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KURZ & BÜNDIG
Eltern schätzen Notfall bei Fieber meist richtig ein
Um Notfallambulanzen den tatsächlichen Notfällen vorzubehalten, versucht man vielerorts, diejenigen Patienten «abzuschrecken», die aufgrund ihrer Symptome genausogut am nächsten Tag noch zu ihrem Hausarzt gehen könnten. Dies sei eine Strategie, die für Erwachsene noch akzeptabel sein mag, für Kinder jedoch potenziell gefährlich sei, warnt nun ein holländisches Autorenteam. Vielmehr schätzten die Eltern die Gefahr bei ihrem fiebernden Kind in einem grossen Teil der Fälle zutreffend ein, wenn sie direkt eine Notfallambulanz aufsuchen. Die Autoren der kürzlich publizierten Studie prüften hierfür 4609 Fälle von Kindern (bis 16 Jahre), die in die Notfallstationen der Spitäler Rotterdam oder Den Haag kamen und entweder von einem Allgemeinarzt überwiesen (38%) oder von den Eltern beziehungsweise mit der Ambulanz auf Initiative der Eltern dorthin gebracht wurden (62%). Der Anteil der sehr dringenden Notfälle war praktisch gleich: 46 Prozent der vom Allgemeinarzt überwiesenen Kinder und 45 Prozent bei den Kindern, die von den Eltern gebracht wurden. Der Anteil der Kinder, bei denen eine aufwändige Diagnostik, i.v.-/Aerosoltherapie oder Hospitalisation oder eine Kombination solcher
Massnahmen nötig war, war bei der ärztlichen Einweisung etwas höher (43% vs. 27%). Obwohl die von den Eltern in die Notfallambulanz gebrachten Kinder im Durchschnitt also weniger schwer erkrankt waren als diejenigen, die durch Allgemeinärzte eingewiesen wurden, beurteilten die Eltern das Risiko bei Fieber sehr gut, so die Autoren. Um allfällige verspätete oder verpasste Diagnosen zu vermeiden, dürfe
Foto: extranoise
man für Kinder also auf keinen Fall Hürden auf-
bauen, wenn es um den Zugang zu Notfallam-
bulanzen geht.
RBO
van Ierland Y et al. Self-Referral and Serious Illness in Children With Fever. Pediatrics 2012; 129: e643–e651; published online February 27, 2012; DOI: 10.1542/ peds.2011–1952
Bei Mädchen unter 15 Jahren genügen zwei HPV-Impfdosen
D ie eidgenössische Kommission für Impffragen (EKIF) empfiehlt ein neues Impfschema für Mädchen im Alter von 11 bis 14 Jahren: nur zwei Impfdosen im Abstand von 4 bis 6 Monaten genügen. In der Begründung heisst es im BAG-Bulletin 6/12 vom 6. Februar 2012, dass die unmittelbare Antikörperantwort nach einem Monat und der Titer nach 2 Jahren nach der 2-Dosen-Impfung einer unter 15-Jährigen Foto: fotolia.com mit demjenigen von Erwachsenen nach 3 Dosen vergleichbar sei. Eine dritte Impfdosis sei dem 15. Geburtstag geimpft werde. Man ersomit nicht nötig, wenn die erste Impfdosis vor hoffe sich von der neuen Empfehlung eine bes-
sere Akzeptanz und Compliance der HPV-
Impfung, eine frühzeitigere Impfung und
eine Kostensenkung um ein Drittel, heisst es
im BAG-Bulletin. Die dritte Impfdosis könne
für eine allfällige Auffrischimpfung verwen-
det werden, falls sich dies in der Zukunft als
notwendig erweisen sollte.
Für junge Frauen ab dem 15. Geburtstag
bleibt es unverändert bei dem Impfschema
von 3 Impfdosen.
RBO
BAG Bulletin 6/12: http://www.bag.admin.ch/dokumentation/publikationen/01435/11505/12789/index.ht ml?lang=de
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KURZ & BÜNDIG
Besser Fingerfood als Babybrei?
F ür ein gesundes Essverhalten scheint es vorteilhafter, dem Baby beim Abstillen feste Nahrung anzubieten, die es selbst auswählen und mit den Fingern halten kann, als löffelchenweise Brei zu füttern. Dies ist das Resultat einer kürzlich publizierten britischen Studie mit 155 Kindern. 92 von ihnen konnten sich sozusagen selbst abstillen (baby-led weaning) und auf Wunsch nach fester Nahrung greifen, die anderen wurden wie häufig üblich mit Brei gefüttert. Die Fingerfood-Babys wiesen eine deutliche Präferenz für kohlenhydratreiche Nahrung auf und waren eher leichter, manche davon auch untergewichtig. Die Brei-Babys moch-
ten eher Süsses und waren schwerer, manche von ihnen zu schwer. Die Autoren schliessen daraus, dass der Beginn der normalen Nahrungsaufnahme bereits ein Weichenstellen in Richtung Adipositas oder Normalgewicht im späteren Leben sein könnte. Ob das nun alles so ganz genau stimmt bleibt offen, denn die Erkenntnisse beruhen auf einem einmaligen Fragebogen, den die Eltern selbst ausfüllten. RBO
Townsend E, Pitchford N: Baby knows best? The impact of weaning style on food preferences and body mass index in early childhood in a case-controlled sample. BMJ Open 2012; DOI:10.1136/bmjopen-2011-000298
Foto:people collection
Elternschulung am Inselspital Bern
A m Inselspital erfolgen 30 Prozent der Geburten vor der 37. Schwangerschaftswoche. Grund dafür sei die hohe Rate an Zuweisungen bei Risikoschwangerschaften, heisst es in einer Pressemitteilung des Spitals. Ab Frühsommer 2012 sollen die Eltern frühgeborener Babys speziell geschult werden mit dem in den USA entwickelten Förderprogramm «Cope» (Creating Opportunities for Parent Empowerment). In vier Beratungsse-
quenzen lernen die Eltern, wie sie trotz Monito-
ren und Schläuchen in engen Kontakt mit ihren
Kindern treten können. Studien zeigten, dass
mit Cope geschulte Eltern Frühgeborener weni-
ger gestresst seien. Nach der Entlassung des
frühgeborenen Kindes stehen den Eltern umfas-
sende Schulungsmaterialien zur Verfügung, wie
etwa eine angepasste Tabelle zum Entwick-
lungsstand von Frühgeborenen im ersten Le-
bensjahr.
RBO
Pflege eines Frühgeborenen in einer «Isolette»
(Foto: FotoGrafikZentrum, Inselspital)
Aktive Videospiele bringen nicht automatisch mehr Bewegung ins Leben
U nter Laborbedingungen förderten aktive Videospiele die Bewegung bei Kindern, zum Beispiel mit Tanzspielen oder bestimmten Sportarten, die virtuell im Wohnzimmer vor dem Bildschirm ausgeübt werden können. Unter normalen Alltagsbedingungen scheint das aber nicht zu funktionieren. Dies ergab eine US-amerikanische, randomisierte Studie mit rund 80 Kindern im Alter von 9 bis 12 Jahren. Die einen erhielten eine Wii-Konsole mit aktiven Spielen, die anderen eine solche mit passiven Spielen. Die Bewegungsintensität wurde mittels Akzelerometern gemessen. Das ernüchternde Ergebnis: «Es gibt keine An-
haltspunkte dafür, dass Kinder, die zwei (für sie) neue aktive Videospiele und die notwendige Ausrüstung dazu erhalten innert 12 Wochen aktiver sind als Kinder, die zwei inaktive Videospiele erhalten», schreiben die Autoren. Zwar bewegte sich das eine oder andere Kind tatsächlich mehr mit dem aktiven Videospiel, wurde dafür aber in der Regel bewegungsfauler am Rest des Tages.
Baranowski T et al. Impact of an Active Video Game on Healthy Children's Physical Activity. Pediatrics 2012; 129: e636–e642. published online February 27, 2012; DOI: 10.1542/peds.2011–1952
Foto: nintendo.wii
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