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Journal Club
HER2-negativer, operabler Brustkrebs
Neoadjuvante Bevacizumab-Kombination erhöht signifikant die Ansprechrate
Die Zugabe von Bevacizumab (Avastin®) zur präoperativen (neoadjuvanten) Chemotherapie erhöht signifikant den Anteil der HER2-negativen Brustkrebspatientinnen, die eine pathologisch komplette Remission zum Operationszeitpunkt erreichen. Die höchsten Ansprechraten wurden bei triple-negativen Tumoren gefunden. Zu sehr ähnlichen Resultaten kamen zwei zeitgleich publizierte randomisierte Vergleichsstudien unter deutscher und US-amerikanischer Leitung.
für die neoadjuvante Therapie aus Docetaxel, Capecitabine oder Docetaxel plus Gemcitabine für vier Zyklen; nach diesen Regimen folgte die Gabe von Doxorubicin/Cyclophosphamid für vier Zyklen. Daneben wurden die Patientinnen randomisiert für die Behandlung mit oder ohne Bevacizumab in den ersten sechs Chemotherapiezyklen.
Die deutsche multizentrische Studie (1) der German Breast Group schloss neben 126 Zentren in Deutschland auch das Brustzentrum St. Gallen ein. Sie rekrutierte insgesamt 1948 Patientinnen mit einer medianen Tumorgrösse von 40 mm als Tastbefund. Dabei wurden Frauen mit HER2-negativem Brustkrebs eingeschlossen, sofern sie grosse Tumoren und eine hormonrezeptornegative Krankheit hatten. Daneben wurden Frauen mit hormonrezeptorpositiver Krankheit eingeschlossen, wenn tastbare Lymphknoten oder positive Befunde bei der Sentinelnode-Biopsie bestanden und keine erhöhten kardiovaskulären oder Blutungsrisiken vorlagen.
Deutsche Studie: bestes Outcome bei triple-negativen Tumoren Die Patientinnen wurden für eine präoperative Therapie mit Epirubicin/Cyclophosphamid, danach Docetaxel (Gruppe A), oder für die gleiche Therapie plus Bevacizumab (Gruppe B) randomisiert. Die wichtigsten Ergebnisse bezüglich pathologisch kompletter Remission (pCR) je nach Subgruppe: ▲ gesamthaft: pCR: 14,9% versus 18,4%
(Odds Ratio: 1,29; p = 0,04) ▲ bei triple-negativen Tumoren (n =
663): pCR: 27,9% versus 39,3% (Odds Ratio: 1,67; p = 0,003) ▲ bei hormonrezeptorpositiven Tumoren (n = 1262): pCR: 27,9% versus 39,3% (p = 1,00). Die brusterhaltende Chirurgie bei 66,6% der Frauen in beiden Gruppen möglich.
Allerdings waren in der Gruppe B durch die Zugabe von Bevacizumab mehr Grad-3- oder -4-Nebenwirkungen (febrile Neutropenie, Mukositis, Hand-Fuss-Syndrom, Infektion und Hypertonie) zu verzeichnen. Die Autoren folgerten, dass sich die Wirksamkeit der Chemotherapie-Bevacizumab-Kombination vor allem auf Patientinnen mit triple-negativen operablen oder lokal fortgeschrittenen Tumoren bezieht. Bei diesen gilt die pCR als wichtiger Prädiktor für ein Langzeitüberleben. Vermutet wird, dass Bevacizumab einen höheren Aktivitätsgrad bei triple-negativen Tumoren hat als beim hormonrezeptorpositiven, HER2-negativen Subtyp.
Amerikanische Studie mit anderem Regime Ein entsprechendes Resultat fand die amerikanische Studie NSABP B-40 (2) bei Patientinnen mit Brustkrebs im Frühstadium mit einem vergleichbaren Therapieregime, aber anderem Studiendesign. Diese Studie war so konzipiert, dass zwei primäre Fragestellungen beantwortet werden sollten: Wird bei Brustkrebspatientinnen mit operablen, HER2-negativen Tumoren die pCR steigen durch ▲ die Zugabe von Capecitabine oder
Gemcitabine zur neoadjuvanten Chemotherapie (= Docetataxel, danach Doxorubicin/Cyclophosphamid)? ▲ die Zugabe von Bevacizumab zu diesen Regimen? 1206 Patientinnen wurden randomisiert
Auch gesamthaft signifikante
Verbesserung der pCR
Es zeigte sich, dass die Zugabe von Ca-
pecitabine/Gemcitabine zur Docetaxel-
Kombination die Rate der pCR nicht sig-
nifikant erhöht hat (29,7% bzw. 31,8% vs.
32,7%; p = 0,69) und zusätzlich erhöhte
toxische Nebenwirkungen hervor-
brachte.
▲ Die Zugabe von Bevacizumab er-
höhte hingegen gesamthaft (alle
Subgruppen) signifikant die Rate der
pCR (28,2% vs. 34,5%; p = 0,02).
Innerhalb der Subgruppen zeigten sich
jedoch Unterschiede: Nach Untersu-
chung der Wirkung der Bevacizumab-
Zugabe entsprechend dem Hormon-
rezeptorstatus zeigte sich
▲ ein markanterer Effekt in der Gruppe
der hormonrezeptorpositiven Tumo-
ren (15,1% vs. 23,2%), insbesondere
im Docetaxel-Capecitabine-Regime
(23,5 vs. 36,1%).
Entsprechend war auch die Rate der klini-
schen kompletten Remission durch die
Bevacizumab-Zugabe erhöht (51,7% vs.
61,5%). Allerdings traten dabei mehr toxi-
sche Wirkungen auf als in der deutschen
Studie (v.a. Hypertonie, Mukositis, Hand-
Fuss-Syndrom).
▲
Bärbel Hirrle
Quellen:
1. Minckwitz, v G et al.: Neoadjuvant chemotherapy and Bevacizumab for HER2-negative breast cancer. NEJM 2012; 366: 299–309.
2. Bear, HD et al.: Bevacizumab added to neoadjuvant chemotherapy for breast cancer. NEJM 2012; 366: 310–20.
SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 2/2012
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