Transkript
EDITORIAL
Im Fokus: Urologische Tumoren
Die Coronapandemie hat die Welt nun schon seit mehr als einem Jahr im Griff. Unser Alltag im privaten wie auch im beruflichen Umfeld hat sich seither schlagartig und grundlegend verändert. Unser Fokus beschränkt sich mehrheitlich auf unser Zuhause und allenfalls auf unseren Arbeitsplatz; je nachdem, ob Homeoffice eine Option darstellt oder nicht. Viele bereichernde Aspekte des Lebens sind zwischenzeitlich zum Stillstand gekommen; ich denke hier unter anderem auch an all die Kongressbesuche, welche uns einen Ausbruch aus dem Alltag und einen Austausch unter Kolleginnen und Kollegen – sei dies fachlicher oder persönlicher Natur – ermöglichten.
Liebe Leserin, lieber Leser
Die Wissenschaft auf dem Gebiet der Onkologie hingegen schreitet unverändert in hohem Tempo voran. Die Daten werden zwar weiterhin eifrig und mit allen technischen Raffinessen an «virtuellen» Meetings präsentiert; die Engramme, welche wir im Rahmen einer Live-Präsentation oder im Rahmen von Diskussionen unter Kollegen mitnahmen, fehlen uns aber mehrheitlich. Mir persönlich fällt es dementsprechend deutlich schwerer, all die neuen Daten zu memorisieren und in einen Bezug zu stellen. Über sichtsartikel, verfasst durch Schweizer Kolleginnen und Kollegen, sollen und können hier hoffentlich die eine oder andere Wissenslücke schliessen. Die erste Ausgabe der Schweizer Zeitschrift für Onkologie im Jahre 2021 beschäftigt sich hauptsächlich mit der medikamentösen Therapie von Urogenitaltumoren. Gina Treichler und Prof. Anja Lorch zeigen elegant auf, wie sich die Erstlinientherapie beim klarzelligen Nierenzellkarzinom in den letzten Jahren fundamental verändert hat; neu – unabhängig vom IMDC-Risikoscore – wird die Gabe eines Checkpoint-Inhibitors empfohlen. Diese Veränderung wirkt sich entsprechend auch auf die Zweitlinientherapie aus; die beiden Autorinnen zeigen auf, wie sie in dieser schwierigen Situation im praktischen Alltag vorgehen. Dr. Thomas Schmid und PD Dr. Arnoud Templeton fassen auf prägnante Art und Weise den bunten Strauss der in den letzten
Jahren durchgeführten Studien beim lokalisierten wie auch beim metastasierten kastrastionsrefraktären Prostatakarzinom zusammen. Gleichzeitig zeigen sie auf, welche therapeutischen Möglichkeiten uns nach Ausschöpfen der herkömmlichen Optionen noch zur Verfügung stehen. Nach dem Lesen dieses Artikels sollten eigentlich alle Wissenslücken «gestopft» sein; vorausgesetzt, dass es Ihnen gelang, das eine oder andere Engramm zu setzen. Zu guter Letzt durften Prof. Frank Stenner und ich uns mit den neusten Daten zum metastasierten Blasenkarzinom auseinandersetzen. Unglaublich, wie viele Phase-III-Daten auf diesem Gebiet in nur einem Jahr präsentiert wurden. Während beim nicht kleinzelligen Bronchuskarzinom die Kombination von Chemo therapie und Checkpoint-Inhibitor einen grossen Fortschritt brachte, scheint dieser Ansatz beim metastasierten Blasenkarzinom nicht die gewünschte Wirkung zu zeigen. Hingegen scheint die SwitchMaintenance mit Avelumab bei Patienten ohne Progression unter platinhaltiger Chemotherapie der neue Standard zu sein. Sie sehen, viele spannende Themen warten auf Sie.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen von Herzen in der weiterhin anhaltenden Pandemie viel Gesundheit und Zuversicht – und zunächst einmal eine spannende Lektüre mit dem einen oder anderen Engramm!
Herzlich
Donat Dürr
SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 1/2021
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