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2020 EHA25 Virtual
25th Congress of the European Hematology Association, Juni 2020
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0N2eu_eTritSetlandard für rezidivierte/refraktäre Hodgkin-Lymphom-Patienten
Die beim Presidential Symposium präsentierten Resultate der Studie KEYNOTE-204 sprechen sich für Pembrolizumab als neuen Therapiestandard beim rezidivierten/ refraktären Hodgkin-Lymphom aus. Bei den Non-Hodgkin-Lymphomen beeindruckten die Resultate der Dreierkombination Ibrutinib, Obinutuzumab und Venetoclax bei Patienten mit neu diagnostiziertem Mantelzelllymphom.
Eine Re-Induktionstherapie mit anschliessender Hochdosischemotherapie und autologer Stammzelltransplantation (autoSCT) stellt die Standardtherapie für die meisten Patienten mit einem rezidivierten/refraktären (rr) klassischen Hodgkin-Lymphom (cHL) dar. «Für Patienten jedoch, die sich aufgrund einer chemorefraktären Erkrankung, Komorbiditäten oder ihres Alters nicht für dieses Vorgehen eignen, steht keine Standardbehandlung zur Verfügung», erklärte Prof. Dr. med. Pier Luigi Zinzani, Bologna (I).
KEYNOTE-204-Studie bei Hodgkin-Lymphom
Der PD-1-Antikörper Pembrolizumab ist zur Behandlung des rrcHL bei Erwachsenen mit mindestens 3 Vorbehandlungen zugelassen. In der internationalen, randomisierten, offenen Phase-III-Studie KEYNOTE-204 wurde nun ein Vergleich der Wirksamkeit und der Sicherheit von Pembrolizumab und Brentuximab Vedotin (BV) bei rrcHL-Patienten durchgeführt, die sich nicht für eine Transplantation eigneten oder bei denen es nach der autoSCT zu einem Rezidiv kam (1). Insgesamt wurden 304 Patienten 1:1 zu Pembrolizumab (200 mg i.v. Q3W, für bis zu 35 Zyklen) oder BV (1,8 mg/kg i.v. Q3W, für bis zu 35 Zyklen) randomisiert. Der primäre Endpunkt der Studie war das progressionsfreie Überleben (PFS). «In beiden Studienarmen hatten je 37% der Patienten vorgängig eine autoSCT erhalten, je 40% waren primär refraktär und je etwa 5% waren mit BV vorbehandelt», beschrieb Zinzani die Studienpopulation. Etwa 20% der Patienten in jedem Studienarm erhielten anschliessend eine autoSCT.
Signifikant besseres PFS Wie es sich zeigte, führte die Monothera-
pie mit Pembrolizumab im Vergleich zu BV zu einer statistisch signifikanten und klinisch relevanten Verbesserung des PFS (13,2 vs. 8,3 Monate; HR: 0,65; 95%-KI: 0,48–0,88; p = 0,00271). Die 1-Jahres-PFSRate betrug 53,9% mit Pembrolizumab und 35,6% mit BV. «Der PFS-Benefit mit Pembrolizumab konnte auch in verschiedenen Subgruppen beobachtet werden», erläuterte Zinzani weiter. So profitierten auch Patienten mit einer primär refraktären Erkrankung (HR: 0,52; 95%-KI: 0,330,83) sowie Patienten, die noch keine autoSCT erhalten hatten (HR: 0,61; 95%-KI: 0,42– 0,89). Die Gesamtansprechrate (ORR) betrug 65,6% in der mit Pembrolizumab behandelten Gruppe und 54,2% in der Vergleichsgruppe. Je gut 24% der Patienten erreichten ein komplettes Ansprechen (CR). Die Ansprechdauer betrug 20,7 Monate unter Pembrolizumab im Vergleich zu 13,8 Monaten unter BV. Die Inzidenz therapieassoziierter Nebenwirkungen war in beiden Gruppen ähnlich. Die Inzidenz an Ereignissen der Grade 3 bis 5 war bei den mit Pembrolizumab behandelten Patienten tiefer (19,6% vs. 25,0%). «Das Spektrum an beobachteten Nebenwirkungen stimmte mit dem bekannten Profil der beiden Substanzen überein», so Zinzani. Unter Pembrolizumab am häufigsten registriert wurde eine Hypothyreose (15,5%). Im Vergleichsarm trat eine periphere Neuropathie am häufigsten auf (18,4%). «Damit sollte Pembrolizumab als bevorzugte Option und neuer Therapiestandard für rezidivierte oder refraktäre Patienten mit einem cHL angesehen werden, bei denen es nach einer autoSCT zu einem Rezidiv gekommen ist oder die sich nicht für die Transplantation eignen», betonte Zinzani zum Ende seiner Präsentation.
CheckMate 744 bei jungen Patienten
Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene (KJJE) mit rrcHL haben eine schlechte Prognose, vor allem bei fehlendem komplettem metabolischem Ansprechen (CMR) vor der autoSCT. Eine Salvagetherapie mit dem PD-1-Antikörper Nivolumab (Nivo), kombiniert mit BV führt bei Erwachsenen zu einer CMR-Rate von 67% und zu einem 2-Jahres-PFS von 78% (2). In der Phase-II-Studie CheckMate 744 wurde nun die Therapie mit Nivo und BV, danach folgten BV und Bendamustin, bei KJJE mit rrcHL untersucht (3). Die eingeschlossenen Patienten im Alter von 5 bis 30 Jahren (median: 16 Jahre) waren nach einer Erstlinientherapie (ohne autoSCT, ohne Checkpoint-Inhibitor) rezidiviert oder primär refraktär. Insgesamt 43 Patienten erhielten 4 Zyklen einer Induktionstherapie mit Nivo und BV. Patienten ohne CMR – ermittelt durch ein verblindetes, unabhängiges, zentrales Review – erhielten eine Intensivierung, bestehend aus bis zu 4 Zyklen BV und Bendamustin. «Lediglich bei 11 Patienten war eine Intensivierung der Therapie notwendig», erklärte Prof. Dr. med. Christine Mauz-Körholz, Giessen (D), während ihrer Präsentation der Studie. Bei den Patienten mit CMR nach Induktion oder Intensivierung wurde schliesslich eine Konsolidierung (Hochdosischemotherapie/autoSCT) durchgeführt. Der primäre Endpunkt war die CMR-Rate zu einem beliebigen Zeitpunkt vor der Konsolidierung.
Hohe Ansprechraten erreicht Nach einem medianen Follow-up von 20,9 Monaten betrug die CMR-Rate zu einem beliebigen Zeitpunkt vor der Konsolidierung 88%. Die CMR- und die ORRRate nach den 4 Zyklen Induktionstherapie mit Nivo und BV lag bei 59% (bzw. 82%). Bei 9 der 11 Patienten (82%), die eine Intensivierung benötigten, konnte ein CMR erreicht werden. Das 1-Jahres-PFS betrug 91%. «Das von uns gewählte Regime schien zudem die Stamm-
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Tabelle:
Behandlungsplan der therapienaiven Patienten mit Mantelzelllymphom in der OAsis-Studie (5)
Zyklus 1
Zyklus 1b
Zyklus 2
Zyklen Erhaltung
Baseline
W1 W2 W3 W4 W1 W2 W3 W4 W1 W2 W3 W4 Z3–6 Z7–23 Bis Progress
Ibrutinib 560 mg/Tag T2
Obinutuzumab 1g T1 T8 T15 T1 T1 T1 Ab Z8 T1
jeder jeder
Zyklus 2. Zyklus
Venetoclax mg/Tag 20 50 100 200 400 400 400 400
zellmobilisierung und -sammlung nicht zu beeinflussen», führte Mauz-Körholz weiter aus. Im Median lagen 70 Tage zwischen Behandlungsbeginn und Stammzellmobilisierung (durchgeführt bei 40 Patienten). «Die Induktionstherapie mit Nivo und BV wurde im Allgemeinen gut vertragen», so die Rednerin weiter. Bei 70% der Patienten kam es zu einer Nebenwirkung (alle Grade, 18% Grad 3 bis 4). Die häufigsten Nebenwirkungen in der Induktionsphase waren Überempfindlichkeitsreaktionen, Übelkeit und Erbrechen (alle Grad 1 bis 2). Während der Intensivierung wurde bei 73% der Patienten eine Nebenwirkung registriert (27% Grad 3 bis 4). Am häufigsten waren Übelkeit, Erbrechen und infusionsassoziierte Reaktionen. Es wurden tiefe Raten hämatologischer Nebenwirkungen und peripherer Neuropathien registriert. Auch immunvermittelte Nebenwirkungen traten selten auf und waren überwiegende vom Grad 1 bis 2. Mauz-Körholz meinte abschliessend: «Unsere responseadaptierte Salvagestrategie führte zu hohen CMR-Raten. Nur wenige Patienten benötigten eine Intensivierung mit Bendamustin. Es braucht nun ein weiteres Follow-up, um die Beständigkeit des Ansprechens zu bestätigen.»
OAsis-Studie: Dreierkombination beim unbehandelten Mantelzelllymphom
Positive Resultate präklinischer Untersuchungen lieferten die Rationale dafür, Ibrutinib, Venetoclax und Obinutuzumab bei Patienten mit Mantelzelllymphom kombiniert einzusetzen (4). In der in Frankreich und Grossbritannien durchgeführten OAsis-Studie wurden diese Substanzen in 3 verschiedenen Kohorten
eingesetzt. Prof. Dr. med. Steven Le Gouill, Nantes (F), präsentierte die Resultate der Kohorte C, die therapiebedürftige, neu diagnostizierte Patienten einschloss (5). Die Tabelle zeigt den Behandlungsplan dieser Patienten. Dabei war es den Prüfärzten freigestellt, Ibrutinib nach Abschluss der Erhaltungstherapie bis zum Progress weiterzugeben. 15 Patienten mit einem medianen Alter von 65 Jahren wurden eingeschlossen. 2 Patienten wiesen eine TP53-Mutation auf, 6 Patienten eine del(17p) und 2 Patienten eine IGHV-Mutation. Le Gouill ging zuerst auf die Sicherheit der Therapie ein. Wie er betonte, wurde die Therapie gut vertragen. In den Zyklen 1 bis 6 traten bei 5 Patienten Grad-3- und bei 3 Patienten Grad-4-Nebenwirkungen auf. «Die Verträglichkeit bei den therapienaiven Patienten war generell deutlich besser als in den beiden anderen Kohorten der Studie, in denen rezidivierte und refraktäre Patienten eingeschlossen waren», erklärte er.
Alle Patienten überleben das erste Therapiejahr Ein Ansprechen gemäss Cheson-99-Kriterien zeigte sich nach Zyklus 2 bei allen 15 Patienten (8 CR/CRu, 7 PR). Nach Zyklus 6 fand sich eine Ansprechrate von 93% (12 CR/CRu, 2 PR). Am Ende des 3. Zyklus waren im peripheren Blut alle hinsichtlich einer minimalen Residualerkrankung (MRD) auswertbaren Patienten (n = 12) MRD-negativ. Am Ende von Zyklus 6 waren alle auswertbaren Patienten sowohl im Blut (n = 11) als auch im Knochenmark (n = 10) MRD-negativ. «Der Anteil an MRD-negativen Patienten war in dieser Kohorte deutlich höher als in den beiden anderen Kohorten mit rezidivierten und refraktären Patienten», kommentierte Le Gouill. «Die Wirksamkeit dieser Kombination scheint also besser
zu sein, wenn sie früh gegeben wird.» Bei
einem medianen Follow-up von 14 Mo-
naten ist bisher 1 Patient progredient.
«Interessanterweise wies dieser Patient
weder eine TP53-Mutation noch eine
del(17p) auf.»
Die 1-Jahres-PFS-Rate betrug 93,3% und
das 1-Jahres-OS 100%. «Damit ist die
Dreifachtherapie eine sehr attraktive Op-
tion, die im Rahmen grösserer Studien
untersucht werden muss. In einem nächs-
ten Schritt, in der OAsis-II-Studie, wer-
den wir deshalb Ibrutinib plus CD20-An-
tikörper plus Venetoclax mit der
Kombination Ibrutinib plus CD20-Anti-
körper bei bisher unbehandelten Patien-
ten vergleichen. Die Studie sollte Ende
2020 starten», schloss er seine Präsenta-
tion.
n
Therese Schwender
Quelle: 25th Congress of the European Hematology Association, Juni 2020.
Auf einen Blick
n Bei rezidivierten/refraktären Patienten mit klassischem Hodgkin-Lymphom erreichte Pembrolizumab im Vergleich zu Brentuximab Vedotin eine statistisch signifikante und klinisch relevante Verbesserung des PFS (13,2 vs. 8,3 Monate; HR: 0,65; 95%-KI: 0,48–0,88; p = 0,00271) (1).
n Bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit rezidiviertem/refraktärem Hodgkin-Lymphom bewirkte Nivolumab plus Brentuximab Vedotin hohe Ansprechraten (3).
n Beim unbehandelten Mantelzelllymphom führten Ibrutinib, Obinutuzumab und Venetoclax zu sehr attraktiven Resultaten bei guter Verträglichkeit (5). Die Kombination wird nun weiter untersucht.
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Referenzen 1. Zinzani PL et al.: Phase 3, randomized, open-label study of Pembrolizumab versus brentuximab vedotin for treatment of relapsed or refractory classical Hodgkin lymphoma: KEYNOTE-204. EHA 2020, Abstract # LB2600. 2. Moskowitz AJ et al.: Brentuximab Vedotin and Nivolumab for Relapsed or Refractory Classic Hodgkin Lymphoma: LongTerm Follow-up Results from the Single-Arm Phase 1/2 Study. Blood 2019; 134 (Supplement_1): Abstract #238. 3. Mauz-Körholz C et al.: Response-adapted therapy with nivolumab + brentuximab vedotin in children, adolescents, and young adults with standard-risk relapsed/refractory classical hodgkin lymphoma: checkmate 744. EHA 2020, Abstract #S224. 4. Chiron D et al.: Rational Targeted Therapies to Overcome Microenvironment-Dependent Expansion of Mantle Cell Lymphoma. Blood 2016; 128: 2808–2818. 5. Le Gouill S et al. : Ibrutinib, venetoclax plus obinutuzumab in newly diagnosed mantle cell lymphoma patients: OASIS phase I/II trial. EHA 2020, Abstract #S228.
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