Transkript
19th Annual Congress of the European Society of Hematology (EHA), Mailand, 12. bis 15. Juni 2014
Multiples Myelom
Neue Substanzen und optimierter Einsatz etablierter Optionen
In Mailand wurden einige aktuelle Studienresultate zum Einsatz neuer Substanzen bei relapsierten/refraktären Patienten mit Multiplem Myelom vorgestellt. Daneben waren Möglichkeiten zur Optimierung des Einsatzes bereits etablierter Medikamente bei neu diagnostizierten, nicht für eine Transplantation geeigneten Patienten ein Thema.
Obwohl für die Behandlung des Multiplen Myeloms (MM) mittlerweile verschiedene, gut wirksame Therapieoptionen zur Verfügung stehen, kommt es bei den meisten Patienten im Laufe der Zeit zu einem Rezidiv beziehungsweise zu einem Nicht-mehr-Ansprechen auf die vorhandenen Substanzen. Deshalb wird weiterhin intensiv nach neuen, wirksamen Optionen gesucht, gerade auch für relapsierte/refraktäre Patienten.
Monoklonale Antikörper auch beim Multiplen Myelom
Monoklonale Antikörper gehören bei verschiedenen hämatologischen Tumoren schon zur Standardtherapie. In absehbarer Zeit könnten sie nun auch Eingang bei der Behandlung des Myeloms finden. Zu den vielversprechendsten Kandidaten gehört dabei der monoklonale Anti-CD38-Antikörper Daratumumab. Bei stark vorbehandelten Patienten mit relapsierten/refraktären Myelomen konnte mit einer Daratumumab-Monotherapie eine eindrückliche Ansprechrate erreicht werden (objektive An-
sprechrate von 35% bei 16 mg/kg) (1). Als Nebenwirkungen wurden vor allem milde Infusionsreaktionen beobachtet. Wurde der Antikörper in Kombination mit Lenalidomid/Dexamethason eingesetzt, liess sich nicht nur eine hohe Ansprechrate (≥ partielles Ansprechen: 75%), sondern auch eine markante Abnahme des Paraprotein-Spiegels bei allen Patienten feststellen (2).
Signifikante Verbesserung des progressionsfreien Überlebens
Zu den neuen, vielversprechenden Substanzen für relapsierte/refraktäre Patienten gehört ebenfalls der Histon-Deacytelase-Hemmer Panobinostat. In der Phase-III-Studie PANORAMA-1 (= PANobinostat ORAl in multiple MyelomA) wurden 768 relapsierte oder auch relapsierte und refraktäre Myelompatienten entweder mit Panobinostat/Bortezomib/Dexamethason oder mit Plazebo/ Bortezomib/Dexamethason behandelt (3). Fast die Hälfte der Patienten (48%) hatte mindestens zwei Vortherapien erhalten. Wie es sich zeigte, bewirkte die Zugabe
Randomisierung 1:1:1 Progression oder inakzeptable Toxizität
Progression, Gesamtüberleben und nachfolgende Myelom-Therapie
Screening
Aktive Behandlung + PFS-Follow-up-Phase
Arm A Kontinuierlich Rd
LEN + tief dosiertes DEX kontinuierlich
Lenalidomid
25 mg Tage 1–21/28
Tief dosiertes DEX 40 mg Tage 1, 8, 15 und 22/28
Arm B Rd 18
LEN + tief dosiertes DEX 18 Zyklen (72 Wochen)
Lenalidomid
25 mg Tage 1–21/28
Tief dosiertes DEX 40 mg Tage 1, 8, 15 und 22/28
Arm C MPT
MEL + PRED + THAL 12 Zyklen (72 Wochen)
Melphalan
25 mg Tage 1–4/42
Prednison
2 mg/kg Tage 1–4/42
Thalidomid
200 mg Tage 1–42/42
Pts > 75 Jahre: Tief dosiertes DEX 20 mg Tage 1, 8, 15 und 22/28; THAL 100 mg Tage 1–42/42; MEL 0,2 mg/kg Tag 1–4/42
Abbildung: Design der FIRST-Studie (4)
Langzeit-Follow-up
des Histon-Deacytelase-Hemmers Panobinostat eine signifikante Verbesserung des medianen progressionsfreien Überlebens (PFS) von 37% (12 vs. 8,1 Monate, p < 0,0001). Die Gesamtansprechrate (ORR) betrug 61% für die Kombination mit Panobinostat und 55% für die Vergleichsgruppe. Die Dauer des Ansprechens lag bei 13,1 respektive 10,9 Monaten. Die Analyse der Raten eines kompletten und eines fast kompletten Ansprechens (nCR/CR) ergab für die Panobinostat-haltige Therapie einen deutlichen Vorteil (27,6 vs. 15,7%). Das mediane PFS für Patienten mit ≥ nCR betrug 19,4 vs. 15,2 Monate (HR = 0,56; 95%-KI: 0,37–0,86; p = 0,00006). Angaben bezüglich Gesamtüberleben sind noch nicht verfügbar. Häufige nicht hämatologische Nebenwirkungen vom Grad 3 bis 4 waren Durchfall (26 vs. 8%), Asthenie/Fatigue (24 vs. 11.9%) und periphere Neuropathie (18 vs. 15%). Zu den häufigen hämatologischen Nebenwirkungen gehörten Thrombozytopenie und Neutropenie. In den meisten Fällen waren die Nebenwirkungen durch eine Dosisreduktion oder unterstützende Massnahmen kontrollierbar. Optimierte Erstlinientherapie In der FIRST-Studie wurden 1623 Myelompatienten, die sich nicht für eine Transplantation eigneten oder mindestens 65 Jahre alt waren, zu drei unterschiedlichen Erstlinientherapien randomisiert (18 Zyklen bzw. kontinuierlich Lenalidomid und tief dosiertes Dexamethason oder Melphalan/Prednison/Thalidomid) (Abbildung) (4). Wie es sich zeigte, führte die kontinuierliche Gabe von Lenalidomid (Revlimid®) und tief dosiertem Dexamethason (Rd) im Vergleich zu Melphalan/Prednison/Thalidomid (MPT) zu einem signifikant besseren PFS (25,5 vs. 21,2 Monate; HR = 0,72; p < 0,00006). Eine Interimsanalyse ergab auch hinsichtlich Gesamtüberleben einen Vorteil für Rd. Die Nebenwirkungen der Behandlung erwiesen sich als kontrollier- SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE KONGRESSAUSGABE SEPTEMBER 2014 31 19th Annual Congress of the European Society of Hematology (EHA), Mailand, 12. bis 15. Juni 2014 bar. Es wurde eine tiefere Rate zweiter hämatologischer Primärmalignome unter Rd im Vergleich zu MPT festgestellt. Untersuchungen zur Lebensqualität mittels mehrerer Skalen sprachen der Therapie mit Rd ebenfalls einen Vorteil gegenüber MPT zu (5). Die Studienautoren sind der Meinung, dass dieses Regime als neuer Therapiestandard für neu diagnostizierte Mye- lompatienten angesehen werden sollte, die sich nicht für eine Stammzelltrans- plantation eignen. I Therese Schwender Referenzen: 1. Lokhorst HM et al.: Dose-dependent efficacy of daratumumab as monotherapy in patients with relapsed or refractory multiple myeloma. EHA 2014, Abstract P356. 2. Plesner T et al.: Safety and efficacy of daratumumab with lenalidomide and dexamethasone in relapsed or relapsed, refractory multiple myeloma. EHA 2014, Abstract P350. 3. San-Miguel J et al.: Randomized, double-blind, placebo-controlled phase 3 study of panobinostat or placebo plus bortezomib and dexamethasone in relapsed or relapsed and refractory multiple myeloma (PANORAMA-1). EHA 2014, Abstract S641. 4. Facon T et al.: Lenalidomide + low-dose dexamethasone vs. melphalan-prednisone-thalidomide in newly diagnosed Multiple Myeloma patients (pts): the FIRST trial. EHA 2014, Abstract S643. 5. Delforge M et al.: Health-related quality of life (HRQOL) in transplant-ineligible patients (pts) with newly diagnosed multiple myeloma (NDMM): Results from the FIRST trial. J Clin Oncol 2014, 32(5s), Abstract 8516. 32 SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE KONGRESSAUSGABE SEPTEMBER 2014