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Metastasierter gastrointestinaPlEEeRrREVIEWED Stromatumor (GIST): What is new?
Dank des Einsatzes der Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) Imatinib, Sunitinib und Regorafenib hat sich die Pro gnose von Patienten mit metastasiertem GIST in den letzten 20 Jahren erfreulicherweise massiv verbessert. Nichtsdestotrotz, nach Durchschreiten dieser drei Therapielinien ist die Lebenserwartung der Patienten sehr begrenzt. Innovation auf dem Gebiet dieser seltenen Tumorerkrankung ist darum dringend gefragt.
DONAT DÜRR
SZO 2022; 2: 42–45.
Donat Dürr
Bei GIST handelt es sich um eine seltene mesenchymale Neoplasie des Gastrointestinaltraktes, welche in der Immunhistochemie typischerweise eine Positivität für CD117 (KIT) und/oder DOG-1 aufweist. Als Ursprungszelle wird die Cajal-Zelle vermutet, welche als Schrittmacherzelle der Magen darmperistaltik dient. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 65 Jahren; Personen unter 20 Jahren können aber auch betroffen sein. Risikofaktoren für die Entwicklung dieser seltenen Sarkomerkrankung sind nicht bekannt. Patienten, welche mit GIST diagnostiziert werden, leiden häufig unter gastrointestinalen Blutungen im Sinne von Hämatemesis, Meläna oder Hämatochezie. Abdominalkoliken und Stuhlgangunregelmässigkeiten werden ebenfalls als Initialsymptome beschrieben. Da im klinischen Alltag immer häufiger Computertomographien eingesetzt werden, steigt zunehmend der Prozentsatz der GIST-Patienten, welche bei Diagnosestellung asymptomatisch sind. Die pathophysiologischen Veränderungen bei der GIST-Erkrankung kennt man heutzutage sehr gut; 85–90% weisen entweder eine KIT- oder eine PDGFRA-Mutation als Driver-Läsion auf; bei 10% aller GIST findet sich eine SDH-Defizienz oder eine RAS-, BRAF- oder eine NTRAK-Alteration. Letztere Gruppe unterscheidet sich fundamental in den therapeutischen Ansätzen. Wenn wir im nun folgenden
Artikel die therapeutischen Möglichkeiten besprechen, so beziehen wir uns auf die «herkömmlichen» metastasierten, inkurablen GIST-Erkrankungen mit einer KIT- oder PDGFRA-Läsion. Ich werde weder auf die adjuvante Therapie nach Resektion noch auf operative therapeutische Strategien in der metastasierten Situation eingehen.
Für viele Jahre etablierte Therapiesequenz
Bis im Jahre 2001 verlief die Therapie von GIST-Patienten frustran; handelt es sich bei GIST doch um eine Chemotherapie-refraktäre Erkrankung. Heikki Joensuu publizierte damals im «New England Journal of Medicine» den Casereport einer Frau, welche nach mehreren Operationen und systemischen Therapien erfolgreich mit STI571 (= Imatinib) behandelt wurde (1). Bereits ein Jahr später konnte die Wirkung und gute Verträglichkeit von Imatinib bei einem grösseren Patientenkollektiv nachgewiesen werden (2). In der Folge zeigten Sunitinib und Regorafenib – beide im Vergleich zu Plazebo – einen sub stanziellen Benefit des progressionsfreien Überlebens (PFS) in der 2. und 3. Therapielinie (3, 4). Basierend auf dieser «historischen» Studienabfolge galt die Therapiesequenz: Imatinib, gefolgt von Sunitinib und Regorafenib für lange Zeit als der Therapie standart für GIST-Erkrankungen.
ABSTRACT
Metastatic gastrointestinal stromal tumor (GIST): what is new?
Most gastrointestinal stromal tumors are driven by KIT- and PDGFRA mutations. New drugs like ripretinib and avapritinib are playing an important role in the treatment of GIST patients as 4th line treatment, and in patient with PDGFRA D842V-mutation, respectively. However, there is no PFS benefit if we compare them directly with the established TKI-inhibitors like sunitinib or regorafenib in earlier treatment lines. Further research with well tolerated type I KIT-inhibitors like PLX9486 in combination with type II KIT-inhibitors like sunitinib is urgently needed to improve outcomes for our GIST-patients.
Keywords: GIST; KIT, PDGFRA, TKI, KIT-inhibitors
Resistenzentwicklung für Imatinib
Während die Patienten unter Imatinib im Durchschnitt gut 2 Jahre stabil sind (bei Nachweis von Exon 9-Mutation knapp 2 Jahre), dauert die Zeit bis zur Progression unter Sunitinib lediglich 5,6 bwz. unter Regorafenib 4,8 Monate. Dem Schritt der Imatinib-Resistenz scheint daher eine besondere Bedeutung zuzukommen. Unterdessen versteht man auch den Mechanismus der Imatinib-Resistenz besser; häufig kommt es zu einer sogenannten Sekundärmutation in der «ATP-binding-domain»
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(Exon 13,14) oder der «activation loop» (Exon 17,18) von KIT/ PDGFRA (5). Sowohl Sunitinib als auch Regorafenib hemmen einige dieser Sekundärmutationen, aber keine der beiden Substanzen hemmt das volle Spektrum der Sekundärmutationen (siehe Abbildung) (5), was das relativ kurze progressionsfreie Intervall erklärt.
Alternierende Schemata zur Überwindung der Sekundärresistenzen
Basierend auf der Tatsache, dass Sunitinib und Regorafenib sich in Bezug auf die Sekundärmutationen fast vollständig ergänzen (Sunitinib hemmt die Mutationen in der «ATP-binding domain», Rego rafenib dagegen die Mutation der «activation loop»), untersuchten Serano et al. in einer Phase-I-Studie (Sure-Trial) anhand von 14 extensiv vorbehandelten Patienten ein rasch alternierendes Schema Sunitinib/Regorafenib (3 Tage Sunitinib gefolgt von 4 Tagen Regorafenib). Bereits bei Dosislevel 2 (Sunitinib 37,5 mg, Regorafenib 160 mg) kam es aber zu 2 «dose-limiting-toxcities» (6). In Anbetracht dieser schlechten Verträglichkeit, der insuffizienten Plasmaspiegel von Sunitinib und Regorafenib und des sehr kurzen PFS von lediglich 1,9 Monaten wurde diese Strategie nicht weiterverfolgt. Einen ähnlichen Ansatz verfolgte die ALT-GIST- Studie von Yip et al. In der Hoffnung, die Progression durch das primäre Unterdrücken der sekundären Mutationen hinauszögern zu können, wurden therapienaive GIST-Patienten mit einem alternierenden Schema von Imatinib und Regorafenib (21–25 Tage Imatinib 400 mg/d, gefolgt von einer 3–7-tägigen Washout-Periode, gefolgt von 21 Tagen Regorafenib 160 mg/d, gefolgt von einer 7-tägigen Washout-Periode) behandelt. Im Kontrollarm erhielten die Patienten Imatinib 400 mg/d bis zur Progression. Bei identischer 9-Monats-Ansprechrate, gleich langem PFS, jedoch deutlich höherer Rate an toxizitätsbedingten Therapieabbrüchen im expe rimentellen Arm wurde auch dieses alternierende TKI-Protokoll nicht weiter untersucht (7).
GIST mit KIT-Mutation
Primärmutation
Sekundärmutation
+ empfindlich + resistent
IMATINIB SUNITINIB REGORAFENIB RIPRETINIB
EXON 13
+V654A
+
+
+ ATP-binding
EXON 14
+T670I
+
+
EXON 9 EXON 11
EXON 17 EXON 18
D816 D816V D820 N822 Y823 A829
+ + + + + +
+ + + + + +
++
+ +
+ +
Activation loop
++
++
++
GIST mit PDGFRA-Mutation
Primärmutation
IMATINIB SUNITINIB REGORAFENIB RIPRETINIB AVAPRITINIB
EXON 12
++
+
++
EXON 14
EXON 18
D842V NonD842V
+ +
+ +
+ +
++ ++
Abbildung: Resistenzmuster nach Imatinib-Versagen. Quelle: nach (5)
Toxizität klar hervor. Ripretinib ist auch die einzige Substanz, welche in einer Phase-III-Studie gegenüber Plazebo geprüft wurde (11). Im sogenannten Invictus-Trial wurde nicht nur eine signifikante Verlängerung des PFS (6,3 Monate vs. 1,0 Monate; Hazard Ratio [HR]: 0,15) erreicht, sondern die Gabe von Ripretinib als 4. Linie führte auch zu einem klinisch relevanten Überlebensvorteil (OS) von 8,5 Monaten (15,1 Monate vs. 6,6 Monate; HR: 0,36). Dieser OS-Vorteil ist um so beeindruckender, wenn man bed enkt, dass 29 der 44 (66%) mit
Tabelle
Neue TKI
Neue Substanzen
Nachdem der Therapieansatz eines alternierenden TKI-Einsatzes gescheitert war, lag die Hoffnung bezüglich einer Prognoseverbesserung vollständig auf der Entwicklung/Prüfung neuer Sub stanzen, welche ein breites Spektrum an Sekundärmutationen abdecken. In der Tabelle habe ich einige in den letzten Jahren bei GIST-Patienten geprüfte TKI zusammengestellt (8–11). Auch wenn ein Studienvergleich mit vielen Caveats behaftet ist und die Interpretation dementsprechend vorsichtig ausfallen sollte, so sticht in dieser Aufstellung sicherlich Ripretinib mit dem längsten PFS von 6,3 Monaten und der tiefsten Grad-III–IV-
Medikament (Studie)
Phase n Linie
RR (%)
Pazopanib (Pazogist)
II 81 Imatinib 0 Sunitinib
Cabozantinib (CaboGIST)
II 50 Imatinib 14 Sunitinib
Avapritinib (Navigator: Non D842V)
I
103 ≥ 3 Linien 17
Ripretinib (Invictus)
III 129 Imatinib 9,4 Sunitinib Regorafenib
Quellen: nach (8–11)
PFS NW Grad (Monate) III–IV (%) 3,4 80 5,5 68 3,7 51 6,3 9
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Plazebo behandelten Patienten nach Progression noch Ripretinib erhielten. Das PFS von 6,3 Monaten war im Vergleich zum PFS von Sunitinib (5,6 Monate), Regorafenib (4,8 Monate) und ImatinibRechallenge (1,8 Monate) lang. Dies wird mit dem Wirkungsmechanismus von Ripretinib erklärt; Ripretinib hemmt sowohl Sekundärmutationen der «ATP-binding-site» wie auch der «activation loop», was zu einer breiteren Unterdrückung von Subklonen führt. Basierend auf den klinisch relevanten Endpunkten PFS und OS wurde Ripretinib unterdessen von der FDA, der EMA und per November 2021 unter dem Namen Qinlock® auch von Swissmedic nach Durchschreiten von 3 TKILinien zugelassen. Bemerkenswert scheint mir auch die gute Verträglichkeit von Ripretinib zu sein; Grad-III/IV-Nebenwirkungen wurden lediglich bei 9% der Probanden registriert. Wenn es zu Nebenwirkungen kam, so wurden Übelkeit, Fatigue, Myalgien und ein Hand-Fuss-Syndrom beschrieben, wie wir es bereits von anderen TKI her kennen. Interessanterweise – und hier unterscheidet sich Ripretinib klar von anderen TKI – kam es in knapp 50% der Fälle zu einer Grad-I-IIAlopezie. Auf diese Nebenwirkung muss vor Therapiestart sicherlich klar hingewiesen werden. Die andere neue Substanz, die erwähnt werden muss, ist Avapritinib. Bei Avapritinib handelt es sich in Analogie zu Ripretinib um einen selektiven, hochpotenten KIT- und PDGFRA-Inhibitor. Avapritinib wurde bei GIST-Patienten im Rahmen des Navigator-Trials, einer Phase-I-Studie, untersucht. Eingeschlossen wurden einerseits Patienten mit einer PDGFRA D842V-Mutation – unabhängig von der Anzahl Vortherapien – wie auch GIST-Patienten ohne eine PDGFRA D842V-Mutation, sofern sie unter mindestens 3 TKI-Therapien progredient waren. Die beiden Patientengruppen wurden separat analysiert. Währendem die PDGFRA D842VMutation bis dahin als therapierefraktär galt, zeigte sich bei 49/56 (88%) der Patienten unter Avapritinib ein Ansprechen; das PFS betrug 34 Monate (12). Diese spektakulären Daten führten dann auch zu einer Zulassung von Avapritinib durch FDA und EMA bei Nachweis einer PDGFRA D842V-Mutation. Avapritinib wurde aber auch bei 103 GIST-Patienten ohne eine PDGFRA D842V-Mutation auf das Ansprechen untersucht; 17% zeigten eine partielle
Abkürzungen
ctDNA : GIST: OS: PDGFRA: PFS: SDH: TKI:
cirulating tumor DNA Gastrointestinaler Stromatumor Overall survival Platlet Drived Growth Factor Receptor Alpha Progression free Survival Succinat-Dehydrogenase Tyrosin-Kinase-Inhibitor
Response; bei 50% kam es zu einer Stabilisierung der Tumorerkrankung (10). Das PFS betrug 3,7 Monate, was klar für eine Wirkung dieses TKI bei intensiv vorbehandelten GIST-Patienten spricht. 51% der Probanden entwickelten NebenwirkungenvomGradIII/IV;amhäufigstenlittensieunter Nausea, Anämie, periorbitalen Ödemen und Müdigkeit, wie wir es von Imatinib her kennen. Als spezielle Nebenwirkung sind die sogenannten «cognitive effects» zu erwähnen, welche Gedächtnisabnahmen bis hin zur Entwicklung einer Enzephalopathie beinhalteten. Auf diese Nebenwirkung gilt es im klinischen Alltag speziell ein Auge zu richten und rasch die Dosis zu reduzieren bzw. zweitweise die Medikation sogar zu pausieren. Dies kann mit gutem Gewissen getan werden, da das PFS bei den Patienten, bei denen aufgrund kognitiver Nebenwirkungen die Dosis reduziert werden musste, nicht schlechter war als bei denen, welche unverändert die Dosis von 300 mg/d einnahmen (13).
Neue Substanzen als Competitor herkömmlicher TKI
Beflügelt durch die überzeugenden Daten von Avapritinib und Ripretinib im «last-line-setting» wurden die neuen Substanzen mit den etablierten TKI verglichen. Im Voyager-Trial erhielten GISTPatienten, welche bereits mit Imatinib und einem oder zwei anderen TKI vorbehandelt waren, entweder Avapritinib oder Regorafenib. Die Ansprechrate war bei Avapritinib zwar höher (17% vs. 7,2%); der primäre Endpunkt der Studie, das PFS, fiel aber zu Ungunsten von Avapritinib aus (PFS unter Avapritinib: 4,2 Monate; PFS unter Regorafenib: 5,6 Monate) (14). Bezüglich Subgruppenanalyse lässt sich sagen, dass die Patienten, bei welchen man in der «circulation tumor DNA»(ctDNA)-Analyse bei Studieneintritt eine PDGFRA D842V-Mutation nachweisen konnte, klar von Avapritinib profitierten. Dieses Resultat ist aber in Anbetracht der NavigatorResultate auch nicht verwunderlich. Das Nebenwirkungsspektrum der beiden Substanzen unterschied sich zwar – wie es von der Literatur zu erwarten war (Avapritinib: primär Anämie, Nausea und Fatigue; Regorafenib: primär Fatigue, Diarrhö und Hand-Fuss-Syndrom) –, die Anzahl der Nebenwirkungen vom Grad III/IV war aber in etwa identisch in beiden Armen, so dass die Verträglichkeit auch keinen Grund für den Einsatz von Avapritinib anstelle von Regorafenib darstellt. Damit bleibt meiner Meinung nach Regorafenib weiterhin der 3. Linienstandard. Im Rahmen der ASCO January Plenary Session wurde erstmals die seit langer Zeit mit Spannung erwartete Intrigue-Study präsentiert. Darin erhiel-
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Merkpunkte
■ Mit Avapritinib und Ripretinib sind in den letzten Jahren 2 wichtige TKI für die Therapie von GIST-Patienten auf den Markt gekommen
■ Ripretinib soll als Viertlinientherapie nach Versagen von Imatinib, Sunitinib und Regorafenib eingesetzt werden.
■ Avapritinib ist die Therapie der Wahl bei einer nichtoperablen/metastasierten GIST-Erkrankung mit einer PDGFRA D842V-Mutation.
■ Die zukünftigen Hoffnungen, um der polyklonalen Resistenz nach Imatinib-Versagen effektiv gegenübertreten zu können, liegen im simultanen Einsatz von einem gut verträglichen Typ I-KIT-Inhibitor (wie PLX9486) zusammen mit einem Typ II-KIT-Inhibitor, welcher das Primär-und Sekundärmutationsspektrum komplementär ergänzt.
ten GIST Patienten, welche auf Imatinib progredient waren, entweder Ripretinib oder Sunitinib. Bezüglich Sunitinib-Applikation wurde nicht das sonst bei GIST übliche Dosierungsschema von 37,5 mg täglich, sondern das vom Nierenzellkarzinom her bekannte «4 Wochen on (50 mg), 2 Wochen off»-Protokoll gewählt. Primäre Endpunkte waren das PFS von Exon 11-Patienten sowie das PFS aller Patienten. Beide primären Endpunkte wurden nicht erreicht, das PFS war statistisch nicht signifikant unterschiedlich (PFS Exon 11: Ripretinib 8,3 Monate, Sunitinib 7 Monate; PFS alle Patienten: Ripretinib 8 Monate, Sunitinib 8,3 Monate) (15). Damit fiel auch diese Studie leider negativ aus. Interessanterweise war die Verträglichkeit von Ripretinib deutlich besser als die von Sunitinib. Doch dieser Effekt wird den Einsatz von Ripretinib als Zweitlinientherapie höchstwahrscheinlich nicht rechtfertigen. Über die Gründe des Scheiterns kann zum jetzigen Zeitpunkt nur spekuliert werden; dass die ct-DNASekundärmutations-Analysen diese Fragestellung schlüssig beantworten können, wird eher bezweifelt; handelt es sich bei der GIST-Liquid-Biopsy nicht um eine so verlässliche und so gut etablierte Methode wie beim Lungen- oder Kolonkarzinom.
Ausblick
Der in den letzten Jahren betriebene Ansatz, mit einem einzigen Medikament alle Primär- wie auch Sekundärmutationen gleichzeitig abdecken zu können, scheint nicht von Erfolg gekrönt zu sein. Selbst Substanzen wie Ripretinib und Avapritinib, welche in vitro ein sehr breites Spektrum an Sekundärmutationen abdecken, scheinen dieser Aufgabe nicht gewachsen zu sein. Höchstwahrscheinlich braucht es in Zukunft eine Kombinationstherapie. Mit der Kombinationstherapie ist aber nicht die gleichzeitige Gabe von 2 sogenannten Typ II-KIT-Inhibitoren (Typ II-KIT-Inhibitoren wie Imatinib, Sunitinib, Regorafenib, Ripretinib binden die inaktive Konformation der Tyrosinkinase) gemeint – diese Versuche verliefen wie oben ausgeführt wegen fehlender Effektivität und aus-
geprägter Toxizität frustran –, sondern die simultane Gabe eines Typ II- und Typ I-KIT-Inhibitors (Typ I-KIT-Inhibitoren binden die aktive Konformation der Tyrosinkinase). Mit PLX9486 konnte ein sehr nebenwirkungsarmer Typ I-KIT-Inhibitor gefunden werden, welcher sich vom Spektrum der Primär- und Sekundärmutationen bestens mit Sunitinib ergänzt. Erste Humanversuche im Rahmen einer Phase-I/IIA-Studie verliefen sehr positiv (16), so dass die Kombination PLX9486 plus Sunitinib gegenüber Sunitinib mono bei Imatinib-progredienten GIST-Patienten im Rahmen einer Phase-III-Studie untersucht werden soll.
Dr. med. Donat Dürr Co-Leiter Onkologie / Hämatologie Zuger Kantonsspital 6340 Baar donat.duerr@zgks.ch
Interessenkonflikte: Keine
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