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JOURNAL CLUB
HER2-positiver Brustkrebs – post-neoadjuvant
Trastuzumab-Emtansine (T-DM1) halbiert das Rezidivrisiko
Patientinnen mit frühem HER2-positivem Brustkrebs, bei denen nach neoadjuvanter Chemo- plus Antikörpertherapie mit Trastuzumab noch ein invasiver Resttumor in Brust oder Lymphknoten besteht, haben eine verschlechterte Prognose gegenüber denen ohne Resttumor. Jetzt zeigte eine Phase-III-Studie, dass die adjuvante Gabe von Trastuzumab-Emtansine (T-DM1) (Kadcyla®) gegenüber dem bisherigen Standard mit Trastuzumab in dieser Situation das Rezidivrisiko um die Hälfte verringert.
Mit diesem Studienresultat wurden die Erwartungen der Studienärzte deutlich übertroffen. T-DM1, ein Antikörper-Wirkstoffkonjugat von Trastuzumab und dem Zytotoxikum Emtasine (DM1), bindet an den gleichen Rezeptor wie Trastuzumab, besitzt aber deutlich potentere Wirkung an der Krebszelle. Das Medikament hat sich in 2. und 3. Therapielinie bei HER2-positivem Mammakarzinom nach Vorbehandlung mit Chemotherapie plus Anti-HER2Therapie aufgrund deutlicher Überlebensvorteile bewährt.
Randomisierte Studie mit knapp 1500 Frauen
Die offene, randomisierte Phase-III-Studie KATHERINE schloss Patientinnen mit HER2-positivem frühem Brustkrebs ein, bei denen nach Taxan-haltiger plus Trastuzumab-Therapie ein Resttumor in Brust oder Axilla bestand. Sie erhielten postoperativ (adjuvant) entweder T-DM1 oder Trastuzumab über 14 Zyklen. Die Patientinnen bekamen T-DM1 in der Dosis von 3,6 mg/kg KG oder Trastuzumab 6 mg/kg KG intravenös alle 3 Wochen für 14 Zyklen. Bei frühem Thera-
pieabbruch von T-DM1 aufgrund nicht tolerierter Toxizität konnten sie die Behandlung mit Trastuzumab fortsetzen. Strahlen- und endokrine Therapie wurden analog den Standards (bzw. gemäss Therapieprotokoll) verabreicht. Primärer Endpunkt war das krankheitsfreie Überleben (definiert als Fehlen eines ipsilateralen invasiven oder lokoregionalen Tumors, einer Fernmetastase bzw. Tod). Die Zwischenanalyse wurde für den Zeitpunkt geplant, bei dem es bei 67% der Patientinnen zu einem invasiven Rezidiv gekommen war. Zu diesem Zeitpunkt wurde ein Cross-over der Therapie zugunsten von T-DM1 (bei besserer Wirksamkeit) erlaubt.
Nach 3 Jahren signifikant weniger Metastasen unter T-DM1
Die Daten von 1486 Patientinnen (743 in jeder Gruppe) konnten bei der Interimsanalyse ausgewertet werden. Bei 91 Patientinnen (12,2%) in der T-DM1-Gruppe und bei 165 (22%) in der TrastuzumabGruppe war es zu einer invasiven Erkrankung oder zum Tod gekommen. Entsprechend hatten – nach 3 Jahren – 88,3% der Patientinnen in der T-DM1- versus 77,0%
in der Trastuzumab-Gruppe keinen invasi-
ven Tumor, was statistisch signifikant war
(Hazard Ratio für invasive Erkrankung oder
Tod: 0,50; 95%-KI: 0,39–0,64, p < 0,001). Das Auftreten von Fernmetastasen als erstes invasives Ereignis betraf 10,5% der Frauen unter T-DM1 und 15% derjenigen unter Trastuzumab-Behandlung. Das Er- gebnis des signifikant verlängerten inva- siv krankheitsfreien Überlebens blieb in allen Subgruppen konstant, das heisst unabhängig vom Hormonrezeptorstatus, vom Nodalstatus sowie unabhängig vom Ausmass der Resterkrankung nach der neoadjuvanten Therapie. Die Toxizitätsprofile entsprachen den Er- wartungen, mit mehr Nebenwirkungen unter T-DM1 als unter Trastuzumab. Die Studienärzte folgern aus dieser ers- ten Analyse der KATHERINE-Studie, dass bei HER2-positivem frühem Brustkrebs mit invasiver Resterkrankung nach Be- endigung der neoadjuvanten Therapie, die adjuvante Behandlung mit T-DM1 gewählt werden sollte: Gegenüber dem bisherigen Standard in dieser Situation (der adjuvanten Trastuzumab-Gabe) wird das Rezidivrisiko mit der T-DM1-Behand- lung um die Hälfte gesenkt. Es handelt sich hier um die erste post-neoadjuvante Therapie mit T-DM1 bei Hochrisikopati- entinnen. I hir Quelle: Gunter von Minckwitz G et al.: Trastuzumab Emtansine for Residual Invasive HER2-Positive Breast Cancer. NEJM 2019; 380, 617–628. SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 2/2019 41