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Journal Club
Fortgeschrittenes, vorbehandeltes Nierenzellkarzinom
Immuntherapie mit Nivolumab bringt verlängertes Gesamtüberleben bei guter Lebensqualität
Patienten mit fortgeschrittenem Nierentumor profitieren nach einer systemischen Vorbehandlung markant von einer Immuntherapie: In einer offenen Phase-III-Studie (CheckMate 025) mit dem PD-1-Inhibitor Nivolumab versus Everolimus (der derzeitigen Standardtherapie) zeigten sich eine deutlich höhere Ansprechrate und ein signifikant verlängertes Überleben von median 25 (vs. 19,5) Monaten bei deutlich besserer Verträglichkeit unter der Immuntherapie.
New England Journal of Medicine
Fast 30% der Patienten mit Nierenzellkarzinom (renal cell carcinoma; RCC) weisen bei Diagnosestellung bereits eine Metastasierung auf. Trotz mehrerer neuer zielgerichteter Therapiemöglichkeiten, darunter VEGR- und mTOR-Hemmer nach Vorbehandlung mit Sorafenib oder Sunitinib, bleibt das Gesamtüberleben (OS) mit diesen Wirkstoffen limitiert. Der PD-1-Checkpoint-Inhibitor Nivolumab (Opdivo®) – seit Kurzem auch in der Schweiz bei fortgeschrittenem NSCLC unabhängig vom histologischen Subtyp nach Vorbehandlung zugelassen – zeigte sich in ersten, unkontrollierten Studien auch bei vorbehandelten mRCC-Patienten vielversprechend. Dabei wurde offensichtlich, dass eine PD-L1-Expression mit schlechter Prognose bei RCC assoziiert ist, vermutlich aufgrund immunsuppressiver Funktion. Die Nivolumab-Therapie sollte daher aufgrund der induzierten Unterbrechung des PD1-/PD-L1-Signalwegs zu einer wiederhergestellten immunologischen Antitumorwirkung und damit zu verbessertem Überleben führen.
Internationale Studie mit 821 Patienten
Die randomisierte Phase-III-Studie Check-Mate 025 schloss 821 Patienten mit fortgeschrittenem, klarzelligem RCC ein, die mit einem oder zwei Regimen vorbehandelt waren. Sie erhielten im Verhältnis 1:1 entweder Nivolumab (3 mg pro kg KG intravenös alle 2 Wochen) oder Everolimus (10-mg-Tablette, 1x täglich). Primärer Endpunkt war das Gesamtüberleben (OS); zu den sekundären Endpunkten gehörten die objektive Ansprechrate und Sicherheit.
Medianes OS nach Vorbehandlung: mehr als 2 Jahre
Im Resultat zeigte sich ein medianes OS unter Nivolumab von 25 Monaten (95%KI: 21,8 bis nicht erreicht) und unter Everolimus von 19,6 Monaten (17,6–23,1). Im Schnitt lebten Nivolumab-Patienten also fast ein halbes Jahr länger als unter der derzeitigen Standardtherapie mit Everolimus. Die Hazard Ratio (HR) für Tod betrug 0,73 (98%-KI: 0,57–0,93) und traf damit das vorher bestimmte Kriterium für
Therapieüberlegenheit. Die Trennung
der OS-Kurven trat in der Studie schon
früh (d.h. nach ca. 3 Monaten) ein; das
verlängerte OS von 5,4 Monaten unter
Nivolumab war signifikant in der Inte-
rimsanalyse.
Die objektive Ansprechrate war unter
dem Prüfmedikament deutlich höher mit
25% versus 5% (Odds Ratio 5,98; 95%-KI:
3,68–9,72). Dagegen war das progressi-
onsfreie Überleben (PFS) unter beiden
Medikamenten etwa gleich mit 4,6 Mo-
naten unter Nivolumab (vs. 4,4 Monate
unter Everolimus), was einer HR von
0,88 entspricht. Das PFS war in dieser
Studie also nicht ausschlaggebend für
das unterschiedliche OS. Die Studienärz-
te vermuten einen verzögerten Benefit
von Nivolumab. Die verbesserte Wirkung
von Nivolumab war unabhängig vom An-
teil der PD-1-Expression zu beobachten.
Die therapiebezogenen Grad-3- und -4-
Nebenwirkungen waren mit 19% unter
Nivolumab deutlich geringer als unter
Everolimus mit 37%. Unter dem Im-
muntherapeutikum standen Fatigue und
unter dem mTOR-Hemmer Anämie im
Vordergrund. Damit bestand unter Nivo-
lumab eine sehr gute Lebensqualität in
der gesamten zweijährigen Studienperi-
ode.
L
Bärbel Hirrle
Quelle: Motzer RE et al.: Nivolumab versus Everolimus in advanced Renal-Cell Carcinoma. N Engl J Med 2015; 373 (19): 1803–1813. Die Ergebnisse wurden erstmals auf dem Europäischen Krebskongress (ECC) im Herbst 2015 im Rahmen der Presidential Session vorgestellt (Late Breaking Abstract #3).
36 SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 2/2016