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2020 EHA25 Virtual
25th Congress of the European Hematology Association, Juni 2020
0M1u_lLtipnilens tMiteylelom
0Fo2r_tTsictherlitte in der Behandlung rezidivierter und refraktärer Patienten
Gerade für Myelompatienten mit einer rezidivierten oder refraktären Erkrankung besteht weiterhin Bedarf an wirksamen Therapieoptionen. Am EHA-Kongress 2020 wurden dazu interessante Daten mit dem neuen monoklonalen Antikörper Isatuximab präsentiert. Auch bei neu diagnostizierter Erkrankung wird die Therapie unter anderem mit neuer Proteasomhemmung (Ixazomib) weiter verfeinert, von der insbesondere Hochrisikopatienten profitieren können.
Auch wenn sich die Therapie von Patienten mit einem rezidivierten/refraktären multiplen Myelom (RRMM) in den letzten Jahren verbessert hat, sind Rückfälle unvermeidlich. Deshalb geht die Suche nach neuen, wirksamen Optionen weiter.
IKEMA-Studie mit Dreierkombination
In diesem Zusammenhang präsentierte Philippe Moreau, Nantes (F), in der Late-Breaking-Oral-Session erstmals die Resultate der Interimsanalyse der PhaseIII-Studie IKEMA, in welcher RRMM-Patienten bis zum Progress oder bis zu einer nicht mehr akzeptablen Toxizität entweder Isatuximab plus Carfilzomib und Dexamethason (Isa-Kd) oder Carfilzomib und Dexamethason (Kd) erhielten (1). Der primäre Endpunkt war das progressionsfreie Überleben (PFS).
Isa-Kd: Zu 47% tieferes Risiko für Progress oder Tod Insgesamt wurden 302 RRMM-Patienten (179 Isa-Kd, 123 Kd) mit einem medianen Alter von 64 Jahren eingeschlossen. In beiden Behandlungsarmen waren 10% der Patienten > 75 Jahre alt. Etwa 25% der Studienteilnehmenden wiesen eine Hochrisikozytogenetik auf. Sie hatten im Schnitt 2 Vortherapien erhalten, darunter zu 90% einen Proteasominhibitor und zu 78% einen immunmodulierenden Wirkstoff (IMiD). «Rund 30% der Patienten waren zu Studienbeginn Lenalidomidrefraktär», ergänzte Moreau. Im Isa-KdArm führen derzeit 52% der Patienten die Behandlung fort, während das im Vergleichsarm bei 30,9% der Patienten der Fall ist. Ein Fortschreiten der Erkrankung oder Nebenwirkungen führten bei
37,4% der Patienten unter Isa-Kd sowie bei 53,7% der Patienten unter Kd zum Therapieabbruch. Nach einem medianen Follow-up von 20,7 Monaten war das mediane PFS (ermittelt durch ein unabhängiges ReviewKomitee) unter Isa-Kd noch nicht erreicht. Unter Kd betrug es 19,15 Monate (HR: 0,531; 95%-KI: 0,318–0,889; p = 0,0007). «Damit stimmt das in unserer Studie unter Kd beobachtete mediane PFS gut mit den Resultaten der Endeavour-Studie überein. Hier erreichte die Kombination ein medianes PFS von 18,7 Monaten. Kd ist damit ein guter Kontrollarm für diese Studie», erläuterte Moreau. Der PFS-Vorteil für Isa-Kd gegenüber Kd zeigte sich auch in allen untersuchten Subgruppen. Beide Behandlungsarme führten gleichermassen zu hohen Gesamtansprechraten (ORR) von 86,6% unter Isa-Kd und von 82,9% unter Kd (p = 0,1930). «Die Zugabe von Isatuximab vermochte jedoch die Qualität des Ansprechens zu verbessern», kommentierte der Redner. So bewirkte Isa-Kd eine signifikant bessere Rate eines mindestens sehr guten partiellen Ansprechens (VGPR). Auch der Anteil der Patienten in der Intention-to-Treat-Population, bei denen keine minimale Residualerkrankung (MRD, 10-5) mehr nachweisbar war, lag unter Isa-Kd mit 29,6% höher als unter Kd mit 13%. «Das ist bemerkenswert, was die Verbesserung beim PFS erklären kann», so Moreau. Schliesslich verlängerte Isa-Kd im Vergleich zu Kd signifikant auch die Zeit bis zur nächsten Behandlung. Hinsichtlich Gesamtüberleben (OS) ergab die aktuelle Auswertung keinen Unterschied, allerdings sind die Daten für diese Analyse auch noch nicht reif genug.
In Bezug auf die Verträglichkeit zeigte sich, dass Isa-Kd zu höheren Raten an therapieassoziierten Nebenwirkungen > Grad 3 führte als Kd. Jedoch ging das nicht mit einer erhöhten Mortalität, einer erhöhten Rate an schweren Nebenwirkungen oder einer höheren Rate an Therapieabbrüchen einher. Abschliessend meinte Moreau: «Isa-Kd könnte damit einen möglichen neuen Standard für die Behandlung von Patienten mit einem rezidivierten multiplen Myelom darstellen.»
KarMMa-Studie: CAR-T-ZellTherapie bei stark vorbehandelten Patienten
In die Phase-II-Studie KarMMa wurden 140 Myelompatienten mit durchschnittlich 6 Vortherapien (inkl. IMiD, Proteasominhibitor und Anti-CD38-Antikörper) eingeschlossen, die refraktär auf ihre letzte Therapielinie waren (2). Insgesamt 128 von ihnen erhielten mit Idecabtagen Vicleucel (Ide-Cel) eine BCMA-gerichtete (BCMA = B-cell maturation antigen) CAR-T-Zell-Therapie mit einem Zieldosisniveau von 150 bis 450 × 106 CAR-TZellen. Der primäre Endpunkt der Studie war die ORR. Bei einem medianen Follow-up von 11,3 Monaten zeigte sich eine ORR von 73% in der Gesamtpopulation und von 81% in der Gruppe mit der höchsten Dosis (450 × 106). Die Rate eines kompletten Ansprechens (CR) betrug in der Gesamtpopulation 31% (35% bei 450 × 106). Von den 42 Patienten mit CR respektive stringentem CR (sCR) erwiesen sich 79% als MRD-negativ (21% waren nicht auswertbar). Ein klinisch relevantes Ansprechen zeigte sich auch bei den Patienten > 65 Jahre, bei Patienten mit Hochrisikozytogenetik und bei 3- sowie 5-fach refraktären Patienten.
Medianes PFS: 11,3 Monate unter Hochdosistherapie Das mediane PFS lag bei 8,6 Monaten für die Gesamtkohorte und bei 11,3 Monaten für die höchste Dosisgruppe. Die
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mediane Ansprechdauer betrug 10,6 Monate. Als Nebenwirkungen wurden insbesondere Zytopenien (97%), ein Zytokin-Release-Syndrom (84%, meist Grad 1 bis 2) und Infektionen (69%) registriert. Die Autoren schlossen daraus, dass IdeCel bei diesen stark vorbehandelten Patienten in der Lage ist, zu tiefen und dauerhaften Remissionen zu führen, und dass diese CAR-T-Zell-Therapie eine attraktive Option für Patienten darstellt, die schon IMiD, Proteasominhibitoren und Anti-CD38-Antikörper erhalten haben.
TOURMALINE-MM4-Studie mit Ixazomib als Erhaltungstherapie
Auch zur Behandlung neu diagnostizierter Patienten wurden einige Arbeiten vorgestellt. Die Phase-III-Studie TOURMALINE-MM4 untersuchte den oralen Proteasominhibitor Ixazomib (n = 425) im Vergleich zu Plazebo (n = 281) als Erhaltungstherapie (bis zu 2 Jahre Dauer) nach einer Standardinduktion bei neu diagnostizierten, nicht transplantablen MM-Patienten (3). Nach einem medianen Follow-up von 21,1 Monaten zeigte sich für Ixazomib im Vergleich zu Plazebo eine statistisch signifikante und klinisch relevante Verbesserung des medianen PFS (17,4 vs. 9,4 Monate; HR: 0,659; 95%KI: 0,542–0,801; p < 0,001). Auch Patienten im Alter > 75 Jahre und mit einer Erkrankung im ISS-Stadium III konnten von der Erhaltungstherapie profitieren. Das Nebenwirkungsprofil erwies sich insgesamt als gut. Wie der Präsentator dieser Resultate, Prof. Dr. med. Meletios Dimopoulos, Athen, erklärte, war die Lebensqualität der Patienten in beiden Behandlungsarmen gleich gut und blieb über die gesamte Studiendauer erhalten. Er fasste schliesslich zusammen: «Ixazomib stellt die erste orale Proteasominhibitor-Erhaltungstherapie für neu diagnostizierte, nicht transplantable Myelompatienten dar. Gerade auch für ältere Patienten könnte diese Form der Erhaltungstherapie aufgrund ihrer Verträglichkeit und des Komforts, der mit einer oralen Therapie einhergeht, eine gute Option darstellen.»
SWOG-1211-Studie: Elotuzumab/VRd bei Hochrisikopatienten
Saad Usmani, Charlotte (USA), präsentierte die Resultate der primären Analyse der SWOG-1211-Studie (4). In dieser Phase-II-Studie wurden ausschliesslich neu diagnostizierte MM-Patienten mit hohem Risiko eingeschlossen. Diese weisen trotz der heute verfügbaren Behandlungsoptionen nach wie vor eine schlechte Prognose auf. Die Patienten erhielten 1:1 randomisiert Bortezomib, Lenalidomid und Dexamethason (VRd) mit oder ohne Elotuzumab (Elo) als Induktionstherapie (8 Zyklen à 21 Tage), danach folgte eine dosisattenuierte Erhaltungstherapie (28-tägige Zyklen) bis zum Rezidiv/Progress oder bis zum Abbruch aufgrund von Toxizitäten. «Zu dem Zeitpunkt, als die Studie designt wurde, galt VRd als Standardtherapie für neu diagnostizierte Myelompatienten. Die Daten zeigten, dass Elo bei Hochrisikopatienten ähnliche Ansprechraten zu erreichen vermag wie bei Patienten mit Standardrisiko. Aus diesen Gründen wurden Elo und VRd für diese Studie gewählt», begründete Usmani das Vorgehen. Um für die SWOG-1211-Studie als Hochrisikopatient zu gelten, mussten die Patienten eines der folgenden Kriterien erfüllen: einen schlechten Prognosescore im Genexpressionsprofil, eine oder mehrere zytogenetische Anomalien (t[14;20], t[14;16], del[17p], ampl1q21), eine primäre Plasmazelleukämie oder einen erhöhten LDH-Serumspiegel (> 2 × ULN). Analysiert wurden bisher die Daten von 48 Patienten mit Elo-VRd und 52 Patienten mit VRd.
Keine signifikanten Unterschiede beim PFS und OS Nach einem medianen Follow-up von 53 Monaten zeigte sich kein Unterschied im PFS, dem primären Endpunkt der Studie (medianes PFS für Elo-VRd 31 vs. 34 Monate für VRd, p = 0,449). Auch beim OS und bei der ORR ergab sich kein signifikanter Unterschied. «Bei den Sicherheitsprofilen zeigte sich ebenfalls kein Unterschied, mit Ausnahme von Neu-
tropenien, Infektionen und Neuropathien
von Grad 3 oder höher, die unter Elo-VRd
häufiger auftraten», erklärte Usmani.
Da bisher keine randomisierten Studien
durchgeführt worden sind, in die aus-
schliesslich Hochrisikopatienten einge-
schlossen waren, ist Usmani der Mei-
nung, dass die SWOG-1211-Studie
wichtige Vergleichswerte für zukünftige
Studien in dieser Population geliefert
hat. «Zudem haben PFS und OS, die wir
in beiden Studienarmen beobachten
konnten, unsere ursprüngliche statisti-
sche Annahme übertroffen, was damit
die Rolle einer Proteasominhibitor-
IMiD-Kombination in der Erhaltungsthe-
rapie von Hochrisikopatienten unter-
stützt», schloss er.
n
Therese Schwender
Quelle: 25th Congress of the European Hematology Association, Juni 2020.
Referenzen: 1. Moreau P et al.: Isatuximab plus carfilzomib and dexamethasone vs carfilzomib and dexamethasone in relapsed/refractory multiple myeloma (IKEMA): interim analysis of a phase 3, randomized, open-label study. EHA 2020, Abstract #LBA2603. 2. San Miguel J et al. : Idecabtagene vicleucel (ide-cel; bb2121), a BCMA-targeted CAR T cell therapy, in patients with relapsed and refractory multiple myeloma: initial KarMMa results. EHA 2020, Abstract #S209. 3. Dimopoulos MA et al.: Ixazomib vs placebo as post-induction maintenance therapy in newly diagnosed multiple myeloma patients not undergoing autologous stem cell transplant: phase 3 TOURMALINE-MM4 trial. EHA 2020, Abstract #S200. 4. Usmani S et al.: Primary analysis of the randomized phase II trial of bortezomib, lenalidomide, dexamethasone with/without elotuzumab for newly diagnosed, high risk multiple myeloma (SWOG-1211). EHA 2020, Abstract #S201.
Auf einen Blick
n Bei Patienten mit rezidiviertem/refraktärem Myelom wurde das Risiko für Progression oder Tod durch die Zugabe von Isatuximab zu Carfilzomib und Dexamethason signifikant um 47% reduziert (1).
n Patienten mit durchschnittlich 6 Vortherapien profitierten von einer Behandlung mit Idecabtagen Vicleucel, einer BCMA-gerichteten (BCMA = B-cell maturation antigen) CART-Zell-Therapie (2).
n Eine Post-Induktions-Erhaltungstherapie mit dem oralen Proteasominhibitor Ixazomib verbesserte das PFS von neu diagnostizierten, nicht transplantablen Patienten signifikant und klinisch relevant (3).
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