Transkript
EDITORIAL
S ind Sie ein eiliger Leser? Vermutlich nicht, sonst hätten Sie diese Seite bereits überblättert und gleich im Inhaltsverzeichnis nachgesehen, welche Beiträge dieses Journal bietet. So geht es mir manchmal auch, aber in aller Regel lese ich Editorials doch ganz gerne. Warum? Weil es mich immer wieder neugierig macht, wie der Autor mein Interesse an der Thematik weckt. Mal sehen, wie es Ihnen ergeht. Hat Sie die Überschrift neugierig gemacht, zum Schmunzeln angeregt oder gar verärgert? Labormediziner und Mikrobiologen mögen mir verzeihen, aber im Kontext des Impfens wird tatsächlich zu viel gemessen (nämlich «Impftiter»), obwohl oftmals darauf verzichtet werden könnte und stattdessen lieber gleich geimpft werden sollte. Wann serologische Antikörperbestimmungen nach Impfungen sinnvoll sind und wann nicht, erläutern wir in unserem Beitrag auf Seite 15ff. Für diese Schwerpunktausgabe «Impfen» teilen Experten aus Deutschland und der Schweiz ihr
Impfung gegen humanpathogene Papillomaviren, bis vor Kurzem ausschliesslich weiblichen Personen in der Schweiz im Alter von 11 bis 26 Jahren empfohlen, sorgte (wie übrigens jede neu eingeführte Impfung in den vergangenen 25 Jahren, die ich erleben und grösstenteils fachlich begleiten durfte) von Beginn an für grosse Aufmerksamkeit und kontroverse Diskussionen in Laien- und Fachkreisen. Anne Spaar und Virginie Masserey von der Abteilung Übertragbare Krankheiten des BAG beleuchten für uns den aktuellen Stand des Wissens um die Sicherheit und den Nutzen dieser Impfprävention und zeigen uns, wo wir in der Schweiz in Sachen Umsetzung und Akzeptanz der HPV-Impfung stehen. Wo Licht ist, ist auch Schatten – beim Impfen sieht die Sache recht «sommerlich» aus, das heisst: tendenziell viel Licht (Erfolg) und wenig Schatten (Nebenwirkungen). Basierend auf einem Vortrag am 8. Schweizer Impfkongress habe ich meine Gedanken dazu für Sie zusammengefasst. Beson-
Prof. Ulrich Heininger Universitäts-Kinderspital beider Basel UKBB ulrich.heininger@ukbb.ch
«Wer viel misst, misst viel Mist»
Wissen mit uns. Ich beginne mit unseren Gastautoren aus Deutschland. Viele von Ihnen kennen Markus Rose und Markus Knuf als exzellente Referenten an internationalen Kongressen. Markus Rose zeigt uns, was wir bei Impfungen für Patienten mit pneumologischen Erkrankungen und Allergien beachten müssen. Auch seine Tabelle zur quantitativen Aluminiumexposition – viel in der täglichen Nahrung, wenig in den Impfstoffen – wird Ihnen im Beratungsgespräch mit kritischen Eltern nützlich sein. Chronisch kranke Kinder und Jugendliche kommen beim Impfen oftmals zu kurz. Das ist ungerechtfertigt, profitieren doch gerade diese vulnerablen Patienten ganz besonders vom Basisimpfschutz und darüber hinaus von einer Reihe weiterer Indikationsimpfungen. Markus Knuf erläutert die Details am Beispiel der deutschen STIKO, deren Empfehlungen denjenigen unserer Impfkommission EKIF sehr ähnlich sind. Die nun schon bald zehn Jahre lang verfügbare
ders liegt mir dabei am Herzen, dass wir uns nicht von der Intuition leiten lassen, das alles, was nach einer Impfung passiert, auch wegen der Impfung passiert ist («post hoc ergo propter hoc»). Nein, keineswegs! Unsere ärztliche Kunst ist es, aus dem Meer der unerwünschten Ereignisse die wahren Impfnebenwirkungen herauszufischen. Nur wenn uns das konsequent gelingt, werden wir unseren Patienten und dem Impfgedanken an sich gerecht. Der 9. Schweizer Impfkongress findet übrigens am 10. und 11. November 2016 in Basel statt (www.impfkongress.ch). Wir würden uns freuen, wenn Sie dabei wären.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre und viel Glück und Gesundheit im neuen Jahr – denken Sie dabei auch einmal an Ihren eigenen Impfschutz und den Ihrer Liebsten!
Ulrich Heininger
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