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KURZ & BÜNDIG
Ekzeme: Nutzen präventiver Ernährung noch unklar
E kzeme sind nicht nur die häufigsten entzündlichen Hauterkrankungen bei Kindern, sie sind in vielen Fällen auch schwierig zu behandeln. Liegt es da nicht nahe, sich mögliche Präventionsmassnahmen, zum Beispiel in Form bestimmter Ernährungsgewohnheiten, vorzunehmen? Dazu wurden in einer am Kongress «Excellence in Paediatrics» 2011 in Istanbul vorgestellten englischen Metaanalyse 7 Reviews mit insgesamt 39 Studien und 11 900 Teilnehmern analysiert. Es zeigte sich, dass keine der potenziell präventiv wirksamen Interventionen (ausschliessliches Stillen, hydrolysierte Säuglingsersatznahrung und Sojanahrung, mütterliche Antigenvermeidung, Omega-3-Fettsäuren-Supplementierung, Präbiotika, Probiotika) eindeutig die Inzidenz von Ekzemen verringert hatte.
Allerdings wurde in einer kleineren Subgruppenanalyse festgestellt, dass Kinder mit hohem Ekzemrisiko einen Vorteil durch mindestens
6-monatiges ausschliessliches Stillen besitzen. Gegenüber der ab dem 3. Monat mit Sojaprodukten ernährten Vergleichsgruppe verringerte sich hier die Ekzemhäufigkeit der Stillkinder um 60 Prozent. Zudem zeigte eine weitere kleine Studie, dass Präbiotika das Ekzemrisiko um 58 Prozent senken. Obwohl insgesamt keine klare Evidenz für die Ekzemprävention nachgewiesen werden konnte, sei aufgrund epidemiologischer Ergebnisse der Nutzen einer Primärprävention nicht auszuschliessen. Differenziertere Untersuchungen seien deshalb notwendig, so die Autoren.
KD
Boyle R. Prevention of atopic dermatitis. Acta Paediatrica 2011; 100 (Suppl 463): 2.
Wenn Jugendliche zu tief ins Glas schauen
Kürzlich hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Alkoholvergiftungen unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen (10 bis 24 Jahre) als denjenigen Faktor erkannt, der das normale weitere Leben (DALY) der jungen Menschen am stärksten beeinträchtigt. Alkoholkonsum im frühen Lebensalter sei später mit Alkoholmissbrauch, riskanterem Verhalten, wie zum Beispiel risikofreudigem Sexualverhalten, Aggression und Gewalt verbunden. In einer niederländischen Studie wurden alle im «Dutch Paediatric Surveillance System» zwischen 2007 und 2010 gemeldeten Blutalkoholnachweise der unter 18-Jährigen analysiert. Die rund 1600 in die Auswertung gekommenen Fälle stammten von allen allgemeinen und universitären Spitälern in den Niederlanden. Es
© JustJefa
zeigte sich in dieser Zeit eine signifikante Zunahme der Fälle von 297 auf 684 pro Jahr. Die Dauer des «getrübten Bewusstseins» der Jugendlichen stieg von durchschnittlich 2,2 auf 3,1 Stunden. Dabei waren die Knaben etwas äl-
ter als die Mädchen (15,7 vs. 15,3 Jahre) und hatten gleichzeitig mit durchschnittlich 1,94 g/l höhere Blutalkoholwerte als die Mädchen (1,79 g/l). Entsprechend war auch der Konsum der männlichen Patienten am Wochenende mit durchschnittlich 3,34 Gläsern höher als der Konsum der Mädchen (1,98 Gläser). Eine multivariate Analyse zeigte, dass der Blutalkoholspiegel nicht nur mit dem Alter und dem männlichen Geschlecht stieg, sondern – und das ist bemerkenswert – auch mit einem höherem Bildungsgrad.
KD
Van Zanten E V A et al. Alcohol intoxitation among dutch adolescents: gender differences and trends over time. Acta Paediatrica 2011; 100 (Suppl 463): 18.
Stillen und Adipositasprävalenz
I n einer grossen Studie mit über 9000 bayrischen Kindern wurde eine höhere Adipositasprävalenz bei denjenigen Grundschülern festgestellt, die in ihrem Leben nie gestillt wurden. Dies wurde mit dem im Vergleich zur Muttermilch höheren Proteingehalt im herkömmlichen Muttermilchersatz erklärt. Sowohl das
Gewicht im Verhältnis zur Körperlänge als auch der BMI wuchsen signifikant schneller bei Säuglingen mit künstlicher Muttermilch. Auf der anderen Seite war das Adipositasrisiko bei den 14- bis 16-Jährigen durch eine weniger proteinhaltige Säuglingsnahrung um 13 Prozent gesenkt. Nach Angaben der Studienauto-
ren sei dies ein «grosser Benefit für die öffentliche Gesundheit».
KD
Koletzko B et al. Early nutrition – impact on later health. Acta Paediatrica 2011; 100 (Suppl 463): 5.
Alle Kurzmeldungen beziehen sich auf den Kongress «Excellence in Paediatrics» vom 30. November bis 3. Dezember 2011 in Istanbul.
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KURZ & BÜNDIG
Hautpflege: Mineralöl oder Pflanzenöl?
G emäss einer weit verbreiteten Meinung sollen pflanzliche Öle im Vergleich zu Mineralölen einerseits weniger okklusiv sein und andererseits tiefer in die Haut eindringen. Weil solche Öle als Bestandteile verschiedener Hautschutzprodukte für Kinder oft empfohlen und eingesetzt werden, wollte eine Wissenschaftlergruppe wissen, welche dermatologischen Unterschiede zwischen beiden Ölformen bestehen. Dabei wurde festgestellt, dass sich Mineralöle weder in ihrem Penetrationsverhalten noch in ihrem okklusiven Effekt von pflanzlichen Ölen unterscheiden. Alle Öle penetrierten in die oberen Schichten des Stratum corneum und reduzierten den transepi-
© HelloTurkeyToe
dermalen Wasserverlust nur um 8 bis 15 Prozent, was der Haut weiterhin ermöglicht, ausreichend zu atmen. Somit sei gezeigt worden, dass
die beiden Mythen – nämlich dass Mineralöle die Hautporen «verstopfen» und dass pflanzliche Öle tiefer in die Haut dringen – keine wissenschaftliche Basis besässen, so die Forscher.
KD
Patzelt A et al. Oils on skin: Penetration and occlusion of mineral oil and vegetables oils. Acta Paediatrica 2011; 100 (Suppl 463): 27.
Bakterienvielfalt auf der Säuglingshaut
Bakterien werden normalerweise mit Krankheit assoziiert. Viele der unsichtbaren Keime erweisen sich jedoch als sehr nützlich. So sind einige der auf der Körperoberfläche lebenden Bakterien wichtig für die Entwicklung einer gesunden Haut. Da zu diesem Thema noch grosse Wissenslücken existieren, wollte eine amerikanisch-französische Forschergruppe die dermatologische Bakterienflora bei unter 1-jährigen Kindern genauer identifizieren und mögliche Einflussfaktoren für ihre Zusammensetzung bestimmen. Dazu wurde die Bakterienflora auf der Haut von 31 gesunden Babys molekularbiologisch untersucht und bestimmt.
© fabrisalvetti
Es stellte sich heraus, dass sowohl das Alter des Kindes als auch die Körperregion eine Rolle für die Besiedelung spielen. Interessanterweise hatte auch der Geburtsweg des Kindes einen
starken Einfluss auf die Diversität der Bakterienarten auf der Säuglingshaut. Dagegen scheint die Form der Ernährung (Stillen oder Fläschchen) keinen Einfluss auf die Keimzusammensetzung zu haben. Diese Ergebnisse, so die Wissenschaftler, können das Verständnis für die Wichtigkeit einer mikrobiellen Besiedelung der neonatalen und kindlichen Haut ein gutes Stück weiterbringen.
KD
Capone K et al. Identification and characterisation of bacteria residing on skin throughout the first year of life. Acta Paediatrica 2011; 100 (Suppl 463): 29.
Appendizitis bei Kleinkindern
K inder unter 3 Jahren leiden nur selten unter Blinddarmentzündungen. Treten trotzdem Beschwerden auf, ist es wegen der oftmals unspezifischen Symptome gerade bei den Kleinsten umso schwieriger, eine schnelle und korrekte Diagnose zu stellen. In einer in Istanbul vorgestellten Studie wurden nun die klinischen Erfahrungen mit Blinddarmentzündungen bei Kleinkindern in einem mexikanischen Kinderspital über einen Zeitraum vom 15 Jahren zusammengefasst. Danach litten bereits zu Beginn der Beschwerden 93 Prozent
der Patienten unter Bauchschmerzen, 95 Prozent unter Fieber, 84 Prozent unter Erbrechen und 43 Prozent unter Diarrhö. Zum Zeitpunkt der Untersuchung hatten ebenfalls 93 Prozent der Kinder Bauchschmerzen, zudem wiesen 84 Prozent eine erhöhte Darmperistaltik und 63 Prozent Zeichen einer peritonealen Irritation auf. Bei 60 Prozent war eine Leukozytose mit einer Neutrophilendominanz zu verzeichnen. Die Mehrheit der Patienten wurde zum Zeitpunkt der Diagnose unnötigerweise mit Medikamenten wie zum Beispiel Antibiotika behan-
delt, was die korrekte Diagnose weiter erschweren konnte. Gerade die geringe Spezifität der Symptome mache die Diagnose der Appendizitis zu einer Herausforderung, so die Wissenschaftler.
KD
Cerón M et al: Most frequent clinical manifestations of acute appendicitis in children under the age of three: Fifteen years of experience in the hospital infantil de Mexico Federico Gomez emergency department. Acta Paediatrica 2011; 100 (Suppl 463): 46.
Alle Kurzmeldungen beziehen sich auf den Kongress «Excellence in Paediatrics» vom 30. November bis 3. Dezember 2011 in Istanbul.
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