Transkript
Kongressbericht
ESMO 2016 – Annual Meeting of the European Society for Medical Oncology, Kopenhagen, 2016
Molekulare Tumordiagnostik
Massenspektroskopie für die zügige Einleitung der zielgerichtetenTherapie
In den letzten 10 Jahren führten vor allem die Einführung molekularer Methoden in die histopathologische Diagnostik zu Fortschritten in der Krebsdiagnostik. Mit der Massenspektroskopie hat nun eine sehr vielversprechende Technologie Einzug in die molekulare Diagnostik gehalten, denn sie ermöglicht eine schnelle, zuverlässige und hochsensitive Identifikation somatischer Mutationen im Tumorgewebe. Daneben ist diese Technik auch an Feinnadelaspiraten und Blut anwendbar.
Insbesondere bei Tumoren mit immer wiederkehrenden Mutationsmustern stellt diese Methode eine robuste Technik für den Routineeinsatz dar, so die Expertenmeinung bei einem Round Table der Firma Agena Bioscience anlässlich der ESMO-Jahrestagung 2016, an der das seit Kurzem zertifizierte MassARRAY®System vorgestellt wurde.
Simultane Analyse der DNA-Isolate aus Tumorgewebe oder Blut
Die umfassende und schnelle Tumordiagnostik bildet die Grundlage der personalisierten Tumortherapie, denn sie ermöglicht die rasche Wahl der passenden zielgerichteten Therapie entsprechend dem relevanten Mutationsstatus bei zahlreichen Malignomen. Hier spielen die in der klinischen Praxis bekannten Drivermutationen beim fortgeschrittenen kolorektalen Karzinom, Bronchialkarzinom und Melanom eine Schlüsselrolle. Die neue MassARRAY®-Technologie ist seit 2016 CE-zertifiziert. Mit dieser Methode ist es möglich, in Gewebeproben Mutationen sicher und kosteneffektiv zu detektieren. Mit der automatisierten Software zur einfachen Datenanalyse eignet sich die MassARRAY®-Dx-Plattform für das klinische und das molekularpathologische Labor. Die Technologie ist für die Identifizierung von somatischen Mutationen, SNPs (= Einzelnukleotid-Polymorphismen), Insertionen und Deletionen geeignet. Es wurden dazu über 2500 Arbeiten in der Onkologie, der Pharmakogenetik und anderen Disziplinen publiziert. Dabei kann die Analyse nicht nur an DNAIsolaten aus Tumorgewebe, sondern auch
mit DNA aus Blutproben der Krebspatienten (liquid biopsy) erfolgen.
Erste Resultate bereits nach 1 bis 2 Tagen
«Für die klinische Praxis bedeutet die schnelle und zuverlässige Identifizierung der entsprechenden Mutation eine enorme Zeit- und Kostenersparnis, und der Patient kann rasch seiner personalisierten Therapie zugeführt werden», erklärte Dr. rer. nat. Petra Wandernoth vom Institut Molekularpathologie Trier/Deutschland. «Wir analysieren mit der neuen Technologie Mutationen der kolorektalen Karzinome und Melanome. Mit der Massenspektrometrie an DNA-Molekülen können sämtliche derzeit in der klinischen Praxis relevanten Mutationen gleichzeitig identifiziert werden. Bei Sequenzierungsverfahren hingegen werden die Gene sequenziell untersucht, was einen wesentlich höheren Arbeits- und Zeitaufwand bedeutet. Die Ergebnisse liegen bei Sequenzierungsverfahren im Schnitt 4 Tage nach Probeneingang vor, das massenspektrometrische Untersuchungsverfahren beansprucht nur 2 Tage.» Die Abrechnung molekularpathologischer Leistungen im deutschen Gesundheitswesen erfolgt seit diesem Jahr nicht mehr auf der Basis einer bestimmten Technologie, sondern abhängig von den untersuchten Mutationsmustern. Somit ist die Massenspektrometrie kostengünstiger. Da molekulare Veränderungen im Verlauf der Erkrankung und unter Therapie dynamisch sind, sind wiederholte molekulare Untersuchungen bei Tumorprogression oder Metastasierung zur optimalen Anpassung der Therapie notwendig.
Die behandelnden Onkologen und Pathologen schätzten dieses Verfahren aufgrund der Schnelligkeit und der Präzision, ergänzte Petra Wandernoth.
Fallbeispiel
Zur Verdeutlichung des klinischen Nutzens des Massenspektrometrieverfahrens stellte Dr. Annarita Destro, Molekularbiologin aus Mailand, den Fall einer 59-jährigen Lungenkrebspatientin aus ihrer klinischen Praxis vor: L Ausgangslage: Die Lungenbiopsie
ergab bei der Patientin ein Adenokarzinom der Lunge im Stadium T2N2M1b. Im Biopsiematerial war der Anteil der Tumorzellen deutlich verringert (< 10%). Ein Sanger-basierter EGFR-Test erfolgte im März 2015, aber wegen mangelnden Tumormaterials konnte kein Ergebnis erzielt werden. Da sich die Patientin in schlechtem Allgemeinzustand befand, konnte keine erneute Biopsie erfolgen. L Intervention: Im Mai 2015 erwarb das Mailänder Labor das MassARRAY®Dx-Verfahren und analysierte erneut das kleine Lungenbiopsiematerial: Der EGFR-Test ergab mittels Myriapod® Lung Kit (Diatech Pharmacogenetics) eine therapierelevante Mutation auf dem MassARRAY-DxInstrument E746_A750del ELREA. Die Analyse dauerte weniger als 10 Tage. L Die Patientin erhielt in der Folge einen Tyrosinkinasehemmer und befindet sich heute in stabilem Zustand. L
Bärbel Hirrle
Quelle: Round Table/Expertengespräch anlässlich des ESMO-Kongresses 2016 (8.10.2016).
Ich bedanke mich bei Frau Dr. Wandernoth für die freundliche Durchsicht.
Weitere Informationen: Agena Bioscience GmbH Mendelssohnstrasse 15D D-22761 Hamburg Telefon: 0049-40-899 67 60
32 SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 1/2017