Transkript
Kongressbericht/Neue Therapien
13th St. Gallen International Breast Cancer Conference (SG-BCC), 13. bis 16. März 2013
ER-positiver, fortgeschrittener Brustkrebs
Neue Entwicklungen in der Hormontherapie bei metastasierten Tumoren
Die endokrine Therapie bei Mammakarzinom im metastasierten Stadium erlebt nach Jahren relativen Stillstands in der klinischen Forschung aktuell neuen Aufschwung. Die Richtung geht verstärkt weiter zu personalisierten Therapien dank der Entwicklungen der Molekulardiagnostik und neuer zielgerichteter Substanzen. Dabei sind auch bei bewährten Hormontherapien neue Optionen sinnvoll, darunter die Dosiserhöhung unter Fulvestrant.
Laut Prof. Nadia Harbeck, Chefärztin des Brustzentrums an der Freien Universitätsklinik München, ist die Hormontherapie aufgrund der Häufigkeit der hormonrezeptor (ER-)positiven Brusttumoren das «Rückgrat in der Brustkrebsbehandlung». Die Moderatorin an dem von AstraZeneca organisierten Satellitensymposium betonte, dass es aktuell darum gehe, bei ER-positiven Tumoren intensiver zu behandeln und neue Targets zu finden mit dem Ziel, die endokrine Resistenz zu überwinden.
Studie CONFIRM: Fulvestrant 500 mg verlängert Gesamtüberleben
Wie Prof. Angelo Di Leo, Prato/Italien, ausführte, haben bereits frühe Studien mit dem Östrogenrezeptorantagonisten Fulvestrant (Faslodex®) eine klare Interaktion zwischen Dosisintensivierung und Wirksamkeit gezeigt. So ergab schon die von Robertson im Jahr 2003 publizierte Studie (1), dass Fulvestrant 250 mg gleich wirksam ist wie Anastrozol 1 mg. Die Studie NEWEST (Neoadjuvant Endocrine Therapy for Women with Estrogen-Sensitive Tumours) (2) von Kuter und Kollegen zeigte dann 2007 den signifikanten Vorteil der 500-mg-Dosierung gegenüber der 250-mg-Dosierung mit einer signifikanten Senkung des wichtigen Tumormarkers Ki67 (p = 0,0001), ein indirekter Hinweis auf ein verbessertes Ansprechen und eine günstigere Langzeitprognose. Zudem gelang eine verbesserte Downregulation der Östrogenrezeptoren.
Randomisierte, doppelblinde Studie in 17 Ländern – 128 Zentren Di Leo stellte dieses Jahr in St. Gallen die kürzlich abgeschlossene Phase-III-Studie CONFIRM (COmparisoN of Faslodex In Recurrent or Metastatic breast cancer) (3) mit den jetzt vorliegenden finalen Gesamtüberlebensdaten (OS) vor: Im randomisierten, doppelblinden, multizentrischen Design verglich die Studie Fulvestrant 500 mg (Patientinnen n = 362) mit der 250-mg-Dosierung (n = 374) bei postmenopausalen Frauen mit Progression oder Rezidiv eines ER-positiven, fortgeschrittenen Brustkarzinoms nach einer vorangegangenen endokrinen Therapie. Die aktuelle Analyse zeigte die finalen Daten bei Erreichen von 75% Todesfällen. Die wichtigsten Resultate: ▲ Unter der verdoppelten Dosis zeigte
sich ein deutlicher Überlebensvorteil mit einem verlängerten medianen OS von 4,1 Monaten, was einer 19%igen Reduktion des Mortalitätsrisikos entspricht. Das mediane OS betrug 26,4 Monate unter 500 mg versus 22,3 Monate mit 250 mg Fulvestrant (HR = 0,81; 0,69–0,96; p = 0,016, stat. nicht signifikant, da keine Anpassungen bezüglich Multiplizität gemacht wurden). ▲ Die Daten zum OS waren konsistent mit denen der früheren Analyse (bei 50% Todesfällen). ▲ Das Sicherheitsprofil zeigte keinen klinisch relevanten Unterschied beider Dosierungen. Primäres Ziel der CONFIRM-Studie war der Wirksamkeitsvergleich zwischen beiden Behandlungsgruppen in Bezug auf
das PFS. Das mediane PFS betrug unter der 500-mg-Dosierung 6,5 Monate (vs. 5,5 Monate in der Vergleichsgruppe) (p = 0,006). Zu den sekundären Zielen gehörten die objektive Ansprechrate, der klinische Nutzen (CBR), das Gesamtüberleben und die Lebensqualität (QoL). Insgesamt zeigte sich eine gute Verträglichkeit: Von den 361 Patientinnen unter Fulvestrant 500 mg kam es bei 35 (9,7%) zu einer unerwünschten Wirkung; von den 374 Patientinnen unter der 250-mg-Dosierung litten 27 (7,2%) unter einer unerwünschten Wirkung, wobei sich keine klinisch relevanten Unterschiede unter beiden Dosierungen zeigten. Das CONFIRM-Studienteam erarbeitet aktuell die Korrelation zwischen Tumormolekularprofil und Therapiewirkung. Di Leo ergänzte, dass er grundsätzlich die höhere Fulvestrantdosis zu Therapiebeginn vorziehen würde. Die Kombination mit anderen zielgerichteten Therapien könnte zudem vielversprechend sein.
Endokrine Therapiesequenz: welche und wann?
Prof. Miguel Martin, Madrid/Spanien, erläuterte offene Fragen zum derzeitigen Stand der endokrinen Therapiesequenz bei metastasiertem Brustkrebs (mBC). Für eine spezifische endokrine Therapiekaskade bei Krankheitsprogression kann aktuell keine definitive Empfehlung gegeben werden; die beste Option nach Erstlinientherapie unter Aromatasehemmern ist derzeit unbekannt. Bei ER-positivem mBC sind kürzlich folgende Optionen geprüft worden: ▲ die Rolle der endokrinen Hormon-
therapie (Anastrozol plus Fulvestrant) ▲ die Durchbrechung der Hormon-
resistenz: Hormongabe (Tamoxifen, Aromatasehemmer) – plus Anti-HER2-Therapien – plus mTOR-Hemmer – plus Bevacizumab ▲ die Rolle von Fulvestrant in der «PostCONFIRM-Ära».
42 SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 2/2013
Kongressbericht/Neue Therapien
13th St. Gallen International Breast Cancer Conference (SG-BCC), 13. bis 16. März 2013
Zwei 2012 publizierte Studien zur dualen hormonalen Blockade* von Mehta (4) und Bergh (5) zeigten für die Kombination Anastrozol/Fulvestrant 250 mg ein um 1,5 Monate verbessertes respektive ähnliches PFS verglichen mit der Anastrozolmonotherapie (HR 0,80; p = 0,007 vs. HR 0,99; p = 0,91). Das mittlere progressionsfreie Überleben unter der Kombination betrug in der Studie von Mehta 15 Monate und bei Bergh 10,8 Monate. Allerdings hatten in der Studie von Bergh deutlich mehr Frauen eine adjuvante Hormontherapie (68 vs. 40%) sowie eine adjuvante Chemotherapie (46 vs. 33%) erhalten, was gemäss Martin einen Einfluss auf das Resultat in der Erstlinienbehandlung hatte.
Abbildung: Gesamtüberleben (OS) in der Studie CONFIRM unter 2 Dosierungen von Fulvestrant
Optionen bei Hormonresistenz Zwei Studien mit Frauen, die an ER-positiven und HER2-positiven Brusttumoren litten und mit Trastuzumab plus Anastrozol (6) sowie Lapatinib plus Letrozol (7), jeweils im Vergleich zur alleinigen Aromatasehemmertherapie getestet, behandelt worden waren, kamen zu einem ähnlichen Resultat hinsichtlich des medianen Überlebensvorteils. Noch deutlicher fiel der PFS-Vorteil bei ER-positiven, HER2-negativen Brusttumoren aus, die mit dem mTOR-Hemmer Everolimus behandelt wurden: Die Studie von Bachelot (8) verglich Tamoxifen/ Everolimus versus Tamoxifen allein und erreichte eine TTP (längste Zeit bis zur Krankheitsprogression) von 8,6 versus 4,5 Monate (HR 0,54; p = 0,0021). Baselga (9) prüfte die Kombination von Everolimus/ Exemestan gegenüber Plazebo/Exemestan und erzielte ein medianes PFS von 6,9 versus 2,8 Monaten. Dagegen waren die Studienresultate negativ (bei ER-positiven, HER2-negativen Tumoren und vorheriger Aromatasehemmergabe) unter Letrozol-TemsirolimusKombination versus Letrozol/Plazebo: Wolf (10) erzielte ein etwa gleiches PFS (HR 0,90) mit einem leichten Vorteil für die alleinige Letrozoltherapie. Martin folgerte, dass die Kombinationstherapie Hormone plus Everolimus (aber nicht Temsirolimus) eine effektive Option für ER-positive, HER2-negative
* in der Schweiz nicht zugelassene Indikation
Patientinnen mit mBC unter vorheriger Aromatasehemmertherapie sei.
Bewertung der Studienlage für
Fulvestrant
Zur Frage, zu welchen Zeitpunkten Fulves-
trant 500 mg den grössten Nutzen in der
Erstlinientherapie zeigt, zog er die Studie
von Robertson (11) heran, welche Fulves-
trant 500 mg mit Anastrozol 1 mg ver-
glich. Hier zeigte sich, dass der Anteil der
Patientinnen im progressionsfreien Sta-
dium am höchsten unter Fulvestrant zwi-
schen den Studienmonaten 12 und 42
lag. Die Hazard Ratio betrug 0,66; 95%-
KI: 0,47–0,92; p = 0,01). Laufende Studien
werden zeigen, ob Fulvestrant 500 mg
eine geeignete endokrine Erstlinienop-
tion ist, insbesondere für Frauen mit vor-
heriger adjuvanter Aromatasehemmer-
therapie.
▲
Bärbel Hirrle
Quelle:
«Understanding and interpreting – bringing data into clinical practise». AstraZeneca-sponsored Satellite Symposium. 13. März 2013.
Referenzen:
1. Robertson et al.: Fulvestrant versus anastrozole for the treatment of advanced breast carcinoma in postmenopausal women. Cancer 2003; 98: 229–38.
2. Kuter I et al.: Fulvestrant 500 mg vs 250 mg: first results from NEWEST, a randomized, phase II neadjuvant trial in postmenopausal women with locally advanced, estrogen receptor-positive breast cancer. SABCS 2007, Abstract # 23.
3. Di Leo A, et al.: Final analysis of overall survival for the Phase III CONFIRM trial: fulvestrant 500 mg versus 250 mg. SABCS 2012, Oral presentation Abstract # S1–4.
4. Mehta RS et al.: Combination Anastrozole and Fulvestrant in Metastatic Breast Cancer. N Engl J Med 2012; 367: 435–44. 5. Bergh J et al: FACT: An Open-Label Randomized Phase III Study of Fulvestrant and Anastrozole in Combination Compared With Anastrozole Alone As First-Line Therapy for Patients With Receptor-Positive Postmenopausal Breast Cancer. J Clin Oncol 2012; 30: 1919–25. 6. Kaufman B et al.: Trastuzumab plus anastrozole versus anastrozole alone for the treatment of postmenopausal women with human epidermal growth factor receptor 2–positive, hormone receptor–positive metastatic breast cancer: results from the randomized phase iii tandem study. J Clin Oncol. 2009; 27: 5529–37. 7. Johnston S et al.: Lapatinib combined with letrozole versus letrozole and placebo as first-line therapy for postmenopausal hormone receptor-positive metastatic breast cancer. J Clin Oncol. 2009; 27: 5538–46. 8. Bachelot T et al.: Randomized phase II trial of everolimus in combination with tamoxifen in patients with hormone receptor–positive, human epidermal growth factor receptor 2–negative metastatic breast cancer with prior exposure to aromatase inhibitors: A GINECO study. J Clin Oncol 2012; 30: 2718–24. 9. Baselga J et al: Everolimus in postmenopausal hormone-receptor-positive advanced breast cancer. N Engl J Med 2012; 366: 520–29. 10. Wolff AC et al: Randomized phase III placebo-controlled trial of letrozole plus oral temsirolimus as first-line endocrine therapy in postmenopausal women with locally advanced or metastatic breast cancer. J Clin Oncol 2013; 31: 195–202. 11. Robertson JFR, Lindemann JPO, Llombart-Cussac A, et al. Fulvestrant 500 mg versus anastrozole 1 mg for the first-line treatment of advanced breast cancer: follow-up analysis from the randomized «FIRST» study. Breast Cancer Res Treat 2012; 136: 503–11.
Die Berichterstattung wurde von AstraZeneca Schweiz finanziell unterstützt.
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