Transkript
Im Fokus: Radioonkologische Behandlungsoptionen und -techniken
Die Entwicklungen in der Radioonkologie in den vergangenen 50 Jahren
Teil 1: Gründung der Gesellschaften und Klinik der Radioonkologie
Internationale fachliche Entwicklungen in der Radioonkologie wurden in der Schweiz in den vergangenen 50 Jahren nicht nur übernommen, sondern auch angestossen und klinisch umgesetzt*. Stimulierend für eine rege internationale Kooperation war 1980 die Gründung der ESTRO, der European Society for Radiotherapy & Oncology. Hilfreich für das «fachliche Selbstbewusstsein» der Radioonkologie in der Schweiz wurde 1996 ihre Abspaltung von der Schweizerischen Gesellschaft für Medizinische Radiologie (SGMR).
RICHARD GREINER, REGINA SEILER
SZO 2015; 1: 10–13.
Richard Greiner
Gründung der Gesellschaften
Erst in den Achtzigerjahren begann sich in der Schweiz Strahlen-(Radio-)Therapie als Radioonkologie zu benennen – am frühesten in Basel –, als wissenschaftlicher Überbegriff der Fächer Strahlen- beziehungsweise Radiotherapie, Radiobiologie und Strahlenphysik/Medizinphysik. (Mancherorts wurde wegen der Bestrahlung auch benigner Erkrankungen die Umbenennung in Radioonkologie nicht übernommen.) Im deutschsprachigen Europa kam es, verglichen mit anderen Ländern – wegen der traditionell engen fachlich-wissenschaftlichen und standespolitischen Einbindung der Strahlentherapie in die diagnostische Radiologie –, erst spät zur Gründung nationaler wissenschaftlicher Fachgesellschaften der Radioonkologie.
ABSTRACT
History of radiation oncology
During the past fifty years, radiation oncology made substantial progress, especially in the protection of healthy tissue. This was made possible by the developments in technology, mainly the vast improvements in computer technology, supported by the findings of radiobiology and secured by newer algorithms by the physicists, along with their quality assurance programs. The therapeutic window could be expanded, especially through better protection of the healthy tissue. In this century it was the IMRT technique which boosted the development of better sparing therapies. Proton dose distribution is still leading the way, but currently it has not been decided whether there will be second proton therapy center in Switzerland.
Die SASRO – Scientific Association of Swiss Radiation Oncology Strahlentherapie, zunächst nicht fachlich zugeordnet, später jahrzehntelang nur Neben- respektive Teilfach der Radiologie, wurde in der Schweiz standespolitisch durch die 1913 gegründete Schweizerische RöntgenGesellschaft vertreten, deren erster Vorsitzender T. F. Christen war, ein Pionier der Dosimetrie. Der Anstoss für die Gründung einer unabhängigen Gesellschaft für Strahlentherapie in der Schweiz war die Gewissheit, dass sich ein Fortbestand der gegebenen Situation als Hemmnis für die Fortentwicklung der Radioonkologie in der Schweiz erweisen werde. Den Initiativen von René Mirimanoff und John Kurtz ist es zu verdanken, dass 1996 in Bern die wissenschaftliche Fachgesellschaft der Schweizer Radioonkologie, die SASRO, gegründet werden konnte. Im März 1997 organisierte die neue Gesellschaft in Bern ihren ersten unabhängigen Kongress. 2015 in Basel wird es dann der 19. in der Erfolgsgeschichte der SASRO sein. Neben der wissenschaftlichen Gesellschaft entstand die ärztliche, standespolitische Schweizer Gesellschaft für Radioonkologie (SRO), die in erster Linie für die Qualität der fachlichen Ausbildung und Weiterbildung und für die Organisation der Facharztprüfungen verantwortlich ist. Die Strahlenbiologen hatten 1964 unter Führung von Frau Hedi Fritz-Niggli eine eigene Gesellschaft ge-
*Kreisbeschleuniger von Siemens/BBC; Linearbeschleuniger von BBC; Pi-Mesonenbestrahlung, Protonenbestrahlung und 3-D-konformierende Bestrahlungsplanung am SIN/PSI; 1. Kongress Translational Research in Lugano.
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gründet, welche später auch die Medizinphysiker vertrat und deshalb 1988 ihren Namen in Schweizerische Gesellschaft für Strahlenbiologie und Medizinische Physik (SGSMP) änderte. Sie feierte 2014 in Luzern ihr 50-jähriges Bestehen. Ihre Ehrenmedaille trägt den Namen von T.F. Christen.
Klinik der Radioonkologie
Im Rahmen dieses Artikels kann nur auf die wesentlichen Aspekte der Entwicklung der Strahlentherapie eingegangen werden. Als basale Konstante blieb in der Zeit, für welche die Entwicklung der Strahlentherapie geschildert werden soll, die seit den Dreissigerjahren übliche Dosierung von 2 Gy als einmalige Tagesdosis (ED) bei kurativer Zielsetzung, 10 Gy als wöchentliche Gesamtdosis (GD) und 50 bis 80 Gy GD (unter Berücksichtigung der Toleranz ) für Karzinome und Sarkome. Abweichende ED werden bei Hyperfraktionierung, meist 1,2 Gy, bei Schemata der Akzelerierung +/- Hyperfraktionierung und bei Hypofraktionierung +/- Akzelerierung gegeben. Die Gesamtdosen für den Iso-Effekt unterschiedlicher Fraktionierungen werden seit etwa 1990 nach dem α/β-Formalismus (G.W. Barendsen 1982; J. Fowler) berechnet. Die Bezeichnung der Einheit der Dosis wurde in der Zeit geändert, sie wird von der 1925 in London gegründeten ICRU (International Commission on Radiation Units & Measurements) festgelegt. Dem «R» (= Ladung/Luftmasse) folgte 1980 das «rad» und diesem 1986 das «Gy»: 1 Gy (= Joule/kg) entspricht 100 rad.
Verlust von Indikationen Bevor im Folgenden die Entwicklungen der Geräteund Rechnertechniken geschildert werden, die heute ganz wesentlich auch den klinisch-strahlentherapeutischen Alltag bestimmen, werden Änderungen der Indikationen zur Strahlentherapie besprochen. Am deutlichsten ist der Rückgang der Zuweisungen zur Bestrahlung von benignen Erkrankungen. Einer der Gründe ist die Kenntnis mutagener Reaktionen ionisierender Strahlung, die zu Spätmalignomen führen kann. Während es Zuweisungen unter anderem aufgrund von «Fersensporn», «Tennisellbogen», Arthrose von Schulter oder Knie, Keloid, M. Dupuytren oder endokrinem Exophthalmus gibt, gilt Bestrahlung kaum mehr als Indikation der Wahl (evtl. ausgenommen die präoperative bzw. unmittelbar postoperative Einmalbestrahlung mit 6 bis 8 Gy, um überschiessende extraossäre Ossifikationen, meistens bei Zweiteingriffen am Hüftgelenk, zu verhindern). Als palliative Massnahme hat die Strahlentherapie ihre Bedeutung behalten; bezüglich Kosten, Behandlungsdauer und Effizienz hat sich keine Alternative angeboten, vor allem weil Schmerzen und Destruk-
tion ossärer Metastasen mit einmaliger Bestrahlung nachweislich in gleicher Weise beherrscht werden können wie mit fraktionierter Behandlung. Toleranzprobleme sind bei den Dosen von maximal 8 Gy nicht zu erwarten.
Effizienz der palliativen Strahlentherapie Aus der Liste der Indikationen sind Hodentumoren verschwunden, an den meisten Zentren auch die adjuvante Bestrahlung des Seminoms (ersetzt durch platinhaltige Chemotherapie). Bis in die Achtzigerjahre wurden dabei auf die retroperitonealen und iliakalen Lymphknotenstationen GD bis 40 Gy appliziert und die Volumina bis nahe an die Leiste gezogen, mancherorts auch beidseits. Dieses Vorgehen konnte zur Streustrahlenbelastung der Hoden von > 1,5 Gy und damit zu irreversibler Azoospermie führen (R. Greiner 1978). Heute würde die untere Feldgrenze auf Höhe des 5. LWK liegen und die Dosis auf 20 Gy begrenzt. Noch bis in die Achtzigerjahre wurde die retroperitoneale Bestrahlung bei nicht seminomatösen Hodentumoren mit 40 bis 45 Gy in einer SAKK-Studie untersucht, was sich als kontraproduktiv erwies. Bis in die späten Achtzigerjahre wollte man mit der Ganzabdomenbestrahlung (TAI) Rezidive der postoperativen Chemotherapie des Ovarialkarzinoms verhindern. Bald zeigte sich, dass ein Erfolg einer TAI vorgängig eine «Second-lookOperation» mit NED-Befund benötigte. Nach einer SAKK-Studie, an der nicht alle Strahlentherapiezentren teilnahmen, wurde die TAI Anfang der Neunzigerjahre aus den primären Behandlungskonzepten des Ovarialkarzinoms gestrichen. Kürzlich erschienen Berichte, die bei Anwendung der neuen Applikationstechniken (Tomotherapie, VMAT) einen nützlichen Einsatz der TAI wieder für möglich halten.
Unbestritten und unersetzt: Bestrahlung bei HNO-Tumoren.
Auch bei anderen gynäkologischen Tumoren musste die Strahlentherapie Terrain an die Chemotherapie abgeben, nachdem deren positiver Einsatz in den Neunzigerjahren nachwiesen worden war. Beim Korpuskarzinom blieb die vaginale Brachytherapie ab G2-Tumoren Standard, dagegen ist der Überlebensnutzen der perkutanen Bestrahlung stark hinterfragt, aber auch jener der pelvinen respektive grossräumigen Lymphadenektomie. Zervixkarzinome, einst eine «Paradeindikation» der Strahlentherapie und eine Erfolgsgeschichte für die Radium-Brachytherapie in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts, sind in Westeuropa seltener geworden. Strahlentherapie ist nicht mehr überall Partner in der primären Therapie.
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Bestrahlung der HNO-Tumoren Unbestritten ist die Stellung der Bestrahlung bei der Behandlung von Karzinomen im HNO-Bereich, eher noch gestärkt durch die Tendenz zur Organ- und Funktionserhaltung des Larynx. In keiner Region können die Vorteile der Planungs- und Applikationstechnik der intensitätsmodellierten Strahlentherapie (IMRT) bezüglich Gewebeschonung deutlicher genutzt werden als hier. Fast jedes HNO-Karzinom wird postbioptisch respektive postoperativ bestrahlt, heute häufig in simultaner Kombination mit platinhaltiger Chemotherapie beziehungsweise monoklonalen Substanzen. Dabei warnten noch Mitte der Achtzigerjahre Radiobiologen unisono eindringlich vor diesem Behandlungskonzept, das sich, deutlich anders als metachrones oder alternierendes Vorgehen, gegenüber der alleinigen Strahlentherapie als überlegen und doch tolerabel erwies. Die Überlegenheit der kombinierten Therapie (mit Cis-Platin®) auch gegenüber einer alleinigen hyperfraktionierten, akzelerierten Strahlentherapie (mit 1,2 Gy, 2 x tgl.) wurde in einer SAKK-Studie in den Neunzigerjahren bestätigt, die von P. Hugenuin und Ch. Glanzmann geführt worden war. Zu erwähnen ist, dass es sich dabei um die erste Studie mit vornehmlich radioonkologischer Fragestellung handelte, die vom Forschungsrat der SAKK in ihrer 50-jährigen Geschichte unterstützt worden war.* Seit dem Jahr 2000 weiss man, dass HP-Viren nicht nur Auslöser von Zervix-, anderen genitalen und analen Karzinomen sein können, sondern auch von HNO-Karzinomen, vor allem im Bereich des Oropharynx. Daten weisen auf höhere Radiosensitivität der mit viralem Genom infizierten Tumorzellen als bei den durch die üblichen Noxen ausgelösten Karzinomen. Geändert gegenüber den Siebziger- und Achtzigerjahren hat sich die Behandlung der jodaviden Schilddrüsenkarzinome, bei denen perkutane Bestrahlung kaum eingesetzt wird.
Bestrahlung beim Mammakarzinom
Seit den in den Siebzigerjahren zuerst in Frankreich begonnenen randomisierten Studien zur brusterhaltenden Therapie des Mammakarzinoms (Pionierarbeit in der Schweiz am Kantonsspital Basel; R. Hünig) wurden die Indikationen zur Teilnahme der Strahlentherapie an der Primärtherapie erweitert und dabei der Grad der operativen Radikalität sukzessive reduziert. Vielerorts war es noch Anfang der Neunzigerjahre Usus, bei brusterhaltendem Vorgehen dieses zu begründen; bald musste jedoch die Amputation begründet werden. Die Amputation war im
* Zurzeit läuft eine weitere von Radioonkologen geführte SAKK-Studie, welche die Bedeutung der adjuvanten/postoperativen Bestrahlung von histologisch und/oder laborchemisch (PSA) inkomplett operierten Prostatakarzinomen überprüft.
vergangenen Jahrhundert die Therapie der Wahl des intraduktalen Cis, sie ersetzt seit Jahren nach brustsparender Operation die Bestrahlung. Das Dogma zur adjuvanten Bestrahlung der abfliessenden Lymphknotenregionen erst bei drei positiven Lymphknoten gilt seit zirka 10 bis 15 Jahren nicht mehr: Heute empfohlen wird die Bestrahlung schon bei Nachweis eines positiven Knotens, den sie trägt nicht nur zur Vermeidung eines lokoregionären Rezidivs bei, sondern – und das überraschte – sogar zur Verbesserung der Überlebensrate. Der Nachweis von epitheloiden Zellen in Sentinellymphknoten bei klinisch unauffälligem axillärem Befund ist keine Indi-
Regionäre Bestrahlung des Mammakarzinoms kann Überleben verbessern.
kation mehr für die axilläre Lymphknotenausräumung, sondern ist eine Indikation für einen Einschluss der Lymphknotenstationen in das Volumen der adjuvanten Bestrahlung geworden. Zur Dosiserhöhung auf 60 und mehr Gy für das Tumorbett (Boost mit unterschiedlichen Techniken) nötigten die um die Jahrhundertwende in ESTRO-Studien bekannt gewordenen lokalen Rezidivraten nach der bis anhin üblichen Ganzbrustbestrahlung (TBI) mit GD 50 Gy, besonders bei prämenopausalen Frauen. Zur prognostischen Bedeutung ausgewählter Parameter hat besonders J. Kurtz durch detaillierte klinische Forschung beitragen können. Seit rund 10 Jahren kontrollieren Radioonkologen in internationalen Studien das Risiko einer Erhöhung der Rate eines intramammären Rezidivs, wenn die adjuvante TBI bei definierten intraoperativen Befunden durch eine auf die Tumorregion begrenzte, hypofraktionierte, kurzzeitige Bestrahlung ersetzt wird. Diese «Partial volume irradiation»-(PBI-)Studien finden nicht bei allen Kollegen Zustimmung, sie befürchten Neuerkrankungen in der verbliebenen Mamma, was ja gerade die Indikation zur adjuvanten Bestrahlung der ganzen Mamma ist.
Bestrahlung bei malignen Lymphomen In den Vierzigerjahren wurde R. Gilbert in Genf zum Pionier der Strahlentherapie des M. Hodgkin, als er die Strahlenbehandlung auch auf die Nachbarschaft klinisch befallener Regionen (heute: «extended field») ausdehnte. 1966 stellte H. Kaplan die Mantelfeldbestrahlung vor, aber noch lange, bis in die späten Siebzigerjahre, wurde mit «Patchwork»-Feldanordnungen bestrahlt. Die in den Siebzigerjahren begonnenen grossfeldigen Bestrahlungen setzten die Möglichkeit der Herstellung von Bleiblöcken zur Schonung gesunder Regionen voraus. In den Siebziger- und Achtzigerjahren waren Staging-Laparoto-
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mie mit Splenektomie und «total nodal irradiation» (TNI), Bestrahlung der LK-Stationen supra- und infradiaphragmal (+/- Milz) anerkannte Verfahren. Die üblichen Dosen waren mindestens 40 Gy für alle Stadien, Histologietypen und Regionen. Spätreaktionen waren mit der noch bis Ende der Siebzigerjahre mit opponierenden Kofeldern durchgeführten Behandlung leider nicht selten (Ch. Glanzmann), vor allem, weil die eher jüngeren Patienten sie nach meistens erfolgreicher Tumorheilung erleben konnten. Unter der Anleitung europäischer Studien (ESTRO; Deutsche Hodgkin-Studie), an denen die Schweizer Zentren teilnahmen, wurde schon ab den Achtzigerjahren die Behandlung des M. Hodgkin in erster Linie eine Indikation der Chemotherapie. Die Strahlentherapie blieb auf befallene Regionen und auf Dosen von 20 bis 30 Gy beschränkt; auf eine Staging-Laparatomie konnte verzichtet werden, die Schnittbildverfahren konnten das Staging übernehmen. Noch in den Siebzigerjahren war die Strahlentherapie an der primären Behandlung der Non-HodgkinLymphome beteiligt. Diese wurde aber ab den Achtzigerjahren ganz zur Domäne der Chemotherapie beziehungsweise monoklonaler Substanzen. In den letzten Jahren öffnete sich für die Strahlentherapie bei follikulären Lymphomen eine Indikation zur niedrig dosierten, grossvolumigen Behandlung – in Kombination mit monoklonalen Substanzen (Rituximab®).
Prostatakarzinoms von Radiobiologen (J. Fowler)
eine hypofraktionierte, akzelerierte Bestrahlung mit
hohen ED empfohlen (niedriger α/β-Wert, d.h. Frak-
tionierungsempfindlichkeit des Tumorgewebes). Es
ist gut möglich, dass die Zahl der Zuweisungen we-
gen der Ablehnung der Routinebestimmung von
PSA, der Zunahme der Surveillance-Studien und der
mittlerweile verbreitet angebotenen Da Vinci-Opera-
tionstechniken der Urologen abnehmen wird.
Die Entwicklung der Radioonkologie in den vergan-
genen 50 Jahren soll in späteren Beiträgen zu den
Fortschritten der klinischen Radiobiologie und den
bestimmenden Einflüssen der technischen Entwick-
lung beschrieben werden.
L
Prof. em. Dr. med. Richard Greiner Oberseeburghöhe 10 6006 Luzern E-Mail: richard_greiner@bluewin.ch
Regina Seiler Leitende Medizinphysikerin Institut für Radioonkologie Luzerner Kantonsspital 6000 Luzern 16 E-Mail: regina.seiler@luks.ch
Literatur bei den Verfassern.
Bestrahlung des Prostatakarzinoms Die Behandlung des Prostatakarzinoms erfuhr in den letzten Jahren zunehmende Aufmerksamkeit: zunächst durch die Diskussion mit den Urologen um den therapeutischen Auftrag, vermehrt nach der Entwicklung der verschiedenen Techniken der LDR(Jod-125-) und HDR-(Iridium-192-)Brachytherapien in den Neunzigerjahren, dann ebenfalls in den Neunzigerjahren durch die Studien der begleitenden (vorgängig, simultan oder anschliessend) analogen Hormontherapie und seit Beginn unseres Jahrhunderts als Paradebeispiel der Therapie eines Organs, an dem sich die Vorteile aller technischen Entwicklungen gut zeigen liessen (3-D-Planung, IMRT, VMAT, Tomotherapie, Tracking [D. Aebersold, P. Vetterli] und Painting). Zurzeit wird für die Bestrahlung des
Zusammenfassung
Die klinische Radioonkologie hat im vergangenen halben Jahrhundert wesentliche Fortschritte erreicht, vor allem zur Schonung gesunden Gewebes. Ermöglicht wurde dies durch die Entwicklung der Geräte- und der Rechnertechniken, gestützt durch Erkenntnisse der Radiobiologie und abgesichert von Algorithmen und Qualitätsmassnahmen der Physiker. Das «therapeutische Fenster» konnte erweitert werden, vor allem durch bessere Schonung des nicht tumorbefallenen Gewebes. In diesem Jahrhundert war es die IMRT, die als inverse Planung einen weiteren Entwicklungsschub hin zu einer schonenden Strahlentherapie einleitete. Richtungsweisend ist die Dosisverteilung der Protonentherapie; ob in der Schweiz ein zweites Protonenzentrum entstehen kann, ist nicht entschieden.
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