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EHA 2021 VIRTUAL
EHA 2021 Virtual Congress / 9. – 17. Juni
Lymphome
Weitere Erfolge für CAR-T-Zell-Therapie bei Non-Hodgkin-Lymphomen
Am Kongress der European Hematology Association (EHA) wurden einige neue Daten zur Wirksamkeit einer Behandlung mit Axicabtagen Ciloleucel bei follikulären und Marginalzonenlymphomen präsentiert. Eine Analyse der Ergebnisse bei Patienten mit einem frühen Rezidiv nach einer ersten Anti-CD20-haltigen Chemoimmuntherapie (POD24) ergab für die CAR-T-Zell-Therapie hohe Ansprechraten. Erste Daten aus dem französischen DESCAR-T-Register bestätigten zudem die Wirksamkeit der CAR-T-Zell-Therapie unter Alltagsbedingungen.
ZUMA-5-Studie: Einsatz von CAR-T-Zell-Therapie
Im Rahmen der ZUMA-5-Studie erhielten Patienten mit einem rezidivierten/ refraktären indolenten Non-HodgkinLymphom (follikuläre Lymphome [FL] und Marginalzonenlymphome [MZL]) nach mindestens zwei Vortherapien eine Anti-CD19-CAR-T-Zell-Behandlung mit Axicabtagen Ciloleucel (Axi-cel; Yescarta®) (1). Nach einem medianen Follow-up von 17,5 Monaten lag die Gesamtansprechrate (Overall Response Rate; ORR) bei allen auswertbaren Patienten (n = 104) bei 92%, bei 76% zeigte sich ein komplettes Ansprechen (Complete Response; CR). Kommt es bei Patienten mit einem indolenten Non-Hodgkin-Lymphom innerhalb von 24 Monaten nach einer ersten AntiCD20-haltigen Chemoimmuntherapie zu einem Rezidiv (Progression of Disease; POD24), spricht dies für eine schlechte Prognose (2). In ZUMA-5 wurden daher Axi-cel-behandelte Patienten, von denen entsprechende Daten vorlagen, in eine POD24-Analyse eingeschlossen.
Einfluss von POD24 untersucht Von insgesamt 129 evaluierbaren Patienten wiesen 81 eine POD24 auf (63%; 68 FL und 13 MZL) und 48 nicht (37%, 40 FL und 8 MZL) (3). Bei einem medianen Followup von 23,3 Monaten betrug die ORR in beiden Gruppen 92%, allerdings erreichten in der POD24-Gruppe lediglich 75% der Patienten eine CR im Vergleich zu 86% in der Non-POD24-Gruppe.
Bei einem medianen Follow-up von 17,1 Monaten für Patienten mit POD24 und von 17,5 Monaten für die Gruppe ohne POD24 waren die mediane Ansprechdauer, das mediane progressionsfreie Überleben (Progression Free Survival; PFS) und das mediane Gesamtüberleben (Overall Survival; OS) in beiden Gruppen nicht erreicht. Insgesamt 52% der Patienten mit POD24 und 70% der Patienten ohne POD24 zeigten ein anhaltendes Ansprechen. FL-Patienten mit POD24 (n = 49) wiesen eine geschätzte 18-Monats-PFS-Rate von 59,8% auf, im Vergleich zu 85,3% bei Patienten ohne POD24 (n = 29). Bei den MZL-Patienten lag die PFS-Rate bei den Patienten mit POD24 (n = 12) bei 30,7% im Vergleich zu 75% ohne POD24 (n = 8). Weitere Analysen ergaben, dass die Serumspiegel von CCL17 und CCL22 vor der Behandlung mit Axi-cel in der Gruppe mit POD24 höher lagen als in der Vergleichsgruppe. Wie Prof. Dr. med. Caron Jacobson, Boston (USA), erklärte, würden diese Faktoren beim FL mit Rezidiven assoziiert und könnten möglicherweise zu den Unterschieden bei den 18-Monats-PFS-Raten beigetragen haben. Das Nebenwirkungsprofil der Behandlung war bei Patienten mit und ohne POD24 vergleichbar. Die Expansion der CAR-T-Zellen nach Axi-cel-Infusion war ebenfalls in beiden Gruppen vergleichbar. Jacobson kam zum Schluss, dass Axi-cel aufgrund der hohen Ansprechraten und des anhaltenden Ansprechens für Non-Hodgkin-LymphomPatienten mit POD24 eine vielversprechende Behandlungsoption darstelle.
Vergleich ZUMA-5 und SCHOLAR 5
Als Late-Breaking-Abstract präsentierte Prof. Dr. med. John Gribben, London (UK) den Vergleich der klinischen Ergebnisse der ZUMA-5-Studie mit einer entsprechenden Stichprobe aus SCHOLAR 5 (4). Bei SCHOLAR 5 (S5) handelt es sich um eine internationale, externe Kontrollkohorte, die generiert wurde, um Evidenz zu Patienten mit einem rezidivierten/refraktären (r/r) FL zu liefern, deren Charakteristiken mit denen der Patienten in ZUMA-5 vergleichbar sind. Bei den eingeschlossenen Patienten musste nach Juli 2014 eine Therapie der dritten oder höheren Linie initiiert worden sein. Zum Vergleich der klinischen Verläufe der beiden Patientenpopulationen wurden Propensity-ScoreMethoden eingesetzt. Damit konnten schliesslich 86 Patienten aus ZUMA-5 mit 85 Patienten aus S5 verglichen werden. Das mediane Follow-up für ZUMA-5 betrug 23,3 Monate und für S5 26,2 Monate. Die Analyse zeigte schliesslich für die Patienten in ZUMA-5 eine statistisch signifikant höhere ORRsowie CR-Rate als für S5 (ORR: 94,2 vs. 49,9%; CR: 79,1 vs. 29,9%).
Axi-cel deckt wichtigen unerfüllten Therapiebedarf Auch das PFS und die Zeit bis zur nächsten Behandlung waren in ZUMA-5 signifikant länger als in S5, dies selbst bei der Gruppe der Patienten, die ≥ 3 Therapielinien erhalten hatten. Schliesslich zeigte sich auch in Bezug auf das OS ein signifikanter Vorteil für die in ZUMA-5 behandelten Patienten (HR: 0,42; p = 0,01). Es profitierten hier ebenfalls Patienten mit ≥ 3 Therapielinien. Wie Gribben abschliessend erklärte, würde gerade der substanzielle Benefit im Gesamtüberleben darauf hinweisen, dass Axi-cel einen wichtigen, bisher unerfüllten therapeutischen Bedarf decke und eine bedeutende Verbesserung der therapeutischen Optionen für r/r FL-Patienten darstelle.
20 SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 3 – KONGRESSAUSGABE 2021
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Update zu Hodgkin-Lymphomen
Auch zu den Hodgkin-Lymphomen (HL) wurden aktuelle Daten präsentiert. So das 5-Jahres-Update der ECHELON-1-Studie (Brentuximab vedotin [Adcetris®] plus Doxorubicin, Vinblastin und Dacarbazin [A+AVD] vs. Doxorubicin, Bleomycin, Vinblastin und Dacarbazin [ABVD] bei unbehandelten Patienten mit einem klassischen HL-Stadium III/IV) (6). Bei einem medianen Follow-up von 60,9 Monaten erwies sich A+AVD mit einer 5-Jahres-PFS-Rate von 82,2% im Vergleich zu 75,3% unter ABVD weiterhin als überlegen. Dies unabhängig vom Erkrankungsstatus, Risiko-Score und PET2-Status. Auftretende Nebenwirkungen erwiesen sich als kontrollierbar. Bei rezidivierten/refraktären Patienten mit einem klassischen HL wurde eine Behandlung mit zwei Zyklen Nivolumab (Opdivo®; 240 mg alle 14 Tage), gefolgt von vier Zyklen Nivo-DHAP (Nivolumab 480 mg + DHAPStandarddosis alle 28 Tage) als Zweitlinientherapie vor einer autologen Stammzelltransplantation untersucht (7). Die Therapie führte nach 2 Zyklen Nivo-DHAP zu einer ORR von 100% (n = 20; CR: 60%, PR: 40%). Zum Zeitpunkt der Analyse wurde bei 13 Patienten die Stammzelltransplantation durchgeführt. Weitere Patienten werden in die Studie eingeschlossen.
Registerdaten bestätigen Studienresultate
In DESCAR-T, einem nationalen fran zösischen Register, werden Patienten eingeschlossen, die aufgrund eines hämatologischen Malignoms (diffuses grosszelliges B-Zell-Lymphom und akute lymphatischeLeukämie)CAR-T-Zell-Produkte erhalten (5). Ziel dieses Registers ist es, Real-Life-Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit der CAR-T-Zellen über einen Zeitraum von bis zu 15 Jahren nach der Infusion zu sammeln. Prof. Dr. med. Steven Le Gouill, Nantes (F), stellte am Kongress erste Zahlen aus dem
Auf einen Blick
n Patienten mit follikulären und Marginalzonenlymphomen, bei denen es innerhalb von 24 Monaten nach einer ersten CD20-haltigen Chemoimmuntherapie zu einem Rezidiv kam (POD24), wiesen nach einer nachfolgenden CAR-T-Zell-Behandlung mit Axicabtagen Ciloleucel ein schlechteres progressionsfreies Überleben auf als Patienten ohne POD24 (3).
n Beim rezidivierten/refraktären follikulären Lymphom ergab ein Vergleich zwischen Patienten, die in der Studie ZUMA-5 mit Axicabtagen Ciloleucel behandelt wurden und einer gematchten Vergleichskohorte aus SCHOLAR 5, einen signifikanten Benefit für die CAR-T-ZellTherapie in Bezug auf Ansprechraten, PFS und Gesamtüberleben. (4).
n Erste Daten aus dem französischen DESCAR-TRegister bestätigten die in klinischen Studien gezeigte Wirksamkeit einer CAR-T-Zell-Therapie bei Patienten mit einem diffusen grosszelligen B-Zell-Lymphom unter Alltagsbedingungen (5).
Register zu den Charakteristika und Erkrankungsverläufen von 647 Patienten mit einem diffusen grosszelligen B-Zell-Lymphom (DLBCL) vor (5). Für 607 dieser Patienten wurde ein CAR-T-Zell-Produkt bestellt, 550 hatten bis zum Zeitpunkt der Analyse die Infusion erhalten (200 Tisagen lecleucel [Kymriah®], 350 Axicabtagen Ciloleucel). Das mediane Alter der Patienten bei der Bestellung der CAR-T-Zellen lag bei 63 Jahren. Insgesamt 44% waren mindestens 65-jährig. Eine Stammzelltransplantation hatten 22,5% der Patienten erhalten. Bei 8,4% der Patienten bestand nach Bridging-Therapie eine CR, 54% wiesen eine progrediente Erkrankung (Progressive Disease; PD) auf. Zwischen der Bestellung der CAR-T-Zellen und der Infusion dauerte es im Median 50 Tage. Von 515 Patienten lagen Daten zu den behandlungsassoziierten Toxizitäten vor, die in den ersten 10 Tagen nach Infusion auftraten. Bei 418 (81,2%) Patienten kam es zu einem Zytokin-Freisetzungssyndrom (Grad 1–2: 373; ≥ Grad 3: 44). Eine Neurotoxizität wurde bei 184 (35,7%) Patienten festgestellt (Grad 1–2: 133; ≥ Grad 3: 50). Opportunistische oder medizinisch relevante Infektionen traten bei 31,7% der Patienten auf. Sechs Monate nach der Infusion lag die ORR von 268 auswertbaren Patienten bei 60%, bei 25% lag eine PD vor. Nach einem Jahr betrug die ORR 68,7%, bei 19% mit einer PD (n = 137). Das 6-Monats-OS lag bei den mit CAR-T-Zellen behandelten Patienten bei 83,7% versus 5,5% bei
den Patienten, für die zwar CAR-T-Zellen
bestellt wurden, die sie aber aus irgend-
welchen Gründen nicht erhalten hatten.
Das 6-Monats-PFS für alle Patienten be-
trug 44,5%. Patienten mit einer CR, PR
oder stabilen Erkrankung nach Bridging
sowie Patienten, die kein Bridging be-
nötigten, wiesen ein besseres 6-Monats-
PFS und OS auf als Patienten mit PD nach
der Bridging-Therapie. «Allerdings wei-
sen fast 30% der Patienten mit einer PD
zum Zeitpunkt der CAR-T-Zell-Infusion ein
anhaltendes Ansprechen auf und über
65% von ihnen sind noch am Leben», be-
tonte Le Gouill hier. Dies weise darauf
hin, dass der Erkrankungsstatus zum Zeit-
punkt der CAR-T-Zell-Infusion nicht der
einzige Faktor sei, der das Outcome eines
Patienten vorhersage. Zusammenfassend
meinte er, dass die Analyse des DESCAR-
T-Registers die in den klinischen Studien
nachgewiesene Wirksamkeit der CAR-T-
Zell-Therapie unter Alltagsbedingungen
bestätigte.
n
Therese Schwender
Referenzen: 1. Jacobson CA et al.: Primary Analysis of Zuma-5:
A Phase 2 Study of Axicabtagene Ciloleucel (AxiCel) in Patients with Relapsed/Refractory (R/R) Indolent Non-Hodgkin Lymphoma (iNHL) ASH 2020, Abstract #700. 2. Casulo C et al.: How I treat early-relapsing follicular lymphoma. Blood 2019;133:1540-1547. 3. Jacobson CA et al.: Outcomes in Zuma-5 with Axicabtagene Ciloleucel in Patients with Relapsed/Refractory Indolent Non Hodgkin Lymphoma who had the High Risk Feature of Early Progression after First Chemoimmunotherapy. EHA 2021, Abstract #S213. 4. Ghione P et al.: A Comparison of Clinical Outcomes from Zuma-5 (Axicabtagene Ciloleucel) and the International Scholar 5 External Control Cohort in Relapsed/Refractory Follicular Lymphoma. EHA 2021, Abstract #LB1904. 5. Le Gouill S et al.: First Results of DLBCL Patients treated with Car-T Cells and enrolled in DESCAR-T Registry, a French Real-Life Database for Car-T Cells in Hematologic Malignancies. EHA 2021, Abstract #S216. 6. Hutchings M et al.: Brentuximab Vedotin with chemotherapy for patients with previously untreated, stage III or IV Classical Hodgkin Lymphoma: A 5 year Update of the Phase 3 ECHELON-1 Study. EHA 2021, Abstract #S205. 7. Mochkin N et al.: Preliminary results of the combination of nivolumab and DHAP in patients with relapsed or refractory classical Hodgkin lymphoma (Nivo-DHAP) as a second-line therapy before auto logous HSCT. EHA 2021, Abstract #EP772.
22 SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 3 – KONGRESSAUSGABE 2021