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49th Annual Meeting of the American Society of Clinical Oncology (ASCO), Chicago, 31. Mai bis 4. Juni 2013
Multiples Myelom
Hoch dosiertes Melphalan plus Erhaltungstherapie mit Lenalidomid verlängert Überlebenswahrscheinlichkeit
Die Therapie des Multiplen Myeloms hat grosse Fortschritte gemacht. Eine am ASCOKongress in Chicago vorgestellte Studie zeigt, dass hochdosiertes Melphalan plus Stammzelltransplantation einerseits und eine Erhaltungstherapie mit Lenalidomid andererseits die Überlebenszeit verlängern.
Zur epidemiologischen Bedeutung des Multiplen Myeloms
Das Multiple Myelom ist das zweithäufigste aller hämatologischen Malignome. Es ist verantwortlich für 15 bis 20% aller hämatologischen Krebstodesfälle und für zirka 2% aller Krebserkrankungen überhaupt. Erst das bessere Verständnis der Pathologie des Myeloms in den letzten Jahren hat zu besseren Behandlungsmöglichkeiten geführt. Zwar bleibt das Multiple Myelom grundsätzlich unheilbar, die Überlebenszeit hat sich dank neuer Therapien jedoch deutlich verbessert. Neu diagnostizierte Patienten überleben heute im Durchschnitt rund fünf Jahre. Das bedeutet auch für die nachbehandelnden Ärzte, dass sie über die Krankheit und ihre Behandlung besser Bescheid wissen müssen. Betroffen sind meist ältere Menschen; das mittlere Alter bei Diagnose liegt bei 70 Jahren. Allerdings sollte man auch bei jüngeren Patienten daran denken, denn immerhin betreffen 15% der Fälle Patienten unter 60 und 2% sogar Patienten unter 40 Jahren.
Therapie: Wann und wie beginnen?
Für das Verständnis der Krankheit und die Therapie ist wichtig, dass dem Multiplen Myelom in der Regel ein Stadium einer monoklonalen Gammopathie unbekannter Signifikanz (MGUS) vorangeht – ein asymptomatischer Zustand, der keiner Behandlung bedarf. Jedenfalls konnte noch nie nachgewiesen werden, dass eine Behandlung zu diesem Zeitpunkt die Entwicklung eines Myeloms hinauszuzögern vermag. Auch asymptomatische Myelome sollten lediglich engmaschig kontrolliert werden.
Die Therapie beginnt mit den Symptomen. In den vergangenen Jahren haben neben Steroiden und Melphalan auch neue Substanzen wie Bortezomib, Thalidomid und Lenalidomid die Prognose dramatisch verändert. Zwar sind Rückfälle (relapses) unvermeidlich, aber viele Patienten reagieren auch auf eine zweite oder dritte Chemotherapie.
Wert der Erhaltungstherapie mit Lenalidomid
Am Kongress der American Society of Clinical Oncology (ASCO) vom Juni 2013 in Chicago stellte Antonio Palumbo aus Turin eine Studie vor, die aufzeigt, welche Medikamentenkombinationen und welche Erhaltungstherapie zurzeit am erfolgreichsten sind. Verglichen wurden bei insgesamt 402 Patienten mit neu diagnostiziertem Multiplem Myelom, die alle jünger als 65 Jahre waren, zunächst zwei Therapiearme: 1. MPR (Melphalan, Prednison und Lenalidomid [Revlimid®] in sechs 28-tägigen Zyklen) und 2. MEL200 (hoch dosiertes Melphalan in zwei Zyklen plus Stammzelltransplantation). Beide Therapiearme wurden im Anschluss an die Akuttherapie unterteilt in weitere zwei Arme mit entweder einer Erhaltungstherapie mit Lenalidomid (28-tägige Zyklen von 10 mg Lenalidomid pro
Tag an den Tagen 1 bis 21 bis zum Re-
lapse) oder ohne Erhaltungstherapie.
Das mittlere progressionsfreie Überle-
ben (PFS = progression free survival) be-
trug unter der konventionellen MPR-Be-
handlung 24 Monate, unter MEL200
hingegen 38 Monate. Die mittlere Über-
lebenszeit (OS = overall survival) diffe-
rierte jedoch nicht signifikant; sie betrug
62 Monate unter MPR und 71 Monate un-
ter MEL200.
Ein deutlicher Unterschied zeigte sich im
Hinblick auf die Lenalidomiderhaltungs-
therapie. Das PFS betrug unter der Erhal-
tungstherapie 37, ohne Erhaltungsthera-
pie 26 Monate. Noch deutlicher war die
Differenz in Bezug auf das OS, also die
Überlebenszeit. Nach 5 Jahren betrug
die Überlebenswahrscheinlichkeit ohne
Erhaltungstherapie 58%, mit Erhaltungs-
therapie jedoch 75% (Grafik).
Die häufigste schwere Nebenwirkung
(Schweregrad 3/4) war eine Neutropenie
(bei 20% der Probanden); andere schwe-
re Nebenwirkungen traten bei weniger
als 5% der Patienten auf.
Schlussfolgerung: Am erfolgverspre-
chendsten erwies sich in dieser Studie ei-
ne hoch dosierte Melphalantherapie mit
autologer Stammzelltransplantation, ge-
folgt von einer Erhaltungstherapie mit
Lenalidomid.
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Richard Altorfer
Quellen:
BMJ 2013;346:f3863
ASCO 2013, 31.5.–4.6.2013, Chicago: Dr. Antonio Palumbo – Melphalan/prednisone/lenalidomide (MPR) versus high-dose melphalan and autologous transplantation (MEL200) plus lenalidomide maintenance or no maintenance in newly diagnosed multiple myeloma (MM) patients.
SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE KONGRESSAUSGABE SEPTEMBER 2013
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