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Schwerpunkt
Arterielle Hypertonie im Kindesund Adoleszentenalter
Von Dr. med. Sibylle Tschumi1, Prof. Mario G. Bianchetti2, Dr. med. Valeria Maurer2, Dr. med. Giacomo D. Simonetti1
Im Alltag stellt das hypertensive Kind eher eine Seltenheit dar. Trotzdem muss der praktizierende Arzt die Definition des normalen Blutdruckes, die Messtechnik und die Abklärung beim Vorliegen erhöhter Werte bei Kindern und Jugendlichen kennen. Allgemein gilt dabei als normaler Blutdruck ein Wert unterhalb der entsprechenden 90. Perzentile. Hochnormal werden Werte ≥ 90. Perzentile und < 95. Perzentile bezeichnet. Eine arterielle Hypertonie ist definiert als ein Messwert ≥ 95. Perzentile. Die Blutdruckmessung ist vor allem beim Kleinkind aufwendig, und eine unsachgemässe Durchführung ergibt falsche Werte. Beim Neugeborenen und Säugling kommen praktisch nur oszillometrische Messgeräte infrage. Da im Voradoleszentenalter die essenzielle Hypertonie selten ist, ist die Suche nach der Ursache einer sekundären Form immer indiziert. Die Prinzipien der Pharmakotherapie der arteriellen Hypertonie sind im Kindes- und Erwachsenenalter identisch.
Normwerttabellen für den Blutdruck bei Kindern und Adoleszenten wurden mittels verschiedener Studien erstellt. Allgemein gilt dabei als normaler Blutdruck ein Wert unterhalb der entsprechenden 90. Perzentile. Hochnormal werden Werte ≥ 90. Perzentile und < 95. Perzentile bezeichnet. Eine arterielle Hypertonie ist definiert als ein Messwert ≥ 95. Perzentile (Tabelle 1), wobei drei erhöhte Messwerte anlässlich von drei Konsultationen zur Diagnosestellung gefordert werden. Aus dem Vergleich der genannten Hypertoniedefinitionen resultieren zwei Probleme: Die Häufigkeit der arteriellen Hypertonie im Kindesund Jugendalter beträgt definitionsgemäss 5 Prozent oder weniger. Am Beispiel einer 16-jährigen Adoleszenten von mittlerer Statur mit einem Blutdruck von 131/85 mmHg sei das zweite Problem veranschaulicht. Dieser Wert ist gemäss der «pädiatrischen Definition» hochnormal, ihr 45-jähriger Vater dagegen würde
Einführung
Während 20 bis 25 Prozent der erwachsenen Bevölkerung an einer arteriellen Hypertonie leiden, ist dieses Krankheitsbild bei Kindern eher selten. Trotzdem muss der praktizierende Arzt gewisse Besonderheiten bezüglich der Definition des normalen Blutdruckes, der Messtechnik und der Abklärungen beim Vorliegen erhöhter Blutdruckwerte bei Kindern und Jugendlichen kennen. Diese Aspekte, zusammen mit einer Übersicht der
1Pädiatrische Nephrologie, Medizinische Universitätskinderklinik, Inselspital, Bern 2Servizio integrato di Pediatria OBV OSG, Mendrisio e Bellinzona
Pharmakotherapie, sollen hier dargestellt werden.
Definitionen
Die Definition der arteriellen Hypertonie bei Erwachsenen und bei Kindern unterscheidet sich grundlegend. Beim Erwachsenen gilt < 130/85 mmHg als normal, 130–139/85–89 mmHg als hochnormal und ≥140/90 mmHg als Hypertonie. Der Kinderarzt muss mit alters- und geschlechtsspezifischen Normwerten arbeiten, wie dies für Gewicht, Körperlänge und Kopfumfang allgemein bekannt ist. Im Kindesalter stellt auch der Blutdruck eine von Alter, Länge und Geschlecht abhängige Grösse dar.
Tabelle 1:
Gleichungen,
die sich im Alltag für eine grobe Schätzung der oberen Blutdruckreferenz (in mmHg) bei Kindern und Adoleszenten (bis 17 Jahre) etabliert haben. Die mit diesen Gleichungen ermittelten Werte sind für beide Geschlechter gültig.
95. Perzentile (= Grenze «Hypertonie») • Systolisch: 100 + Alter (Jahre) x 2 • Diastolisch:
1–10 Jahre: 60 + Alter (Jahre) x 2 11–17 Jahre: 70 + Alter (Jahre)
90. Perzentile (Grenze «Normotonie»): 95. Perzentile x 0,95
Beispiel: Eine 16-jährige Adoleszente ist bei einem Blutdruck > 132/86 mmHg hyperton. Bei einem Blutdruck < 125/82 ist sie normoton.
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mit demselben Wert bei seinem behandelnden Arzt gemäss der genannten Definition beim Erwachsenen ebenfalls wegen eines «hochnormalen» systolischen Blutdruckes auffallen. Daraus ist ersichtlich, dass diese Normwerttabellen nur als Hilfsmittel im Sinne von Leitlinien zur Identifikation von Patienten mit möglicher arterieller Hypertonie angewandt werden dürfen. Keinesfalls sollen sie als Zielwerte bei der Therapie missverstanden werden. Speziell bei Vorliegen von Nierenerkrankungen oder Diabetes mellitus sollen jeweils restriktivere Grenzwerte zur Anwendung kommen. Auch bei Erwachsenen wird in diesen Situationen ein Blutdruck < 130/85 mmHg angestrebt. Die zirkadiane Variabilität des Blutdruckes und die Entität der «Praxishypertonie» sind allgemein anerkannt. Die modernen Geräte zur intermittierenden ambulanten 24-Stunden-Blutdruck-Messung sind patientenfreundlich und werden ab dem frühen Schulalter in der Regel toleriert. Dieser tageszeitabhängige Rhythmus wurde bei gesunden Kindern und Adoleszenten untersucht – entsprechende Normwerttabellen sind nun für diese Altersgruppe ebenfalls verfügbar.
Tabelle 2:
Indikation zur Blutdruckmessung im Kindes- und Adoleszentenalter
Ungezielte Messung • Vorsorgeuntersuchung ab dem Alter von
6 Jahren* • jede gründliche Allgemeinuntersuchung • jedes unklare Krankheitsbild
Gezielte Messung • bekannte oder vermutete renale Erkrankung • bekannte oder vermutete kardiale Erkran-
kung • akute neurologische Erkrankung (Beispiel:
Krampfanfall, Bewusstseinstrübung) • auf arterielle Hypertonie verdächtige Sym-
ptome (Beispiel: Kopfschmerzen, Epistaxis, Lähmung des Nervus facialis) • vor und während jeder Medikation, die potenziell den Blutdruck beeinflusst • familiäre Belastung mit arterieller Hypertonie und anderen kardiovaskulären Risikofaktoren
*Empfehlung der Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie
Tabelle 3: Ursachen arterieller Hypertonie im Kindes- und Jugendalter
häufig
selten
Neugeborene und Säuglinge
– Stenose der Nierenarterie (vor allem aber
–
Thrombose und Spasmen nach Nabel-
–
arterienkatheter)
–
– Aortenisthmusstenose
–
– kongenitale Erkrankungen des Nierenparen-
chyms (Hypoplasie, polyzystische Nierenkrank-
heit), kongenitale Erkrankungen der ableitenden
Harnwege (Obstruktion)
Ductus arteriosus Botalli persistens bronchopulmonale Dysplasie Hirnblutung medikamentös
Kleinkindes- und Schulalter – akute und chronische Nierenparenchym-
erkrankungen (Glomerulonephritis, Pyelonephritis, posttraumatisch) – Erkrankungen der ableitenden Harnwege (Obstruktion, Reflux) – Aortenisthmusstenose – essenzielle Hypertonie (erst ab Adoleszentenalter relevant)
– Stenose der Nierenarterien – neuroendokrine Tumoren – Hyperkalzämie jeglicher Genese – Hyperthyreose – Erkrankungen mit Hypokaliämie
(primärer Hyperaldosteronismus, im Kindesalter sehr selten) – Encephalitis, erhöhter intrakranieller Druck (eventuell Hypotonie!) – medikamentös
Die intermittierende ambulante Blutdruckmessung ist unseres Erachtens nicht nur bei Verdacht auf «Praxishypertonie», sondern auch bei fehlendem Ansprechen auf die Pharmakotherapie hilfreich.
Messung
Beim Kleinkind ist die Blutdruckmessung technisch schwierig und aufwendig; eine unsachgemässe Durchführung ergibt falsche, mehrheitlich zu hohe Werte. Deshalb wird hier nochmals die Technik der Blutdruckmessung im Kindesalter diskutiert. Die Messung erfolgt beim möglichst entspannten Kind unter Verwendung einer Manschette, deren Breite der Körpergrösse angepasst sein muss. Die Gummibalgbreite soll 40 Prozent des im Mittelpunkt zwischen Schulterund Ellenbogengelenk gemessenen Oberarmumfangs betragen. Es ist möglichst jene Manschette zu verwenden, die satt am Oberarm angelegt werden kann, ohne das Stethoskop in der Ellbeuge zu berühren. Dabei sollten mindestens drei Breiten (zum Beispiel 4, 8 und 12 cm) zur Verfügung stehen. Wie bei Messungen beim Erwachsenen wird das Auftreten und das Verschwinden der Töne regis-
triert. Beim Säugling und beim Kleinkind ist nur mithilfe eines validierten oszillometrischen Messgerätes eine zuverlässige Messung möglich. Aufgrund der genannten Messprobleme kann und soll nicht anlässlich jeder Konsultation eine Blutdruckmessung durchgeführt werden. Die Empfehlungen bezüglich präventiver Routinemessung variieren jedoch stark. Neben der routinemässigen Bestimmung des Blutdruckes gibt es auch altersunabhängige Indikationen, die unbedingt beachtet werden müssen (Tabelle 2).
Ursachen
Im Voradoleszentenalter ist eine essenzielle Hypertonie selten, sodass immer die Suche einer sekundären Form indiziert ist. Die möglichen Ursachen einer sekundären Hypertonie beim Kind sind vielfältig (Tabelle 3). Bei mehr als der Hälfte der Kinder mit einer arteriellen Hypertonie liegt eine «renale» arterielle Hypertonie vor. Dazu führen vor allem Fehlbildungen der ableitenden Harnwege, Nierenparenchymerkrankungen sowie jegliche Erkrankung, die mit einer renalen Minderperfusion einhergeht. Neben den vielen möglichen Erkrankun-
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gen, die den Blutfluss im Bereich der Nierenarterien reduzieren, ist die im Kleinkindesalter klassischerweise vorkommende Aortenisthmusstenose speziell erwähnenswert. Im Alltag kann sich eine arterielle Hypertonie als Erstmanifestation einer der oben genannten Grunderkrankungen erweisen, die in der Folge gesucht werden muss. Sehr häufig tritt jedoch eine arterielle Hypertonie im Verlauf einer bereits bekannten Erkrankung auf, die zur Entwicklung einer Hypertonie neigt (zum Beispiel Zustand nach Harnwegsinfektionen bei vesikouretralem Reflux). Weiterhin entwickelt sich gelegentlich eine Hypertonie nach der Einnahme von Medikamenten. Eine Vielzahl von Pharmaka wurde als Auslöser arterieller Hypertonie identifiziert, eine kleine Übersicht zeigt die Tabelle 4. Bei Vorliegen einer ausgeprägten arteriellen Hypertonie, die mittels der üblichen Abklärungsschritte nicht erklärt werden kann, stellt sich die fast klassische Frage nach dem Vorliegen einer Nierenarterienstenose. Bei Kindern und Jugendlichen kommt die arteriosklerotisch bedingte Nierenarterienstenose praktisch nicht vor. In dieser Altersgruppe ist meist eine der folgenden Ursachen für eine Nierenarterienstenose verantwortlich: fibromuskuläre Dysplasie, Thrombose der Nierenarterie (zum Beispiel nach Einlage eines Nabelarterienkatheters im Neugeborenenalter) oder angeborene multisystemische Syndrome (z.B. Williams-Beuren-Syndrom, Alagille-Syndrom oder Neurofibromatose Typ 1). Bei schlanken Kindern ist die Dopplersonografie der Arteria renalis eine zuverlässige Untersuchungsmethode, die jedoch gelegentlich falschnormale Ergebnisse zeigt. Bei Kindern mit vorbestehender Erkrankung, die gelegentlich mit einer Nierenarterienstenose vergesellschaftet ist, muss deshalb auch bei normalem dopplersonografischem Befund eine anderweitige bildgebende Untersuchung der Nierengefässe durchgeführt werden. Dasselbe gilt auch bei Vorliegen einer schwer einstellbaren arteriellen Hypertonie. Die Magnetresonanzuntersuchung (MRI) mit Kontrastmitteldarstellung der Gefässe ist eine wenig invasive und hier sehr zuverlässige Untersuchung.
Therapie der chronisch arteriellen Hypertonie
Primär stellt sich bei sekundären Formen der arteriellen Hypertonie die Frage nach der Möglichkeit einer kausalen Therapie. Gewichtsreduktion bei adipösen Patienten, gesunde salzarme Ernährung und regelmässige körperliche Aktivität haben einen bedeutsamen Stellenwert in der Behandlung dieses Krankheitsbildes. Beim Kind mit chronischer arterieller Hypertonie werden folgende Medikamentenklassen empfohlen: Antihypertensiva, die auf das Renin-AngiotensinSystem wirken, also ACE-Hemmer und Angiotensin-II-Rezeptor-Blocker, Betablocker, lang wirkende Kalziumantagonisten und Thiazid- oder kaliumsparende Diuretika. Im Hinblick auf die Blutdrucksenkung und die Prävention von Endorganläsionen haben diese Antihypertensiva eine weitgehend ebenbürtige Wirkung. Bei Proteinurie oder zum Schutz vor der Progression einer bestehenden Nephropathie sollten Kinder mit einer Hypertonie renaler Genese oder mit einer diabetesassozierten Hypertonie besser mit Pharmaka behandelt werden, die auf das Renin-Angiotensin-System wirken, als mit Diuretika, Betablockern oder Kalziumantagonisten. Allerdings ist die arterielle Hypertonie mit einem Monotherapeutikum – selbst bei erhöhter Dosierung – bei diesen Patienten in der Regel nur unbefriedigend zu behandeln. In solchen Fällen sollte zusätzlich ein Thiaziddiuretikum (Schleifendiuretikum nur im Fall von schwerer Niereninsuffizienz) gegeben werden. Falls es sich um eine sehr schwere renal bedingte Hypertonie handelt, sollte bereits mit einer Kombinationstherapie begonnen werden, wobei meist ein ACE-Hemmer beziehungsweise ein Angiotensin-II-Antagonist gemeinsam mit einem Thiaziddiuretikum zum Einsatz kommt.
Günstige Medikamentenassoziationen Eine Monotherapie reicht in der Regel nicht zur Behandlung der arteriellen Hypertonie. Wir verordnen vier Kombinationstherapien, die additive Wirkungen aufweisen: Renin-Angiotensin-Ant-
agonisten plus Diuretika, Renin-Angio-
tensin-Antagonisten plus Kalziumant-
agonisten oder Betablocker plus Kalzi-
umantagonisten
beziehungsweise
Betablocker plus Diuretika. Keine si-
chere additive Wirkung haben dagegen
Kombinationen mit Renin-Angiotensin-
Antagonisten plus Betablocker oder Kal-
ziumantagonisten plus Diuretika. Mit
dem Akronym AB:CD (Erklärung: A für
Tabelle 4: Medikamentös induzierte Blutdrucksteigerung
Schleimhautabschwellende Medikamente • Phenylpropanolamin • Phenylephrin • (Pseudo-)Ephedrin • Epinephrin • Oxymetazolin
Nichtsteroidale Antirheumatika Immunsuppressiva • Glukokortikosteroide • Calzineurin-Inhibitoren (Cyclosporin und
Tacrolimus) Wirkstoffe mit mineralokortikoider Wirkung • Fluorocortisol und Fluoroprednison • Ketoconazol • Lakritze Sexualhormone • Östrogene und Gestagene • Androgene inklusive Danazol Anästhetika • Ketamin • Fentanyl • Naloxon Antidepressiva, Anxiolytika und Neuroleptika • Monoaminooxyidase-Hemmer • Trizyklische Antidepressiva • Fluoxetin • Buspiron • Thioridazin Antiemetika • Metoclopramid • Alizaprid Stimulanzien und missbräuchlich verwendete Wirkstoffe • Amphetamine (Beachte: Therapie der Hyper-
aktivitätssyndrome bei Kindern mit Methylphenidat) • 3,4-Methylendioxymetamphetamin («Ecstasy») • Phencyclidin («Angeldust») • Kokain • Alkohol • Koffein • Nikotin
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Tabelle 5: Antihypertensiva, die einmal pro Tag verordnet werden
Klasse
Medikament
ACE-Hemmer
Benazepril Fosinopril Lisinopril Quinapril Ramipril
Angiotensin-II-RezeptorAntagonist
Irbesartan Losartan Candesartan
Betablocker
Atenolol Bisoprolol Metoprolol
Kalziumantagonisten
Amlodipine
Thiaziddiuretika
Chlortalidon Hydrochlorothiazid
Kaliumsparende Diuretika
Amilorid Spironolactone Triamteren
10–25
2,5–5,0 1,3–2,5 2,5–10 2,5–5,0 1,3–2,5
37–75 12–25 2–4
12–25 1,2–2,5 10–25
2,5–5
6,3–12 6,3–12
1,3–2,5 12–25 12–25
Vorgeschlagene tägliche Dosis (mg) Körpergewicht (kg) 25–40
5,0–10 2,5–10 5,0–20 5,0–10 2,5–10
75–150 (25)–100 4–8
25–100 2,5–5,0 25–100
5–10
12–25 12–25
2,5–5,0 12–100 12–100
> 40
10–20 (40) 5,0–20 (40) 10–30 (40) 10–20 (40) 5,0–20
150–300 (50)–100 8–16
100–200 5,0–10 100–200
10–20
25–50 25–50
5,0–20 50–200 50–200
Renin-Angiotensin-Antagonisten, B für Betablocker, C für «Calziumantagonisten», D für Diuretika) lassen sich die günstigen Assoziationen leicht merken: Ein Medikament aus dem Zähler kann mit einem Medikament aus dem Nenner kombiniert werden, jedoch nicht mit einem Medikament aus dem Zähler (und vice versa).
Häufige unerwünschte Wirkungen Mit Antihypertensiva behandelte Patienten leiden häufig unter unerwünschten Wirkungen, die zu schlechter Compliance führen können. Unter Diuretika und Betablockern tritt oft eine Asthenie auf, unter Kalziumantagonisten sind es meist Kopfschmerzen, Flush und Ödeme der unteren Extremitäten. Dagegen sind Nebenwirkungen unter ACE-Hemmern (typischerweise Husten) relativ selten; praktisch nebenwirkungsfrei sind die Angiotensin-II-Rezeptor-Blocker.
Therapeutische Schemata Die schlechte Compliance ist ein grosses und häufiges Problem bei Patienten mit
arterieller Hypertonie. Sie lässt sich verbessern, wenn darauf geachtet wird, dass Medikamente verschrieben werden, die wenig Nebenwirkungen haben, und wenn vor Erhöhung der Dosierung oder vor Einführen eines neuen Medikamentes eine Therapiedauer von mindestens vier bis sechs Wochen abgewartet wird. Das grösste Problem für die Compliance ist eine komplizierte, zu häufige Medikamenteneinnahme: Eine mehrmals tägliche Einnahme verschlechtert die Compliance. Wir empfehlen daher lediglich Pharmaka mit einer Wirkdauer von mindestens 24 Stunden, sodass die einmal tägliche Einnahme ausreicht (Tabelle 5). Hingegen vermeiden wir Retardpräparate, da bei Kindern die Kinetik dieser Pharmaka unvorhersehbar und die Applikationsform nicht kinderfreundlich ist (d.h. es können keine Suspensionen hergestellt werden, da solche Arzneiformen nicht zerkleinert werden dürfen).
Korrespondenzadresse: Professor Mario G. Bianchetti Servizio Integrato di Pediatria OBV-OSG Ospedale Regionale di Bellinzona 6500 Bellinzona E-Mail: mario.bianchetti@pediatrician.ch
Literatur: 1. Bianchetti MG, Ardissino G, Fossali E, Ramelli GP, Salice P. Tips for the use of antihypertensive drugs: DELTAREPROSI. J Pediatr 2004; 145: 288–90. 2. National High Blood Pressure Education Program Working Group on High Blood Pressure in Children and Adolescents. The fourth report on the diagnosis, evaluation, and treatment of high blood pressure in children and adolescents. Pediatrics 2004; 114: 555–576. 3. Simonetti GD, Fossali E, Ramelli GP, Bianchetti MG. Prise en charge pharmacologique de l’hypertension artérielle chronique chez l’enfant: KISS, please. Rev Med Suisse 2005; 1: 1307–1310. 4. Simonetti GD, Rizzi M, Donadini R, Bianchetti MG. Effects of antihypertensive drugs on blood pressure and proteinuria in childhood. J Hypertens 2007; 25: 2370–2376.
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