Transkript
ASH 2021
63rd ASH Annual Meeting and Exposition, 11.–14. Dezember 2021, Atlanta, virtuell
Immunonkologie
Checkpoint-Inhibitoren beim Hodgkin-Lymphom
Mit dem Einzug der Immunonkologie hat sich die Therapielandschaft entitätenübergreifend bei soliden und hämatologischen Erkrankungen verändert. Bei der Jahrestagung der American Society of Hematology (ASH) wurden diverse Studien zur Checkpoint-Blockade bei Patienten mit Hodgkin-Lymphom diskutiert.
Effektive Kombination von Pembrolizumab mit Vorinostat
Die Kombination von Pembrolizumab mit dem HDAC-Inhibitor Vorinostat zeigte bei Patienten mit klassischem Hodgkin-Lymphom (cHL) vielversprechende Remissionen (1). Es wurden 32 Patienten in die Phase-II-Studie eingeschlossen, 75% im Stadium III-IV und 13% mit B-Symptomen. 69% der Patienten hatten eine primäre refraktäre Erkrankung und 53% waren refraktär gegenüber der letzten Behandlung. Im Median hatten die Patienten 4 und in der Spanne 1–12 vorangegangene Therapien erhalten. 94% der Patienten waren zuvor mit Brentuximab vedotin und 78% mit einem PD-1-Inhibitor behandelt worden. 66 bzw. 56% der Patienten waren refraktär gegen diese Therapien. Mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 19,8 Monaten zeigten 75% der Patienten ein Ansprechen und 34% eine Komplettremission. Alle PD-1-Inhibitor-naiven Patienten sprachen auf die Studienmedikation an, 86% der AntiPD-1-behandelten und noch sensitiven Patienten sowie 61% der Anti-PD-1-behandelten refraktären Patienten. Im Median dauerten die Remissionen 14 Monate an, bei PD-1-refraktären Patienten 11,1 Monate. Nach einem Jahr waren 67% der ansprechenden Patienten weiterhin in Remission. Das progressionsfreie Überleben (PFS) betrug median 11 Monate, die 1-Jahres-PFS-Rate 47%. Nach einem Jahr lag die Gesamtüberlebensrate (OS) bei 93%.
Potenzielle Option mit Nivolumab plus Ruxolitinib
Vorläufige Ergebnisse einer Phase-IStudie zeigen auch für den PD-1-Inhibitor Nivolumab vielversprechende Wirksamkeit und Verträglichkeit in Kombination mit dem JAK1/2-Inhibitor
Ruxolitinib (2). In die Studie eingeschlossen wurden 19 Patienten, die bereits in > 2 Therapielinien behandelt wurden, darunter eine PD-1-gerichtete Therapie. Das mediane Alter der Patienten betrug 38 Jahre. Im Median hatten die Patienten 4 Therapielinien, 69% der Patienten hatten ein oder zwei Stammzelltransplantationen erhalten. Bei dem in vorangegangenen Therapielinien eingesetzten Checkpoint-Inhibitor handelte es sich in 33% der Fälle um Pembrolizumab und in 67% der Fälle um Nivolumab. Die Patienten erhielten ab Tag 1 Ruxolitinib in 3 Dosierungen (10 mg bid, 15 mg bid, 20 mg bid; q4w) und ab Tag 8 Nivolumab in einer Dosierung von 480 mg (i.v., d1, q4w). Die geplante Dauer der Therapie lag bei 2 Jahren. Im Ergebnis erhielten die Studienteilnehmer median 8 Zyklen der Studienmedikation. Es wurden keine dosis limitierenden Toxizitäten festgestellt. Die meisten Nebenwirkungen waren von Grad 1–2. Ein Ansprechen wurde bei 48% der Patienten beobachtet (CR: 24%) und eine Krankheitskontrolle bei 77% der Patienten. Die mediane Dauer des Ansprechens betrug 12,5 Monate (Spanne: 3,7–20,4 Monate). Mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 16,8 Monaten lag das 2-Jahres-PFS bei 46% und das 2-Jahres-OS bei 97%.
Kontroverse Ergebnisse bei älteren Patienten
Da für ältere Patienten, die keine Standard-Chemotherapie erhalten können, nur wenige Therapieoptionen verbleiben, untersuchte die prospektive Phase-II-Studie NIVINIHO die Kombination von Nivolumab plus Vinblastin in der ersten Therapielinie (3). Die älteren (≥ 61 Jahre), komorbiden cHL-Patienten erhielten 6 Zyklen Induktion mit Nivolu-
mab mono (240 mg, q2w). Patienten mit
komplettem metabolischem Anspre-
chen (CMR) erhielten als Konsolidie-
rung für weitere 18 Zyklen Nivolumab.
Patienten mit partiellem metaboli-
schem Ansprechen (PMR) oder ohne
metabolisches Ansprechen (NMR, sta-
bile Erkrankung) erhielten für 18
Monate die kombinierte Therapie aus
Nivolumab plus Vinblastin. Danach
wurden die Patienten für maximal 4
Jahre nachbeobachtet. Der primäre
Studienendpunkt war die CMR-Rate
am Ende der Therapie.
Es wurden 64 Patienten eingeschlos-
sen, von denen 56 Patienten bezüglich
der Wirksamkeit auswertbar waren. Im
Median waren die Patienten 75 Jahre
alt. Drei Viertel der Patienten waren im
Ann-Arbor-Stadium III-IV und bei
nahezu der Hälfte der Patienten wur-
den B-Symptome berichtet.
Von den 56 Patienten der Wirksam
keitspopulation begannen 9 Patienten
eine Konsolidierung mit Nivolumab
mono und 23 Patienten mit Nivolumab
plus Vinblastin. 24 Patienten brachen
die Induktionstherapie, hauptsächlich
aufgrund von Krankheitsprogress (n =
16) oder Toxizität (n = 7), ab. Die
Nivolumab-Monotherapie komplet-
tierten letztendlich 5 und die Kombina-
tionstherapie 14 Patienten, insgesamt
also nur ein Drittel der Patienten der
Wirksamkeitspopulation. Die CMR-
Rate am Ende der Therapie betrug
28,6% und die Rate des partiellen meta-
bolischen Ansprechens 17,9%. Damit
wurde der primäre Studienendpunkt
nicht erreicht. Die Autoren wiesen dar-
auf hin, dass aber am Ende der Induk-
tionstherapie immerhin 51,8% der Pati-
enten ein Ansprechen zeigten, 16,1%
eine CMR. Das mediane PFS betrug 9,8
Monate, das mediane OS war noch
nicht erreicht. Die 2-Jahres-OS-Rate
lag bei 78,6%.
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ASH 2021
63rd ASH Annual Meeting and Exposition, 11.–14. Dezember 2021, Atlanta, virtuell
Referenzen: 1. Herrera AF et al.: Pembrolizumab plus vorinostat indu-
ces responses in patients with Hodgkin lymphoma who are refractory to prior PD-1 blockade. ASH 2021, Abstr. #234. 2. Bachanova V et al.: Ruxolitinib plus nivolumab in patients with r/r Hodgkin lymphoma after failure of checkpoint inhibitors: Preliminary report on safety and efficacy. ASH 2021, Abstr. #230. 3. Lazarovici J et al.: Nivolumab first-line therapy for elderly, frail Hodgkin lymphoma patients: Niviniho, a Lysa phase II study. ASH 2021, Abstr. #232.
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