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49th Annual Meeting of the American Society of Clinical Oncology (ASCO), Chicago, 31. Mai bis 4. Juni 2013
Metastasiertes Kolorektalkarzinom: Anti-EGFR-Therapie mit Panitumumab
Neudefinition des prädiktiven RAS-Biomarkers
In der Therapie des metastasierten Kolorektalkarzinoms (mCRC) wird die Analyse des RAS-Mutationsstatus immer wichtiger: Neben dem KRAS(Exon2)- wird nun auch der NRAS-Mutationsstatus ein prädiktiver Faktor in der Therapiewahl. Neue retrospektive Analysen klinischer Phase-III- und -II-Studien mit Panitumumab (pmab; Vectibix®) in FOLFOX-Kombinationen haben jetzt ein signifikant erhöhtes PFS sowie OS unter den pmab-Kombinationen in der Erstlinientherapie bei Wildtyp-RASTumoren nachgewiesen.
Mit dem wachsenden Verständnis in der Karzinogenese der kolorektalen Karzinome (CRC) und ihrer molekularen Veränderungen wird im Bereich der zielgerichteten Therapien und Biomarker intensiv geforscht, mit dem Ziel, die Therapien selektiv einzusetzen. Der bis anhin einzige klinisch relevante Prädiktor ist der KRAS-Mutationsstatus: Klinische Studien bei Patienten mit metastasiertem CRC (mCRC) wiesen nach, dass die Anti-EGFRAntikörper Cetuximab und Panitumumab (pmab) nur bei Patienten bei KRASWildtyp (wt) Exon 2 wirken. Liegt hingegen eine Mutation vor (bei zirka 40% der Patienten), ist infolge einer konstitutionellen Aktivierung der nachgeschalteten Signalwege die Blockade des EGF-Rezeptors nicht wirksam. Eine Anti-EGFRTherapie wird heute bei mCRC-Patienten nach Molekularanalyse, welche den KRAS-wt-Status nachweist, eingesetzt. Bei zirka 60% der mCRC-Patienten ist dies der Fall. Als weitere prädiktive Marker erweisen sich jetzt – neuen Studienanalysedaten zufolge – Mutationen in KRAS Exon 3 und 4 sowie NRAS-Mutationen, Exon 2, 3 und 4.
schlossen waren 1183 Patienten mit mCRC, 60% (n = 656) hatten KRAS-wt (Exon2)-Tumoren. Im Ergebnis zeigte sich ein signifikant erhöhtes PFS von 9,6 versus 8,0 Monaten (p = 0,02) unter pmabFOLFOX bei dem Patienten mit KRAS-wt (Exon2) sowie ein Trend zu einem verbesserten medianen Gesamtüberleben (OS) (23,9 vs. 19,7 Monate; p = 0,072). An der ASCO-Jahrestagung 2013 wurde jetzt die zusätzliche prospektiv geplante, retrospektiv durchgeführte Analyse der Studiendaten vorgestellt, welche weitere potenzielle Biomarker – neben KRAS auch NRAS und BRAF – einbezog (2). Primäres Ziel war es, den Einfluss des RAS- (KRAS- und NRAS-) sowie des RAFGenstatus auf das OS und PFS unter pmab-FOLFOX (vs. FOLFOX allein) zu untersuchen. Gesamthaft wurden 641 Patienten in die Analyse eingeschlossen. Mittels bidirektionaler Sanger Sequenzierung und transgenomischer Surveyor/ Wave-Analysen wurden bei den KRASExon 2-wt-Patienten zusätzliche Mutationen in KRAS-Exon 3, -Exon 4; NRAS-Exon 2, -Exon 3, -Exon 4 sowie BRAF-Exon 15 identifiziert.
Retrospektive Analyse der Studie PRIME mit FOLFOX4 mit/ohne Panitumumab
Die offene, randomisierte, multizentri-
sche Phase-III-Studie PRIME, bereits 2010
publiziert (1), untersuchte die Kombinati-
on FOLFOX4 plus pmab versus FOLFOX4
allein in der Erstlinientherapie. Einge-
PFS und OS bei KRAS-/NRAS-wt signifikant erhöht Für die Therapie mit pmab-FOLFOX bei Patienten mit wt-RAS (KRAS-/NRAS) ergaben sich Hazard Ratios (HR) wie folgt: ▲ OS: HR = 0,78 (95%-KI: 0,62–0,99; p =
0,04), bei einem medianen Gewinn von 5,8 Monaten im pmab-Arm. ▲ PFS: HR = 0,72 (95%-KI: 0,58–0,90;
p = 0,01), bei medianen PFS von 10,1 (vs. 7,9) Monaten. ▲ Damit waren sowohl das PFS als auch das OS unter pmab-FOLFOX bei Patienten mit wt-RAS-(KRAS/NRAS Exons 2, 3, 4)-mCRC signifikant verbessert. Das OS betrug 26,0 Monate unter FOLFOX4-pmab (vs. 20,2 Monate). Die Panitumumabkombination zeigte hingegen keinen Benefit bei Patienten mit RAS-Mutationen (PFS: HR = 1,28; KI: 1,02–1,60; p = 0,32; OS: 1,29; 95%-KI: 0,79–2,10; p = 0,31). Der BRAF-Mutationsstatus hatte ebenfalls keinen therapieprädiktiven, sondern lediglich prognostischen Wert.
Analyse der Studie PEAK mit FOLFOX6-Panitumumab versus Bevacizumab
Die neue randomisierte Phase-II-Studie PEAK untersuchte den Therapieeffekt von FOLFOX6 plus Panitumumab (pmab) versus FOLFOX6 plus Bevacizumab (Bev) in der Erstlinientherapie bei wt-KRASmCRC. Wie beim ASCO-GI-Meeting im Januar 2013 berichtet, wurden 285 Patienten randomisiert, 278 von ihnen erhielten eine der beiden Therapien. In der ersten Intention-to-treat-Analyse, in die Patienten mit KRAS-wt Exon 2 eingingen, zeigte der Anti-EGFR-Antikörper bereits tendenziell bessere Ergebnisse. Das PFS war in beiden Gruppen in der ersten Analyse etwa gleich (PFS: 10,9 Monate in der pmab-Kombination vs. 10,1 Monate; nicht signifikant). Beim OS war der Medianwert in der Studiengruppe noch nicht erreicht; die HR von 0,72 (95% KI; 0,471,11) war jedoch deutlich zugunsten von pmab.
In der beim ASCO-Jahresmeeting 2013 vorgestellten prospektiv geplanten, retrospektiv durchgeführten Analyse der PEAK-Studie (3) wurde die Wirksamkeit der beiden Regime FOLFOX plus pmab respektive FOLFOX plus Bevacizumab im Hinblick auf das PFS (primärer Endpunkt) und das OS bei RAS-wt-Patienten
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(KRAS/NRAS Exons 2, 3, 4) untersucht. Die bidirektionale Sanger-Sequenzierung und transgenomische Surveyor/ Wave-Analysen erfolgten wie in der PRIME-Studie unabhängig voneinander für die Mutationsdiagnostik bezüglich: ▲ KRAS-Exon 3 (codons 59/61), -Exon 4
(codons 117/146); ▲ NRAS-Exon 2 (codons 12/13), -Exon 3
(codons 59/61), -Exon 4 (codons 117/146); ▲ BRAF-Exon 15 (codon 600) in eingefrorenen Tumorgewebeproben. Für die Therapie mit pmab-FOLFOX6 versus bev-FOLFOX6 bei Patienten mit wt-RAS (KRAS, NRAS) ergaben sich Hazard Ratios wie folgt: ▲ PFS: HR = 0,63 (95%-KI: 0,43–0,94; p = 0,02). Das mediane PFS betrug 13,1 Monate in der Studiengruppe (vs. 9,5 Monate); ▲ OS: HR= 0,55 (95%-KI: 0,30–1,01; p = 0,06). Das mediane OS wurde im pmab-Arm noch nicht erreicht und lag im Bev-Arm bei 29,0 Monaten. ▲ Bei mutiertem RAS waren die Überlebensraten in der pmab-Gruppe verschlechtert. Die häufigsten unerwünschten Wirkungen (Grad 3–5) im pmab-Studienarm waren Rash, Hypomagnesie und Dehydrierung und entsprachen der Primäranalyse;
neue Toxizitäten wurden nicht beobach-
tet.
Die Autoren folgern, dass bei wt-RAS-
mCRC die Erstlinientherapie FOLFOX6-
Panitumumab der Vergleichskombina-
tion mit Bevacizumab überlegen ist. Der
RAS-Mutationsstatus – KRAS- und NRAS-
wt – hat sich auch hier als prädiktiv für ein
verbessertes Ergebnis im pmab-Arm er-
wiesen.
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Bärbel Hirrle
Interessenskonflikt: Die Autorin erhielt einen Reisekostenzuschuss von Amgen Schweiz.
Quelle:
Medienkonferenz Amgen, anlässlich der ASCO-Jahrestreffen, 2. Juni 2013.
Referenzen:
1. Douillard JY, et al.: Randomized, phase III trial of panitumumab with infusional fluorouracil, leucovorin, and oxaliplatin (FOLFOX4) versus FOLFOX4 alone as first-line treatment in patients with previously untreated metastatic colorectal cancer: the PRIME study. J Clin Oncol 2010; 28: 4697–4705.
2. Oliner KS.: Analysis of KRAS/NRAS and BRAF mutations in the phase III PRIME study of panitumumab(pmab)plus FOLFOX versus FOLFOX as first-line treatment (tx) for metastatic colorectal cancer(mCRC). ASCO 2013; JCO 2013; 31, 15S, Part I/II: #3511.
3. Schwartzberg LS: Analysis of KRAS/NRAS mutations in PEAK: A randomized phase II study of FOLFOX6 plus panitumumab (pmab) or bevacizumab (bev) as first-line treatment (tx) for wild-type(WT)-KRAS (exon2) metastatic colorectalcancer (mCRC). ASCO 2013; ASCO 2013; JCO 2013; 31, 15S, Part I/II: #3631.
4. Cohn AL: SPIRITT (study 20060141): A randomized phase II study of FOLFIRI with either panitumumab (pmab) or bevacizumab (bev) as second-line treatment (tx) in patients (pts) with wild-type (WT)KRAS metastatic colorectal cancer (mCRC). ASCO 2013; ASCO 2013; JCO 2013; 31, 15S, Part I/II: #3616.
Über RAS-Proto-Onkogene
Das bekannte KRAS-Gen (= Kirsten rat sarcoma 2 viral oncogene homologue Gen) gehört zur Gruppe der RAS-Proto-Onkogene. Es wurde 1967 erstmals aus einem murinen Sarkomvirus isoliert. Erste Daten über den Einfluss des KRAS-Mutationsstatus in der Anti-EGFR-Therapie beim mCRC wurden 2006 publiziert.
Gewöhnliche KRAS-Mutationen in Exon 2 (codons 12/13) treten bei rund 50 bis 60% der Patienten mit mCRC auf.
RAS-Mutationen wurden inzwischen auch in KRAS Exons 3 und 4 sowie in NRAS Exons 2, 3, 4 gefunden (= NeuroblastomRAS). Sie treten in fast 16% der Patienten mit Wildtyp-KRAS in Exon 2 auf.
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