Transkript
2020 EHA25 Virtual
25th Congress of the European Hematology Association, Juni 2020
0C1h_roLinniisecnhteitleylmphatische Leukämie (CLL)
0Vi2e_lvTeitreslprechendes in der ersten Therapielinie
Mehrere spannende Arbeiten zur CLL fanden ihren Weg ins Programm des virtuellen EHA-Kongresses. Einerseits waren das die Studien CAPTIVATE, CLL2-GIVe und CLL14, die therapienaive Patienten einschlossen. Andererseits wurde die finale Analyse der ASCEND-Studie mit dem neuen BTK-Hemmer Acalabrutinib bei rezidivierten/refraktären Patienten präsentiert.
Studie CLL14 mit VenetoclaxObinutuzumab
Othman Al-Sawaf, Köln, präsentierte ein Wirksamkeits- und Sicherheitsupdate der multizentrischen, offenen Phase-IIIStudie CLL14 (1). Die Studie schloss 432 bisher unbehandelte CLL-Patienten mit Komorbiditäten ein (Kreatinin-Clearance < 70 ml/min und/oder «Cumulative Illness Rating Scale Score» > 6). Die Patienten wurden im Verhältnis 1:1 zu 6 Zyklen Venetoclax-Obinutuzumab (Ven-Obi), danach folgten 6 Zyklen Ven, oder zu 6 Zyklen Chlorambucil-Obinutuzumab (Clb-Obi), danach folgten 6 Zyklen Clb, randomisiert. Das präsentierte Update schloss alle Patienten ein, die ihre Therapie vor mindestens 24 Monaten abgeschlossen hatten. Der Referent ging zuerst auf die Sicherheitsdaten ein: Da eine zeitlich begrenzte Therapie eingesetzt wurde, liess sich nun auch die Rate an Nebenwirkungen nach Behandlungsabschluss beurteilen. «Es zeigten sich dabei sehr tiefe Nebenwirkungsraten. Das bedeutet, dass die Patienten ihre therapiefreie Zeit im grossen Ganzen ohne Toxizitäten erleben können», berichtete er. Die Analyse zeigte jedoch auch, dass es in der Post-Therapie-Phase zu einem leichten Anstieg an sekundären Primärtumoren kam (6,4% nach Ven-Obi und 1,9% nach Clb-Obi). «Die Differenz zwischen den Behandlungsarmen ergibt sich dabei vor allem durch eine höhere Rate an soliden Tumoren im Ven-Obi-Arm. Wir müssen das sicher weiterhin genau überwachen», so Al-Sawaf.
Signifikant tieferes Progressionsrisiko In Bezug auf die Wirksamkeit zeigte sich bei einer medianen Nachbeobachtungszeit von 39,6 Monaten für Ven-Obi ein
signifikant besseres medianes progressionsfreies Überleben (PFS) im Vergleich zu Clb-Obi (nicht erreicht vs. 35,6 Monate; HR: 0,31 [0,22–0,44]; p < 0,001). Die 3-Jahres-PFS-Rate betrug 81,9% unter Ven-Obi und 49,5% unter Clb-Obi. «Im Gegensatz zum Resultat der primären Analyse sahen wir nun, dass Patienten unabhängig von ihrem IGHV-Mutationsstatus hinsichtlich PFS mehr von Ven-Obi profitierten als von Clb-Obi», erläuterte Al-Sawaf weiter. So war das mediane PFS bei IGHV-mutierten respektive nicht mutierten Patienten unter Ven-Obi noch nicht erreicht, während es in der mit ClbObi behandelten Gruppe bei 42,9 Monaten (mutiert) bzw. 26,3 Monaten (nicht mutiert) lag. Hinsichtlich des Gesamtüberlebens (OS) zeigte sich bisher keine signifikante Differenz. In beiden Armen lebten nach 3 Jahren noch knapp 90% der Patienten. «Im Weiteren konnten wir feststellen, dass Ven-Obi mit einer längerfristigen Krankheitskontrolle einhergeht. So benötigten bisher lediglich 9 Patienten aus dem Ven-Obi-Arm eine antileukämische Therapie, während das bei 44 Patienten im Vergleichsarm der Fall war.» Im peripheren Blut wiesen 18 Monate nach Behandlungsende 47,2% der Ven-Obi-Patienten und 7,4% der Patienten im Vergleichsarm eine nicht mehr nachweisbare minimale Residualerkrankung (uMRD < 10-4) auf. «Dieses Follow-up bestätigt die Indikation von VenObi bei bisher unbehandelten CLLPatienten», fasste der Redner zusammen. CAPTIVATE-Studie mit Ibrutinib und Venetoclax In der Studie CAPTIVATE wurden bisher unbehandelte Patienten mit CLL oder SLL (small lymphocytic lymphoma) im Al- ter von unter 70 Jahren mit Ibrutinib (Ibr) und Ven behandelt. Die Studie umfasst 2 Kohorten, 1 MRD-Kohorte sowie 1 Kohorte mit einer zeitlich begrenzten Kombinationstherapie (12 Zyklen Ibr + Ven). Die MRD-Kohorte umfasste 164 Patienten. Sie erhielten eine Induktionstherapie mit 3 Zyklen Ibr (420 mg/Tag), danach folgten 12 Zyklen Ibr + Ven (Ven-Ramp-up auf 400 mg/Tag). Nach Abschluss dieser 15 Behandlungszyklen erfolgte eine MRD-basierte Randomisierung zu Ibr versus Plazebo (für Patienten mit bestätigter uMRD) oder zu Ibr versus Ibr + Ven (Patienten ohne bestätigte uMRD). MRD-Kohorte: Verringerung des Risikos für Tumor-Lyse-Syndrom Tanya Siddiqi, Duarte (USA), stellte nun die Resultate der Prärandomisierungsphase der MRD-Kohorte vor (2). Insgesamt 90% der Patienten schlossen diese Behandlungsphase ab. «Die Strategie, eine Induktionsphase mit 3 Zyklen Ibr durchzuführen, bewirkte eine Reduktion des Risikos für ein Tumor-LyseSyndrom (TLS) und eine Hospitalisierung», erklärte sie. Von den Patienten, die zu Studienbeginn ein hohes Risiko für ein TLS aufgewiesen hatten (24%), wechselten 90% in die Gruppe mit intermediärem oder niedrigem Risiko. «Bei 82% der Patienten konnte ohne Hospitalisierung mit dem Ven-Ramp-up begonnen werden», so Siddiqi weiter. Die häufigste Nebenwirkung während der Ibr-Induktion und der Phase der Kombinationstherapie war Durchfall (meist Grad 1 und 2). Insgesamt die häufigsten Grad-3- bis -4-Nebenwirkungen waren Neutropenie (35%) und Hypertonie (7%), danach folgten Thrombozytopenie und Durchfall (je 5%). Kein Patient entwickelte ein klinisches TLS. Hohe Raten einer uMRD in Blut und Knochenmark Das rein orale Regime führte sowohl im peripheren Blut als auch im Knochenmark zu übereinstimmend hohen Raten einer uMRD (75% peripheres Blut, 72% Knochenmark). «Eine Analyse verschie- 32 SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 3 – KONGRESSAUSGABE AUGUST/SEPTEMBER 2020 2020 EHA25 Virtual 25th Congress of the European Hematology Association, Juni 2020 Abbildung: CLL2-GIVe-Studie: Ansprechraten der Patienten in Zyklus 15 dener Subgruppen ergab, dass auch Patienten mit del(17p) oder einem komplexen Karyotyp gleichermassen von der Behandlung profitierten und hohe Raten einer uMRD erreichten», kommentierte Siddiqi. Diese Resultate würden die synergistische Antitumoraktivität der Kombination bestätigten. Wie sie abschliessend erklärte, würden derzeit die Postrandomisierungsdaten sowie die Daten der Kohorte mit fixer Behandlungsdauer analysiert. «Ich hoffe, wir können diese Resultate in nicht allzu ferner Zukunft ebenfalls präsentieren.» CLL2-GIVe-Studie mit Obinutuzumab, Ibrutinib und Venetoclax In der gleichen Session wurden von Henriette Huber, Ulm (D), die präliminären Sicherheits- und Wirksamkeitsresultate der CLL2-GIVe-Studie vorgestellt (3). Die Studie schloss bisher unbehandelte Hochrisikopatienten (TP53-Mutation und/ oder del[17p]) unabhängig von Alter und Komorbiditäten ein. Für diese Patientengruppe fehlt es weiterhin an guten Therapieoptionen. Die 41 eingeschlossenen Patienten wurden während 6 Monaten mit der Kombination aus Obi, Ibr und Ven behandelt. Der primäre Endpunkt war die Rate eines kompletten Ansprechens beim finalen Re-Staging (Zyklus 15). Vielversprechend für Hochrisikopatienten Die Behandlung führte zu einer beachtlichen Ansprechrate und hohen uMRD- Raten im peripheren Blut (PB) und im Knochenmark (BM) (Abbildung). Zu den häufigsten Nebenwirkungen, die bis zum Tag 1 des 15. Zyklus auftraten, gehörten Infektionen/Infestationen, Durchfall, Neutropenie, infusionsassoziierte Reaktionen, Kopfschmerzen, Übelkeit, Muskelkrämpfe, Thrombozytopenie und Vorhofflimmern. ASCEND-Studie bei rezidivierten/refraktären Patienten In der ASCEND Studie wurde bei rezidivierten/refraktären CLL-Patienten ein Vergleich von Acalabrutinib mit einer Therapie nach Wahl der Studienärzte (Idelalisib plus Rituximab [I-R] oder Bendamustin plus Rituximab [B-R]) durchgeführt (4). Die geplante Interimsanalyse, nach einem medianen Follow-up von 16,1 Monaten, zeigte ein signifikant besseres PFS für Acalabrutinib (nicht erreicht vs. 16,5 Monate; HR: 0,31; 95%-KI: 0,20–0,49; p < 0,0001). Die von Paolo Ghia, Mailand, präsentierte finale Analyse umfasste nun eine Nachbeobachtungszeit von 22 Monaten (5). Die Analyse bestätigte den signifikanten PFS-Vorteil von Acalabrutinib gegenüber I-R und B-R (nicht erreicht vs. 16,8 Monate; HR: 0,27; p < 0,0001). «Acalabrutinib verbesserte das PFS auch bei Patienten mit Hochrisikofaktoren wie del(17p), TP53-Mutation und nicht mutiertem IGHV», führte der Referent weiter aus. «Unter Acalabrutinib brachen zudem weniger Patienten die Behandlung aufgrund von Nebenwirkungen ab als unter I-R», so Ghia. Vorhofflimmern wurde bei 6% der Patienten im Acalabru- tinib-Arm und bei 3% der Patienten in den Vergleichsarmen registriert. Schwere Blutungen (alle Grade) traten in allen Be- handlungsgruppen gleich häufig auf (je 3%). «Diese Daten unterstützen den Ein- satz von Acalabrutinib bei Patienten mit rezidivierter oder refraktärer CLL, ein- schliesslich der Patienten mit Hochrisiko- faktoren», schloss er. n Therese Schwender Referenzen 1. Al-Sawaf O et al.: Fixed-duration venetoclax-obinutuzumab for previously untreated chronic lymphocytic leukemia: follow-up of efficacy and safety results from the multicenter, open-label, randomized phase 3 CLL14 trial. EHA 2020, Abstract #S155. 2. Siddiqi T et al.: First-line ibrutinib + venetoclax for patients with chronic lymphocytic leukemia / small lymphocytic lymphoma: efficacy and safety results from CAPTIVATE MRD cohort. EHA 2020, Abstract #S158. 3. Huber H et al.: CLL2-GIVE, a prospective, open-label, multicenter phase-II trial of obinutuzumab (GA101, G), ibrutinib (I), plus venetoclax (Ve) in untreated patients with CLL with 17p deletion / TP53 mutation. EHA 2020, Abstract #157. 4. Ghia P et al.: ASCEND: Phase III, Randomized Trial of Acalabrutinib Versus Idelalisib Plus Rituximab or Bendamustine Plus Rituximab in Relapsed or Refractory Chronic Lymphocytic Leukemia. J Clin Oncol May 27; JCO1903355. doi: 10.1200/ JCO.19.03355. Online ahead of print. 5. Ghia P et al.: Acalabrutinib vs idelalisib plus rituximab or bendamustine plus rituximab in relapsed/refractory chronic lymphocytic leukemia: ASCEND final results. EHA 2020, Abstract S159. Auf einen Blick n In der CLL14-Studie führte eine fixe Anzahl an Therapiezyklen mit Venetoclax-Obinutuzumab zu einer signifikanten Reduktion des Progressionsrisikos im Vergleich zu Chlorambucil-Obinutuzumab (PFS nicht erreicht vs. 35,6 Monate; HR: 0,31 [0,22–0,44]; p < 0,001) (1). n Bei bisher unbehandelten CLL-Patienten erreichte eine Ibrutinib-Induktion, danach folgten 12 Zyklen Ibrutinib + Venetoclax, sowohl im peripheren Blut als auch im Knochenmark übereinstimmend hohe Raten einer nicht mehr nachweisbaren minimalen Residualerkrankung (2). n Die Dreierkombination Obinutuzumab-Ibrutinib-Venetoclax führte in der CLL2-GIVe-Studie bei therapienaiven Hochrisikopatienten zu vielversprechenden Resultaten (3). n Die finale Analyse der ASCEND-Studie bestätigte die Überlegenheit von Acalabrutinib gegenüber Idelalisib/Rituximab und Bendamustin/Rituximab bei rezidivierten/refraktären Patienten (5). SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 3 – KONGRESSAUSGABE AUGUST/SEPTEMBER 2020 33