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aSAkKtKuellSeite der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung (SAKK)
Aktuelle Studien der SAKK
Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung (SAKK) stellt in dieser Ausgabe eine offene Studie vor. Die SAKK ist eine Non-Profit-Organisation, die klinische Studien in der Onkologie durchführt. Bei Interesse für eine der hier vorgestellten Studien oder falls Sie eine Patientin oder einen Patienten zuweisen möchten, kontaktieren Sie bitte den Studienleiter (Coordinating Investigator) oder die Studienkoordinatoren (Clinical Project Manager).
PD Dr. med. Roger von Moos Präsident der SAKK E-Mail: roger.vonmoos@ksgr.ch
Infos zur SAKK: www.sakk.ch
SAKK41/14 – ACTIVE-2
Unterstützt Bewegung die Chemotherapie?
Die SAKK untersucht in ihrer Studie, ob körperliche Aktivität während der Chemotherapie die Wirkung der Therapie und damit die Zeit bis zur Tumorprogression verändert. Das primäre Ziel dieser Studie ist es, zu prüfen, ob ein strukturiertes Bewegungsprogramm während der Erstlinientherapie bei Patienten mit fortgeschrittenem, inoperablem Darmkrebs die Zeit bis zur Tumorprogression verlängert und/oder die Lebensqualität verbessert.
Diagnose eines metastasierten
KRK
Randomisierung
Standardisierte palliative Chemotherapie + strukturierte KA und Schrittzähler (Pedometer)
Standardisierte palliative Chemotherapie
KRK = Kolorektalkarzinom; KA = körperliche Aktivität
Abbildung: Studiendesign der Studie SAKK 41/14
Nachbeobachtung (Follow-up)
Aufbau und Verlauf der Studie ACTIVE-2 ist eine randomisierte, multizentrische, internationale Phase-III-Studie mit integrierter Machbarkeitsanalyse. Dazu werden Patienten der Interventionsgruppe in der Schweiz, in Österreich und in Deutschland mit der vom lokalen Onkologen festgelegten systemischen Standardtherapie behandelt. Zusätzlich erhalten sie ein 12wöchiges Bewegungsprogramm, welches einerseits 2-mal wöchentlich ein geführtes Ausdauertraining auf dem Fahrradergometer in der Physiotherapie umfasst und andererseits mehr Bewegung im Alltag mittels Schrittzähler und Bewegungstagebuch fördert. Während der Therapie wird schemaabhängig alle 8 bis 9 Wochen – nach der Therapie alle 12 Wochen – eine Bildgebung mittels Computertomografie oder Magnetresonanzuntersuchung durchgeführt. Darüber hinaus füllen die Patienten ab Studieneinschluss bis zur Krankheitsprogression in regelmässigen Intervallen Fragebögen aus, welche Fragen zu subjektiven Beschwerden, Appetit, Depression und Stress umfassen. Sie führen
ebenfalls bei Einschluss und im Verlauf der Studie einen einfachen Fitnesstest durch – einen sogenannten «Sit-to-Stand-Test». Bei Patienten, die am freiwilligen translationalen Projekt teilnehmen, werden zusätzlich zu 4 festgesetzten Zeitpunkten (vor, während und nach dem Bewegungsprogramm) Stoffwechsel und Immunfunktionen in den weissen Blutzellen untersucht.
Beweggründe zur Studie Bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen werden in erster Linie Medikamente eingesetzt, welche Krebszellen zerstören. Es zeigt sich aber, dass nicht nur Tumorfaktoren wichtig sind, um den Krebs zu kontrollieren. Die Umgebung, in welcher die Krebszellen wachsen, ist ebenfalls entscheidend. Körperliche Aktivität beeinflusst diese Patientenfaktoren. Aus Bevölkerungsstudien ist bekannt, dass Darmkrebs bei Menschen, die wenig körperlich aktiv sind, gehäuft auftritt. Zudem sind Rückfälle nach operiertem Darmkrebs häufiger bei Menschen, die sich wenig bewegen.
Die Rolle von Bewegung während der aktiven Behandlung ist weniger gut untersucht. Fest steht, dass ein Bewegungsprogramm auch während aktiver Chemotherapie machbar und sicher ist. Ein solches Programm scheint sich auf gewisse Bereiche, insbesondere auf Fatigue und auf die Lebensqualität, positiv auszuwirken und bestimmte therapiebedingte Nebenwirkungen positiv zu beeinflussen.
Studienname: Physical activity program in patients with metastatic colorectal cancer who receive palliative first-line chemotherapy. A multicenter open label randomized controlled phase III trial.
Kommentar von Prof. Vivianne Hess zu ACTIVE-2: «Was kann ich selber tun, dass meine Therapie besser wirkt?» Eine Frage, die wir Onkologen vor Beginn einer Therapie oft gestellt bekommen und auf die es wenig wissenschaftlich belegte Antworten gibt. Erst in
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den letzten Jahren zeigt sich deutlich – aus Untersuchungen in Laboratorien und Kliniken der ganzen Welt –, dass körperliche Aktivität das Potenzial hat, durch Veränderungen in Stoffwechsel und Immunsystem die Krebstherapien in ihrer Verträglichkeit und Wirksamkeit zu verbessern und den Krankheitsverlauf zu verändern. Wenn sich dies in unserer ACTIVE-Studie bestätigt, könnten wir in Zukunft unseren Patienten mit einem strukturierten Bewegungsprogramm ein einfaches Instrument in die Hand geben, mit dem sie aktiv zur Optimierung ihrer Therapie beitragen können – ganz ohne zusätzliche Medikamente einnehmen zu müssen. Diese Idee findet sowohl bei Patienten als auch bei Ärzten grossen Anklang – daher beteiligt sich auch die grosse Mehrheit der onkologischen Zentren in der Schweiz an der Studie. Spannend für mich als Studienleiterin ist es auch zu erleben, wie vielerorts durch diese Studie eine engere Zusammenarbeit entstanden ist zwischen den Onkologen und den Physiotherapeuten, welche das 12-wöchige ACTIVE-Programm mit den Pati-
enten durchführen. Dies könnte dazu führen, dass immer mehr Bewegungsangebote für Krebspatienten entwickelt werden, wie zum Beispiel auch in der Rehabilitation. Noch ist die erfolgreiche Durchführung der Studie aber nicht gesichert. Die zwei grössten Herausforderungen sind einerseits die Finanzierung, andererseits die Bereitschaft der Zentren, wirklich allen Patienten mit fortgeschrittenem Darmkrebs die Studienteilnahme zu ermöglichen, sodass genügend Teilnehmer für aussagekräftige Resultate gefunden werden. Die Studienteilnahme dürfte – gemessen am weltweiten Enthusiasmus der Wissenschaft bezüglich der Vorteile von Bewegung – gelingen. Bleibt zu hoffen, dass weitere öffentliche und private Geldgeber den Mut und die Langatmigkeit haben, in ein mehrjähriges, industrieunabhängiges Projekt zu investieren, welches nicht nur in der europäischen Studienlandschaft einzigartig ist, sondern auch das Potenzial hat, die Krebstherapien für zukünftige Patienten spürbar zu verbessern.
Teilnehmende Zentren Schweiz: Aarau Kantonsspital, Baden Kantonsspital, Basel Claraspital, Basel Universitätsspital, Baselland Kantonsspital, Biel Spitalzentrum, Chur Kantonsspital, Hirslanden Klinik im Park Zürich, Kantonsspital St. Gallen, Spital STS AG Thun, Kantonsspital Luzern, Stadtspital Triemli Zürich, Olten Kantonsspital, Hôpital Fribourgeois, Hôpitaux Universitaires de Genève, Thurgau Kantonsspital (Standorte Münsterlingen und Frauenfeld), CCAC Lausanne et Fribourg, Universitätsspital Zürich.
Coordinating Investigator: Prof. Dr. med. Viviane Hess Universitätsspital Basel E-Mail: viviane.hess@usb.ch
Clinical Project Manager: Dr. Catherine Berset SAKK CC, Bern E-Mail: catherine.berset@sakk.ch
Viviane Hess wird Vizepräsidentin der SAKK
Der SAKK-Vorstand hat Prof. Dr. med. Viviane Hess zur neuen Vizepräsidentin gewählt. Frau Hess übernimmt damit das Amt von ihrem Vorgänger PD Dr. med. Roger von Moos, welcher ab 1. Juli neuer SAKK-Präsident ist.
Bereits seit sechs Jahren ist Viviane Hess Mitglied des Vorstands der SAKK. Nun hat sie sich entschlossen, sich als deren Vizepräsidentin zur Verfügung zu stellen. Der Vorstand bestätigte sie mit ih-
rer Wahl nicht nur als Vizepräsidentin, sondern anerkennt auch Hess‘ jahrelange, engagierte und ausgezeichnete Arbeit für die Organisation. Neben ihrer Mitgliedschaft im Vorstand gehört sie auch der SAKK-Projektgruppe «Gastrointestinale Tumore» an. Dort ist sie zurzeit Prüfärztin der Studie SAKK 41/14, in der sie untersucht, ob Patienten mit Darmkrebs mehr von einer Behandlung mit Chemotherapie profitieren, wenn sie körperlich aktiv sind.
Die Mutter von vier Kindern ist nicht nur in der SAKK gefragt. Am Universitätsspital Basel ist Hess leitende Ärztin und Leiterin der klinischen Forschung im Gebiet der Medizinischen Onkologie und zudem Leiterin des Bauchtumorzentrums. Als SNF-Förderprofessorin untersucht sie mit ihrer Forschungsgruppe den Einfluss von nicht medikamentösen Massnahmen auf die Wirkung von medikamentösen Krebstherapien.
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