteroiden oder den Calcineurinhemmern Pimecrolimus oder Tacrolimus sind zwar hilfreich, sie können jedoch nicht immer eine ausreichende Linderung der Symptome bewirken und ändern zudem nichts an den zugrunde liegenden Ursachen. Spezifische Allergene sind bekannte Trigger der atopischen Dermatitis. So verschlimmern individuelle Allergene, wie zum Beispiel Hausstaubmilben oder Pollen, das juckende Ekzem. Ein generell erhöhtes Risiko für Asthma und allergische Rhinitis besteht für Patienten mit atopischer Dermatitis, und Kinder, die in den ersten beiden Lebensjahren daran erkranken, werden mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit später Asthma entwickeln. Darum wird die spezifische Immuntherapie (SIT) auch bei atopischer Dermatitis versucht.
Studienlage eher dürftig
Es gibt bis jetzt nicht allzu viele akzeptable Studien, die man der SIT bei atopischer Dermatitis widmete. Die Cochrane-Autoren fanden nur zwölf für ihren Review geeignete Studien mit insgesamt 733 Teilnehmern sowie eine im Juli letzten Jahres noch laufende Studie, die noch nicht berücksichtigt werden konnte. In zehn der zwölf Studien handelte es sich um Patienten mit Hausstaubmilbenallergie. Sechs Studien befassten sich mit Kindern, zwei mit Erwachsenen und vier mit Patienten aller Altersgruppen. Am häufigsten wurde die subkutane Applikation des Allergens (SCIT) untersucht (6 Studien), gefolgt von der sublingualen Gabe (SLIT; 4 Studien); in den beiden restlichen Studien wurde das Allergen oral oder intradermal gegeben.
Ärzte beurteilen die Wirkung positiver als Patienten
Da die vorliegenden Studien meist klein, von bestenfalls mittelmässiger Qualität und im Studiendesign obendrein sehr heterogen waren, sind Metaanalysen oder gar Subgruppenanalysen nur in sehr begrenztem Masse möglich. So bleibt offen, welche Patientengruppen mit atopischer Dermatitis möglicherweise am meisten von einer SIT profitieren würden und ob die SCIT oder die SLIT bei dieser Indikation günstiger wäre. Die Ergebnisse der Studien sind zudem widersprüchlich. Während in einigen Studien ein gewisser Nutzen der SIT bei atopischer Dermatitis festgestellt wurde, kam man in anderen zu gegenteiligen Resultaten. Im Allgemeinen waren die Patienten selbst beziehungsweise die Eltern der betroffenen Kinder von der Wirksamkeit einer SIT bei atopischer Dermatitis weniger überzeugt als die behandelnden Ärzte.
Was heisst das für die Praxis?
Die Cochrane-Autoren kommen zu dem Schluss, dass eine gewisse limitierte Evidenz für einen Nutzen der SIT für Patienten mit atopischem Ekzem bestehe. Wegen mangelnder Studienqualität könne man die SIT aber (noch) nicht als Behandlung bei atopischer Dermatitis empfehlen. Die gute Nachricht: Mit SIT waren Nebenwirkungen nicht häufiger zu verzeichnen als mit Plazebo oder der Standardtherapie bei atopischer Dermatitis.
Renate Bonifer
Tam H et al.: Specific allergen immunotherapy for the treatment of atopic eczema. Cochrane Database of Systematic Reviews 2016, Issue 2. Art. No.: CD008774.
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