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49th Annual Meeting of the American Society of Clinical Oncology (ASCO), Chicago, 31. Mai bis 4. Juni 2013
Metastasiertes Pankreaskarzinom
Nab®-Paclitaxel als vielversprechende Option in der Kombination
Das Pankreaskarzinom gehört zu den am schwierigsten zu behandelnden Krankheiten tive Therapieansatz bei Adenokarzino-
und geht mit der schlechtesten Prognose aller Krebserkrankungen einher. In den
men, die radikale Resektion verfehlt trotzdem sehr häufig dieses Ziel. Die kor-
USA soll jetzt mit einem grossen nationalen Unterstützungsfonds die Forschung in
rekte Tumorresektion führt zu einer sehr
Diagnostik und Therapie gefördert werden, mit dem Ziel, die Mortalität bis 2020 zu halbieren. Neue Optionen in der systemischen palliativen Therapie zeichnen sich ab.
guten Kontrolle des Ikterus und der Schmerzen (2). Das mediane Überleben nach radikaler Resektion beträgt zirka 20
bis 24 Monate (2). Allerdings ist nur in we-
nigen Fällen eine Resektion möglich. Der
Das Pankreaskarzinom besitzt bis heute
Duktales Adenokarzinom
Langzeitverlauf des Patienten wird vor-
die niedrigste Überlebensrate aller Die medizinischen Entwicklungen der wiegend durch das Auftreten von Fern-
Krebserkrankungen, die 5-Jahres-Über- letzten Jahre haben zu einer leicht verbes- metastasen und deren Kontrolle durch
lebensrate im metastasierten Stadium serten Prognose der Patienten, insbeson- zytostatische Therapien bestimmt.
liegt aktuell bei 6%. 73% der Patienten dere im operablen und in gewissem Mas-
sterben im ersten Jahr nach der Diagno- se auch im fortgeschrittenen Stadium, ge- Palliative systemische Therapie
se (1) (vgl. Tabelle). Die lange Zeit der un- führt. Eine verbesserte Palliation und ein Die palliative Therapie des fortgeschrit-
klaren Symptomatik und der schwierigen verlängertes Überleben kann vor allem tenen respektive metastasierten Pan-
Diagnostik bedingen, dass die Krankheit durch Konzepte kombinierter Therapien kreaskarzinoms (Adenokarzinoms) ist die
meist erst diagnostiziert wird, wenn be- erwartet werden. Voraussetzung ist hier- Domäne der systemischen Chemothera-
reits Fernmetastasen vorliegen. Eine bei die multidisziplinäre Therapie in ei- pie. Daneben sind häufig endoskopische
Früherkennung ist derzeit nicht möglich. nem spezialisierten Zentrum (2, 3).
oder chirurgische Interventionen not-
Sowohl Lage, vaskuläre Situation als auch Die Operation mit dem Ziel der R0-Re- wendig, beispielsweise zur Behebung ei-
die vielfältigen endokrinen Funktionen sektion ist nach wie vor der einzige kura- ner Gallengangobstruktion durch endo-
der Bauchspeicheldrüse erschweren die
Therapiebestrebungen.
Gemäss Berechnungen des Schweizer Tabelle:
Bundesamtes für Statistik beträgt die In- Pankreaskarzinom:
zidenz des Pankreaskarzinoms 10,9/ Meilensteine in der palliativen systemischen Therapie
100 000 bei Männern und 8,8/100 000 bei Bis Ende der 1970er-Jahre lag die 5-Jahres-Überlebensrate bei 3%. Die Einführung der
Frauen (Zahlen für 2005–2009); die er- Chemotherapie zeigte schrittweise Verbesserungen des 1-Jahres-Überlebens (1)
rechnete Mortalität liegt bei 10,3. In den USA wird geschätzt, dass 45 220 Menschen im Jahr 2013 die Diagnose Pankreaskarzinom erhalten. Bis 2030 wird
Jahr 1981
Therapieeinführung
1. Anwendung der Chemotherapie mit 5-FU in Kombination mit
1-JahresÜberlebensrate bis 40 vs. 10%
5-JahresÜberlebensrate 3,0%
sich die Zahl der Neudiagnosen – Schät-
Radiotherapie
zungen zufolge, die auf der Altersentwicklung der Bevölkerung basieren – verdoppeln.
1996
Gemcitabine erhält die FDA-Zulassung bei metastasierter Erkrankung
18% (medianes Überleben: 5,7 Monate)
3,7%
Pathologie, Risikofaktoren und Therapiebestrebungen
Pankreaskarzinome werden in endokrine
2005
Erlotinib kombiniert mit Gemcitabine erhält die FDA-Zulassung bei metastasierter Erkrankung
24% (medianes Überleben: 6,4 Monate)
4,2%
und exokrine Tumoren und weiter in vier
2010
Phase-II/III-Studie: FOLFIRINOX
48%
6%
grosse Klassen eingeteilt: Mit rund 90% stellen die duktalen Adenokarzinome die häufigste Tumorentität dar, gefolgt von den zystischen Malignomen und den seltenen neuroendokrinen und Azinuszellkarzinomen (2, 3). Die folgenden Aus-
(4-Medikamenten-Regime). Nicht FDA-zugelassen, hohe Toxizität
2012/13
Phase-III-Studie: nab-Paclitaxel plus Gemcitabine (vs. Gemcitabine allein)
(medianes Überleben: 11,1 Monate) signifikant verbessertes OS: 8,5 vs. 6,7 Monate PFS: 5,5 vs. 3,7
6%
führungen beziehen sich auf das Adeno-
Monate
karzinom.
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Kasten 1: In nab®-Paclitaxel liegt Paclitaxel an Albumin-Nanopartikel gebunden vor. Durch den Albuminmantel wird der Wirkstoff besser in die Blutbahn aufgenommnen, somit kommt es zu mehr Wirkstoffanreicherung am Tumor und weniger im gesunden Gewebe. Die Nanopartikel bewirken eine bessere Verteilung des Wirkstoffs im Körper, was zu einer linearen Pharmakokinetik führt. Im Gegensatz zu konventionell formulierten Taxanen sind höhere Dosierungen möglich. Das als Lyophilisat formulierte Pulver wird unmittelbar vor der Anwendung mit isotonischer Kochsalzlösung zu einer infundierbaren Suspension rekonstituiert.
skopische Stenteinlage oder auch lokale Radiofrequenzablation (3). Das optimale Regime für den Betroffenen soll im Rahmen einer interdisziplinären Diskussion festgelegt werden. Nachdem erstmals in den Achtzigerjahren mit 5-FU in Kombination mit Strahlentherapie ein erster Therapieerfolg gegenüber der Nichtbehandlung gelungen war, überraschte die Einführung von Gemcitabine Ende der Neuzigerjahre. Die Kombination mit Capecitabine in der Erstlinientherapie konnte das Gesamtüberleben bei Patienten mit gutem Performance Status verlängern, allerdings nicht das in der Gesamtpopulation. Die Einführung von Erlotinib, in Kombination mit Gemcitabine verabreicht, erhöhte das Überleben in einer Phase-III-Studie geringgradig gegenüber der Gemcitabine-Monotherapie, aber auf Kosten hoher Toxizität (3). Die bisher effektivste Chemotherapie ist die FOLFIRINOX-Therapie (Oxaliplatin,
* nab®-Paclitaxel (Abraxane®) ist in der EU (Zulassungsbehörde EMA) und den USA (Zulassungsbehörde FDA) zugelassen in der Monotherapie des metastasierten Mammakarzinoms bei erwachsenen Patientinnen, bei denen die Erstlinientherapie der metastasierten Erkrankung fehlgeschlagen und für die eine standardmässige anthrazyklinenthaltende Therapie nicht angezeigt ist. Die Zulassung in der Schweiz wird erwartet.
Es besteht derzeit keine Zulassung – weder in den USA, der EU noch in der Schweiz – für das metastasierte Pankreaskarzinom. Das Pharmaunternehmen Celgene kündigt in einer Pressemitteilung vom 23. Mai 2013 jedoch an, dass FDA und EMA einen «priority review» der Studiendaten (Studie MPACT) vornehmen.
Leucovorin, Irinotecan, 5-FU), die aber nur bei gutem Allgemeinzustand eingesetzt werden sollte. In einer Phase-II-Studie, vorgestellt auf der ASCO-Jahrestagung 2010, erreichte FOLFIRINOX bei 31% der Patienten eine partielle Remission (9,4% mit Gemcitabine). Auch das progressionsfreie Überleben (PFS) mit 6,4 gegenüber 3,3 Monaten und das Gesamtüberleben mit 11,1 gegenüber 6,8 Monaten waren signifikant verlängert. Allerdings traten erwartungsgemäss deutlich mehr Grad-3- bis -4-Toxizitäten auf (3).
Neuer chemotherapeutischer Ansatz: Studie MPACT Zu den jüngsten Ansätzen bei metastasierter Erkrankung gehört die gross angelegte, internationale MPACT-Studie mit dem Wirkstoff nab®-Paclitaxel, welche auf der ASCO-GI-Tagung im Januar 2013 erstmals präsentiert (4) und mit aktualisierten Daten erneut während der ASCO-Jahrestagung vorgestellt und diskutiert wurde (5, 6, 7). In nab®-Paclitaxel* (= nanoparticle albumin bound paclitaxel) liegt Paclitaxel an Albuminnanopartikel gebunden vor. Durch die neue Formulierung kommt es zu mehr Wirkstoffanreicherung am Tumor und weniger im gesunden Gewebe (vgl. Kasten 1). Nachdem die klinische Wirksamkeit in Phase-I/II-Studien als Monotherapie und die Synergie mit Gemcitabine bestätigt worden waren, wurde die internationale, multizentrische Phase-III-Studie MPACT
lanciert: 861 therapienaive Patienten mit Adenokarzinom des Pankreas im Stadium IV und einem Karnofsky-PS von 70 und mehr erhielten randomisiert Gemcitabine und nab-Paclitaxel bis zum Fortschreiten der Erkrankung. Primärer Endpunkt war das OS, sekundäre Endpunkte waren unter anderem PFS, Therapieansprechen (ORR) und Sicherheit.
Die aktuellen Resultate Die Patienten waren durchschnittlich 63 Jahre (27 bis 88) alt, 58% waren männlich. 84% wiesen eine Metastasierung der Leber, 39% der Lunge und 46% an drei und mehr Stellen Fernmetastasen auf. Der Karnofsky-PS lag bei 60% der Patienten zwischen 90 und 100 und bei 39% zwischen 70 und 80. Die nab-Paclitaxel-Gemicitabine-Kombination erwies sich der GemcitabineMonotherapie in allen Endpunkten und in allen Subgruppen als überlegen: ▲ Das OS war mit median 8,5 versus 6,7
Monaten in Kombination mit nabPaclitaxel signifikant länger als unter Gemcitabine-Monotherapie (HR: 0,72; p < 0,001). ▲ Das PFS war mit median 5,5 versus 3,7 Monaten ebenfalls signifikant verlängert (HR: 0,69; p < 0,0001). ▲ Die Ansprechrate (ORR) betrug 23% (vs. 7% in der Vergleichsgruppe). ▲ Das metabolische Ansprechen mittels PET bei 257 Patienten betrug 63% (vs. 38%). ▲ Das Ansprechen des Tumormarkers
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CA19-9 (> 90%-ige Reduktion) betrug 31% (vs. 14%). ▲ Die mittlere Therapiedauer betrug 3,9 Monate (vs. 2,8 Mo.) Hämatologische sowie nicht hämatologische Nebenwirkungen Grad 3 traten häufiger unter der Kombination auf, insgesamt waren die Nebenwirkungen akzeptabel und kontrollierbar. Gemcitabine plus nab-Paclitaxel wird als ein neuer Standard in der Behandlung des Pankreaskarzinoms betrachtet und könnte zu einem Rückgrat für weitere Regime werden, so Daniel D. Von Hoff, Arizona.
Prädiktive und prognostische Faktoren Zwei Subgruppenanalysen der MPACTStudie untersuchten prädiktive und prognostische Faktoren. Eine präspefizierte exploratorische Analyse des Tumormarkers CA19-9 in der Studie zur Bestimmung der Therapieprädiktion (5) stellte E. Gabriela Chiorean, Seattle, vor. CA19-9 wurde zu Studienbeginn und dann alle 8 Wochen gemessen. OS-Vergleiche wurden hinsichtlich verschiedener CA19-9-Kriterien durch das stratifizierte Cox-Modell (Cox proportional hazards model) ermittelt. Hier zeigte sich, dass ein höherer Anteil an Patienten unter nab-Paclitaxel kombiniert mit Gemcitabine CA19-9-Antworten von ≥ 20% und ≥ 90% hatte als in der
Monotherapiegruppe. Diejenigen, die
nach 8 Wochen einen CA19-9-Rückgang
von ≥ 20% oder ≥ 90% erreichten, ge-
wannen ein signifikant längeres OS (z.B.:
8 Wochen CA19-9-Rückgang von ≥ 20%:
52 vs. 38% mit 1-Jahres-Überleben von
13,2 vs. 9,4).
Die prognostischen Faktoren des Ge-
samtüberlebens waren Thema der Pos-
terpräsentation von Malcolm J. Moore,
Toronto. Unternommen wurde dazu eine
multivariante Analyse zur Evaluierung
der Therapiewirkung und zur Identifizie-
rung möglicher Prädiktoren des Gesamt-
überlebens. Es zeigte sich, dass die wich-
tigsten Prädiktoren der Performance-
Status, das Alter, das Vorhandensein von
Lebermetastasen, die Zahl der Fernme-
tastasen und die geografische Region, in
der die Patienten behandelt wurden, wa-
ren. Osteuropäische Zentren, Alter über
65, ein Performance-Status von 70 sowie
2 und mehr Fernmetastasen gingen mit
einem schlechteren medianen Gesamt-
überleben einher. Nach Korrektur dieser
Faktoren war die Therapiezuteilung zu
nab-Paclitaxel/Gemcitabine aber ein un-
abhängiger signifikanter Prädiktor für
verlängertes Überleben.
■
Bärbel Hirrle
Quellen:
1. PANCAN’s International Journalist’s Workshop: «The need for continued medical innovation in pancreatic cancer», anlässlich der ASCO-Jahrestagung 2013, 1. Juni 2013.
Kasten 2:
Pankreatic Cancer Action Network
Die US-amerikanische Organisation hat
das Ziel, sowohl die Forschung als auch die
Unterstützung der Patienten und deren
Angehörigen voranzutreiben sowie die
Öffentlichkeit für die Krankheit Pankreas-
karzinom zu sensibilisieren. Dabei setzt sie
hohe «research grants» ein und ist aktiv
im Fundraising.
Ihre erklärte Vision: Verdopplung der
Überlebensrate bei Pankreaskarzinom
bis 2020.
Internet: www.pancan.org
2. Z’Graggen, K. et al.: Das Pankreaskarzinom. Aktuelle Epidemiologie, Diagnostik, Therapie. Schweiz. Zeitschr Onkol. 2006; 4: 14–20. 3. Heinrich, St. et al.: Das Pankreaskarzinom. Inzidenz, Pathologie, Diagnostik und Therapie. Schweiz. Zeitschr Onkol. 2011; 2: 20–24. 4. Von Hoff, DD et al.: Results of a randomized phase III trial (MPACT) of weekly nab-paclitaxel plus gemcitabine versus gemcitabine alone for patients with metastatic adenocarcinoma of the pancreas with PET and CA19-9 correlates. ASCO 2013; ASCO 2013; JCO 2013; 31, 15S, Part I/II: #116827. 5. Chiorean, EG et al.: CA 19-9 decrease at 8 weeks as a predictor of overall survival in a randomized phase III trial (MPACT) of weekly nab-paclitaxel (nab-P) plus gemcitabine (G) vs. G alone in patients with metastatic pancreatic cancer (MPC). ASCO 2013 #117231. 6. Moore, MJ et al.: Prognostic factors of survival in a randomized phase III trial (MPACT) of weekly nab-paclitaxel (nab-P) plus gemcitabine (G) vs. G alone in patients with metastatic pancreatic cancer (MPC). ASCO 2013 #117471.
Interessenkonflikte: Reisekostenunterstützung durch die Agentur WeberShandwick Schweiz.
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