Transkript
Im Fokus: Mammakarzinom
San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS), Dezember 2013
Aktuelle und neue Therapien im Visier bei metastasiertem Mammakarzinom
Diskussionen beim SABCS 2013
Am weltweit bedeutenden San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS) Mitte Dezember standen neue Studien zur Tumorgenetik und zu Metastasen ebenso in Fokus wie solche zu Mutationen der Östrogenrezeptoren, zur Endokrinresistenz und zu PI3K-Inhibitoren. Zwei randomisierte Studien zur Rolle der Chirurgie in der metastasierten Situation konnten leider keine finale Antwort auf brennende Fragen geben.
MONICA CASTIGLIONE-GERTSCH, ALEXANDRE BODMER
SZO 2014; 1: 19–22.
Monica Castiglione-Gertsch Alexandre Bodmer
Das Mammakarzinom bleibt in der Schweiz die häufigste maligne Erkrankung der Frau, und seine Inzidenz ist weiterhin zunehmend. Glücklicherweise ist die Mortalität dagegen seit 15 bis 20 Jahren abnehmend; die Überlebensrate beträgt in Europa über 80% nach 5 Jahren Beobachtungszeit (1). Dies beruht wahrscheinlich auf der heutigen Früherkennung der Krankheit mit entsprechend besserer Prognose, aber sicher auch auf den therapeutischen Fortschritten.
Heutige Fragestellungen beim metastasierten Mammakarzinom
Obwohl das Mammakarzinom zu den am besten erforschten Krankheiten gehört, wird die metastatische Situation von den betroffenen Patientinnen als «Waisenkind» empfunden, und dieses Jahr wurde erst zum zweiten Mal eine internationale Konferenz zum metastatischen Mammakarzinom (in Lissabon) abgehalten. Zur Beachtung: Die nächste St.-Gallen-Konferenz
SUMMARY
News from San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS) 2013
Breast cancer remains the most frequent malignant disease in women. Its incidence continues to raise, fortunately mortality has been decreasing during the last 15–20 years and the survival rate at 5 years in Europe is above 80%. Each year breast cancer specialists from all over the world are meeting in San Antonio (Texas). In 2012 several very important progresses in the therapy of metastatic breast cancer had been presented, this year the therapeutic news were more limited. Several presentations were devoted to genetic investigations of tumors and metastases, to mutations in the estrogen-receptors, to endocrine resistance and to the PI3K inhibitors. From the clinical point of view, the data of 2 randomized trials investigating the role of surgery in the metastatic setting were presented, but unfortunately they are not giving us the final answer to important questions. Some new drugs, Ramucirumab (an antiangiogenetic drug) and dasatinib (an inhibitor of cSRC) were presented, but the results are for the time being quite disappointing.
(2015 in Wien) zur adjuvanten Therapie des Mammakarzinoms wird bereits zum 14. Mal stattfinden! Trotz Entwicklung von neuen Medikamenten und Medikationskonzepten (gezielte Therapien etc.) bleibt das Mammakarzinom im metastatischen Stadium, mit seltenen Ausnahmen (oligometastatische Situation?), eine unheilbare und in einigen Fällen chronische Krankheit, die früher oder später zum Tod führt. Die Wahl der Behandlung des Mammakarzinoms im metastatischen Stadium hängt von verschiedenen Faktoren wie den Charakteristiken der Patientin, der Biologie des Karzinoms und der Ausdehnung der Metastasierung ab. Immer häufiger diskutiert man die Biopsie der Metastasen (2), da bekannt ist, dass zwischen Primärtumor und Metastasen oft relevante Unterschiede vorliegen (3). Es muss allerdings betont werden, dass wir heute ub̈ er keine Daten verfug̈ en, welche einen Vorteil fur̈ die Behandlung nach biologischen Faktoren in den Metastasen zeigen. Zudem bleibt die Frage offen, ob alle Metastasen in allen Organen homogen die gleichen biologischen Faktoren aufweisen/exprimieren, oder ob sie auch sehr heterogen sein kon̈ nen.
Therapiestudien am SABCS, Dezember 2013
Wie jedes Jahr kurz vor Weihnachten trafen sich mehr als 7000 Brustkrebsspezialisten zum Mammakarzinomkongress im «tiefsten» Texas, in San Antonio: für die Amerikaner (aber sicher nur für sie!) das amerikanische Venedig! Fünf lange und intensive Tage wurden die neuesten Daten der Grundlagen-, translationellen und klinischen Forschung beim Mammakarzinom präsentiert. Wir hatten 2012 das Glück, für das metastasier-
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te Mammakarzinom sehr viele neue Daten zu erhalten: L Pertuzumab kombiniert mit Trastuzumab (Per-
jeta® mit Herceptin®) L TDM-1 (Kadcycla®) L Everolimus (Afinitor®) L Fulvestrant kombiniert mit Anastrozol (Faslodex®
mit Arimidex®). Leider war es dieses Jahr nicht mehr «so aufregend und fortschrittlich». Sehr viele Vorträge waren der Grundlagenforschung gewidmet, diese waren spannend, aber für Kliniker oft nach dem dritten Dia nicht mehr verständlich. In der translationellen Forschung scheinen die Mutationen im Primärtumor und in den Metastasen, die Mutationen der Östrogenrezeptoren, die häufiger bei Metastasen als in Primärtumoren gefunden werden, die Resistenz zur endokrinen Therapie, die Entwicklung von neuen Anti-HER2-Medikamenten und die PI3K-Inhibitoren die «Zugpferde» zu sein.
Folgende Themen standen im Zentrum am SABCS:
Rezidivrisiko nach 5 Jahren Beobachtungszeit Welche Patientinnen haben ein höheres Risiko, nach 5 Jahren Beobachtungszeit noch zu rezidivieren? Sestak (4) antwortete auf diese Frage mit dem «Recurrence Score PAM50» (eine Untersuchung von 50 Genen), welche an über 2100 Patientinnen mit positiven Hormonrezeptoren angewandt wurde. Patientinnen mit einem höheren Score hatten eindeutig mehr Spätrezidive als Patientinnen mit einem niedrigeren. Der Score konnte aber auch zeigen, dass Patientinnen mit Luminal-B-Tumoren etwa viermal häufiger spätrezidivieren als Patientinnen mit Luminal-A-Tumoren. Diese Beobachtung ist wichtig, da sie uns helfen könnte, Patientinnen zu bestimmen, die von einer verlängerten endokrinen Therapie profitieren (Abstract S6–04).
Mutationen im Primärtumor und in den Metastasen Blackwell (5) fand 122 Mutationen bei mehr als einer Patientin mit triple-negativen Tumoren. Im Mittel hatte jede Patientin 10 Mutationen in ihrem Primärtumor. Am häufigsten waren Mutationen von TP53 (29%), von TACC2 (23%), von PI3K (12%) und von mTOR (12%). 331 Mutationen wurden in beiden, Primärtumoren und Metastasen, festgestellt, 31 Mutationen wurden dagegen nur in den Metastasen gefunden. Lediglich 8,6% der Patientinnen zeigten Veränderungen der Mutationen zwischen dem Primärtumor und den biopsierten Metastasen. Wie sind aber die Daten von verschiedenen Metastasen oder Metastasen in verschiedenen Organen? Zeigen sie alle die gleichen Mutationen? Es bleibt noch viel Arbeit zu tun! (Abstract S4–03).
Mutationen des Östrogenrezeptors während der Erkrankung Jeselsohn präsentierte die Daten der Östrogen-Rezeptor-Mutationen im Primärtumor verglichen mit denen in den Metastasen. Sehr verschiedene Mutationen sind sowohl im Primärtumor als auch bei den Metastasen festgestellt worden. Die Mutation von ESR1 wurde dagegen speziell bei Metastasen (14%) festgestellt und bewirkt eine Resistenz auf Tamoxifen und Fulvestrant. Es muss folglich weiter geforscht werden an der Strategieentwicklung, diese Resistenz zu überwinden (6) (Abstract S3–06).
Die Chirurgie des Primärtumors beim metastasierten Mammakarzinom Eine immer noch offene Frage ist die Notwendigkeit einer lokalen Behandlung der Mamma im Falle von primär metastasiertem Mammakarzinom. Eine Metaanalyse von 15 retrospektiven Studien mit mehr als 16 000 Patientinnen zeigt einen kleinen Vorteil für die Chirurgie. In San Antonio sind zwei randomisierte Studien vorgestellt worden, die beide keinen Vorteil für die lokale Behandlung zeigten. Die Studie aus Indien zeigte sogar häufiger eine Progression der Fernmetastasen bei operierten Patientinnen. In der türkischen Studie war die lokale Progression für nicht operierte Patientinnen fünfmal häufiger als bei operierten. Diese randomisierten Studien waren klein und weisen methodologische Schwächen auf, sodass die Kontroverse weiter bestehen bleibt; wir werden weiterhin Fall für Fall entscheiden und die grösseren europäischen und die amerikanischen Studien abwarten müssen. Schade! (Abstract S2–02 und S2–03).
Neue Medikamente Ramucirumab (7), ein monoklonaler Antikörper, welcher den extrazellulären Teil des VEGF-Rezeptors blockiert, also ein antiangiogenetischer Ansatz, wurde in Kombination mit Docetaxel an 1144 Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom untersucht. Leider sind die Resultate negativ: Die Zugabe von Ramucirumab konnte die Wirkung von Docetaxel nicht verbessern. Die Antiangiogenese scheint uns weiterhin Probleme zu machen: Die Bevacizumabkontroverse ist beendet, auch wenn viele von uns Patientinnen beobachtet haben, welche sehr gut auf Bevacizumab ansprechen. Das neue Molekül scheint – vorläufig – leider auch nicht besser zu sein. Dasatinib (8), ein Inhibitor von c-SRC – eine Thyrosinkinase –, wurde in einer randomisierten Phase-II-Studie zusammen mit Letrozol an Patientinnen mit HER2-negativem, hormonrezeptorpositivem (definiert als > 10%), metastasiertem Mammakarzinom gegeben. Die Resultate zeigten keinen klinischen
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Vorteil (clinical benefit) für die Zugabe von Dasatinib (71% für die Kombination und 66% für Letrozol allein). In einer explorativen statistischen Analyse betrug aber das progressionsfreie Überleben 20 Monate unter der Kombination (vs. 9,9 Monate unter Letrozol alleine). Zudem hatten Patientinnen, die mit dieser Kombination behandelt wurden, weniger häufig Osteoporose oder Osteopenie. Dasatinib scheint die Resistenz gegen Aromatasehemmer konvertieren zu können. Interessantes Medikament. Weiterzuverfolgen! (Abstract S5–04 und S3–07).
Zirkulierende Tumorzellen Die SWOG-Gruppe (9) präsentierte die Daten der Phase-III-Studie SWOG S0500: 123 Patientinnen mit metastasierter Krankheit und zirkulierenden Tumorzellen wurden – bei Persistenz dieser Zellen unter Chemotherapie am Tag 21 – randomisiert und erhielten einen Wechsel der Chemotherapie oder die Weiterführung der gleichen Chemotherapie. Überraschenderweise war das Überleben der Patientinnen unter beiden Therapieansätzen kurz (12 Monate) und wies keinen Unterschied auf. Das Gleiche wurde für das progressionsfreie Überleben festgestellt. Diese Resultate zeigen erneut, dass wir die Bedeutung der zirkulierenden Tumorzellen immer noch nicht verstanden haben. Was bedeuten sie? Welche Rolle spielen sie? (Abstract S5–07).
Lebensqualität Bei der metastasierten Erkrankung, bei welcher wir vorläufig selten eine Heilung erreichen können, müssen wir für eine möglichst gute Lebenqualität der Patientinnen sorgen. Haben wir dazu im Verlauf der letzten Jahre und Jahrzehnte Fortschritte gemacht? Auf diese Frage versuchte Prof. Leslie Fallowfield in einer ausgezeichneten und ausgedehnten Präsentation zu antworten. Ihre Ansätze: Verstehen wir etwas besser, was in einer Patientin mit einer unheilbaren Krankheit vor sich geht? Können wir etwas machen, und machen wir etwas, damit die Situation für die Patientin erträglicher wird? Was können wir wissenschaftlich untersuchen, um bessere Mittel zur Verfügung zu haben, die der Patientin wirklich helfen? Die Patientin wurde in diesen kritischen Präsentationen in den Mittelpunkt gestellt. Machen wir das auch immer?
Schlussbemerkungen
Verschiedene zelluläre Mechanismen der Malignität oder der Resistenzentwicklung wurden am SABCS präsentiert und diskutiert. Eine gigantische Zahl gezielter Medikamente wurde entwickelt oder befindet sich in Entwicklung und zum Teil bereits in Untersuchung. Leider entsprechen die Resultate trotz theo-
retisch günstiger Grundlage nicht immer den Erwar-
tungen (z.B. Ramucirumab), oder sie sind nicht ein-
deutig effektiv.
Unsere jungen Kollegen werden auch in den nächs-
ten Jahren die vorweihnachtliche Reise nach San An-
tonio und die Gefahr von Schneestürmen in New
York oder Chicago auf sich nehmen müssen. Grosse
Fortschritte werden erwartet!
L
Prof. Dr. med. Monica Castiglione-Gertsch (Korrespondenzadresse) E-Mail: monica.castiglione@hcuge.ch und Dr. med. Alexandre Bodmer Centre du Sein Maternité Hôpitaux Universitaires de Genève Bd. de la Cluse 30 1205 Genève
Merkpunkte
L Das Mammakarzinom ist die häufigste maligne Er-
krankung der Frau. Die Inzidenz ist allgemein zunehmend, die Mortalität ist erfreulicherweise abnehmend.
L Das Mammakarzinom im metastatischen Stadium
gilt heute noch (ausser in seltenen Fällen) als unheilbare und häufig chronische Krankheit.
L Die Behandlung richtet sich nach den Charakteristi-
ken der Patientin, der Metastasierung und der biologischen Marker des Primärtumors oder der Metastasen.
L Verschiedene zelluläre Mechanismen der Maligni-
tät oder der Resistenzentwicklung wurden beschrieben und gezielte Medikamente entwickelt, welche zum Teil noch untersucht werden. Trotz theoretischer Grundlage sind die Resultate aber leider nicht immer wie erwartet (z.B. Ramucirumab) oder nicht eindeutig.
Quellen:
1. De Angelis R et al.: Cancer survival in Europe 1999–2007 by country and age: results of EUROCARE-5 – a population-based study. Lancet Oncol 2014; 15: 23–34.
2. Cardoso F, et al.: Locally recurrent or metastatic breast cancer: ESMO Clinical Practice Guidelines for diagnosis, treatment and follow-up. Ann Oncol 2012; 23 (Suppl 7): 711–719.
3. Heitz F et al.: Differences in the receptor status between primary and recurrent breast cancer – the frequency of and the reasons for discordance. Oncology 2013; 84(6): 319–25.
4. Sestak I et al.: Prediction of late distant recurrence after 5 years of endocrine treatment: A combined analysis of 2485 patients from the ABCSG-8 and transATAC studies using the PAM50 risk of recurrence (ROR) score. SABCS 2013; Abschnitt/Abstracts (S6–04).
5. Blackwell KL et al.: Exome sequencing reveals clinically actionable mutations in the pathogenesis and metastasis of triple negative breast cancer. SABCS 2013; Abschnitt/Abstracts (S4–03).
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6. Jeselsohn RM et al.: Emergence of constitutively active estrogen receptor mutations in advanced estrogen receptor positive breast cancer. SABCS 2013; Abstracts (S3–06).
7. Mackey JR et al.: Primary results of ROSE/TRIO-12, a randomized placebo controlled phase III trial evaluating the addition of ramucirumab to first-line docetaxel chemotherapy in metastatic breast cancer. SABCS 2013; Abschnitt/Abstracts (S5–04).
8. Paul D et al.: Letrozole plus dasatinib improves progressionfree survival (PFS) in hormone receptor-positive, HER2-negative
postmenopausal metastatic breast cancer (MBC) patients receiving first-line aromatase inhibitor (AI) therapy. SABCS 2013; Abschnitt/Abstracts (S3–07).
9. Smerage JB et al.: SWOG S0500 – A randomized phase III trial to test the strategy of changing therapy versus maintaining therapy for metastatic breast cancer patients who have elevated circulating tumor cell (CTC) levels at first follow-up assessment. SABCS 2013; Abschnitt/Abstracts (S5–07).
Brustkrebs im Frühstadium
Optimierung der adjuvantenTherapie
Zahlreiche Präsentationen am SABCS widmeten sich auch der Frühphase des operablen Mammakarzinoms. Der Artikel resümiert einen Ausschnitt aus der Fülle der vorgestellten Studien.
HER2-positive Tumoren
Die Phase-III-Studie BETH (1) untersuchte die Zugabe von Bevacizumab zu einem Trastuzumab-haltigen Regime im adjuvanten Setting bei Patientinnen mit HER2-positivem frühem Brustkrebs und hohem Progressionsrisiko. Das Risiko war definiert als lymphknotenpositive Erkrankung oder Erfüllung wenigstens eines der folgenden Kriterien: pathologische Tumorgrösse > 2 cm, hormonrezeptornegativer Status, histologischer Grad 2 bis 3 oder Alter unter 35 Jahren. Primärer Endpunkt war ein Unterschied im invasivkrankheitsfreien Überleben (IDFS). Nach durchschnittlich 38 Monaten Beobachtungszeit waren in beiden Studienpopulationen 92% der Patientinnen ohne invasive Erkrankung (HR = 0,98; p = 0,88). Es wurden keine neuen oder unerwarteten Sicherheitssignale beobachtet. Im Bevacizumab-Arm brachen mehr Patientinnen die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen ab. Auch bei Patientinnen mit HER2-positivem Brustkrebs im Stadium I besteht ein Rezidivrisiko, welches eine adjuvante Therapie mit Trastuzumab rechtfertigt. Allerdings sind Risiko und Nutzen gut abzuwägen. In einer einarmigen prospektiven Studie wurde die Kombination von Paclitaxel mit Trastuzumab bei HER2-positivem, ER+/ER-, Lymphknoten-negativem Brustkrebs ≤ 3 cm untersucht (2). Mit einer medianen Nachbeob-
achtungszeit von 3,6 Jahren waren 98,7% der eingeschlossenen 406 Patientinnen nach 3 Jahren krankheitsfrei (DFS). Es wurden Nebenwirkungen von Grad 3 bis 4 bei weniger als 5% der Studienteilnehmerinnen beobachtet.
Endokrine Therapie
Brustkrebsprävention bei Hochrisikopatientinnen Jack Cuzick und Kollegen untersuchten die endokrine Brustkrebsprävention mit Anastrozol bei gesunden Frauen mit hohem Brustkrebsrisiko. In der IBIS-II-Studie erhielten 3864 postmenopausale Frauen im Alter von 40 bis 70 Jahren mit erhöhtem Brustkrebsrisiko über einen Zeitraum von fünf Jahren Anastrozol (1 mg/Tag) oder Plazebo (SABCS 2013, S3–01). Mit einer kumulativen Inzidenz von 5,6% versus 2,8% traten innerhalb von sieben Jahren ab Beginn der Studie signifikant weniger Brustkrebserkrankungen im AnastrozolArm auf (HR = 0,47; p < 0,0001). Überraschenderweise waren auch andere gynäkologische Entitäten, Hautkrebs und gastrointestinale Tumore unter der Anastrozol-Behandlung seltener als im Plazeboarm (3,6% vs. 2,1%; RR = 0,58). Die Inzidenz muskuloskeletaler Symptome war in beiden Studienarmen mit 63,9% versus 57,8% sehr hoch, aber unter Anastrozol war das Risiko des Auftretens um 10% erhöht (RR = 1,1). Diese Ergebnisse geben einen deutlichen Hinweis auf
den Nutzen einer präventiven AnastrozolTherapie bei postmenopausalen Hochrisikopatientinnen.
Verbesserung der Compliance
Eine adjuvante endokrine Therapie wird
von 20 bis 30% der Patientinnen früh ab-
gebrochen, hauptsächlich aufgrund von
muskuloskeletalen Symptomen. Weitere
Symptome bei Brustkrebspatientinnen
können kognitive Störungen, Schlaf-
störungen und Fatigue sein. Als Prädik-
toren für das Abbrechen der endokrinen
Therapie wurden vorgängig Alter, BMI
und vorangegangene Chemotherapien
identifiziert.
Nun wurde im Exemestane and Letro-
zole Pharmacogenetics (ELPh) Trial un-
tersucht, ob auch das Vorliegen be-
stimmter Symptome vor Beginn der
endokrinen Therapie auf einen Abbruch
aufgrund von Nebenwirkungen hindeu-
tet (3). Im Ergebnis bestätigte sich, dass
das Abbrechen der Aromatasehemmer-
therapie mit einer vor Therapiebeginn
berichteten schlechten Schlafqualität so-
wie Konzentrationsschwierigkeiten ver-
bunden war. Die Höhe des Abbruchrisi-
kos war abhängig von der Schwere der
Symptomlast. Eine gezielte Kontrolle der
kritischen Symptome könnte folglich die
Compliance erhöhen.
L
Dr. Ine Schmale
Quellen: 1. Slamon D et al.: SABCS 2013, S1–03. 2. Tonaley SM et al.: SABCS 2013, S1–04 3. Henry NL et al.: SABCS 2013, S3–02. 1. Denkert C et al.: SABCS 2013, S1–06. 5. Adams S et al.: SABCS 2013; S1–07.
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