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SAKK 80/20 Outcome und Prognose von Krebspatienten mit Coronavirus-Infektion
Eine Infektion mit dem Coronavirus SARSCoV-2, Verursacher der COVID-19-Pandemie, ist besonders gefährlich für ältere Menschen und Personen mit schweren Vorerkrankungen. Mit der Studie SAKK 80/20 will man herausfinden, wie sich eine COVID-19-Erkrankung bei Krebspatienten auswirkt.
Ende Dezember 2019 erkrankten die ersten Patienten in Wuhan, China, an Pneumonien, die durch das neu entdeckte SARS-CoV-2 verursacht wurden. Von China aus verbreitete sich das Virus auf der ganzen Welt und führte ab Februar 2020 zu einer Pandemie. Infektionen mit SARS-CoV-2 können zu schweren Pneumonien mit Beatmungsbedürftigkeit, multiplem Organversagen und zum Tod führen. Schwere Verläufe betreffen vor allem alte Menschen und Personen mit chronischen Vorerkrankungen wie Diabetes mellitus, Herz-Kreislauf-Krankheiten oder Krebs.
COVID-19 bei Krebspatienten
Krebspatienten sind wegen der systemischen Immunsuppression (aufgrund der Erkrankung und/oder der Krebstherapien) anfälliger für Infektionen als Personen ohne Krebs. Deshalb haben Krebspatienten mit COVID-19 möglicherweise ein erhöhtes Risiko für einen schlechten Verlauf und eine schlechtere Prognose. Momentan ist über diese Zusammenhänge nur wenig bekannt. Genauere Kenntnisse wären aber wichtig, weil sie Auswirkungen auf die Behandlung von Krebspatienten haben könnten, zum Beispiel Verschiebung von adjuvanten Chemotherapien oder elektiven Operationen bei stabilen Krebspatienten in Endemiegebie-
ten, verstärkter persönlicher Infektionsschutz für Krebspatienten oder intensivere Überwachung und Behandlung von Krebspatienten mit COVID-19.
Welche Faktoren beeinflussen die Prognose?
In der Beobachtungsstudie SAKK 80/20 (CaSA-Studie) werden die Zusammenhänge zwischen COVID-19 und Krebserkrankungen untersucht. Primärer Endpunkt ist der Verlauf von COVID-19-Infektionen unter den teilnehmenden Krebspatienten, etwa die Raten der Hospitalisationen, der Behandlungen auf Intensivstationen und der Todesfälle. Sekundärer Endpunkt sind Faktoren, welche die Prognose der Patienten beeinflussen könnten, beispielsweise Geschlecht, Alter, Art der Krebskrankheit (solide Tumoren oder maligne hämatologische Erkrankungen), Stadium der Tumorkrankheit, vorangegangene Krebstherapien usw.
Real-World-Daten aus Schweizer Spitälern
Als Grundlage für die Analysen dienen RealWorld-Daten aus Behandlungszentren in der Schweiz, die Mitglieder der SAKK sind. In diesen Zentren tätige Onkologen werden kontaktiert und eingeladen, in die Studie Patienten einzuschliessen, die zwischen 1. März 2020 und 28. Februar 2021 positiv auf SARSCoV-2 getestet wurden und gleichzeitig an einer Krebserkrankung leiden. Die behandelnden Onkologen erfassen die klinisch relevanten Daten zu den Patienten in einer Datenbank. Ein systematischer Follow-up ist nicht geplant, doch können mögliche Langzeitkomplikationen von COVID-19 erfasst werden. Da es sich um eine Beobachtungs-
studie ohne Interventionen handelt, werden die teilnehmenden Patienten nicht zusätzlich belastet. Diese Studie wird unterstützt durch Forschungsvereinbarungen mit folgenden Institutionen: Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI), Stiftung Krebsforschung Schweiz und Krebsliga Schweiz.
Studienname: Outcome and prognostic factors of SARS CoV-2 infection in cancer patients: A crosssectional study.
Teilnehmende Zentren: Kantonsspital Aarau Kantonsspital Baden Basel/Claraspital Universitätsspital Basel Bellinzona/EOC – Istituto Oncologico della Svizzera Italiana Bern/Inselspital Spitalzentrum Biel Kantonsspital Graubünden Hôpital Fribourgeois – Hôpital Cantonal Hôpitaux Universitaires de Genève CHUV – Centre hospitalier universitaire vaudois Luzerner Kantonsspital Kantonsspital Olten – Solothurner Spitäler Hôpital du Valais, Hôpital de Sion Bürgerspital Solothurn – Solothurner Spitäler Kantonsspital St. Gallen Spital STS AG Thun Network – Spital Thurgau Kantonsspital Winterthur Hirslanden Klinik Hirslanden Hirslanden Klinik Im Park Zürich/Stadtspital Triemli Universitätsspital Zürich
SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 2/2020
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Coordinating Investigator: Prof. Dr. med. Markus Jörger Klinik für Medizinische Onkologie und Hämatologie Kantonsspital St. Gallen E-Mail: markus.joerger@kssg.ch.
Clinical Project Managers: Dr. Jessica Schulz SAKK Bern E-Mail: jessica.schulz@sakk.ch
Dr. Stefanie Seiler SAKK Bern E-Mail: stefanie.seiler@sakk.ch
Kommentar zur Studie von Prof. Dr. med. Markus Jörger
Die SAKK 80/20-Studie versucht Antworten auf wichtige Fragen zu finden, insbesondere auf die Möglichkeit, dass COVID-19-Infektionen bei Krebspatienten schwerer verlaufen, und darüber welche Faktoren bei Krebspatienten den Verlauf einer COVID-19-Infektion beeinflussen. Die Studie ist sehr gut angelaufen, und es waren bis Mitte Mai 2020 bereits 138 Patienten registriert. Das Studienteam erwartet, erste Zwischenanalysen im Sommer 2020 durchzuführen, und 6-Monatsdaten am Jahresmeeting der Europäischen Gesellschaft für Medizinische Onkologie (ESMO) präsentieren zu können. SAKK 80/20 ist eine einzigartige Kollaboration aller im SAKKNetzwerk integrierten Spitäler der Schweiz, was ein eindrücklicher Nachweis der ausserordentlichen Bedeutung von COVID-19 für alle OnkologInnen darstellt. Wir hoffen, mit dieser Studie wichtige Fragestellungen zu beleuchten und einen wichtigen Beitrag für nationale oder auch internationale Richtlinien für den Umgang mit COVID-19 bei Krebspatienten zu leisten.
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