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ESMO 15th World Congress on Gastrointestinal Cancer (WCGI), Barcelona, 3. bis 6. Juli 2013
Metastasiertes Kolorektalkarzinom (wt-RAS)
Signifikant verlängertes Überleben unter First-Line-Therapie mit Panitumumab
In der Therapie des metastasierten Kolorektalkarzinoms (mCRC) wird die Patientenselektion im Sinne einer personalisierten Therapie «verfeinert». Basierend auf den Resultaten der PRIME-Studie hat die europäische Zulassungsbehörde EMA per 25. Juli 2013 die Zulassung für Panitumumab (Vectibix®) über alle Therapielinien auf Tumoren mit nachgewiesenem RAS-wt (KRAS Exon 2, 3, 4; NRAS Exon 2, 3, 4) beschränkt.
lenz der RAS-Mutationen in der Studie PRIME zeigt die Abbildung: Zirka 40% der mCRC-Patienten besitzen mt-RASStatus. Von den rund 60% der Patienten mit wt-KRAS Exon 2 wiesen 16% Mutationen in KRAS Exonen 3, 4 beziehungsweise NRAS Exonen 2, 3 oder 4 auf.
Die neuen Studiendaten zeigten für diese Patienten ein signifikant verlängertes OS und PFS in der Erstlinientherapie in Kombination mit FOLFOX. Bei mutierten (mt)-RAS mCRC wird die Anwendung des EGFR-Hemmers dagegen nicht empfohlen.
Nach Patientenselektion: medianes OS um fast 6 Monate verlängert
Die aktualisierten Überlebensdaten in
der Studie PRIME bei wt- und mt-RAS-
Prof. Eduardo Diaz-Rubio, Madrid, Mo- die PRIME schloss 1183 Patienten mit sowie wt- und mt-BRAF-Tumoren sind in
derator des von Amgen Oncology orga- mCRC ein, 60% (n = 656) hatten Tumoren der Tabelle zusammengefasst (1). Beim
nisierten Satellitensymposiums anläss- mit wt-KRAS Exon 2. Im Jahr 2010 wurden definierten RAS-Muationsstatus sind da-
lich des WCGI-Kongresses, erinnerte: erste Daten zum signifikant erhöhten PFS bei KRAS Exon 2 bis 4 sowie NRAS Exon
«Beim mCRC ist heute nach diagnosti- sowie zum Trend in Richtung des verbes- 2 bis 4 einbezogen, ferner wurde nach
scher Molekularanalyse des RAS-Status serten medianen Gesamtüberlebens (OS) BRAF-Status unterschieden.
eine prädiktive Aussage zur Therapie unter Panitumumab/FOLFOX bei wt- «Gesamthaft zeigt sich, dass durch die
möglich. Seit 2008 ist bekannt, dass bei KRAS Exon 2 publiziert.
erweiterte RAS-Analyse das Nutzen-
wt-KRAS Exon 2 eine Anti-EGFR-Antikör- Bei der ASCO-Jahrestagung 2013 sowie Risiko-Profil von Panitumumab/FOLFOX4
pertherapie wirksam ist.»
dem WCGI-Jahreskongress 2013 wurde in der First-Line-Therapie verbessert wur-
Künftig relevant: KRASund NRAS-Mutationsstatus Exon 2, 3, 4
die zusätzliche, prospektiv geplante, retrospektiv durchgeführte Analyse der Studiendaten vorgestellt, welche weitere bis dahin potenzielle Biomarker – nun
de», kommentierte Prof. Marc Peeters, Leuven/Belgien, das Resultat der PRIMEStudie. Bei wt-RAS-Tumoren kam es unter der Studienkombination zu einer kli-
Prof. Jean-Yves Douillard, Nantes/ auch KRAS Exon 3 und 4 sowie NRAS nisch signifikanten Verbesserung des
Frankreich, erläuterte die neuesten Da- Exon 2, 3, 4 und BRAF Exon 2 – einbe- Überlebens: Das PFS wurde im Durch-
ten der Studien PRIME und PEAK.
zog.
schnitt um 2,2 Monate und das OS um
Für die Studie PRIME, welche die Kombi- Gesamthaft waren hier 1060 Patienten in 5,8 Monate verlängert gegenüber dem
nation FOLFOX4 plus Panitumumab die Analyse eingeschlossen. Die Präva- Kontrollarm (FOLFOX4).
versus FOLFOX4 allein in der Erstlinien-
therapie bei 1183 Patienten mit mCRC
untersuchte, liegen nun neue «reife» Resultate zum Gesamtüberleben (OS) vor, nachdem 82% der Patienten gestorben
Studie PRIME (KRAS Exon 2) (1)
Studie PRIME mit RAS-Analyse (2) («Verfeinerung» der Patientenselektion
aufgrund des RAS-Mutationsstatus)
sind. Die Resultate aus Analysen zu drei Zeitpunkten zeigten übereinstimmend,
KRAS (Exon 3, 4) MT
dass bei mutiertem KRAS-Status die Zugabe der Anti-EGFR-Therapie «kontra-
– 40% – 60%
– 50% – 50%
produktiv» ist.
Die internationale, offene Phase-III-Stu-
Panitumumab (Vectibix®) ist gemäss «Arzneimittelkompendium» (Stand Juli 2013) in der Schweiz zugelassen zur Behandlung von Patienten mit EGFRexprimierendem metastasierendem kolorektalem Karzinom (mCRC) mit KRAS-Wildtyp in der SecondLine-Therapie in Kombination mit einer Irinotecanhaltigen Chemotherapie oder als Monotherapie nach Versagen der Fluoropyrimidin-, Oxaliplatinund Irinotecan-haltigen Chemotherapie.
MT (mutiert) WT (Wildtyp)
NRAS (Exon 2, 3, 4) MT
Quellen: Douillard JY et al.: J Clin Oncol 2013; 31 (Suppl; Abstract 3620 und Poster). Oliner K et al.: J Clin Oncol 2013; 31 (Suppl; Abstract 3511 und Poster).
Prävalenz der RAS-Mutationen unter 1060 evaluierbaren Patienten in der Studie PRIME (2 Analysen).
36 SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE KONGRESSAUSGABE SEPTEMBER 2013
ESMO 15th World Congress on Gastrointestinal Cancer (WCGI), Barcelona, 3. bis 6. Juli 2013
Mutiertes BRAF hatte in der Studie keinen prädiktiven Wert. Andererseits gilt, dass der BRAF-Mutationsstatus mit schlechter Prognose einhergeht. Prof. Douillard wie auch Prof. Peeters betonten, dass eine detaillierte RAS-Molekularanalyse für die Wahl der First-LineTherapie bei mCRC inzwischen unabdingbar sei. Patienten mit mt-RAS-Status gelten als «no benefit subgroup» für eine Anti-EGFR-Antikörpertherapie.
Studie PEAK bestätigt
die Therapiestrategie bei
wt-RAS
Die Phase-II-Studie PEAK (2), welche bei
mCRC-Patienten – analysiert bei KRAS-
Exon 2-wt gemäss RAS-Mutationsstatus –
die Erstlinientherapie FOLFOX6 plus Pa-
nitumumab versus FOLFOX6 plus Beva-
cizumab untersuchte, untermauerte den
Überlebensvorteil durch die Zugabe von
Panitumumab gegenüber Bevacizumab
bei Patienten mit wt-RAS-Tumoren. So
wurde das PFS im Median von 9,5 auf
13,1 Monate verlängert, das OS betrug
29,0 Monate im Bevacizumab-Arm und
war im Panitumumab-Arm noch nicht er-
reicht worden.
Die unerwünschten Begleitwirkungen ent-
sprachen in beiden Studien – PEAK und
PRIME – den Erwartungen aus früheren
Untersuchungen.
■
Bärbel Hirrle
Quelle:
«Personalised treatment strategies for GI cancer: delivering the promise?» Satellitensymposium, organisiert von Amgen Oncology anlässlich des ESMO 15th World Congress on Gastrointestinal Cancer (WCGI), Barcelona 2013.
Referenzen:
1. Oliner, K et al.: Evaluation of KRAS, NRAS and BRAF mutations in PRIME: Panitumumab with FOLFOX4 as first line treatment in metastatic colorectal cancer (MCRC). Annals of Oncology 2013; 24, suppl 4. #O -0031.
2. Rivera, F et al.: KRAS/NRAS mutations in PEAK: a randomized phase 2 study of 1st-line treatment with FOLFOX6 + Panitumumab or bevacizumab for wild-type mCRC. Annals of Oncology 2013; 24, suppl 4. #O -0013.
Der Kongressbericht entstand mit finanzieller Unterstützung von Amgen Schweiz ohne Einflussnahme auf den Inhalt.
Tabelle:
Aktualisierte Überlebensdaten in der PRIME-Studie (1)
wt-RAS*, n – medianes OS (Monate), 95%-KI – medianes PFS (Monate), 95%-KI mt–RAS**, n – medianes OS (Monate), 95%-KI – medianes PFS (Monate), 95%-KI wt-RAS und wt-BRAF, n – medianes OS (Monate), 95%-KI
– medianes PFS (Monate), 95%-KI wt-BRAF, n – medianes OS (Monate), 95%-KI – medianes PFS (Monate), 95%-KI
Pmab + FOLFOX4 (n = 320) 259 26,0 (21,7–30,4) 10,1 (9,3–12,0) 272 15,6 (13,4–17,9) 7,3 (6,3–7,9) 228 28,3 (23,7–noch nicht erreicht) 10,8 (9,4–12,4) 24 10,5 (6,4–18,9) 6,1 (3,7–10,7)
*wt in KRAS und NRAS Exon 2, 3 und 4 **mt bei KRAS oder NRAS Exon 2, 3 und 4
FOLFOX4 (n = 321) 253 20,2 (17,7–23,1) 7,9 (7,2–9,3) 276 19,2 (16,7–21,8) 8,7 (7,6–9,4) 218 20,9 (18,4–23,8)
9,2 (7,4–9,6) 29 9,2 (8,0–15,7) 5,4 (3,3–6,2)
HR (95%-KI)
0,78 (0,62–0,99) 0,72 (0,58–0,90)
1,25 (1,02–1,55) 1,34 (1,07–1,60)
0,74 (0,57–0,96)
0,68 (0,54–0,87)
0,90 (0,46–1,75) 0,58 (0,29–1,15)
p-Wert 0,04 < 0,01 0,04 0,01 0,02 < 0,01 0,76 0,12 In der Pipeline bei Magenkrebs Rilotumumab zielt auf den HGF/MET-Signalweg Bei fortgeschrittenem Magen-/Ösophaguskarzinom entwickelt sich mit dem voll humanen monoklonalen Antikörper Rilotumumab eine neue Therapieoption. Das Medikament wird derzeit in einer Phase-III-Studie versus Plazebo geprüft. Wie Prof. Michael Stahl, Essen/ Deutschland, erläuterte, bleibt trotz mehrerer untersuchter Chemotherapiekombinationen in der Erstlinie das mittlere Gesamtüberleben unter Chemotherapie bei rund 10 Monaten. Hoffnungen für ein verlängertes Überleben zeigten sich kürzlich – bei HER2-positiven Tumoren – mit der Zugabe von Trastuzumab, allerdings nur unter Studienbedingungen. Doppelblinde Phase-III-Studie begonnen Rilotumumab hemmt den sogenannten HGF/SF-MET-Signalweg. HGF/SF (= hepatocyte growth factor/scatter factor) ist der einzige bekannte Ligand am MET-Rezeptor, welcher bei 26 bis 74% der Patienten mit fortgeschrittenem Magenkarzinom überexprimiert ist. Eine exploratorische Phase-II-Studie untersuchte in der Erstlinie die Chemotherapiekombination ECX* plus Rilotumumab in zwei Dosierungen versus ECX plus Plazebo. Die Analyse zeigte, dass die Rilotumumabzugabe bei Patienten mit hoher MET-Expression das mediane Gesamtüberleben von 5,7 auf 11,1 Monate verlängerte. Das positive Resultat führte zur internationalen, doppelblinden Phase-III-Studie RILOMET-1, welche die Therapien Rilotumumab + ECX, gefolgt von Rilotumumab, versus Plazebo + ECX, gefolgt von Plazebo, in der Erstlinie vergleicht. hir *Epirubicin, Cisplatin, Capecitabine SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE KONGRESSAUSGABE SEPTEMBER 2013 37