Transkript
Fieber ohne Infektion
Welche Ursachen sind primär abzuklären?
SCHWERPUNKT
Bei einem Kind mit Fieber ohne Anhaltspunkte für eine Infektion ist der Pädiater mit einem breiten Spektrum möglicher Differenzialdiagnosen konfrontiert. Zunächst müssen Erkrankungen abgeklärt werden, die eine rasche Therapie erfordern: KawasakiSyndrom, die systemische Form einer juvenilen idiopathischen Arthritis und Tumoren. Die klinische Untersuchung ist die Basis jeglicher Diagnostik. Immunologische und genetische Abklärungen sind nicht mehr als eine Unterstützung, die korrekt interpretiert werden müssen, falls nötig mithilfe eines darauf spezialisierten Pädiaters.
Von Michaël Hofer
F ieber ist für den Pädiater ein alltägliches Symptom und ein häufiger Grund für eine Konsultation. In den meisten Fällen liegt eine infektiöse Erkrankung vor, meist ein viraler Infekt. Unter all diesen Kindern werden sich aber auch einige befinden, deren Fieber keine infektiöse Ursache hat. Der Kinderarzt steht somit vor der schwierigen Aufgabe, unter den zahlreichen Kindern, die mit Verdacht auf eine Infektion in die Praxis kommen, diejenigen zu identifizieren, die an einer entzündlichen Erkrankung leiden, um die notwendigen Untersuchungen durchzuführen, die richtige Behandlung einzuleiten und/oder den Patienten an einen Spezialisten zu überweisen. Nicht infektiös bedingtes Fieber kann akut auftreten, wie beim Kawasaki-Syndrom, es kann sich in Form rezidivierender Fieberschübe manifestieren, wie beim PFAPA-Syndrom (periodic fever, aphtous stomatitis, pharyngitis, cervical adenitis), oder lang anhaltend, wie bei der systemischen juvenilen idiopathischen Arthritis (sJIA; Still-Syndrom). In Tabelle 1 sind entzündliche Erkrankungen und die damit verbundenen Fieberformen aufgelistet. Das Erstellen einer exakten Diagnose bei Auftreten eines nicht infektiös bedingten Fiebers ist häufig schwierig, weil eine ganze Reihe seltener Krankheiten mit Fieber einhergehen. Da für diese Krankheiten meist keine diagnostischen Tests zur Verfügung stehen, erfolgt die Diagnose mithilfe bestimmter Kriterien, welche in der Regel auf klinischen Befunden beruhen, die mit bestimmten Laborresultaten assoziiert sind. Falls ein Patient die charakteristischen Anzeichen einer solchen Erkrankung aufweist, ist die Diagnose relativ einfach, aber bei einer nicht zu vernachlässigenden Anzahl der Patienten fehlen einige dieser Anzeichen, insbesondere in den ersten Wochen und Monaten der Erkrankung. Aus diesem Grund stützt
sich die diagnostische Abklärung grösstenteils auf den Ausschluss einer Reihe entzündlicher, infektiöser und hämatologisch/onkologischer Erkrankungen.
Zwei Kategorien entzündlicher Erkrankungen
Entzündliche Erkrankungen weisen bestimmte systemische und/oder organspezifische Entzündungsparameter auf und können in zwei Gruppen unterteilt werden: autoinflammatorische oder autoimmune. Eine Beeinträchtigung der angeborenen Immunität ist mit einer Aktivierung von Monozyten/Makrophagen sowie Neutrophilen verbunden, die sich dann häufig in erhöhter Zahl im Blut finden. In Abwesenheit von Autoantikörpern spricht man von einer autoinflammatorischen Pathogenese. Bei Autoimmunerkrankungen ist hingegen die adaptive Immunität beeinträchtigt. Es kommt zu einer Aktivierung von Lymphozyten und der Produktion von Antikörpern, die sich gegen körpereigene Strukturen des Patienten richten; bei einem Teil der Autoimmunerkrankungen erlauben diese Autoantikörper eine exakte Diagnose. Diese Unterteilung in zwei verschiedene entzündliche Kategorien ist allerdings eher theoretischer Natur, denn es handelt sich meist um ein Kontinuum, das sich von den monogenetischen autoinflammatorischen bis zu monogenetischen autoimmunen Erkrankungen erstreckt. Dazwischen liegen Erkrankungen, deren Ursache sehr wahrscheinlich polygenetischer Natur und autoinflammatorisch ist, wie bei der sJIA, oder autoimmun, wie bei systemischem Lupus erythematodes (SLE). Bei den meisten autoinflammatorischen Erkrankungen spielt eine Steigerung der Interleukin-1-beta-Sekretion (IL-1b) eine zentrale Rolle für den entzündlichen Schub. Die Sekretion dieses Zytokins wird durch
3/15
Bei jeglichem Verdacht auf eine hämatologisch/onkologische Ursache ist diese zuerst abzuklären.
21
SCHWERPUNKT
einen Molekülkomplex, das sogenannte «Inflammasom», kontrolliert, wobei zunächst das inaktive proIL-1 in IL-1b transformiert und dieses von der Zelle sezerniert wird.
Autoinflammatorische Syndrome: TRAPS, CAPS, FMF und HIDS
Bei den monogenetisch bedingten autoinflammatorischen Syndromen (MAIS) liegt eine Mutation der für das Inflammasom kodierenden Gene zugrunde, beziehungsweise Mutationen der Gene anderer Moleküle, die mit dem Inflammasom in Verbindung stehen. Jedes MAIS weist sowohl einige spezifische Charakteris-tika als auch zahlreiche Symptome auf, die bei allen autoinflammatorischen sowie bei den infektiösen Erkrankungen auftreten (z.B. Fieber, Ausschlag, Gelenk-, Abdominal- oder Kopfschmerzen). Die vier wichtigsten MAIS (Tabelle 2) werden im Folgenden beschrieben. Zwei MAIS werden automals dominant vererbt: TRAPS (Tumornekrosefaktorrezeptor-assoziiertes periodisches Syndrom) und CAPS (Cryopyrin-assoziiertes periodisches Syndrom). Weitere Fälle in der Familie sind typisch für diese beiden Syndrome, ausser bei einer schwereren Form des CAPS, dem CINCA (chroni-
Tabelle 1: Inflammatorische Erkrankungen und Fieber
Fieber rezidivierend FMF TRAPS HIDS CAPS (FCAS, MWS) PFAPA
Fieber persitierend CAPS (MWS, CINCA) sJIA Kawasaki-Syndrom Takayasu-Arteriitis Vaskulitiden
Fieber moderat oder nicht vorhanden M. Behçet frühe Sarkoidose Blau-Syndrom SLE juvenile Dermatomyositis gemischte Kollagenosen
CAPS: Cryopyrin-assoziiertes periodisches Syndrom; CINCA: chronisches infantiles neuro-kutaneo-artikuläres Syndrom; FMF: familiäres Mittelmeerfieber; HIDS: Hyperimmunglobulinämie-D-Syndrom; MWS: Muckle-Wells-Syndrom; PFAPA: periodic fever, aphtous stomatitis, pharyngitis, cervical adenitis; sJIA: systemische juvenile idiopathische Arthritis; SLE: systemischer Lupus erythematodes; TRAPS: Tumornekrosefaktorrezeptor-assoziierstes periodisches Syndrom
Tabelle 2: Monogenetisch bedingte autoinflammatorische Erkrankungen
Erkrankung FMF
Gen MEFV
HIDS MVK
TRAPS
TNFRSF1A
CAPS, FCAS CAPS, MWS CAPS, CINCA/ NOMID
NLRP3 NLRP3 NLRP3
Erbgang AR
AR
AD
AD AD AD
Charakteristika ethnische Häufung, Fieberschübe im Alter von 2 bis 3 Jahren Beginn vor 1. Lebensjahr, Impfung ist häufig ein Trigger Fieberschübe nach der ersten Woche, phänotypisch zweitrangige Mutationen Kälteurtikaria neurologische Beeinträchtigung, Taubheit schwere Form des CAPS, Beginn im 1. Lebensmonat
AR: autosomal rezessiv; AD: autosomal dominant; CAPS: Cryopyrin-assoziiertes periodisches Syndrom; CINCA/NOMID: chronisches infantiles neuro-kutaneo-artikuläres Syndrom; FMF: familiäres Mittelmeerfieber; HIDS: Hyperimmunglobulinämie-D-Syndrom; MWS: Muckle-Wells-Syndrom; TRAPS: Tumornekrosefaktorrezeptor-assoziierstes periodisches Syndrom
sches infantiles neuro-kutaneo-artikuläres Syndrom; engl. NOMID: neonatal onset multisystem inflammatory disease), welches in der Regel auf einer De-novoMutation beruht. Das familiäre Mittelmeerfieber (FMF) kommt hauptsächlich bei bestimmten Bevölkerungsgruppen im östlichen Mittelmeerraum und im mittleren Osten vor. Bei Beginn der Symptome im ersten Lebensjahr und einer Impfung als Trigger eines entzündlichen Schubs muss man an ein Hyperimmunglobulinämie-D-Syndrom (HIDS) denken, welches die attenuierte Form der schweren Stoffwechselkrankheit Mevalonatkinasedefizienz darstellt. Die vier genannten MAIS manifestieren sich klassischerweise mit rezidivierenden Fieberschüben, die mitunter in regelmässigen Perioden auftreten. Die Fieberschübe dauern zwischen 2 und 3 Tage bei FMF, 3 bis 7 Tage bei HIDS und länger als eine Woche bei TRAPS. Bei CAPS ist die Dauer der Fieberschübe variabel, auch persistierendes Fieber kommt vor. CAPS beruht auf einer Mutation des Gens NLRP3, welches für eines der Inflammasome kodiert, das mit drei klinischen Syndromen assoziiert ist, die separat (vor der Entdeckung des Gens) beschrieben wurden; sie stellen drei Stadien mit zunehmendem Schweregrad der Erkrankung dar: die familiäre Kälteurtikaria (FCUS), das Muckle-Wells-Syndrom (MWS) und CINCA/NOMID. Die Symptome der FCUS sind mittelschwere, rezidivierende Fieberschübe mit Urtikaria und Gelenkschmerzen nach Kälteexposition. Das MWS ist durch mittelschweres Fieber, Ausschlag, Gelenkschmerzen, Konjunktivitis, Arthritis, aseptische Meningitis und Taubheitsgefühl charakterisiert. CINCA/NOMID beginnt in den ersten Lebenswochen mit Urtikaria, mittelschwerem Fieber, Leber- und Milzvergrösserung sowie artikulären, neurologischen und sensorischen Beeinträchtigungen.
Wann ist eine genetische Untersuchung sinnvoll?
Die MAIS, bei denen eine genetische Abklärung möglich ist, gehören zu den hauptsächlichen Differenzialdiagnosen des eingangs genannten PFAPA-Syndroms (periodic fever, aphtous stomatitis, pharyngitis, cervical adenitis). Da eine teure genetische Untersuchung nicht automatisch von den Krankenkassen übernommen wird, empfiehlt es sich, im Voraus beim Vertrauensarzt anzufragen. Die Interpretation des genetischen Befunds kann schwierig sein, weil bestimmte der mit MAIS-assoziierten Genmutationen (NLRP3: Q703K, V198M; MEVF: E148Q) unterschiedlich stark «durchschlagen» und immer im Zusammenhang mit dem klinischen Befund bewertet werden müssen. Die Mutationen führen häufig nur zu phänotypisch abgeschwächten Erkrankungen, und sie können auch bei der gesunden Bevölkerung gefunden werden. Um die Differenzialdiagnose zu bestätigen und therapeutische Optionen vorzuschlagen, ist darum der Rat eines Spezialisten für autoinflammatorische Erkrankungen hilfreich. Es gibt weitere autoinflammatorische Erkrankungen mit periodischem oder persisiterendem Fieber, aber auch ohne Fieber, für die noch keine genetische Ursa-
22 3/15
SCHWERPUNKT
che gefunden wurde. Zurzeit geht man davon aus, dass Mutationen mehrerer Gene involviert sind, die zu einer gesteigerten IL-1b-Sekretion führen sowie einer direkten oder indirekten Aktivierung des Inflammasoms. Die Diagnose dieser Erkrankungen beruht auf klinischen Befunden und dem Ausschluss infektiöser oder maligner Ursachen.
PFAPA-Syndrom
Bei Kindern ist das PFAPA-Syndrom mit Abstand die häufigste Ursache rezidivierender, inflammatorisch bedingter Fieberschübe, mit Ausnahme des Mittelmeerraumes, in dem FMF die hauptsächliche Differenzialdiagnose darstellt. Die mit PFAPA verbundenen rezidivierenden Fieberschübe beginnen im Kleinkindalter, meist vor dem fünften Lebensjahr. Typisch für PFAPA sind 3- bis 7-tägige Fieberschübe, die alle drei bis acht Wochen auftreten sowie mindestens eines der folgenden Hauptsymptome, die manchmal auch ausserhalb der Fieberschübe vorkommen können: Pharyngitis (exsudativ oder nicht exsudativ), zervikale Lymphadenitis und/oder Stomatitis mit Aphthen. Der Rhythmus der Fieberschübe ist bei einem Teil der Patienten sehr regelmässig, zumindest zu Beginn der Erkrankung, sodass die Abklärung einer zyklischen Neutropenie zur Differenzialdiagnose gehört. Auch andere Symptome können während der Fieberschübe vorkommen, insbesondere abdominelle Schmerzen, die sogar häufiger vorliegen können als Aphthen. Das Kommen und Gehen der Fieberschübe mit mehrwöchigen Intervallen völliger Symptomfreiheit sind notwendige Kriterien für die Diagnose PFAPA, ebenfalls dazu gehört, dass weder Wachstum noch Entwicklung des Kindes beeinträchtigt sind (Tabelle 3). Bei der Differenzialdiagnose sind rezidivierende Infektionen der oberen Atemwege ebenso zu bedenken wie die oben genannten MAIS, insbesondere das HIDS und einige zweitrangige Mutationen bei TRAPS, deren phänotypische Ausprägung häufig dem PFAPA ähnelt. Bei atypischen klinischen Befunden ist eine genetische Untersuchung indiziert, insbesondere, falls die Kinder im Intervall zwischen den Fieberschüben nicht asymptomatisch sind. Das rasche Verschwinden des Fiebers innert Stunden ist typisch für PFAPA, wurde aber auch bei Patienten mit HIDS und mitunter auch bei TRAPS beschrieben. In der Regel zeigt sich im Verlauf der Erkrankung, ob sich die Diagnose PFAPA bestätigt oder ob doch eine genetische Abklärung bezüglich MAIS-Mutationen zu veranlassen ist. Bei einer schwerwiegenden Aphthen-Stomatitis muss man an Morbus Behçet denken, der sich in den ersten Jahren nicht gleich mit allen Symptomen zeigen kann.
Systemische JIA
Lang anhaltendes Fieber mit einem täglichen Spitzenwert über 39 Grad, einem Temperaturabfall unter 37 Grad und einem mit der sinkenden Temperatur zurückgehenden Exanthem ist typisch für die systemische juvenile idiopathische Arthritis (sJIA). Die sJIA geht mit systemischen (Fieber, polymorphen Exanthemen, Polyadenopathie, Hepato-/Splenomegalie, Polyserositis) und Gelenkbeschwerden einher.
Das Vorliegen einer Arthritis ist Voraussetzung für die Diagnose sJIA, aber bei rund einem Drittel der Patienten treten Arthralgien nur in den ersten Monaten der Erkrankung auf. Manche Kinder oder Jugendliche weise alle Anzeichen einer sJIA auf, ohne jemals eine Arthritis zu entwicklen, wie man sie bei der adulten Form der Erkrankung sehen kann (adult-onset Still’s disease). Die Differenzialdiagnosen sind sehr zahlreich, und diese Patienten verdienen eine wirklich umfassende Abklärung vor dem Stellen der Diagnose sJIA, besonders wenn die Gelenke kaum beeinträchtigt erscheinen. Wenn die Behandlung mit NSAR nicht ausreicht, muss man unbedingt Knochenmarksbiopsie erwägen, bevor man eine Therapie mit systemischen Steroiden beginnt, weil diese eine maligne hämatologische Erkrankung maskieren können.
Kawasaki-Syndrom
Persistierendes Fieber für mehr als fünf Tage, das mit mindestens 4 der folgenden 5 Kriterien einhergeht, führt zur Diagnose Kawasaki-Syndrom: • Konjunktivitis, • Lymphknotenschwellung (einer davon mit einem
Durchmesser von mindestens 1,5 cm), • variables Exanthem, • Cheilitis oder diffuses oropharyngeales Erythem, • Veränderung der Extremitäten (zuerst Ödem, dann
Schuppung). Das Kawasaki-Syndrom ist eine Vaskulitis, die mit einer systemischen Inflammation ohne Anzeichen für Autoimmunität einhergeht. Man nimmt an, dass IL-1b dabei eine Rolle spielt und die Erkrankung somit zu den autoinflammatorischen Syndromen gerechnet werden kann. Es ist von entscheidender Bedeutung, die Diagnose rasch zu stellen und umgehend eine Therapie mit intravenösen Immunglobulinen (IVIG) zu beginnen, um kardiale Komplikationen zu verhindern: Eine Koronarbeteiligung verursacht Gefässdilatationen und Aneurysmen der Koronararterien, mit den entsprechenden potenziellen Spätfolgen. Das Kawasaki-Syndrom manifestiert sich bei einer signifikanten Anzahl von Fällen, insbesondere bei Säuglingen, nicht mit allen Symptomen (weniger als 4 der 5 genannten Kriterien), was die Diagnose erschwert. Auch wenn die Diagnose nicht ganz sicher ist, gilt darum ein über mehr als fünf Tage persistierendes Fieber immer als potenzielles Kawasaki-Syndrom mit Notwendigkeit einer IVIG-Therapie, um kardiale Kompliationen zu verhindern.
Morbus Behçet und andere autoinflammatorische Erkrankungen
Bei rezidivierenden Aphthen im Mundbereich könnte es sich um Morbus Behçet handeln. Die Diagnose wird durch eine Reihe von Kriterien bestätigt, die an dieser Stelle nicht näher ausgeführt werden. Da die klinische Manifestation bei Kindern, zumindest in den ersten Monaten und Jahren, unvollständig ist, bleibt Morbus Behçet häufig eine Verdachtsdiagnose. Es gibt weitere, seltenere autoinflammatorische Erkrankungen, die mit Fieber einhergehen. Dazu gehört die chronisch-rezidivierende multifokale Osteomyeli-
Bei KawasakiSyndrom rasch handeln!
Tabelle 3: Diagnostische Kriterien des PFAPA-Syndroms • febrile Episoden mit Beginn
vor dem 5. Lebensjahr • mindestens 1 Symptom der
folgenden in Abwesenheit einer Infektion: – Stomatitis mit Aphthen – Lymphdrüsenschwellungen
im Halsbereich – Pharyngitis • Ausschluss einer zyklischen Neutropenie • asymptomatische Intervalle zwischen den Fieberschüben • normales Wachstum und normale Entwicklung PFAPA: periodic fever, aphtous stomatitis, pharyngitis, cervical adenitis
3/15 23
SCHWERPUNKT
Immunologische und genetische Befunde sind immer im Kontext des klinischen Bildes zu interpretieren.
24
tis, die sich in Form ossärer Schwellungen und funktioneller Behinderung zeigt und für deren Diagnose in der Regel eine Knochenbiopsie notwendig ist. Diese Erkrankung ist häufig mit Haut- und Darmentzündungen assoziiert. Die klassische Triade für den Verdacht auf Sarkoidose des Kleinkindes besteht aus granulomatöser Dermatitis, Arthritis und chronischer Uveitis; die erbliche Form ist unter dem Namen Blau-Syndrom bekannt.
Kollagenosen
Fieber gehört zu den initialen Symptomen der autoimmunen Kollagenosen. Das Symptom Fieber steht jedoch weniger im Vordergrund als bei den autoinflammatorischen Erkrankungen, zumal es hier mit typischen Anzeichen bestimmter autoimmuner Erkrankungen einhergeht, wie bei Lupus erythematodes (typisches Exanthem, Schleimhautschäden, RaynaudSyndrom, Sjögren-Syndrom, Lichtempfindlichkeit), juvenile Dermatomyositis (Schwäche sowie proximale, symmetrische Muskelschmerzen, Schmetterlingserythem, Rötungen an den Gelenkstreckseiten [sog. Gottron-Papeln]) oder gemischten Kollagenosen (Fingerschwellung, Schmerzen und Schwellungen der Parotis, Haut- und Gelenkbefall, Raynaud-Syndrom, Sjögren-Syndrom). Häufig sind bei diesen Erkrankungen multiple Organsysteme (hämatologisch, renal, neurologisch, kutan, endokrinologisch) betroffen. Durch spezifische Autoantikörper können Autoimmunerkrankungen besser charakterisiert werden.
Vaskulitiden
Zu den häufigsten Vaskulitiden im Kindesalter zählen das Kawasaki-Syndrom (s. oben) sowie die Purpura Schönlein-Henoch und die post-infektiösen Vaskulitiden. Bei der Purpura Schönlein-Henoch handelt es sich um eine Vaskulitis mit IgA-Ablagerungen, in der Regel mit palpablen Petechien hauptsächlich in herabgeneigten Regionen sowie Beeinträchtigungen des Gastrointestinaltrakts und der Nieren. Die post-infektiösen Vaskulitiden manifestieren sich in erster Linie kutan, muskulär und artikulär, nur selten sind innere Organe befallen. Weitere, bei Erwachsenen bekannte Vaskulitiden wurden auch bei Kindern beschrieben, sie sind sehr selten. Man muss jedoch bei ungewöhnlichen Verläufen daran denken. Zu erwähnen ist hier die Takayasu-Arteriitis mit Fieberschüben und schwerem Entzündungssyndrom; später kommt es infolge der Entzündung der Gefässinnenwände zu arteriellen Stenosen, vor allem an den Gliedmassen.
tische Erkrankung imitieren, insbesondere in Bezug auf Gelenk- und Knochenschmerzen und mitunter auch Arthritiden. Bereits der kleinste Verdacht auf ein hämatologisch/onkologisches Geschehen muss zuerst abgeklärt werden – bevor man Richtung Autoinflammation/Autoimmunität weiter ermittelt. Bei Ausschluss inflammatorischer Ursachen könnte auch ein ZNS- oder psychosomatisch bedingtes Fieber infrage kommen. Hierbei handelt es sich jedoch um sehr aussergewöhnliche Fälle. Häufiger sind Fälle von «unechtem» Fieber: Wenn Eltern von einem länger anhaltenden Fieber berichten, sollten sie vom Arzt angewiesen werden, die Körpertemperatur des Kindes regelmässig zu messen. Wenn die «Fieberkurve» dann im Bereich zwischen 36,5 und 38,4 °C schwankt und es keine weiteren klinischen oder anderen Gründe für eine Erkrankung gibt, kann man die Eltern beruhigen und sie instruieren, keine weiteren regelmässigen Messungen mehr durchzuführen, da dies nur zu weiterer Verunsicherung führen würde.
Zusammenfassung
Wenn sich für ein persistierendes oder rezidivierendes Fieber keine infektiöse Ursache findet, ist der Pädiater mit einem breiten Spektrum möglicher Differenzialdiagnosen konfrontiert. Zunächst müssen Erkrankungen abgeklärt werden, die eine rasche Therapie erfordern: Kawasaki-Syndrom, sJIA und Tumoren. Eine erste Abklärung ist orientierend, aber oft zeigt sich erst im weiteren Verlauf, ob sich der Anfangsverdacht bestätigt oder weitere Abklärungen notwendig werden, insbesondere genetische Untersuchungen. Für das Fieber ohne Infektion bleibt die klinische Untersuchung die Grundlage jeglicher Diagnostik. Immunologische und genetische Abklärungen sind nicht mehr als eine Unterstützung, die korrekt interpretiert werden müssen, falls nötig mithilfe eines darauf spezialisierten Pädiaters.
Korrespondenzadresse: PD Dr. Michaël Hofer Unité Romande de Rhumatologie Pédiatrique Départements de Pédiatrie CHUV, Lausanne et HUG, Genève Service de Pédiatrie Centre Hospitalier Universitaire Vaudois (CHUV-BH11) 1011 Lausanne E-Mail: Michael.Hofer@chuv.ch
Dieser Artikel wurde für die PÄDIATRIE in Französisch verfasst. Die Übersetzung erfolgte durch Dr. Renate Bonifer.
Literatur beim Verfasser.
Andere Ursachen für Fieber ohne Infektion
Nicht infektiöses Fieber kann zahlreiche andere Ursachen haben, die man in Betracht ziehen muss, falls das klinische Bild keine eindeutige Diagnose erlaubt und verschiedene Differenzialdiagnosen im Raum stehen. Die Symptome hämatologischer und anderer Krebserkrankungen (Leukämien, Lymphome, Neuroblastome, solide Tumoren) können eine klassische rheuma-
3/15