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EDITORIAL
A uf den ersten Blick scheinen hormonelle Störungen bei Kindern und Jugendlichen in der täglichen Praxis eine Seltenheit zu sein. Was aber rechtfertigt dann eine Schwerpunktausgabe der PÄDIATRIE zum Thema «pädiatrische Endokrinologie»? Der ganz zentrale Inhalt unserer Subspezialität ist Wachstum und Entwicklung, und die Beurteilung dieses für die Pädiatrie ganz spezifischen Prozesses, mit all seinen Variationen und Einflüssen, ist ebenso wesentlicher Inhalt beim Umgang mit Kindern und Jugendlichen in der Praxis. Die pädiatrische Endokrinologie formierte sich in den Sechzigerjahren zu einer eigenen, von der Erwachsenen-Endokrinologie ganz unterschiedlichen Entität. In Europa trug Prof. Andrea Prader und in den USA Prof. Lawson Wilkins ganz wesentlich zur Positionierung der pädiatrischen Endokrinologie bei. Seit dieser Zeit erfolgte zusammen mit dem Wissenszuwachs in Genetik
gendlicher zu, dabei steht der immer häufiger und vor allem bei kleineren Kindern auftretende Diabetes mellitus im Zentrum. Bei dieser Diagnose haben neue Insuline und neue Technologien ganz besonders zu einem besseren Outcome und einer besseren Lebensqualität beigetragen, und auch hier sind wir auf ein interdisziplinär zusammengesetztes Team aus Diabetesfachberatung, Ernährungs- und Sozialberatung sowie Psychologie angewiesen. Das vorliegende Schwerpunktheft bietet ein aktuelles Update quer durch die Themen der pädiatrischen Endokrinologie. Wir beginnen beim normalen Wachstum und seinen Pathologien, gehen über die Adrenarche zur Pubertät und zum Leistungssport, der in dieser Altersgruppe oft zu Fragen führt. Die Schilddrüse beeinflusst praktisch jede Zelle im Körper, angeborene und erworbene Funktionsstörungen gilt es dort zu erkennen, und oft sind die Symptome sehr unspe-
Prof. Dr. med. Urs Zumsteg Chefarzt Ambulante Medizin Pädiatrische Endokrinologie/ Diabetologie Universitäts-Kinderspital beider Basel UKBB urs.zumsteg@ukbb.ch
Pädiatrische Endokrinologie – ein zentraler Aspekt bei Wachstum und Entwicklung
und Grundlagenforschung eine rasante Entwicklung. Neue Erkenntnisse der Pathophysiologie und der Labortechnik führten zu verfeinerter Diagnostik und besseren Therapiemodalitäten, auch die moderne Technologie unmittelbar am Patienten hat wesentlich zur Betreuungsqualität beigetragen. Praktisch jede akute oder chronische Systemerkrankung im Kindes- und Jugendalter hat ihre Auswirkung auf das Endokrinium, damit ist die pädiatrische Endokrinologie sehr interdisziplinär ausgerichtet und eben auch mit der Allgemeinpädiatrie eng vernetzt. Oft ist es nicht einfach, eine Normvariante von einer eigentlichen Pathologie abzugrenzen, oft werden wir auch mit falschen Erwartungen der Eltern konfrontiert, und oft brauchen wir länger dafür, einen physiologischen Zustand zu erklären als eine Therapie einzuleiten. Eine besondere Bedeutung kommt der Betreuung chronisch kranker Kinder und Ju-
zifisch und müssen eben doch als solche erkannt werden. Auch die Knochengesundheit gehört zur pädiatrischen Endokrinologie, der Kalzium- und der Vitamin-D-Stoffwechsel ist uns oft nicht so geläufig und führt immer wieder zu Fragestellungen. Zuletzt darf, wie erwähnt, der Diabetes nicht fehlen: Was bringen all die neuen Hilfsmittel und Therapieformen? Wie gehen wir um mit der Hypoglykämie im Alltag? Alle Autorinnen und Autoren haben spontan zugesagt, einen Beitrag für dieses Heft zu leisten – und sie haben, wie ich denke, hervorragende Arbeit geleistet. Die Artikel sind praxisnah und wissenschaftlich fundiert. Und für allfällige Fragen stehen wir unter den angegebenen Korrespondenzadressen selbstverständlich zur Verfügung.
Urs Zumsteg
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