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KONGRESSBERICHT
55th Annual Meeting of the American Society of Clinical Oncology (ASCO), Chicago, 31. Mai bis 4. Juni 2019
Systemtherapie bei Kopf-Hals-Tumoren
Checkpoint-Inhibitoren und optimierte TKI-Kombination bei fortgeschrittenen Karzinomen
Zu den ASCO-Kongress-Highlights bei rezidivierten/metastasierten Plattenepithelkarzinomen im Kopf-Hals-Bereich (r/m HNSCC) zählte die finale Analyse der KEYNOTE048-Studie, mit der sich die Immunchemotherapie als neuer Erstlinienstandard vermutlich etabliert. Spannend war auch die TPExtreme-Studie mit Chemotherapie/ Cetuximab, bei der es unter verkürzter Therapie zu verlängertem Überleben und verbesserter Verträglichkeit gegenüber dem bisherigen Standard kam.
KEYNOTE-048-Studie: Pembrolizumab als Monooder Kombinationstherapie
In der dreiarmigen Phase-III-Studie KEYNOTE-048 wurde bei 882 Patienten mit r/m HNSCC, die zuvor noch keine systemische Therapie erhalten hatten, der PD-1-Inhibitor Pembrolizumab als Monotherapie (n = 301) oder in Kombination mit einer platinbasierten Chemotherapie (n = 281) mit dem bisherigen Therapiestandard EXTREME (Platin + 5-FU + Cetuximab; n = 300) verglichen. Primäre Endpunkte waren das Gesamtüberleben (OS) und das progressionsfreie Überleben (PFS) im Gesamtkollektiv, unabhängig von der PD-L1-Expression sowie bei Patienten, deren Tumoren PD-L1 mit einem kombinierten positiven Score (CPS) ≥ 20 und ≥ 1 exprimierten. Eine Interimsanalyse dieser Studie wurde bereits am ESMO-Kongress 2018 präsentiert und zeigte einen signifikanten OS-Vorteil für die Kombinationstherapie im Gesamtkollektiv sowie für die Pembrolizumab-Monotherapie in den Subgruppen mit CPS ≥ 20 und ≥ 1 im Vergleich zum EXTREME-Schema (1).
Verlängertes Gesamtüberleben Auf dem ASCO-Kongress 2019 wurde nun die finale Analyse präsentiert (2): Unter der Kombinationstherapie war das mediane OS sowohl in den Subgruppen mit CPS ≥ 20 (14,7 vs. 11,0 Monate; HR: 0,60) und ≥ 1 (13,6 vs. 10,4 Monate; HR: 0,65) als auch im Gesamtkollektiv (13,0 vs. 10,7 Monate; HR: 0,72) signifikant gegenüber dem EXTREME-Schema verlängert. Die Pembrolizumab-Monotherapie führte in den Subgruppen mit CPS ≥ 20 (14,8 vs. 10,7 Monate; HR: 0,58) und ≥ 1 (12,3
vs. 10,3 Monate; HR: 0,74) ebenfalls zu einem signifikanten OS-Vorteil im Vergleich zum EXTREME-Schema. Im Gesamtkollektiv war sie nicht überlegen, aber auch nicht unterlegen (medianes OS: 11,5 vs. 10,3 Monate; HR: 0,83). Hinsichtlich des PFS ergaben sich keine signifikanten Unterschiede. Im Vergleich zum EXTREME-Schema zeigte die Kombinationstherapie ein vergleichbares Nebenwirkungsprofil und die Pembrolizumab-Monotherapie ein günstigeres Sicherheitsprofil (Nebenwirkungen Grad 3–5: unter EXTREME 83,3%, unter Kombinationstherapie 85,1%, unter Pembrolizumab-Monotherapie 54,7%).
TPExtreme-Studie: Optimierung des Chemotherapie-/Cetuximab-Schemas
Eine weitere grosse und interessante Studie war die randomisierte, multizentrische Phase-III-Studie TPExtreme zum Vergleich von 6 Zyklen EXTREME (Standardarm) mit 4 Zyklen TPEx (Docetaxel + Cisplatin + Cetuximab), es folgte jeweils eine Cetuximab-Erhaltungstherapie (3). Insgesamt wurden 539 Patienten mit r/m HNSCC randomisiert, 269 in den TPExArm und 270 in den Standardarm.
OS bei 14,5 Monaten, verbesserte Verträglichkeit unter verkürzter Therapie Nach einem medianen Follow-up von 32 Monaten zeigte sich hinsichtlich des primären Endpunktes OS kein signifikanter Unterschied zwischen den TPEx- und den EXTREME-Therapieschemata (14,5 vs. 13,4 Monate; HR: 0,87; p = 0,15). Überraschend war dabei das gute Abschneiden von EXTREME im Vergleich zu
früheren Studien, was auch daran liegen könnte, dass etwa 20% der Patienten im weiteren Verlauf eine Immuntherapie erhalten hatten. Das mediane PFS war mit 6,0 versus 6,1 Monaten ebenfalls vergleichbar (HR: 0,88; p = 0,17). Allerdings wies die TPEx-Therapie eine höhere objektive Ansprechrate (ORR) nach 12 Wochen (46 vs. 40%) und eine bessere Verträglichkeit bei gleichzeitig verkürzter Therapiezeit auf. Im TPEx-Arm traten signifikant weniger Nebenwirkungen Grad ≥ 4 auf (36 vs. 51%; p < 0,001), und wesentlich mehr Patienten erhielten alle vorgesehenen Chemotherapiezyklen, verglichen mit der EXTREME-Therapie (72 vs. 44%). Ausserdem war unter TPEx seltener eine Therapieverzögerung (10 vs. 27%) oder ein Wechsel von Cisplatin auf Carboplatin (9 vs. 34%) notwendig. Aufgrund dieser Vorteile bei vergleichbarer Wirksamkeit stellt das Therapieschema TPEx eine neue Alternative zum EXTREME-Regime bei Patienten mit r/m HNSCC dar. EAGLE-Studie: Kombinationstherapie mit zwei CheckpointInhibitoren Pembrolizumab und Nivolumab sind zur Zweitlinienbehandlung von platinresistenten HNSCC zugelassen und verlängern in dieser Situation das OS. Auf einen Blick I KEYNOTE-048: Pembrolizumab-Monotherapie und Pembrolizumab plus Chemotherapie (Platin + 5-FU) werden vermutlich neue Standards in der Erstlinientherapie des r/m HNSCC. I Das Taxan-basierte TPEx-Schema stellt bei ähnlicher Wirksamkeit eine besser verträgliche und einfacher zu verabreichende Alternative zum traditionellen EXTREME-Schema dar (TPExtreme-Studie). I Im Gegensatz zu Nivolumab und Pembrolizumab scheint Durvalumab bzw. Durvalumab + Tremelimumab bei platinresistenten r/m HNSCC keinen Benefit zu bringen (EAGLE-Studie). SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 4/2019 33 KONGRESSBERICHT 55th Annual Meeting of the American Society of Clinical Oncology (ASCO), Chicago, 31. Mai bis 4. Juni 2019 Durvalumab mit/ohne Tremelimumab versus Standardtherapie In der Phase-III-Studie EAGLE wurde nun der PD-L1-Inhibitor Durvalumab mit dem oder ohne den CTLA-4-Antikörper Tremelimumab mit einer Standardtherapie nach Wahl des Arztes (Cetuximab, Taxan, Methotrexat oder Fluoropyrimidinbasiertes Regime) verglichen (4). Eingeschlossen waren 487 Patienten mit r/m HNSCC, deren Tumor nach einer platinbasierten Chemotherapie progredient war. Der primäre Endpunkt OS wurde aber weder mit Durvalumab als Monotherapie noch in Kombination mit Tremelimumab versus Standardtherapie verbessert (medianes OS: 7,6 vs. 6,5 vs. 8,3 Monate). I Gerhard Emrich Referenzen: 1. Burtness B et al.: KEYNOTE-048: Phase 3 study of first-line pembrolizumab (P) for recurrent/metastatic head and neck squamous cell carcinoma (R/M HNSCC). ESMO 2018, Abstract #LBA8_PR. 2. Rischin D et al.: Protocol-specified final analysis of the phase 3 KEYNOTE-048 trial of pembrolizumab (pembro) as first-line therapy for recurrent/metastatic head and neck squamous cell carcinoma (R/M HNSCC). J Clin Oncol 2019; 37, Suppl.; Abstract # 6000. 3. Guigay J et al.: TPExtreme randomized trial: TPEx versus Extreme regimen in 1st line recurrent/metastatic head and neck squamous cell carcinoma (R/M HNSCC). J Clin Oncol 2019; 37, Suppl.; Abstract #6002. 4. Licitra LF et al.: EAGLE: A phase 3, randomized, open-label study of durvalumab (D) with or without tremelimumab (T) in patients (pts) with recurrent or metastatic head and neck squamous cell carcinoma (R/M HNSCC). J Clin Oncol 2019; 37, Suppl.; Abstract #6012. 34 SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 4/2019