Transkript
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Forschung und Fallberichte
Praxisrelevante Kurzvorträge und Poster – eine Auswahl
Wie an jeder SGP-Jahrestagung konnten auch in Bern viele neue Erkenntnisse und interessante Fallberichte nur als Kurzvortrag, ultrakompakte «Posterflash»-Präsentation oder klassisches Poster vorgestellt werden. Die insgesamt 48 Kurzvorträge und 96 Poster boten eine Fülle interessanter und überraschender Aspekte, auch für den Alltag in der Kinderarztpraxis.
Poster im Foyer im Kursaal Bern
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Myopathie wegen Vitamin-D-Mangel
Vitamin-D-Mangel kann Ursache einer Myopathie sein. Dank der in der Schweiz üblichen Vitamin-D-Prophylaxe ist Rachitis bei Kindern zu einer sehr seltenen, fast «vergessenen» Diagnose geworden. Vitamin-DMangel kann sich aber auch als Myalgie oder Muskelschwäche manifestieren, woran man besonders bei Kindern denken sollte, die aus Ländern ohne VitaminD-Prophylaxe zu uns kommen. Pädiater an den Kinder- und Jugendspitälern in Aarau, Winterthur, Zürich, Bern und Basel berichten von fünf Mädchen im Alter von 4 bis 16 Jahren – alle mit Migrationshintergrund –, bei denen eine durch Vitamin-D-Mangel induzierte Myopathie diagnostiziert wurde; bei einem der Mädchen gar Rachitis. Alle Patientinnen wurden mit Vitamin D supplementiert und erholten sich bereits nach wenigen Wochen. Alle klinischen Symptome waren
komplett reversibel. Bei unerklärlicher Myopathie sollte man darum auch an einen Vitamin-D-Mangel denken.
FM6: Zaugg C et al.: Suspect myopathy? Don’t forget vitamin D deficieny! Swiss Med Wkly 2016; 146 (Suppl 215): 3S.
Milchprotein im Pflanzenschutz als tödliche Gefahr
Seit Jahren wird verdünnte Kuhmilch gegen den Rebenmehltau eingesetzt, und es kommen mehr und mehr Pflanzenschutzmittel auf Kuhmilchproteinbasis in Gebrauch. Für schwere Kuhmilchallergiker kann das umweltfreundliche Agens jedoch zu einer tödlichen Gefahr werden, wie ein Team von Ärzten am Hôpital Riviera-Chablais, Vevey, und am CHUV Lausanne berichtet. Ein sieben Jahre altes Mädchen mit eigentlich gut kontrolliertem Asthma und einer bekannten, sehr schweren Allergie gegen Kuhmilchprotein verstarb kurz nach einem leichten Training im Freien an einem schweren Asthmanfall, der trotz Salbutamol nach 30 Minuten zu einem Herz-Atem-Stillstand führte. Das Kind konnte trotz intensiver Bemühungen, Adrenalin, Intubation und Beatmung nicht reanimiert werden. Wie sich herausstellte, war in einem Weinberg neben dem Sportplatz kurz zuvor ein Pflanzenschutzmittel mit Kuhmilchproteinen versprüht worden. Das Mädchen wusste um seine Allergie und hatte bereits zweimal zuvor anaphylaktische Reaktionen erlebt, die intramuskuläres Adrenalin erforderten. Der zeitliche Abstand zwischen Agenskontakt und ersten Symptomen sowie das Fehlen von Angioödem und Urtikaria veranlasst die Forscher aus der Romandie zu dem Schluss, dass der Tod nicht auf einen anaphylaktischen Schock, sondern auf «brittle asthma» (eine Asthmaform mit nicht vorhersagbarem Verlauf) zurückzuführen sei. Das Team um Dr. Isabelle Rochat, CHUV, vermutet, dass die Inhalation des kuhmilchproteinhaltigen Pflanzenschutzmittels den tödlichen
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Poster im Foyer im Kursaal Bern
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Asthmaanfall verursacht hat, und fordert, die Sicherheit derartiger Produkte zu überprüfen, zumal Kuhmilchallergien nicht allzu selten sind.
FM11: Panchard MA et al.: Cow’s milk proteins in phytosanitary products: a new public health threat? «A propos» of a case of brittle asthma death. Swiss Med Wkly 2016; 146 (Suppl 215): 4S.
Infektion trotz Hib-Impfung
Dass es bei einem Kind trotz Impfung zu einer durch Haemophilus influenzae Typ b (Hib) bedingten Erkrankung kommt, ist äusserst selten. Man schätzt den Anteil der Impfversager auf 2,2 pro 100 000 Geimpfte. Die Infektion manifestiert sich meist als Meningitis (65%) oder Epiglottitis (20%) sowie als Pneumonie (6%) oder Arthritis/Osteomyelitis (6%). Ein Team des Kinderspitals Luzern schilderte an der Tagung zwei Fälle, bei denen Kinder trotz Hib-Impfung erkrankten. Es handelte sich um einen 3-jährigen Knaben (geimpft im Alter von 2, 4, 6 und 18 Monaten) mit Epiglottitis und so schweren Atemproblemen, dass er für fünf Tage beatmet werden musste, sowie um ein 15 Monate altes Mädchen (geimpft im Alter von 2, 4 und 6 Monaten) mit bakterieller Meningitis. Beide Kinder erholten sich nach Antibiotikatherapie rasch. Bei beiden war der Hib-Antikörpertiter niedrig (< 0,15 µg/ ml). Beide erhielten eine Boosterimpfung mit dem HibImpfstoff, die bei dem Knaben zu einem deutlichen Titeranstieg führte (3,2 µg/ml); der Titer nach der Boosterimpfung des Mädchens ist nicht bekannt.
FM32: Barbey F et al.: Haemophilus influenzae type b epiglottitis and meningitis despite adequate vaccination. Swiss Med Wkly 2016; 146 (Suppl 215): 13S.
Topisches Mesalazin bei Colitis ulcerosa noch zu selten in Gebrauch
Für Colitis-ulcerosa-Patienten ist gemäss therapeutischen Guidelines 5-Aminosaliylsäure (5-ASA, Mesalazin) die erste Wahl bei leichter bis mittelschwerer
Krankheitsaktivität. Darüber hinaus spricht viel für den Nutzen von topischem Mesalazin bei distaler Erkrankung und als Kombinationstherapie bei ausgedehnter Entzündung. Für Mesalazin bei Morbus Crohn ist die Evidenzlage hingegen eher dürftig. Im Rahmen der Swiss IBD Cohort Study wurde untersucht, wie häufig Mesalazin bei pädiatrischen IBD-Patienten in der Schweiz verordnet wird. Dafür wurden die Daten der unter 18-jährigen IBD-Patienten im Zeitraum von 2008 bis 2015 ausgewertet. Insgesamt waren dies 280 Patienten, 149 mit Morbus Crohn und 131 mit Colitis ulcerosa. Die meisten der Colitis-ulcerosa-Patienten wiesen eine ausgedehnte Kolitis oder Pankolitis auf (65%), nur ein Viertel hatte eine linksseitige Kolitis oder Proktitis (25%). Ein Drittel der Colitis-ulcerosa-Patienten erhielt irgendwann einmal zwischen 2008 und 2015 topisches Mesalazin, ein Viertel eine Kombinationstherapie. Betrachtet man den Anteil der mit topischem Mesalazin behandelten Colitis-ulcerosa-Patienten pro Jahr, zeigt sich ein zunehmender Gebrauch: Der Anteil stieg von 3 Prozent im Jahr 2009 auf 20 Prozent im Jahr 2014. Insbesondere Patienten mit linksseitiger Kolitis oder Proktitis erhielten das topische Agens, während das Alter bei Diagnose und die Dauer der Erkrankung keine Rolle spielten. Unter den Patientinnen und Patienten mit Morbus Crohn hatten die meisten eine kolonische oder ileokolonische Entzündung (79%), nur 13 Prozent eine ileale. Obwohl die Evidenz für Mesalazin bei Morbus Crohn eher dürftig ist, wurde jeder zweite Patient irgendwann einmal mit oralem Mesalazin behandelt, unabhängig von der Lokalisation der Erkrankung. Der Anteil der mit Mesalazin behandelten Morbus-CrohnPatienten war über die Jahre hinweg etwa gleich gross; er schwankte zwischen 15 und 20 Prozent pro Jahr. Dies erstaunt angesichts der Tatsache, dass wenig Evidenz für Mesalazin bei Morbus Crohn spricht. Auf der anderen Seite werde das topische Mesalazin trotz guter Evidenz noch zu selten bei Colitis ulcerosa angewendet, so das Studienteam aus Bern, Lausanne, Zürich und Luzern. Man rät den behandelnden Ärzten, ihren Colitis-ulcerosa-Patienten vermehrt das topische Mesalazin zu empfehlen.
FM34: The use of 5-aminosalicyclic acid in children and adolescents with inflammatory bowel disease in Switzerland. Swiss Med Wkly 2016; 146 (Suppl 215): 13S.
Frühgeburt und Antibiotika als Risikofaktoren
In einer prospektiven Studie ist man an den Spitälern in Varese, Mailand, Catanzaro und Bari der Frage nachgegangen, welche neonatale Faktoren mit funktionellen gastroenterologischen Beschwerden assoziiert sind. In die Studie eingeschlossen wurden alle Früh- und Termingeborenen. Ausgeschlossen waren Kinder mit Fehlbildungen, chirurgischen Eingriffen, neurologischen, immunologischen, metabolischen, kardialen oder metabolischen Erkrankungen sowie alle Fälle, bei denen kein Follow-up erfolgte. Funktionelle gastroenterologische Probleme wurden in den Lebensmonaten 1, 3, 6 und 12 erfragt, und ebenso wurde nach Assoziationen mit verschiedenen neonatalen Fakto-
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ren gesucht (Gestationsalter, Kaisersschnitt oder vaginale Geburt, Ernährung, Antibiotikagebrauch, Hospitalisationsdauer nach Geburt). Insgesamt wurden die Daten von 1152 Kindern berücksichtigt, 71 Prozent von ihnen waren Termingeburten, die anderen wurden zu früh geboren. Es zeigte sich, dass eine zu frühe Geburt sowie der Gebrauch von Antibiotika in den ersten Lebenstagen mit einem höheren Risiko für funktionelle gastroenterologische Probleme im ersten Lebensjahr assoziiert sind; dies gilt insbesondere für Regurgitationen (47% der Frühgeborenen vs. 39% der Termingeborenen) und Koliken (60% vs. 45%). Funktionelle gastroenterologische Probleme waren ebenfalls häufiger bei Kindern, die per Kaiserschnitt auf die Welt kamen (Odds Ratio [OR] 1,7), bei Antibiotikagabe in der ersten Lebenswoche (OR 2,1) sowie bei Kindern, die nach der Geburt länger als sieben Tage im Spital bleiben mussten (OR 1,9).
SPN3: Enzo D et al.: Neonatal programming of functional gastrointestinal disorders in infants. Swiss Med Wkly 2016; 146 (Suppl 215): 15S.
Poster, die zusätzlich in «Posterflash»-Sessions vorgestellt wurden, waren auf der Empore des Auditoriums nachzulesen.
Rückenmarkskompression bei Down-Syndrom
Anhand eines Fallberichts wurde daran erinnert, dass es wegen der für das Down-Syndrom typischen Bänderschwäche auch zu einer Instabilität des Atlantoaxialgelenks (AAI) kommen kann und dadurch zu einer Rückenmarkskompression mit möglicherweise verheerenden Folgen, falls diese nicht rechtzeitig erkannt und (chirurgisch) behandelt wird. Je nach Definition des AAI findet sich in der Literatur ein Anteil von 10 bis 30 Prozent der Menschen mit Down-Syndrom, der davon betroffen ist. Von diesen wiederum entwickeln bis zu 15 Prozent eine Rückenmarkskompression. Anders ausgedrückt: Etwa 2 bis 4 Prozent aller Kinder mit Down-Syndrom sind davon bedroht. Ein Screening ist nicht sinnvoll, da der prognostische Wert bildgebender Verfahren hierfür nur dürftig ist. Vielmehr gilt es, bei gewissen Symptomen an die Möglichkeit einer Rückenmarkskompression zu denken und ein MRI zu veranlassen. Zu diesen vielfältigen Symptomen gehören progrediente Spastizität, Nacken- oder okzipitale Schmerzen bei gestrecktem Nacken, Tortikollis oder plötzliches Einsetzen einer Inkontinenz.
PF27: Kruker AT et al.: Once seen, never forgotten: severe spinal cord compression due to atlantoaxial instability in a girl with Down syndrome. Swiss Med Wkly 2016; 146 (Suppl 215): 25S.
Bullöses Pemphigoid wegen Milchallergie
Das bullöse Pemphigoid (BP) gilt als autoimmune Alterskrankheit, nur sehr selten sind Kinder davon betroffen. Insgesamt sind in der Literatur nur etwa 100 Fälle bei Kindern dokumentiert, die meisten davon im Säuglingsalter. Bekannte Trigger für BP bei Erwachsenen sind bestimmte Medikamente oder eine Tumorerkrankung, bei Kindern Impfungen. Bisher war nur 1 Fall bekannt, in welchem eine Reaktion auf Kuhmilchproteine BP ausgelöst hat. Einen weiteren Fall schilderte ein Team aus Sion. Ein drei Monate alter
Knabe entwickelte eine Woche nach dem Beginn einer kuhmilchproteinhaltigen Formulaernährung zunächst ein Erythem und zwei Tage später Hautblasen. Im Blut wurde neben den BP-typischen Autoantikörpern BP180 ein hoher Spiegel an IgE gegen Kuhmilchproteine nachgewiesen. Nach der Umstellung auf eine hydrolisierte Formulanahrung besserten sich Juckreiz und Rötung. Da erneut Blasen auftraten, wurde das Kind mit topischen Steroiden behandelt, wodurch die Haut rasch heilte. Ein milder Rückfall wurde nach einer Impfung beobachtet. Hautblasen können demnach auch bei Kindern im Säuglingsalter autoimmune Ursachen haben, falls Infektionen oder Medikamentennebenwirkungen ausgeschlossen sind.
P12: Tosetti L et al.: Blisters and milk allergy in infancy. Swiss Med Wkly 2016; 146(Suppl 215): 30S.
Neue Daten zur kongenitalen Toxoplasmose in der Schweiz
In der Schweiz wird das Screening Schwangerer auf Toxoplasmose seit 2009 nicht mehr empfohlen. Die Gründe hierfür sind im Wesentlichen die geringe Inzidenz sowie die Tatsache, dass es keine Therapie gibt, welche bei einer Erstinfektion der Schwangeren die Übertragung des Erregers auf das Ungeborene verhindern kann (Merkblatt zur Prävention einer Toxoplasmoseinfektion in der Schwangerschaft unter www.bag.admin.ch < Infektionskrankheiten von A bis Z < Toxoplasmose). Frühere Daten zur Prävalenz der Toxoplasmose bei Neugeborenen stammen aus den Jahren 1994 bis 1999 und der Region Basel. Damals hatte man das Nabelschnurblut von 24 950 Neugeborenen untersucht und bei ihnen eine Toxoplasmoseprävalenz von 0,012 Prozent ermittelt. Nun gibt es neue Daten aus der Region Lausanne, die eine rund 10-fach höhere Prävalenz dokumentieren.
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Swiss Platform for Paediatric Clinical Pharmacology: https://paedcp.ch
Am CHUV in Lausanne wurde das Nabelschnurblut von 5585 Neugeborenen untersucht. Unter ihnen befanden sich 7 Neugeborene mit serologischem Toxoplasmosebefund, was einer Prävalenz von 0,13 Prozent entspricht. Es wurde jedoch kein einziger Fall einer symptomatischen Toxoplasmose gefunden. 3 der 7 Kinder mit serologischem Toxoplasmosebefund fehlten beim Follow-up, die anderen 4 waren symptomfrei. Die Autoren der Studie geben zu bedenken, dass es sich nur um die Daten aus einem einzigen Zentrum handelt und man wegen der Follow-up-Lücken die Bedeutung symptomatischer kongenitaler Toxoplasmose möglicherweise unterschätzt.
P16: Ferry T et al.: Congenital toxoplasmosis in Switzerland: screening or no screening? Swiss Med Wkly 2016; 146 (Suppl 215): 31S.
Keine Carbapenem-Antibiotika für Patienten unter Valproat!
Valproat gehört zu den bei Kindern am häufigsten verwendeten Antiepileptika. Es sind mehr als 600 Substanzen bekannt, die mit Valproat interagieren kön-
nen. Kein Wunder also, dass die eine oder andere Wechselwirkung im Alltag nicht genügend beachtet wird. Anhand eines Fallberichts erinnerte das Team der pädiatrischen Pharmakologie am Universitätskinderspital beider Basel (UKBB) daran, dass Valproat und Carbapenem-Antibiotika nicht parallel verabreicht werden sollten. Der 14-jährige Patient mit LAMMSyndrom und fokaler Epilepsie im Zusammenhang mit einem Folatrezeptor-1-Mangel wurde seit Jahren mit Valproat behandelt. Die Anfallkontrolle war gut, die Plasmakonzentration im Normalbereich. Er wurde am UKBB wegen einer Lungenentzündung mit Meropenem i.v. behandelt. In der Folge sanken seine Valproatspiegel unter das therapeutisch nötige Mass. Nach dem Absetzen des Antibiotikums stieg der Valproatspiegel innert 14 Tagen wieder auf den Ausgangswert. Es ist unklar, welcher Wirkmechanismus hinter dieser beobachteten Interaktion steht. Auch wenn die pharmakologische Interaktion mit Valproat in diesem Fall glücklicherweise keine klinischen Symptome bewirkte (wie z.B. häufigere oder schwerere epileptische Anfälle), ist es wichtig zu beachten, dass Carbapenem-Antibiotika nicht an Patienten unter Valproattherapie verabreicht werden. Falls es keine Alternative zu dem Antibiotikum gibt, ist der Plasmaspiegel des Valproats regelmässig zu kontrollieren. Auf ihrem Poster wies das Team vom UKBB auf die «Swiss Platform for Paediatric Clinical Pharmacology» hin. Dort können sich Ärzte registrieren und Fachleute konsultieren, wenn es um Medikamentenwirkungen, -nebenwirkungen und -interaktionen sowie die richtige Dosis für junge Patienten geht: https://paedcp.ch
P25: Rodieux F et al.: Drug-drug interaction between valproic acid and carbapenems: an interaction to know. Swiss Med Wkly 2016; 146 (Suppl 215): 33S.
Renate Bonifer
Gebrauch pharmakologischer Datenbanken in der pädiatrischen Praxis
Nach wie vor werden viele Substanzen bei Kindern off-label angewendet. In welchen Datenbanken suchen Fachleute in der Schweiz nach den entsprechenden Dosierungen? Dieser Frage ging man in einer Online-Umfrage nach, in der neben Apothekern 1806 Schweizer Pädiater angefragt wurden. 360 von ihnen antworteten, etwa die Hälfte von ihnen waren niedergelassene Pädiater in der Praxis, die anderen im Spital tätig. Von den Kollegen in der Praxis verwendete etwa ein Fünftel nie oder höchstens einmal pro Jahr eine elektronische pharmakologische Datenbank und ein weiteres Fünftel nur ein- bis dreimal pro Monat. Alle anderen nutzen diese mindestens ein- bis fünfmal pro Woche und 26 Prozent sogar mehr als einmal täglich. Im Spital sieht das etwas anders aus: Hier nutzen knapp 80 Prozent der Pädiater, die sich an der Umfrage beteiligten, entsprechende Quellen
mindestens ein- bis fünfmal pro Woche und 31 Prozent mehr als einmal täglich. Ein allgemeiner Trend: Je unerfahrener ein Arzt ist, umso häufiger nutzt er solche Datenbanken. Wer glaubt, dass mittlerweile das Smartphone der bevorzugte Weg zum Abruf solcher Daten sei, irrt sich. Nach wie vor nutzen die allermeisten Ärzte ihren PC, um die gewünschte Information auf den entsprechenden Websites abzurufen. Für Spitalärzte spielen auch entsprechende Informationen im Intranet ihrer Institution eine grosse Rolle. Sowohl Spitalpädiater als auch Pädiater in der Praxis nutzen am häufigsten www.compendium.ch, vor www.kinderdosierungen.ch, einer Website, die vom Universitätskinderspital Zürich betrieben wird. Danach folgen www.drugdoses.net und www.swissmedic.ch. Die pharmakologischen Datenbanken www. pharmavista.ch sowie von Micromedex® und
Kinderdosierungen können über die Website des Universitätskinderspitals abgerufen werden: www.kinderdosierungen.ch
UpToDate® spielen für Ärzte offenbar keine Rolle, werden aber von Apothekern genutzt.
FM36: Hiltbrunner S, Vonbach P: Which electronic database do Swiss healthcare professionals consult for paediatric dosages? Swiss Med Wkly 2016; 146 (Suppl 215): 14S.
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