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ASCO 2020 Virtual
Annual Meeting of the American Society of Clinical Oncology, 29. bis 31. Mai 2020
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0K2om_Tbiitneal tionstherapien wirken länger und effektiver
Für eine Therapie des malignen Melanoms muss eine Entscheidung zwischen den Strategien «Immuntherapie» und «zielgerichtete Therapie bei Vorliegen einer BRAF-Mutation» getroffen werden. Dabei spielen die Langzeitergebnisse und die Therapiedauer der neuen klinischen Studien eine entscheidende Rolle. Beim diesjährigen ASCO-Jahreskongress wurde die Frage beantwortet, ob nach PD-1-Monotherapie die kombinierte Immuntherapie Wirksamkeit zeigt.
Langzeitdaten für die zielgerichtete adjuvante Therapie
Mit einer Nachbeobachtungszeit von nunmehr 60 Monaten wurde eine langfristige Wirksamkeit für die zielgerichtete Kombination mit BRAF-/MEK-gerichteten Substanzen bei BRAF-mutierten Tumoren in der Adjuvanz bestätigt (1). Der primäre Endpunkt der COMBI-AD-Studie war ein signifikanter Unterschied im rezidivfreien Überleben (RFS) bei Behandlung mit Dabrafenib und Trametinib versus Plazebo. Mit der verlängerten Nachbeobachtungszeit wurde der primäre Endpunkt auch bezüglich einer langfristigen Wirksamkeit bestätigt. Während nach 36 Monaten 59% der Patienten im experimentellen Arm ohne Rezidiv waren, waren es nach 48 Monaten noch 55% und nach 60 Monaten noch 52% der Patienten. Parallel waren im Plazeboarm 39%, 38% und 36% der Patienten ohne Rezidiv. Das Risiko, ein Rezidiv zu entwickeln, wurde mit der Kombinationstherapie um 49% signifikant reduziert (HR: 0,51; 95%-KI: 0,42–0,61). In Subgruppenanalysen zeigten sich diesbezügliche Vorteile für Patienten im AJCC7-Stadium IIIA (HR: 0,61; 95%-KI: 0,35–1,07), IIIB (HR: 0,50; 95%-KI: 0,37–0,67) und IIIC (HR: 0,48; 95%-KI: 0,36–0,64). Das Auftreten von Fernmetastasen als erstes Rezidiv wurde nach 60 Monaten für 65% (Verumarm) versus 54% (Plazeboarm) der Patienten berichtet (HR: 0,55; 95%-KI: 0,44–0,70).
4-Jahres-Daten für zielgerichtete Therapie in palliativem Setting
Für die meisten Zulassungsstudien zur Behandlung von Melanompatienten im palliativen Setting liegen ebenfalls Lang-
zeitergebnisse vor. Die dreiarmige Phase-III-Studie COLUMBUS verglich Encorafenib plus Binimetinib (COMBO450) versus Encorafenib versus Vemurafenib bei Patienten mit BRAF V600E/K-mutiertem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Melanom. Insgesamt wurden 577 Patienten mit neu diagnostizierter Erkrankung oder Progress nach einer Immuntherapie in der Erstlinie eingeschlossen. Beim ASCO-Kongress 2020 wurden die 4-Jahres-Daten zum progressionsfreien Überleben (PFS) und Gesamtüberleben (OS) veröffentlicht (2). Die 1-, 2-, 3- und 4-Jahres-Raten unter COMBO450 betrugen für das PFS 56%, 37%, 29% und 26% und für das OS 76%, 58%, 47% und 39%. Im Vergleich zur Monotherapie mit Vemurafenib wurde das Risiko zu versterben um 39% reduziert (HR: 0,61; 95%-KI: 0,48–0,78). Es wurden keine neuen Sicherheitssignale beobachtet.
Hohe Wirksamkeit trotz reduzierten Ipilimumab-Gaben
Mit den Immuntherapien wurde für einen Teil der Melanompatienten eine anhaltende Wirksamkeit nachgewiesen, weshalb die Frage nach der optimalen Therapiedauer laut wird. Unter der immunonkologischen Kombination von Nivolumab plus Ipilimumab zeigen Patienten mit nicht resezierbarem Melanom im Stadium III oder IV hohe Ansprechraten von 58% sowie lang anhaltende Remissionen. Vorgesehen sind 4 Zyklen mit 1 mg/kg Nivolumab plus 3 mg/kg Ipilimumab, danach folgt eine Erhaltungstherapie mit 3 mg/kg Nivolumab bis zum Tumorprogress. Da Patienten, die die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen abbrachen, ebenso gut von der Therapie
zu profitieren scheinen wie Patienten mit kontinuierlicher Therapie, wurde nun in der Phase-II-Studie von Postow und Kollegen der Nutzen von mehr als zwei Dosen der Kombinationstherapie, danach folgte Nivolumab, hinterfragt (3). 60 Patienten mit nicht resezierbarem Melanom im Stadium III/IV ohne vorherige PD-1- oder CTLA4-gerichtete Therapie erhielten zwei Dosen Nivolumab (1 mg/kg) plus Ipilimumab (3 mg/kg). Wurde nach 6 Wochen kein Tumorwachstum festgestellt, erhielten die Patienten eine Nivolumab-Erhaltungstherapie. Betrug das Tumorwachstum > 4 % nach 6 Wochen, erhielten die Patienten zwei weitere Dosen Nivolumab plus Ipilimumab. Nach 12 Wochen wurde der Therapieerfolg erneut kontrolliert. Der primäre Endpunkt der Studie war das Ansprechen nach 12 Wochen.
Die Hälfte spricht nach 3 Monaten an – 80% überleben 18 Monate Das Ansprechen nach RECIST-1.1-Kriterien betrug 35% in Woche 6 und 48% in Woche 12. Bei 68% der Patienten wurde nach 6 Wochen eine Remission oder zumindest kein Tumorwachstum festgestellt, dabei hatten 7 dieser Patienten nur eine Dosis Nivolumab plus Ipilimumab erhalten. Von den 19 Patienten (32%) mit Tumorwachstum > 4 % zeigte kein Patient zu einem späteren Zeitpunkt ein Ansprechen, obwohl 12 der 19 Patienten ≥ 3 Dosen Nivolumab plus Ipilimumab erhielten. Nach 6 Monaten befanden sich 87% und nach 12 Monaten 77% der Studienteilnehmer mit Ansprechen innerhalb von 12 Wochen in anhaltender Remission. Mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 22,3 Monaten für überlebende Patienten war das mediane PFS noch nicht erreicht. Nach 6 Monaten waren 66% der Studienteilnehmer ohne Progress, nach 12 Monaten 60% und nach 18 Monaten 55%. Die OS-Raten betrugen 90% (6 Monate), 81% (12 Monate) und 80% (18 Monate). Wirksamkeit und Nebenwirkungen durch die immunonkologische Therapie mit Nivolumab plus
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Ipilimumab wurden hauptsächlich von den ersten zwei Dosen der Kombinationstherapie getrieben. Erste korrelative Auswertungen weisen sogar darauf hin, dass immunologische Effekte nur nach der ersten Dosis auftreten.
Kombinierte Checkpoint- nach Anti-PD-1-Monotherapie
Aus den Ergebnissen der Studien KEYNOTE-006 und CheckMate 066 kann geschlossen werden, dass etwa zwei Drittel der Melanompatienten eine Resistenz gegen die Monotherapie mit einem PD-1-Inhibitor aufweisen oder entwickeln. Da jedoch mit der Kombination der CTLA4- und PD-1-Blockade in der CheckMate-067-Studie eine verbesserte Wirksamkeit gegenüber den Monotherapien gezeigt werden konnte, stellt sich die Frage, ob Patienten mit Resistenz gegenüber einem PD-L1-Inhibitor von Ipilimumab oder der Kombination von Ipilimumab plus PD-L1-Inhibitor profitieren können. In einer multizentrischen, retrospektiven Studie gingen Da Silva und Kollegen dieser Frage nach und identifizierten 355 Patienten, die nach PD-1-Monotherapie einen Krankheitsrückfall oder -progress zeigten und nachfolgend mit Ipilimumab (n = 162) oder Ipilimumab plus PD-1-Inhibitor (n = 193) behandelt wurden (4). Die eingeschlossenen Patienten waren in 12% der Fälle einer adjuvanten und in 88% einer palliativen Therapie unterzogen worden. 75% der Patienten mit metastasierter Erkrankung wiesen initiale Resistenzen (mediane Zeit bis Progress: 2,7 Monate) und 26% erworbene Resistenzen (mediane Zeit bis Progress: 9,5 Monate) auf. Die Patientencharakteristik der Kohorten mit Ipilimumab-Monotherapie und Ipilimumab plus PD-1-Inhibitor als Nachfolgetherapie unterschied sich bezüglich des Alters, des Mutationsstatus, des Allgemeinzustands und des Vorliegens von Hirnmetastasen: Insgesamt wurden ältere Patienten mit schlechtem
Allgemeinzustand und BRAF-/NRASWildtyp-Tumoren häufiger mit der Ipilimumab-Monotherapie behandelt, wohingegen Patienten mit Hirnmetastasen eher die Kombination erhielten.
Kombination reduziert das Sterberisiko um die Hälfte Ipilimumab plus PD-1-Inhibitor erwies sich in der retrospektiven Analyse als wirksamer, verglichen mit der Monotherapie: Ein Ansprechen wurde bei 32% versus 13% sowie eine stabile Erkrankung bei 9% versus 14% der Patienten beobachtet. Die Dauer des Ansprechens betrug median 11,6 versus 9,0 Monate. Das Risiko für einen Progress war unter der Kombination signifikant um 33% verringert gegenüber der IpilimumabMonotherapie (HR: 0,67; 95%-KI: 0,53– 0,85; p = 0,0005), mit 6-, 12- und 18-Monats-PFS-Raten von 38% versus 19%, 25% versus 13% sowie 22% versus 18%. Das Risiko zu versterben konnte durch die Kombination von CTLA4- und PD-1Blockade um 49% gegenüber der alleinigen Ipilimumab-Therapie reduziert werden (HR: 0,51; 95%-KI: 0,38–0,67; p < 0,0001). Nach 6 Monaten lebten 74% versus 58%, nach 12 Monaten 58% versus 38% und nach 18 Monaten 53% versus 25% der Patienten. Das Sicherheitsprofil war in beiden Kohorten vergleichbar.
Ipilimumab plus Pembrolizumab nach PD-1-Monotherapie
Prospektiv wurde das Thema der kombinierten Immuntherapie nach Progress unter PD-1-Monotherapie in einer PhaseII-Studie aufgegriffen, die die Wirksamkeit und die Sicherheit von niedrig dosiertem Ipilimumab (4 Zyklen á 1mg/kg, q3w) plus Pembrolizumab (200 mg, q3w) untersuchte (5). In der Studie von Olson und Kollegen (5) wurden 70 Patienten eingeschlossen mit nicht resektablem oder metastasiertem Melanom und bestätigtem Progress unter einem PD-1-Antikörper oder innerhalb von 6 Monaten
nach adjuvanter Therapie. Eine vorangegangene BRAF-gerichtete Therapie war erlaubt. Ein Ansprechen wurde bei 27% der Patienten beobachtet mit einer medianen Dauer des Ansprechens von 18,5 Monaten. Das PFS betrug median 5,0 Monate (95%-KI: 2,8–8,3) und das OS median 24,7 Monate (95%-KI: 15,2 – nicht erreicht). Eine Aktivität der Kombinationstherapie war auch bei Tumoren mit einem nicht inflammatorischen T-ZellGenexpressionsprofil gegeben. Therapieassoziierte Nebenwirkungen von Grad 3 bis 4 traten bei 27% der Patienten auf.n
Ine Schmale
Quelle: ASCO20 Virtual Scientific Program, 29. bis 31. Mai 2020
Referenzen: 1. Hauschild A et al.: Long-term benefit of adjuvant dabrafenib plus trametinib in patients with resected stage III BRAF V 600-mutant melanoma: 5-year analysis of COMBI-AD. ASCO 2020, Abstr. #10001 2. Gogas HJ et al.: Update on overall survival in COLUMBUS: A randomized phase 3 trial of encorafenib plus binimetinib vs vemurafenib or ENCO in patients with BRAF V600-mutant melanoma. ASCO 2020, Abstr. #10012 3. Postow MA et al.: A phase II study to evaluate the need for > 2 doses of nivolumab + ipilimumab combination immunotherapy in patients with unresectable stage III/IV melanoma. ASCO 2020, Abstr. #10003 4. Da Silva IP et al.: Ipilimumab alone or in combination with anti-PD-1 in patients with metastatic melanoma resistant to PD1 monotherapy. ASCO 2020, Abstr. #10005 5. Olson DJ et al.: Significant antitumor activity for low-dose ipilimumab with pembrolizumab immediately following progression on PD1 Ab in melanoma in a phase II trial. ASCO 2020, Abstr. #10004
Auf einen Blick
n Langzeitdaten zeigen eine lange Wirksamkeit für die BRAF-/MEK-gerichtete Therapie in der adjuvanten sowie dem palliativen Setting.
n Bei der Gabe von Ipilimumab plus Nivolumab (danach folgt eine Nivolumab-Monotherapie) sind möglicherweise 2 anstatt 4 Zyklen der Kombination ausreichend, um eine vergleichbare Wirksamkeit zu erzielen.
n Der initialen und erworbenen Resistenz gegenüber einem PD-1-Antikörper kann durch die Kombination von CTLA4- und PD-1-Inhibitoren entgegengewirkt werden.
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