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JOURNAL CLUB
Tripelnegativer Brustkrebs im Frühstadium
Neoadjuvante PD-1-Hemmung erhöht signifikant die Ansprechrate
Tripelnegativer Brustkrebs bedeutet Hochrisiko für rasche Krankheitsprogression, da es kaum Therapieoptionen für diesen Tumor gibt. Jetzt zeigte die erste Zwischenanalyse einer grossen, doppelblinden Phase-III-Studie bei Patientinnen in den Stadien II bis III, dass die Zugabe von Pembrolizumab zur neoadjuvanten Chemotherapie die Rate an pathologischem komplettem Ansprechen signifikant erhöht.
Patientinnen mit frühem, tripelnegativem Mammakarzinom werden meist mit neoadjuvanter Chemotherapie behandelt, um die Wahrscheinlichkeit für eine Tumorresektion respektive Brusterhaltung zu erhöhen. Wenn unter dieser Strategie ein pathologisch komplettes Ansprechen erreicht wird, ist ein längeres krankheitsfreies Überleben nach der Operation zu erwarten. Frühe Studien mit Frauen mit diesen Karzinomen hatten eine vielversprechende Wirkung bei akzeptablem Toxizitätsprofil unter der Immuncheckpoint-Hemmung mit dem PD-1-Hemmer Pembrolizumab (Keytruda®) gezeigt: Hierzu gehörte die Studie KEYNOTE-173, welche die Behandlung mit Pembrolizumab plus neoadjuvante Chemotherapie (mit/ohne Carboplatin) bei lokal fortgeschrittenem, tripelnegativem Brustkrebs untersuchte. Die Phase-III-Studie KEYNOTE-522 verglich daraufhin Wirksamkeit und Verträglichkeit der präoperativen (neoadjuvanten) Pembrolizumab-Chemotherapie mit der neoadjuvanten Plazebo-Chemotherapie, danach folgte adjuvantes Pembrolizumab respektive Plazebo bei diesen Patientinnen. Als primärer Endpunkt wurde die pathologische komplette Ansprechrate gewählt, welche die regulatorischen Guidelines als Endpunkt bei klinischen Studien (in der neoadjuvanten Be-
handlung) bei frühem, tripelnegativem Brustkrebs setzen. Weiterer primärer Endpunkt der Studie war das ereignisfreie Überleben.
Gesamthaft 1174 Patientinnen an 181 Zentren eingeschlossen
In der doppelblinden Vergleichsstudie in 21 Staaten wurde im Verhältnis 2:1 randomisiert, und die Patientinnen mit nicht vorbehandeltem tripelnegativem Brustkrebs im Stadium II oder III wurden einer präoperativen (neoadjuvanten) Therapie zugeführt mit I 4 Zyklen Pembrolizumab (200 mg) alle
3 Wochen plus Paclitaxel und Carboplatin (n = 784; Pembrolizumab-Chemotherapie-Gruppe) oder I Plazebo alle 3 Wochen plus Paclitaxel und Carboplatin (n = 390; PlazeboChemotherapie-Gruppe). Beide Gruppen erhielten anschliessend zusätzlich 4 Zyklen Pembrolizumab oder Plazebo sowie eine Chemotherapie (Doxorubicin/Cyclophosphamid bzw. Epirubicin/Cyclophosphamid). Nach erfolgter Operation erhielten die Patientinnen alle 3 Wochen für bis zu 9 Zyklen I adjuvant Pembrolizumab oder Plazebo. Die erste Zwischenanalyse (Cut-off 24. September 2018) erfolgte bei 602 be-
handelten Patientinnen (ITT-Population)
nach 15,5 Monaten medianem Follow-up.
Ein pathologisches komplettes Anspre-
chen erreichten:
I 64,8% (95%-KI: 59,9–69,5 in der Pem-
brolizumab-Chemotherapie-Gruppe
versus
I 51,2% (44,1–58,3) in der Plazebo-
Chemotherapie-Gruppe.
Nach der medianen Beobachtungszeit
von 15,5 Monaten (2,5–25,5 Monate) kam
es bei 7,4% in der Pembrolizumab-
Chemotherapie-Gruppe (vs. 11,8%) zu
einem Fortschreiten der Krankheit mit
den Folgen radikale Brustchirurgie,
Metastasen, zweiter Primärtumor oder
Tod. Die ermittelte Hazard Ratio (HR) für
das ereignisfreie Überleben betrug 0,63
(0,43–0,93). Der Nutzen der Pembrolizu-
mab-Zugabe bestand in allen evaluierten
Subgruppen, auch bei Tumoren mit PD-
L1-Expression.
Insgesamt litten 78% Patientinnen in der
Pembrolizumab-Chemotherapie-Gruppe
unter Nebenwirkungen von Grad 3 oder
höher – gegenüber 73% in der Kontroll-
gruppe.
Die Autoren betonen, dass die Resultate
dieser Studie konstistent sind mit denje-
nigen der ersten Studie bei frühem,
tripelnegativem Brustkrebs (KEYNOTE
173). Weitere Studien sollten nun unter
anderem die optimale Dauer der Pem-
brolizumab-Gabe klären.
I
Bärbel Hirrle
Quelle: Schmid P et al.: Pembrolizumab for early triple-negative breast cancer. N Engl J Med 2020; 382: 810–821.
SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 2/2020
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