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49th Annual Meeting of the American Society of Clinical Oncology (ASCO), Chicago, 31. Mai bis 4. Juni 2013
Metastasiertes Kolorektalkarzinom: Erstlinientherapien im Vergleich
Wildtyp-KRAS: Gesamtüberleben um vier Monate verlängert unter Cetuximab
Bei metastasiertem Kolorektalkarzinom (mCRC) mit Wildtyp-KRAS-Gen zeigt die Erstlinientherapie mit FOLFIRI plus Cetuximab (Erbitux®) einen fast viermonatigen Überlebensvorteil gegenüber der Behandlung mit FOLFIRI plus Bevacizumab. Dies ergab die Phase-III-Studie FIRE-3, welche in einer «Oral Abstract Session» und als ein Highlight vor den Medien herausgestellt wurde.
Beide Therapiekombinationen (FOLFIRICetuximab sowie FOLFIRI-Bevacizumab) sind bei Wildtyp-KRAS-mCRC als Erstlinientherapie zugelassen. Bisher war noch kein Vergleich der Anti-EGFR- und der Anti-VEGF-Hemmung in FOLFIRIKombination in der Erstlinie unternommen worden. «Es handelt sich um die erste Head-to-Head-Vergleichsstudie, die beide FOLFIRI-Regime in der Erstlinie bei KRAS-Wildtyp-mCRC miteinander vergleicht», betonte Dr. med. Sebastian Stintzing, München, stellvertretender Referent für Studienleiter Prof. Volker Heinemann, München. «Der Überlebensvorteil in der Studie FIRE-3 ist ebenso markant wie derjenige, der in klinischen Zulassungsstudien von Cetuximab beobachtet wurde. (Der OSBenefit von 3,7 Monaten im CetuximabArm der FIRE-3-Studie steht im Einklang mit dem Benefit von 3,5 Monaten in der CRYSTAL-Studie [mit FOLFIRI] und dem Benefit von 4,3 Monaten in der OPUSStudie [mit FOLFOX]). Wir vermuteten zu Studienbeginn, dass die Studienpopulation besser auf Cetuximab anspricht, aber wir wussten nicht, ob dies mit einem besseren Überleben durchschlägt.»
Studie FIRE-3 mit fast 600 Patienten
In der multizentrischen, randomisierten Vergleichsstudie der Phase III (German AIO study KRK-0306; FIRE-3) wurden initial 735 mCRC-Patienten rekrutiert; diese «Intent-to-treat»-(ITT-)Population ITTPopulation umfasste alle Patienten, die mindestens einen Therapiezyklus erhalten hatten. Nach Bestimmung des KRAS-Status wurden 592 Patienten mit Wildtyp-KRAS-
mCRC randomisiert für eine Erstlinientherapie mit ▲ FOLFIRI plus Cetuximab (= Arm A;
n = 297) oder ▲ FOLFIRI plus Bevacizumab (= Arm B;
n = 295). Das Schema umfasste FOLFIRI («Tournigand regimen») alle 2 Wochen plus Cetuximab (400 mg/m2 Tag 1, danach 250 mg/m2 wöchentlich) als Arm A oder FOLFIRI plus Bevacizumab (5 mg/kg alle 2 Wochen) als Arm B. Primärer Endpunkt der Studie war die objektive Ansprechrate (ORR). Zu den sekundären Endpunkten gehörten das progressionsfreie Überleben (PFS) und das Gesamtüberleben (OS).
Trotz des fast identischen PFS – signifikant höheres OS unter Cetuximab
Die Patientencharakteristika – medianes Alter 64 Jahre, 66% männlich, ECOGPerformance-Status 0 bis 1 bei 98% – zeigten keine Unterschiede in beiden Studienarmen. Die mittlere Therapiedauer betrug 4,8 respektive 5,3 Monate und war laut Stintzing damit ebenfalls ähnlich. Die ORR zeigte in der ITT-Analyse keinen wesentlichen Unterschied (Arm A: 62% vs. 58% in Arm B; Odds Ratio: 1,18); somit wurde der primäre Endpunkt nicht erreicht. Eine signifikante Überlegenheit der ORR von 72,2% vs. 63,1% bestand bei bewertbaren Patienten in Arm A. Das mediane PFS in der ITT-Population war nahezu identisch (10,0 vs. 10,3 Monate; HR 1,06, p = 0,547). Dagegen war das OS signifikant besser in Arm A (28,7 vs. 25,0 Mo.; HR 0,77, 95%-
KI: 0,62–0,96; p = 0,017). Der sehr markante Unterschied war vor allem nach 24 Therapiemonaten zu beobachten, ab diesem Zeitpunkt war das Gesamtüberleben höher in Arm A. Die 60-Tages-Mortalität war in beiden Gruppen niedrig (1,01% vs. 2,71%); die Rate der unerwünschten Begleitwirkungen entsprach den Erwartungen.
Laufende Untersuchungen zur Untermauerung
Gemäss Stintzing sind weitere Analysen erforderlich, die das höhere Gesamtüberleben unter dem EGFR-Hemmer trotz der ausgebliebenen Verbesserung des PFS erklären. Zur FIRE-3-Studie läuft derzeit ein unabhängiges Review, in dem die CT-Scans zur Untersuchung der Tumorvolumina ausgewertet werden. Die Studienleiter erwarten davon weiteren Aufschluss für die Therapiewirkung. Ferner läuft eine Vergleichsstudie unter dem in den USA überwiegend verwendeten Chemotherapieregime FOLFOX, jeweils in Kombination mit Cetuximab versus Bevacizumab.
Weitere prädiktive molekulare Marker gesucht
Cetuximab (Erbitux®) hemmt den Epidermal Growth Factor Receptor (EGFR) und blockt das Tumorwachstum bei Patienten mit KRAS-Wildtyp-Gen (bzw. nicht mutiertem KRAS). Rund 60% der Patienten mit Kolorektalkarzinom besitzen diesen Genstatus. Neuere Studien zeigen, dass bei mutiertem KRAS-Gen die anti-EGFR-Therapie-Wirkung ausbleibt. Dagegen wirkt Bevacizumab (Avastin®) durch Hemmung des Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF). Nach aktuellen Erkenntnissen scheint der KRAS-Mutationsstatus das Ansprechen von Bevacizumab nicht zu beeinflussen. Die Identifizierung von prädiktiven molekularen Markern für beide zielgerichtete Therapiemodalitäten, darunter aus der RASGruppe, ist Gegenstand laufender Forschung.
12 SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE KONGRESSAUSGABE SEPTEMBER 2013
49th Annual Meeting of the American Society of Clinical Oncology (ASCO), Chicago, 31. Mai bis 4. Juni 2013
Ganz wesentlich sind laut Stintzing ferner
die laufenden RAS-Mutationsanalysen,
mit dem Ziel, neue prädiktive Biomarker
zu bestimmen, sodass einige Therapie-
modalitäten bei mCRC von vornherein
ausgeschlossen werden können.
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Bärbel Hirrle
Quelle:
Heinemann, V.: Randomized comparison of FOLFIRI plus cetuximab versus FOLFIRI plus bevacizumab as first-line treatment of KRAS-wildtype metastatic colorectal cancer: German AIO study KRK-0306 (FIRE-3). JCO 2013; 31; 15 S: # LBA 3506
sowie
Oral Abstract Session: GI (Colorectal) Cancer Saturday, June 1, 2013. ASCO Annual Meeting 2013.
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