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EDITORIAL
Im Fokus: Mammakarzinom
B rustkrebs bleibt – trotz stetiger Fortschritte in Therapie und Diagnostik – leider ein wichtiges Thema in der Onkologie. Auch wenn ein tatsächlicher Durchbruch nicht in Sicht ist, konnten neue Erkenntnisse zu einer erheblichen Verbesserung der Prognose führen, vor allem bei frühem, operablem Tumor. Metastasierte Karzinome haben in den letzten zwei Jahrzehnten abgenommen, auch wenn dies den Betroffenen kaum hilft!
Therapieforschung bei metastasierten Tumoren vorantreiben Prof. Monica Castiglione reflektiert dies in ihrem Bericht über das San-Antonio-Brustkrebssymposium, das vor wenigen Wochen stattfand. Der Artikel demonstriert, dass wir bei metastasiertem Brustkrebs sehr weit vom Ziel der Heilung oder langfristigen Sta-
Kaum Durchbruch und dennoch ...
bilisierung entfernt sind. Da der Einfluss von Prophylaxe und Früherkennung sich auf die Mortalität zwar auswirkt, aber nicht gross genug ist, führt kein Weg an der weiteren Therapieforschung vorbei. Patientinnen, die an klinischen Forschungsprojekten teilnehmen, ermöglichen genauso wie medizinische Zentren und Kliniker, die an Studien partizipieren, den Fortschritt und die Qualität der Behandlung.
Zertifizierte Brustzentren mit aufwändiger Qualitätssicherung Ein Mittel der Qualitätssicherung ist die externe Überprüfung der organisatorischen wie auch der Behandlungsqualität. Diese Zertifizierung eines Tumorzentrums ist in ihrer Wirkung mit einer Bergführerprüfung zu vergleichen: Der Kunde, hier die Patientin, darf sich darauf verlassen, dass die Bergtour – die Führung durch die Komplexität einer Tumortherapie – in geprüfter Qualität und mit gebotener Sicherheit erfolgt. Dr. med. Susanne Bucher gibt einen Einblick in verschiedene Zertifizierungssysteme der Behandlung bei Brustkrebs und zeigt Verbesserungspotenziale. Dabei weist sie auf eine Tatsache hin, die auf politischer Ebene zu lösen sein wird: Obwohl die Qualitätssicherung einen besonderen Aufwand erfordert, erfolgt die Abgeltung der Leistungen bis heute unabhängig von der nachgewiesenen Qualität. Mittelfristig wird sich dieser Zustand als nicht tragfähig erweisen.
Radiotherapie im Wandel In seinem kritischen Überblick über neue Techniken der Radiotherapie zeigt PD Dr. med. Günther Gruber gegensätzliche Tendenzen auf: Einerseits werden verkürzte Radiotherapien der unmittelbaren Umgebung des Tumorbettes populärer, andererseits scheint die «umfassende» Radiotherapie unter Einbezug der Lymphabflussgebiete unter bestimmten Umständen besonders wirksam zu sein. Die Differenzialindikation stellt eine besondere Herausforderung dar, und es ist zu erwarten, dass sich die bisherige Modalität der Radiotherapie wandelt.
Multigentests sind keine Luzerner Spezialität! In diesem Heft geben wir ferner eine Aktualisierung der Erfahrungen mit einem Multigenexpressionstest. Zu Unrecht hat dieser den Ruf einer Luzerner Spezialität wie Kügelipastete und Lebkuchen. Diese Wahrnehmung beruht auf einer schweizerischen Sichtweise. Anderswo werden die verschiedenen Multigentests, die alle eine prognostische (im Falle des Oncotype-DX-Recurrence-Scores auch eine prädiktive) Bedeutung haben, rege genutzt. Leider wurden die wirtschaftlichen Auswirkungen solcher Testverfahren im Sinne von Einsparungen unnötiger Therapien (bei sehr positiver Prognose) wie auch der damit verkürzten Rekonvaleszenz und Wiedereingliederung ins Erwerbsleben in der Schweiz bisher kaum untersucht.
Ich wünsche Ihnen viel Spass beim Lesen dieser ersten Ausgabe der SZO 2014.
Ihr Stefan Aebi Ko-Herausgeber
SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 1/2014
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