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ASCO 2019
55th Annual Meeting of the American Society of Clinical Oncology, Chicago, 31. Mai bis 4. Juni 2019
Gastrointestinale Tumoren
Neue Indikationen mit bewährten Substanzen
Im Bereich der gastrointestinalen Tumoren gewinnen die Immuntherapie und die
gen erwiesen. In der TRIBE2-Studie
PARP-Inhibition an Bedeutung. Die meisten Beiträge am diesjährigen ASCO waren der Therapieoptimierung mit etablierten Regimen und Substanzen gewidmet.
wurde nun untersucht, ob diese Strategie auch in Hinsicht auf mögliche Folgetherapien sinnvoll ist (2).
Metastasiertes Kolorektalkarzinom (mCRC)
(HR = 1,071; p = 0,76), was einen weiteren Hinweis darauf gibt, dass das PFS
Die italienische Studie untersuchte bei insgesamt 679 mCRC-Patienten die Therapiesequenz
Erstlinienkombination FOLFOXIRI
plus Panitumumab verlängert
Gesamtüberleben Um die Wirksamkeit von FOLFOXIRI zu
möglicherweise ein suboptimaler Endpunkt für die Erfassung der Effektivität von EGFR-gerichteten Antikörpern beim mCRC ist. Die Studie war nicht auf einen
I FOLFOX plus Bevacizumab und danach FOLFIRI plus Bevacizumab (Arm A) gegenüber
I zweimal FOLFOXIRI plus Bevacizu-
verbessern, aber die Nebenwirkungen statistisch signifikanten Unterschied be-
mab in Sequenz (Arm B)
nicht addieren zu müssen, verglich die züglich des Gesamtüberlebens gepo- – jeweils bis zu 8 Zyklen plus Erhal-
deutsche Studiengruppe AIO in der ran- wert, es wurde aber ein starkes Signal für tungstherapie. Der primäre Endpunkt
domisierten Phase-II-Studie VOLFI
ein verlängertes OS in Kohorte 2 beob- war das PFS2, definiert als Zeit ab Rando-
I das FOLFOXIRI-Regime mit
achtet (HR = 0,41) (Tabelle). Für die ge- misierung bis zum Tumorprogress nach
I der Kombination aus einem modifizier- samte Studienpopulation betrug das OS zweiter Therapielinie.
ten (m) FOLFOXIRI-Regime (Irinotecan im Median 35,7 Monate unter Panitum-
150 mg/m2, Oxaliplatin 85 mg/m2, umab-haltiger Therapie versus 29,8 Mo- Resultate: Tripeltherapie
LV 200 mg/m2, 5-FU 3000 mg/m2) plus nate unter FOLFOXIRI (HR = 0,67; 95%- verlängert das Gesamtüberleben
Panitumumab (6 mg/kg)
KI: 0,41–1,11; p = 0,12).
Das PFS2 war in Arm B mit median 19,1
in der Erstlinientherapie des nicht resek- Die Autoren schliessen aus den Ergeb- Monaten signifikant verlängert gegen-
tablen mCRC (RAS-Wildtyp) (1). Die ins- nissen, dass die Viererkombination eine über Arm A (mit 17,5 Monaten) (HR =
gesamt 96 eingeschlossenen Patienten wertvolle Therapieoption für «fitte» Pati- 0,74; 95%-KI: 0,62–0,88; p < 0,001). Der
wurden im Verhältnis 2:1 randomisiert enten mit hoher Tumorlast und/oder der Unterschied resultierte aus der Überle-
und stratifiziert nach
Chance auf eine sekundäre Metastasen- genheit von Arm B gegenüber Arm A in
I «definitiv nicht resektabler Erkran- resektion sein könnte.
der ersten Therapielinie (PFS1: median
kung» (Kohorte 1) und der
12,0 versus 9,8 Monate; HR = 0,75; 95%-
I «Möglichkeit einer sekundären Resektion mit kurativer Absicht» (Kohorte 2).
Primärer Studienendpunkt war das An-
FOLFOXIRI plus Bevacizumab
in der Therapiesequenz Die Therapie mit FOLFOXIRI plus Beva-
KI: 0,63–0,88; p < 0,001). Das alleinige PFS der zweiten Therapielinie war zwischen den beiden Studienar-
sprechen nach RECIST-v1.1-Kriterien.
cizumab hat sich in der TRIBE-Studie ge- men hingegen nicht verschieden (Arm B:
genüber FOLFIRI plus Bevacizumab be- median 6,2 Monate, Arm A: 5,6 Monate;
Resultate: viel mehr sekundäre
züglich der Ansprechrate, des PFS und HR = 0,87; p = 0,122). Wurden allerdings
Resektionen in der Studiengruppe
des Gesamtüberlebens (OS) als überle- nur die Daten von Patienten ausgewer-
Die Rate sekundärer Resektionen betrug
in Kohorte 1 unter mFOLFOXIRI plus Panitumumab 14% (vs. 0%) unter FOLFOXIRI (p = 0,08), in Kohorte 2 waren 75% (vs. 36,4%) der Patienten sekundär resektabel
Tabelle:
Gesamtüberleben (OS) unter mFOLFOXIRI plus Panitumumab versus FOLFOXI – ITT-Population und Subgruppenanalysen (mod. nach [2])
(p = 0,05). Ein Ansprechen wurde bei Medianes Gesamtüberleben in den Subgruppen (Monate; 95%-KI)
87,3% versus 60,6% der Patienten der gesamten Studienpopulation gesehen. Dieser Therapievorteil des Panitumumabhaltigen Regimes bestätigte sich für linksseitige (90,6 vs. 68,0%) und rechtsseitige Tumoren (70,0 vs. 37,5%) sowie für RAS/BRAF-Wildtyp (86,0 vs. 64,7%) und
ITT Kohorte 1 Kohorte 2 RAS/BRAF-WT BRAF mutiert linksseitig
mFOLFOXIRI + Panitumumab 35,7 (27,6–43,8) 24,7 (13,3–39,9) 52,0 (35,2– ) 43,5 (35,7–53,3) 8,0 (7,7–22,4) 39,9 (32,7–52,0)
FOLFOXIRI 29,8 (19,8–39,9) 28,3 (13,9–37,7) 41,7 (10,7–44,4) 35,3 (17,7–41,7) 9,0 (2,7–13,9) 35,3 (14,3–41,8)
BRAF-mutierte Tumoren (85,7 vs. 22,2%).
rechtsseitig
11,5 (7,7– )
22,0 (12,9–41,7)
Das PFS unterschied sich im Vergleich der gesamten Studienpopulation nicht
mFOLFOXIRI = modifiziertes FOLFOXIRI-Regime; WT = Wildtyp
14 SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 3 – KONGRESSAUSGABE SEPTEMBER 2019
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tet, die tatsächlich in der zweiten Therapielinie behandelt wurden, so zeigte sich ein Vorteil für die Tripeltherapie auch für den wiederholten Einsatz des intensiven Regimes (medianes PFS: 6,5 vs. 5,8 Monate; HR = 0,76; p = 0,025). Die Interimsdaten für das OS bestätigen den Einsatz der Tripeltherapie mit einem Median von 27,6 gegenüber 22,6 Monaten (HR = 0,81; 95%-KI: 0,67–0,98; p = 0,033).
Fortgeschrittenes Magenkarzinom
Pembrolizumab-Monotherapie vorteilhaft gegenüber Chemotherapie Aufgrund positiver Signale in vorangegangenen Studien erhielten in der dreiarmigen Phase-III-Studie KEYNOTE-062 Patienten mit lokal fortgeschrittener, nicht resezierbarer oder metastasierter Erkrankung und HER2-negativer, PD-L1positiver Histologie (CPS ≥1) im Verhältnis 1:1:1 randomisiert I Pembrolizumab oder I Pembrolizumab plus Chemotherapie
(Cisplatin + 5-FU oder Capecitabin) oder I Plazebo plus Chemotherapie. Primäre Endpunkte waren das OS und das PFS (3).
Resultate: hohe PD-L1-positive Histologie ist prädiktiv Im Vergleich der Studienarme Pembrolizumab-Monotherapie und Plazebo plus Chemotherapie zeigte sich die Nichtunterlegenheit des Regimes Pembrolizumab plus Chemotherapie bezüglich des OS bei Patienten mit CPS ≥ 1 (HR = 0,91; 99,2%-KI: 0,69–1,18) und ferner eine klinisch relevante Verlängerung des OS bei Patienten mit CPS ≥ 10. Das OS betrug bei höherer PD-L1-Expression (CPS ≥ 10) median 17,4 Monate unter Pembrolizumab versus 10,8 Monate unter Chemotherapie (HR = 0,69; 95%-KI: 0,49–0,97). Das Sicherheitsprofil war unter Pembrolizumab vorteilhafter. Überraschenderweise wurde für die Kombination von Pembrolizumab und Chemotherapie kein Vorteil bezüglich des OS gegenüber der alleinigen Chemotherapie beobachtet. Im Median lebten Patienten mit CPS ≥ 1 12,5 (vs. 11,1) Monate (HR = 0,85; p = 0,046) und Patienten mit CPS ≥ 10 12,3 (vs. 10,8) Monate (HR = 0,85; p = 0,158). Es wurde ein
leichter Vorteil bezüglich des PFS und des Ansprechens beobachtet. Das Sicherheitsprofil beider Regime war vergleichbar zwischen den Chemotherapiehaltigen Studienarmen.
Tief dosierte Chemotherapie für ältere Patienten Die Standard-Chemotherapieregime wurden für Patienten < 65 Jahre entwickelt, die in der Regel einen besseren Allgemeinzustand aufweisen als das heute übliche Klientel mit einem durchschnittlichen Alter von > 75 Jahren. Ergebnisse der Phase-III-Studie GO2 beim ASCO zeigten nun, dass Patienten, die zu alt oder zu gebrechlich für eine Standard-Chemotherapie sind, eine tief dosierte Chemotherapie angeboten werden kann (4). Insgesamt 512 älteren, gebrechlichen Patienten, die eine Chemotherapie erhalten sollten, wurde Oxaliplatin plus Capecitabin randomisiert in der vollen Dosierung (100%) von 130 mg/m2 respektive 625 mg/m2 oder in reduzierten Dosierungen von 80% sowie 60% gegeben. Es zeigte sich, dass weder bezüglich des PFS noch des OS ein Unterschied zwischen den drei Dosierungen bestand. Das OS betrug median 7,5, 7,7 respektive 7,6 Monate. Von den Patienten wurde die tiefste Dosierung als angenehmste Therapie eingestuft: 43% im Gegensatz zu 35 bis 36% in den beiden anderen Studienarmen beurteilten die Nützlichkeit ihrer Therapie als gut und 29% (vs. 31–38%) als schlecht. Es konnte keine besondere Subgruppe gefunden werden, die von einer höheren Dosierung profitiert hätte – sowohl Alter als auch Allgemeinzustand und Gebrechlichkeit zeigten keine signifikanten Interaktionen mit der Dosierung.
Metastasiertes Pankreaskarzinom
Olaparib als Erhaltungstherapie bei BRCA-Keimbahnmutation Die Prognose von etwa 4 bis 7% der Patienten mit metastasiertem Pankreaskarzinom – den Trägern einer BRCA1/2Keimbahnmutation – kann mit einer Olaparib-Erhaltungstherapie deutlich verbessert werden. In der im Verhältnis 3:2 randomisierten, plazebokontrollierten Phase-III-Studie POLO wurde der
PARP-Inhibitor als Erhaltungstherapie nach platinhaltiger Chemotherapie geprüft (5). Primärer Studienendpunkt war das PFS nach RECIST-v1.1-Kriterien. 154 Patienten in einem medianen Alter von 57 Jahren wurden in die Studie eingeschlossen. Eine BRCA1-Mutation wurde bei 31,5% der Patienten im Olaparib-Arm und bei 25,8% im Plazebo-Arm nachgewiesen, eine BRCA2-Mutation bei 67,4% respektive 74,2% der Patienten. Die Patienten hatten überwiegend FOLFIRINOX erhalten. Etwa die Hälfte der Patienten zeigte ein Ansprechen auf die Erstlinientherapie und ebenfalls die Hälfte eine Stabilisierung der Erkrankung.
Resultate: PFS fast verdoppelt
Die POLO-Studie erreichte ihren primä-
ren Endpunkt: Das mediane PFS wurde
durch die Olaparib-Erhaltung von 3,8 auf
7,4 Monate signifikant verlängert (HR =
0,53; 95%-KI: 0,35–0,82; p = 0,0038).
Als sekundärer Endpunkt wurde das PFS
der nachfolgenden Therapie untersucht
(PFS2) und der Hinweis auf einen Effekt
der Olaparib-Therapie über das Krank-
heitsfortschreiten hinaus gesehen: Pati-
enten des Plazebo-Arms profitierten 9,2
Monate von der nachfolgenden Thera-
pie, Patienten des Olaparib-Arms 13,2
Monate (HR = 076; 95%-KI: 0,46–1,23;
p = 0,26). 23,1% versus 11,5% der Patien-
ten sprachen auf die Studienmedikation
an. Die Dauer des Ansprechens betrug
24,9 versus 3,7 Monate.
5,5% (vs. 1,7%) der Teilnehmer beider
Studienarme brachen die Therapie auf-
grund von Nebenwirkungen ab. Die Le-
bensqualität wurde unter der Olaparib-
Therapie erhalten.
I
Ine Schmale
Referenzen: 1. Geissler M et al.: Final results and OS of the randomized phase II VOLFI trial (AIO KRK0109): mFOLFOXIRI + panitumumab versus FOLFOXIRI as first-line treatment in patients with RAS wildtype metastatic colorectal cancer. ASCO 2019, Abstr. #3511. 2. Cremolini C et al.: Updated results of TRIBE2, a phase III, randomized strategy study by GONO in the first- and secondline treatment of unresectable mCRC. ASCO 2019, Abstr. #3508. 3. Tabernero J et al.: Pembrolizumab with or without chemotherapy versus chemotherapy for advanced gastric or gastroesophageal junction adenocarcinoma: The phase III KEYNOTE-062 study. ASCO 2019, Abstr. #LBA4007. 4. Hall PS et al.: Optimizing chemotherapy for frail and elderly patients with advanced gastroesophageal cancer (aGOAC): The GO2 phase III trial. ASCO 2019; #4006. 5. Kindler HL et al.: Olaparib as maintenance treatment following first-line platinum-based chemotherapy in patients with a germline BRCA mutation and metastatic pancreatic cancer (mPC): Phase III POLO trial. ASCO 2019, Abstr. #LBA4.
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