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Im Fokus: Gastrointestinale Malignome
Zytoreduktive Chirurgie und hyperthermale intraperitoneale Chemoperfusion
Ein vielversprechendes Verfahren bei gastrointestinalen Tumoren
Peritoneale Metastasen wurden in der Vergangenheit als unvermeidlicher Teil des Krankheitsverlaufs von gastrointestinalen Tumoren akzeptiert. Zwei neue chirurgische Verfahren, welche zur Behandlung einer Peritonealkarzinose entwickelt wurden, sind die zytoreduktive Chirurgie (cytoreductive surgery; CRS) und die hyperthermale intraperitoneale Chemotherapie (HIPEC).
Hani Oweira Yvonne Gunsch-Wegmann Meinrad Mannhart
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HANI OWEIRA, YVONNE GUNSCH-WEGMANN, MEINRAD MANNHART
SZO 2017; 4: 20–24.
In den letzten 10 Jahren hat ein Paradigmenwechsel in Bezug auf die peritoneale Metastasierung von intraabdominalen Malignomen stattgefunden. Nachdem sie zuvor als terminale Erkrankung angeschaut worden war, welche nur palliativ behandelt werden konnte, zeigten mehrere Studien eine signifikante Steigerung der Überlebensraten durch Zytoreduktion des Tumorvolumens mit oder ohne HIPEC. Trotz der guten Resultate mit annehmbaren 5-JahresÜberlebensraten kann man dieses Verfahren jedoch nicht als kurativ bezeichnen. Dennoch ist diese Möglichkeit, den Krankheitsverlauf zu kontrollieren, bei verschiedenen Gastrointestinaltumoren anerkannt und stellt einen wichtigen Teil in der modernen Behandlung von fortgeschrittenen Tumoren im Sinne einer Therapie einer chronischen Erkrankung dar. Diese kombinierte Therapiestrategie umfasst peritoneale und viszerale Resektionen zur makroskopi-
ABSTRACT
Cytoreductive surgery and hyperthermic intraperitoneal chemotherapy
Peritoneal carcinomatosis (PC) of gastrointestinal carcinomas has recently changed to be considered being a localized form of tumor recurrence rather than a systemic dissemination, which was in the past accepted to be an inevitable component of the natural history of these diseases. Two new surgical technologies have been developed, which improved the management of peritoneal metastases and are regarded as effective surgical treatments in patients with peritoneal metastasis. These are cytoreductive surgery (CRS) and hyperthermic intraperitoneal chemotherapy (HIPEC).
Keywords: Peritoneal carcinomatosis, gastrointestinal carcinoma, cytoreductive surgery, hyperthermic intraperitoneal chemotherapy.
schen Tumorreduktion im Abdomen und im Becken. Danach wird HIPEC eingesetzt, um die Zytoreduktion zu vervollständigen und die minimalen Tumorresiduen zu bekämpfen. Da das Ausmass der peritonealen Metastasierung, wie ihn der peritoneale Tumorindex (Peritoneal Cancer Index; PCI) misst, essenziell für ein positives Ergebnis ist, werden prognostische Indikatoren zur Selektion der Patienten eingesetzt. (Tabelle 1).
Tragweite der Herausforderung
Das Lokalrezidiv sowie die peritoneale Dissemination sind umfassend als Ursache des Tumortodes bei kolorektalen Karzinomen, Magenkarzinomen sowie Pankreaskarzinomen dokumentiert. Tabelle 2 (oben) zeigt die Inzidenz von peritonealen Metastasen bei primären Kolorektal-, Magen- und Pankreaskarzinomen (1–3). Die Häufigkeit variiert, abhängig vom Diagnosezeitpunkt der behandelten Patienten im jeweiligen Tumorzentrum (früh vs. spät). Eine häufig genannte Inzidenz von peritonealen Metastasen beim primären Kolorektalkarzinom liegt bei 8%. Beim Magenkarzinom wird von einer simultanen Peritonealkarzinose bei 20% der Gastrektomien ausgegangen. Für das Pankreaskarzinom ist die Datenlage weniger präzis, da viele Patienten im fortgeschrittenen Stadium nicht chirurgisch exploriert werden und kleine peritoneale Tumorvolumina im CT, MRI oder PET häufig nicht richtig abgebildet werden können. Tabelle 2 (unten) zeigt die Inzidenz von Lokalrezidiven und peritonealen Metastasen zum Zeitpunkt des Tumorrezidivs (4–7). Es gibt einen markanten Unterschied zwischen der Inzidenz der Peritonealkarzinose, welche mit der Primärerkrankung diagnostiziert wird, gegenüber der Inzidenz der Peritonealkarzinose beim
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Im Fokus: Gastrointestinale Malignome
Tabelle 1:
Peritonealer Tumorindex (Peritoneal Cancer Index, PCI)
12 80 76
3 4 5
Region 0 Zentral 1 Rechts oben 2 Epigastrium 3 Links oben 4 Linke Flanke 5 Links unten 6 Becken 7 Rechts unten 8 Rechte Flanke 9 Oberes Jejunum 10 Unteres Jejunum 11 Oberes Ileum 12 Unteres Ileum
Grösse der Läsion ________ ________ ________ ________ ________ ________ ________ ________ ________ ________ ________ ________ ________
PCI
Läsionsgrössenscore LS 0 Kein sichtbarer Tumor LS 1 Tumor bis 0,5 cm LS 2 Tumor bis 5,0 cm LS 3 Tumor über 5,0 cm oder
konfluierend
11 9
10 12
Der peritoneale Tumorindex (Peritoneal Cancer Index, PCI) ist eine Summation von Scores, basierend auf der Tumorgrösse in den 13 pelvicoabdominalen Regionen. Der PCI wird bestimmt, um die Wahrscheinlichkeit einer kompletten Zytoreduktion bei Patienten mit einer Peritonealkarzinose abzuschätzen.
Rezidiv. Metachrones Auftreten eines Lokalrezidivs und einer Peritonalkarzinose ist leider ein grosses Problem bei Patienten mit rezidivierenden gastrointestinalen Tumoren. Es handelt sich hier um die Hauptursache von Darmobstruktionen, Fistelbildung und intestinalen Perforationen. Die lokoregionale Tumorprogression kann isoliert oder in Kombination mit einer Leber- und Lymphknotenmetastasierung auftreten (8).
Indikationen
Die Anwendung von CRS-HIPEC revolutionierte die Behandlung der Peritonealkarzinose. Im Falle des Kolorektalkazinoms mit peritonealer Metastasierung konnten mit den besten systemischen Chemotherapeutika nur sehr limitierte Überlebensraten erzielt werden (9, 10). Etliche Phase-II-Studien mit kombinierter zytoreduktiver Chirurgie und perioperativer intraperitonealer Chemotherapie haben 3-JahresÜberlebensraten zwischen 25% und 47% gezeigt (11–13). Eine randomisierte Kontrollstudie des niederländischen Krebsinstitutes, in welcher systemisches Fluorouracil und Leukovorin mit CRS-HIPEC verglichen wurde, ergab eine 2-Jahres-Überlebensrate von 42% in der CRS-HIPEC-Gruppe versus 16% unter der systemischen Chemotherapie (14). Im Jahr 2006 wurde eine internationale Konferenz zur Definition der Rolle und der Indikationen für HIPEC bei kolorektalen Malignomen durchgeführt. Gemäss diesen Richtlinien wird die CRS-HIPEC als Standardtherapie der Peritonealkarzinose beim Kolorektalkarzinom anerkannt, sofern sich die Krankheit auf das Abdomen beschränkt und eine vollständige CRS erfolgen kann (15).
Tabelle 2:
Inzidenz von Lokalrezidiven und/oder Peritonealmetastasen bei primären Gastrointestinalkarzinomen
Magen 20% Isobe et al. 2011 Japan
Pankreas n.a. n.a.
Kolon 8% Jayne et al. 2002 Singapur
Rektum 27% Mitchard et al. 2010 Cheltenham
Inzidenz von Lokalrezidiven und/oder Peritonealmetastasen bei rezidivierenden Gastrointestinalkarzinomen
60% D’Angelica et al. 2004 MSKCC, New York
58% Winter et al. 2013 MSKCC, New York
46% Ole et al. 2011 Oslo
Quelle: Sugarbaker, Cancer Treat Rev 2016 Jul; 48: 42–9.
30% Mendenhall et al. 1983 Review
Das Pseudomyxoma Peritonei (PMP), ausgehend von muzinösen Appendixneoplasien, hat eine Inzidenz von ungefähr 1:1 Million pro Jahr und ist eine biologisch heterogene Erkrankung (16). Eine grosse, multizentrische Studie zeigte eine 10- und eine 15-Jahres-Überlebensrate von 63% respektive 59% nach Behandlung des PMP mit CRS-HIPEC (17). Eine andere Studie mit 110 Patienten, welche mit CRS-HIPEC behandelt wurden, ergab eine 5-Jahres-Überlebensrate von 53,4% über alle histologischen Subtypen. Aufgrund der aktuellen Datenlage ist es evident, dass Patienten mit einer primären peritonealen Karzinomatose sowie mit Appendix- und Kolorektalkarzinomen von CRS-HIPEC profitieren. Die Resultate dieser Studien hängen von der Erfahrung der multidisziplinären Teams und der Möglichkeit einer kompletten chirurgischen Tumorreduktion ab.
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Betreffend die peritoneale Karzinomatose beim Magenkarzinom ist die Datenlage für die Behandlung mit CRS-HIPEC noch nicht aussagekräftig. Unvollständige CRS bringt keinen Vorteil für diese Patienten; und sogar vollständige CRS haben nicht die dramatischen Resultate gezeigt, welche beim Mesotheliom oder bei der Peritonealkarzinose des kolorektalen Karzinoms zu verzeichnen sind (18). Frühere Kohortenstudien hatten angedeutet, dass CRS und HIPEC das Outcome von Patienten mit Magenkarzinom und Peritonealkarzinose verbessert (19–21). Eine randomisierte, prospektive Studie zeigte, dass CRS-HIPEC die Gesamtüberlebensrate bei Patienten mit Magenkarzinom und Peritonealkarzinose verbesserte, und zwar mit einer akzeptablen Morbidität und Mortalität (mediane Gesamtüberlebensrate mit CRS nur 6,5 Monate versus 11,0 Monate in der CRS-HIPEC-Gruppe bei medianem Follow-up von 32 Monaten) (22). Es müssen jedoch noch weitere klinische Studien durchgeführt werden, um die Effektivität dieser Therapiestrategie weiter abzustützen. Für die Peritonealkarzinose beim Leber-, Gallengang- und Pankreaskarzinom muss die Rolle der CRS-HIPEC weiter exploriert werden und ist zurzeit für diese Tumoren nicht indiziert.
ken wie Peritonealstrippings. Die Eingriffe können das gesamte Abdomen und Becken betreffen. Die Ausbreitung der Krankheit bestimmt den Umfang der chirurgischen Intervention. Die Lernkurve für diese Operationsverfahren wurde als sehr steil dokumentiert, sodass komplexere Fälle in grösseren Zentren behandelt werden sollten. Die Erfahrung des Chirurgen ist dabei von grosser Bedeutung. Er sollte der Versuchung widerstehen, eine zu umfangreiche Operation durchzuführen, welche zu einer permanenten Veränderung der Physiologie führen und damit das Auftreten eines Rezidivs begünstigen würde. Auch konnte ein Zusammenhang von postoperativen Komplikationen mit schlechten Langzeitergebnissen nachgewiesen werden. Obwohl eine komplette Zytoreduktion bevorzugt wird, kann das Belassen von kleinen Tumormassen (Knoten < 3–5 mm) zu Langzeitüberleben (> 5 Jahre) führen, ähnlich wie es für die Tumorreduktion in der Gynäkoonkologie beschrieben wurde. Der Grund dafür könnte im systemischen Effekt der HIPEC liegen. Im Gegenzug bringen Operationen, welche die Tumormasse nur suboptimal eliminieren oder in Fällen, in welchen der Primärtumor nicht reseziert werden kann, wenig bis gar keinen Nutzen.
Technische Aspekte von CRS und HIPEC
Zytoreduktive Chirurgie Das generelle Ziel der zytoreduktiven Chirurgie ist die Entfernung des gesamten sichtbaren Tumorgewebes. Wir möchten dabei die Relevanz eines adäquaten operativen Vorgehens betonen, bei dem begrenzte Morbidität, keine Mortalität, Erhaltung der Organfunktionen und schnelle Rekonvaleszenz wesentliche Aspekte sind. Wenn machbar, sollte von Darmresektionen abgesehen werden. Trotzdem können Operationen, welche vor der HIPEC durchgeführt werden, sehr umfangreich sein. Omentektomie, Splenektomie, Cholezystektomie, Appendektomie und Peritonealstripping können alle Teil einer «Darmresektion-vermeidenden» CRS sein, doch eine Gastrektomie oder andere grössere Darmresektion gehören nicht dazu. Die Vorteile dieses Vorgehens liegen in der Vermeidung einer Veränderung der Verdauungsphysiologie, einer Reduktion der Darmperforationen und anderer Komplikationen, einem schnelleren Wiedererlangen der Darmfunktion sowie einer Verkürzung der Hospitalisationszeiten. Eine gute Lebensqualität ist wünschenswert und ermöglicht weitere nicht chirurgische Therapieformen wie adjuvante sowie Erhaltungs-Chemotherapien. Eine Vielzahl von chirurgischen Techniken ist für die Zytoreduktion von gastrointestinalen Tumoren mit peritonealer Beteiligung beschrieben worden. Sie reichen von Standardverfahren wie kleiner oder grosser Darmresektion bis hin zu spezialisierten Techni-
HIPEC Zwei Typen von HIPEC sind beschrieben worden: die offene und die geschlossene Technik. Wir haben ausschliesslich die geschlossene Technik angewendet. Im Austausch mit Instrumentierschwestern aus verschiedenen Zentren stellte der Primärautor dieses Artikels eine Abneigung gegen die offene Technik aufgrund von Ängsten vor einer Vernebelung der Chemotherapeutika mit Verteilung im Operationssaal fest. Bei den offenen Techniken wird eine Plastikabdeckung an den Rändern der abdominalen Inzision angebracht, und der Operateur führt eine Hand in den Bauchraum ein, um den Bauchinhalt durchzubewegen und die Chemotherapielösung gleichmässig zu verteilen. Die Flüssigkeit wird dabei mittels eines beheizten Pump-Perfusions-Kreislaufs durch den Bauchraum perfundiert. Da der Operateur bei Löchern in der Kleidung potenziell dem Chemotherapeutikum ausgesetzt würde, haben auch wir diese Technik nicht angewendet. Bei der geschlossenen Methode werden Schläuche für den Zu- und den Abfluss in den Bauchraum und ins Becken eingebracht. Die Schläuche können dabei durch die Inzision oder perkutan angebracht werden. Temperatursonden werden zur Monitorisierung der Zu- und Abflusstemperatur angebracht. Die Temperatur kann bei Bedarf auch intraabdominal gemessen werden. In der Regel lassen wir das Chemotherapeutikum ins Becken oder ins obere Abdomen fliessen und nutzen das gegenüberliegende Areal für den Abfluss. Andere Anordnungen sind ebenfalls mög-
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lich. Die Haut wird an der Inzision vorübergehend mit einer wasserdichten Naht verschlossen. Die Grösse der peritonealen Oberfläche kann dabei in Abhängigkeit von der Körperoberfläche variieren (ca. 60% davon). Das Perfusionsvolumen ist variabel und abhängig von der Grösse des Patienten, von einem gegebenenfalls vorbestehenden Aszitesvolumen und vom Umfang der Resektionen. Wir haben rund 3 Liter Perfusionsvolumen bei Frauen und etwa 4 Liter bei Männern gewählt. Wenn die beheizte Perfusion angefangen hat und dann bestätigt wurde, dass keine Lecks bestehen und die Temperatur über 41°C liegt, wird das Medikament in den Kreislauf eingebracht. Das Abdomen wird vorsichtig bewegt und massiert, um eine gleichmässige Verteilung des Therapeutikums zu ermöglichen. Variablen sind nach diesem Punkt die Plateau- oder die Ziel-Zufluss-Temperatur, die Medikamentendosierung (in einigen Fällen auch Wiederdosierung) sowie die Gesamtperfusionsdauer. Die Perfusionszeiten reichen von 30 Minuten bis zu 1 Stunde, abhängig vom Protokoll. Unser aktueller Standard mit Mitomycin oder Oxaliplatin liegt bei 1 Stunde. Diese Eckpunkte variieren zwischen den Zentren, und einige Experten haben eine Standardisierung gefordert. Alle Protokolle umfassen sehr hohe intraperitoneale Konzentrationen des Chemotherapeutikums im Vergleich zu Serumkonzentrationen bei systemischen Therapien. Die unterschiedlichen Outcomes wurden auf den Einsatz verschiedener Medikamente zurückgeführt (23). Die Tatsache, dass die Outcomes variieren, wenn ein anderes Medikament verwendet wird, während dieses die einzige Variable ist, suggeriert, dass HIPEC eine aktive Komponente der Therapie ist. Diese Zusammenhänge wurden bisher in keiner klinischen Studie untersucht. Um den Effekt der Hpyerthermie in einer klinischen Studie definitiv beweisen zu können, müssten Patienten während mehrerer Jahre nachkontrolliert werden, was prohibitiv teuer wäre. Daher wird der Effekt der Hyperthermie, obwohl theoretisch plausibel, weiterhin wohl kaum abschliessend bewiesen werden.
Komplikationen von CRS-HIPEC
Als grosse Operation, welche die Resektion mehrerer abdominaler Organe umfassen kann, besteht bei der CRS-HIPEC eine erhebliche Morbidität von 12 bis 56% und eine Mortalität von 0 bis 12% (Tabelle 3). Diese Komplikationen können in 3 Kategorien eingeteilt werden: L Intraabdominale Abszess- und Fistelbildung bei
15% (diese Zahl wird erhöht durch eine höhere Zahl von Darmresektionen und Anastomosen). L Abdominalwandmorbidität durch Wundinfektionen, Abszesse, Dehiszenzen/Platzbauch bei zirka 15% (dies ist eine Konsequenz einer gestörten
Tabelle 3:
Komplikationen, gruppiert in 3 Kategorien
Studie (Jahr)
n
Franko (2008) Kianmanesh (2007) Stewart (2006) Sugarbaker (2006) Witkamp (2001)
65 43 110 356 29
Abdominalwand Morbidität 10,70% 11,60% 15,40% 3% 3%
Darm- und intraabdominale Morbidität 15,40% 13,90% 6,30% 5,47% 3%
Wundheilung durch die Anwendung der HIPEC und möglicher CRS, welche die Resektion von Teilen der Bauchwand umfasst). L Systemische Komplikationen (inklusive Knochenmarksuppression, Sepsis, Nierenversagen und pulmonale Komplikationen aufgrund des Effektes von peritoneal resorbierter Chemotherapie). Aus chirurgisch-reduktiver Perspektive müssen besonders zwei wichtige Vorgehensweisen hervorgehoben werden: Erstens sollte die Anzahl der resezierten Darmsegmente minimiert werden, wobei kleine Tumorkonvolute wenn möglich eher fulgurisiert als reseziert werden sollten. Zweitens kann eine vorbeugende Netzeinlage die Bauchwandheilung unterstützen und Bauchwandkomplikationen bei Patienten mit abdominalen Voroperationen, vorbestehenden Bauchwandhernien oder CRS mit Bauchwandresektion minimieren (24, 25).
Zusammenfassung und Ausblick
Die Therapie der metastasierenden Gastrointestinaltumoren ist einem rasanten Wandel unterworfen. Ein multidisziplinäres Vorgehen ist entscheidend geworden. Zu erwarten ist, dass künftig weitere Studien durchgeführt werden, welche die verschiedenen Therapieformen vergleichen. Chirurgische Interventionen bei Patienten, welche früher nicht für eine Operation qualifizierten, werden immer öfter vorgenommen werden. CRS-HIPEC ist eine relativ neue Therapiemöglichkeit für Patienten mit einer Peritonealkarzinose.
Wie sehen die Zukunftsaussichten für CRS und HIPEC aus? Da immer mehr Onkochirurgen in diesem Vorgehen geschult werden und immer mehr Zentren diese Therapieformen anbieten, ist es unwahrscheinlich, dass diese spezielle Technik verschwinden wird. Die Grundüberlegung, einen «second look» anzubieten, welcher potenziell eine HIPEC umfasst, erscheint logisch. Neue HIPEC-Medikamente oder Medikamentenkombinationen, einschliesslich der Kombination von HIPEC mit perioperativer systemischer Therapie, könnten erforscht werden. Während neue und effektivere systemische Therapien eingeführt werden, könnte die selektive Anwendung der CRS weiter zu-
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nehmen: Sie kann zur Entfernung von gastrointesti-
nalen Obstruktionen, zur Entfernung von grossen
Tumormassen oder zur Wiederherstellung der
Funktion und damit der Lebensqualität dienen, da-
mit die Residualerkrankung systemisch therapiert
werden kann.
L
Dr. med. Hani Oweira (Erstautor, Korrespondenzadresse) Onkologische und Viszeral-Chirurgie Andreas Klinik 6330 Cham E-Mail: hani.oweira@hirslanden.ch
und Dr. med. Yvonne Gunsch-Wegmann Onkologische und Viszeral-Chirurgie
sowie Dr. med. Meinrad Mannhart OHZ Onko-Hämatologisches Zentrum Zug Andreas Klinik 6330 Cham
Interessenkonflikte: keine.
Quellen:
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Merkpunkte
Zur hyperthermalen intraperitonealen Chemotherapie (HIPEC):
L Trotz Heterogenität der berücksichtigten Studien besteht ein übergeord-
neter Trend zu einem möglichen Nutzen dieses aggressiven Vorgehens bei ausgewählten Patienten.
L Als intraperitoneale Chemotherapeutika sind Mitomycin und Oxaliplatin
sowie biologische Wirkstoffe getestet worden. Doch bis heute ist kein Wirkstoff als Therapie der Wahl identifiziert worden.
L Patienten mit resezierbaren peritonealen Oberflächenmetastasen (PSM)
von Kolorektal-, Appendix- oder Magenkarzinomen sollten durch ein multidisziplinäres Team behandelt werden, welches Chirurgen und Onkologen umfasst.
L Die HIPEC ist Teil eines multimodalen Behandlungskonzeptes.
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